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1.1 Historische Entwicklung der Automobilindustrie

1.1.3 Der Aufstieg der Produzenten aus

Be-trachtung unterzogen werden sollen.

1.1.3 Der Aufstieg der Produzenten aus den ostasiatischen Schwellenländern

Unter den ostasiatischen Schwellenländern kommt heute vor allem Südkorea eine bedeutende Rolle in der Kraftfahrzeugherstellung zu. Bis 1996 hatte sich die fernöstliche Nation zum fünftgrößten Automobilproduktionsland der Welt

51 Vgl. KAWAMURA [1994], S. 28

52 Vgl. JAMA [1999], S. 12, 15. Wegen der damit verbundenen immensen Investitionen sank der auf die ASEAN-Länder entfallende Anteil an den Auslandsinvestitionen der japanischen Automobilindustrie vorübergehend auf 20% (vgl. DONER [1991], S. 72f.).

53 Vgl. OECD [1983], S. 89

entwickelt.54 Im Inland stellt die noch junge Kraftfahrzeugindustrie den füh-renden Industriesektor dar.55 Wie in den USA und Europa ist die Branche von einer hohen relativen Konzentration gekennzeichnet. 96,7% des Absatzes wur-den Anfang der 90er Jahre von wur-den drei führenwur-den Anbietern hergestellt.56 Im Gegensatz zu den genannten Vergleichsregionen herrschte in Südkorea jedoch von Anfang an auch eine hohe absolute Konzentration in der Branche, in der sich bis Beginn der 90er Jahre nur vier Firmen um die Gunst der Käufer be-mühten.57 Marktführer ist mit einem Produktionsanteil von über 50% die 1967 gegründete Hyundai Motors Co. Bereits fünf Jahre zuvor wurden die Kia Mo-tors Co. und die Shijin Industry gegründet. Aus letzterer entstand 1983 die Daewoo Motor Co. Ebenfalls seit 1962 besteht die Ssangyong Motor Co., die aber als Hersteller von Sonderfahrzeugen und Geländewagen nur eine unter-geordnete Rolle spielt. 1995 gründete auch der Mischkonzern Samsung ein Automobilunternehmen, dessen erster PKW 1998 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Durch diesen Neueintritt verschärfte sich der Wettbewerb auf dem oh-nehin kleinen koreanischen Markt drastisch. Als zudem die jüngste Asienkrise die Nachfrage zusammenbrechen ließ, musste das stark angeschlagene Unter-nehmen Kia 1998 seine Eigenständigkeit aufgeben und wurde von Hyundai übernommen.58 Daewoo kaufte Ssangyong und Samsung wurde von der Regie-rung gezwungen, sich aus der Automobilbranche wieder zurückzuziehen.59 Die Zahl koreanischer Automobilhersteller beläuft sich gegenwärtig also wieder auf vier, die allerdings in zwei Konzernen zusammengefasst sind.

Ein weiterer Unterschied zu den anderen Kraftfahrzeuge produzierenden Na-tionen ist der vergleichsweise späte Eintritt Südkoreas in den Automobilbau.

Erst in den 60er Jahren erklärte die Regierung den Kraftfahrzeugsektor zur Schlüsselindustrie und begann, den Aufbau inländischer Hersteller mit

54 Vgl. KIM, W.-P. [1998], S. 189; VDA [1996], S. 14. Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass die Asien-Krise 1997/98 zu einem vorübergehenden Verlust dieser Stellung führte (vgl.

VDA [1998], S. 15f.).

55 Vgl. VDA [1997], S. 19. Der Beitrag zum Bruttoproduktionswert des verarbeitenden Gewer-bes stieg von 2,0% (1975) auf 7,3% (1989), der Anteil an der Beschäftigung im gleichen Zeit-raum von 1,4% auf 5,1% (vgl. KIM, K.-H. [1993], S. 63).

56 Vgl. KIM, K.-H. [1993], S. 79. Im Gegensatz zur absoluten Konzentration, welche die Ge-samtzahl der Anbieter im Markt erfasst, drückt die relative Konzentration aus, welcher Anteil am Markt auf die größten der Anbieter entfällt. Somit bringt sie das Ausmaß der (Un-)Gleichverteilung des Marktes unter den Herstellern zum Ausdruck. (Vgl. hierzu auch BERG [1978], S. 282)

57 Zu den Anbietern vgl. LANGE [1995], S. 153ff. sowie KIM, K.-H. [1993], S. 79.

58 Zur sich abzeichnenden Übernahme s. KAJIWARA [1997], S. 23. Für einen Abriss zur Entwicklung der (süd-)koreanischen Automobilindustrie s. bspw. GREEN [1992], S. 411ff.

59 Vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 11.03.1999, S. B11f.: "Erzwungener Rückzug von Samsung"

striepolitischen Mitteln zu fördern, während ausländischen Firmen der Marktzugang durch Protektionismus erschwert wurde.60 Als hinderlich erwie-sen sich jedoch eine Reihe innenpolitischer Maßnahmen, welche die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen unterdrückten und so das Ziel der Industriepolitik kon-terkarierten.61 Unter diesen Umständen entwickelte sich die Automobilbranche bis Mitte der 70er Jahre nur sehr schleppend. Zur Erfüllung ihrer Wachstums-pläne waren die Hersteller gezwungen, auf den Export auszuweichen.62 Erste Ausfuhren gingen nach Afrika, Südamerika und in den Nahen Osten, erreich-ten aber nie einen nennenswererreich-ten Umfang und musserreich-ten wegen der Finanznot der Abnehmerländer bald wieder eingestellt werden.

Eine historische Chance zur Produktionsausweitung bot sich, als die japani-schen Automobilfirmen durch Aufwertung ihrer Fahrzeuge63 dem wirtschaftli-chen Aufstieg ihres Landes Rechnung trugen und auf dem Weltmarkt das tra-ditionell von ihnen besetzte unterste Marktsegment teilweise freigaben. In diese Lücke stießen die koreanischen Firmen. Allerdings hatte die hohe Zahl der An-bieter auf dem sehr kleinen Binnenmarkt die Erreichung von Skaleneffekten bislang verhindert, und die mangelnde Bekanntheit der koreanischen Hersteller erforderte zudem einen deutlichen Preisabschlag gegenüber vergleichbaren Produkten der etablierten japanischen Anbieter. Aus diesen Gründen waren die ersten Exporte nach Nordamerika nur mit erheblichen Verlusten zu bewerk-stelligen.64

Koreanische Anbieter waren auf dem Weltkraftfahrzeugmarkt also von Anfang an Billiganbieter, deren Stärke auf ihren standortbedingten Kostenvorteilen

60 So wurden der Import von Fertigfahrzeugen 1962 gesetzlich verboten, Vorschriften über den Inlandsproduktionsanteil erlassen und festgelegt, dass Automobilhersteller sich mehr-heitlich in koreanischem Eigentum zu befinden haben (s. ALTSHULER ET AL. [1984], S. 41).

61 Verschiedene Autoren sprechen von einer Anti-Automobil-Politik Koreas durch hohe Besteuerung des Erwerbs und des Unterhalts von Kraftfahrzeugen und die Erhebung einer Kraftstoffsteuer von bis zu 218% (sic!), vgl. etwa ALTSHULER ET AL. [1984], S. 42. Der Abbau dieser Hemmnisse führte in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zum sprunghaften Anstieg des Absatzes (sog. My-Car-Boom), vgl. KIM, K.-H. [1993], S. 124.

62 Vgl. KITSCHA [1986], S. 5; KIM, W.-P. [1998], S. 189f.

63 Vgl. LANGE [1995], S. 154, der den Begriff upgrading inhaltsgleich zu ‘moving upward’ der OECD ([1983], S. 89) verwendet.

64 ALTSHULER ET AL. ([1984], S. 43) berichten von einer Schätzung des koreanischen Han-delsministeriums aus dem Jahre 1979, wonach sich die Produktionskosten für einen Hyun-dai Pony auf USD 3.972 beliefen. Damit lagen sie um rund USD 1.700 über den Produktions-kosten für Toyotas Einstiegsmodell (Corolla, USD 2.300). Hinzu kam der Reputationsnachteil gegenüber den allseits bekannten japanischen Marken.

fußte.65 Den Mangel an technischer Kompetenz glichen sie durch Kooperatio-nen mit ausländischen Herstellern aus. Kia kooperierte bis zum Verlust seiner Eigenständigkeit mit Mazda/Ford, Hino und Daihatsu, während Samsung eine Allianz mit Nissan unterhielt und Hyundai bis heute eng mit Mitsubishi zu-sammenarbeitet. Daewoo unterhält Verbindungen zu Nissan, Isuzu und Suzu-ki. Darüber hinaus bestand mit General Motors ein Kooperationsvertrag zur gemeinsamen Fertigung eines Kleinwagens. Als die Amerikaner Daewoo die Zusammenarbeit bei dem Nachfolgemodell verweigerten, kam es 1992 jedoch zur Auflösung dieser Verbindung.

Die Vorteile derartiger Kooperationen für die Beteiligten sind offensichtlich. Die ausländischen Partner profitieren hauptsächlich von den niedrigen Arbeitsko-sten in Südkorea. Aus Sicht der amerikanischen Hersteller bietet die Zusam-menarbeit zudem eine Möglichkeit, auf dem asiatischen Markt Fuß zu fassen.

Darüber hinaus stellen die koreanischen Unternehmen eine wichtige Quelle für Kleinwagenimporte dar, nachdem japanische Einfuhren nach Amerika im Zuge handelspolitisch motivierter Einfuhrbeschränkungen reduziert werden muss-ten.66 Die japanischen Hersteller ihrerseits konnten durch Zusammenarbeit mit koreanischen Firmen die Handelsbeschränkungen mit den USA umgehen und die Entwicklung ihrer potentiellen Konkurrenten durch Beteiligung an ihnen kontrollieren. Zudem gewann mit dem Aufstieg Japans zum Industrieland auch der Yen an Stärke, was die japanischen Automobilhersteller zwang, nach ko-stengünstigeren Standorten zu suchen. Die lange Tradition industrieller Zu-sammenarbeit im Automobilbau begünstigte japanische Firmen in dem konti-nentalen Nachbarland.67

Die koreanische Seite wiederum erhielt über ihre ausländischen Partner techni-sches Wissen und fand Zugang zu den für sie so wichtigen Auslandsmärkten.68 So gelang es ihr binnen kurzer Zeit, ein umfassendes Sortiment mit deutlichem Schwerpunkt im Kompakt-/Subkompaktsegment aufzubauen. Lücken wies das

65 Die Gesamtlohnkosten beliefen sich 1993 in Südkorea auf DEM 8,50, in Deutschland auf DEM 47,--. Außerdem lag die Wochenarbeitszeit in dem ostasiatischen Land bei 60 Stunden.

(Vgl. LANGE [1995], S. 157f. m. w. V.)

66 Hohe Importzahlen führten zunächst zu Handelsfriktionen zwischen den USA und Japan und schließlich zur Vereinbarung freiwilliger Handelsbeschränkungen (Voluntary Export Re-straints, VER) der japanischen Automobilindustrie.

67 Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gab es japanische Teilelieferanten auf der Halbinsel (vgl.

KIM, K.-H. [1993], S. 66).

68 Offensichtlich sind dies Vorteile für Daewoo aus der Kooperation mit General Motors.

Hyundai wurde von Mitsubishi das Vertriebsnetz zur Verfügung gestellt (vgl. KIM, K.-H.

[1993], S. 114).

Angebot lediglich in der automobilen Oberklasse auf.69 Bis Ende der 80er Jahre konzentrierten sich die koreanischen Automobilexporte auf die USA und Ka-nada. Außer bei ihren ausländischen Partnern fanden die Unternehmen des ostasiatischen Landes in ihren Exportbemühungen auch Unterstützung bei der koreanischen sowie den Regierungen der Zielländer.70

Einen Rückschlag erlitt die koreanische Automobilindustrie 1989, als im Inland Lohnsteigerungen, eine Zunahme des Zinsniveaus und die Aufwertung des Won71 die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Exporte nachhaltig schwächten.

Hinzu kam, dass ausländische Produzenten aggressiv in den koreanischen Markt eindrangen72 und japanische Unternehmen Fabriken in den USA errich-tet hatten, wodurch die koreanische Stellung in Amerika weiter gefährdet wur-de. Diese Entwicklungen verdeutlichten die Notwendigkeit, die Abhängigkeit vom amerikanischen Markt zu reduzieren und führten im Ergebnis zu einer Exportdiversifikation, in deren Zuge zunächst asiatische Nachbarländer (Japan, Taiwan, Singapur, VR China) und später Europa (zunächst Osteuropa, bald danach Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Italien und seit kurzem auch die restlichen Länder Westeuropas) erschlossen wurden. Seit 1996 ist Europa der wichtigste Exportmarkt der koreanischen Automobilindustrie.73

Somit haben sich die koreanischen Unternehmen fest neben den Herstellern aus den Triadeländern im Weltautomobilmarkt etablieren können. Ihr Schwerpunkt im unteren Marktsegment macht sie zu zeitgemäßen Anbietern und lässt sie mit Blick auf ihre Angebotspalette für den Auftritt in Entwicklungs- und Schwel-lenländern, wie etwa den Nationen Südostasiens, besser geeignet erscheinen als die amerikanischen und europäischen Unternehmen. Zwar ist es den koreani-schen Unternehmen in sehr kurzer Zeit gelungen, mit Hilfe ausländischer Part-ner technisch zu diesen nahezu aufzuschließen. Doch ist es wahrscheinlich, dass sie noch für einige Zeit auf Unterstützung angewiesen sein werden.

Die Situation auf dem Automobilmarkt Taiwans weist deutliche Parallelen zur Lage in Südkorea auf. Die dortigen Hersteller sind ebenfalls im unteren

69 Vgl. LANGE [1995], S. 153

70 Als Produzent aus einem Entwicklungsland kam Hyundai in Kanada beispielsweise in den Genuss des General Preference System. Als diese Vorzugsbehandlung 1988 auslief, errichtete Hyundai zur Umgehung der Einfuhrzölle ein Montagewerk in dem zweitwichtigsten Ex-portland Koreas. „Dies ist das einzige Beispiel in der Geschichte der Weltautomobilindus-trie, wo Auslandsinvestitionen von Entwicklungsländern zur Errichtung von Produk-tionsstätten in Industrieländern führten.“ (KIM, K.-H. [1993], S. 76f.)

71 Der Won (KRW) ist die koreanische Währung.

72 Vgl. VDA [1997], S. 19f., KIM, W.-P. [1998], S. 190

73 Vgl. VDA [1997], S. 21.

segment angesiedelt und die geringe Größe des Inlandsmarktes macht die Er-reichung von Skaleneffekten und damit ein Größenwachstum nur über den Ex-port möglich. Allerdings liegt die taiwanesische Automobilindustrie in ihrer Entwicklung deutlich hinter der Südkoreas, so dass es an der erforderlichen internationalen Wettbewerbsfähigkeit noch fehlt. Einzig die Firma Yulon (Yue Loong) exportiert Fahrzeuge in sehr bescheidenem Umfang. Dies ist aber mehr auf die weitreichende Unterstützung durch die Firma Nissan zurückzuführen, welche am Kapital des taiwanesischen Unternehmens zu 25% beteiligt ist.74 Dementsprechend beschränkt sich Yulon im Wesentlichen auf die Montage oder den Nachbau von Modellen des japanischen Partners. Für einen selbst-ständigen Auftritt im Ausland fehlen dem Unternehmen sowohl die technische Kompetenz als auch die Marktkenntnisse.75 Lediglich für den Inlandsmarkt werden eigene Modelle hergestellt, die aber mittlerweile fast ausschließlich bei den Streitkräften des Landes abgesetzt werden.