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Die Milchdrüse ist ein Hautorgan. Sie entwickelt sich während der Gravidität aus dem Ektoderm des Embryos. Neben dem Drüsenparenchym, in dem Milchsynthese, -sekretion und -speicherung stattfinden, besitzt sie ein weitläufiges Hohlraumsystem, über das die Milch in die Papillae mammae (Zitzen) abgeleitet wird (BRUCKMAIER 2007). Beide Euterhälften des Rindes umfassen zwei Drüsenviertel, jedes Viertel besteht aus einem Milchdrüsenkomplex mit einer Zitze. Im Durchschnitt weist eine Rinderzitze eine Länge von 6 bis 8 cm und einen Durchmesser von 2,5 bis 3,2 cm auf. Die einzelnen Euterviertel bilden jeweils eine selbstständige Einheit (MICHEL 1994).

Die Zitzen lassen sich in die Abschnitte Zitzenbasis, Zitzenschaft und Zitzenkuppe einteilen (DYCE et al. 1997). Abbildung 1 stellt den Bau der Zitze dar.

Durch den Fürstenberg’schen Venenring an der Zitzenbasis ergibt sich lumenseitig zwischen dem Drüsen- (Pars glandularis) und dem Zitzenteil (Pars papillaris) der Milchzisterne (Sinus lactiferus) eine Wulst, die eine relative Selbständigkeit des Zitzenlumens bedingt und Bedeutung für den Milchfluss hat. Im unteren Bereich der Zitzenzisterne liegt die Fürstenberg’sche Rosette, ein mit Abwehrzellen unterlegter, faltiger Schleimhautring, der die interne Zitzenkanalöffnung bildet (WENDT 1998, PAULRUD 2005). Die Wand der Zitze besteht aus dem Epithel des Zitzenkanals bzw. der Zitzenzisterne, einer bindegewebig-muskulösen Mittelschicht und der äußeren Haut.

Das lumenseitige Epithel der Zitze setzt sich aus zwei Schichten prismatischer Zellen zusammen, deren Oberfläche durch Faltenzüge, Wabenstruktur und Kontraktilität sehr dehnbar, flexibel und günstig mit Blut versorgt ist. Dieses Epithel ist über die Basalmembran fest mit der bindegewebig-muskulösen Zitzenmittelwand, die auch als Gefäßschicht oder gemischte Faserzone (MICHEL 1994) bezeichnet wird, verbunden. Durch spiralige Muskellagen sowie elastische Fasern, die sich im Bereich der Zitzenspitze zu einem mehr zirkulär mobilisierenden

Ringmuskel, dem Schließmuskel (Musculus sphincter papillae) konzentrieren, werden die Kontraktilität der Zitze und das Öffnen und Schließen des Zitzenkanals während des Milchentzuges gewährleistet. Der vollständige Verschluss des Zitzenkanals durch den Ringmuskel stellt außerdem eine Barriere gegenüber euterpathogenen Mikroorganismen dar. Mit zunehmendem Laktationsstadium der Tiere findet in der Zitze eine Rückbildung der Muskelfasern und eine Auflockerung des Fasergeflechts infolge einer Zunahme der Blutgefäße statt, so dass der vollständige Verschluss des Zitzenkanals durch den Ringmuskel beeinträchtigt werden kann (MICHEL 1994, WENDT 1998). In der Zitzenmittelwand befinden sich größere Arterien und relativ dickwandige Schwellvenen sowie zahlreiche Nervenendorgane, so genannte Mechanorezeptoren, die Ausgangsort der Reizleitung im Rahmen der Stimulation sind (WENDT 1998). Die spezielle Struktur dieses Geflechts aus Muskelfasern, kollagenen Fasern und Blutgefäßen verhindert eine Beeinflussung des Blutstroms bei den Kontraktionen während des Melkprozesses (MICHEL 1994).

Abbildung 1: Längsschnitt durch Zitze und Milchzisterne (eigene schematische Darstellung) Der Zitzenkanal (Ductus papillari) als Mündung des Kanalsystems weist Längen von 9,44 mm bis zu 18,3 mm bei mittleren Durchmessern von 1,7 mm bis 2,95 mm auf (BITMAN et al.

1988, PAULRUD und RASMUSSEN 2001, WEISS et al. 2004, KLEIN et al. 2005). Es wird postuliert, dass er für den Milchfluss, die Melkbarkeit und die Infektionsabwehr eine zentrale Bedeutung einnimmt (MIELKE und MICHEL 1994, WENDT 1998). Die Zitzenkanallänge ist bei schwermelkenden Tieren länger als bei leichtmelkenden (LOPPNOW 1959). Die Länge und Weite des Zitzenkanals weisen weiterhin verschiedene genetische Korrelationen mit anderen Zitzenmerkmalen auf. So korrelieren Zitzenlänge, Zitzendurchmesser und Wanddicke positiv mit der Zitzenkanallänge (r = 0,494; r = 0,451; r = 0,270) und die Zitzenkanallänge mit dem

Zitzenkanaldurchmesser (r = 0,285) (HEBEL 1978). Für einen Zitzenkanal mit einer Länge von 10 mm und einem Durchmesser von 6 mm unter Dehnung wird eine Kontaktfläche zwischen Epithel und Milch von 60 mm2 kalkuliert (WILLIAMS und MEIN 1985). Im Bereich der Fürstenberg’sche Rosette geht das zweischichtige, isoprismatische Epithel der Zitzenzisterne in das mehrschichtige, verhornte Plattenepithel (Stratum corneum) des Zitzenkanals über (NICKERSON 1985, LIEBICH et al. 2004, PAULRUD 2005). Die Zitzenkanalkeratinschicht (Stratum corneum) entsteht durch die Verhornung der Zellen des Stratum granulosum. Während des Verhornungsprozesses gehen Lipidglobuli aus den Zellen des Stratum granulosum in den extrazellulären Raum über und sind in der Folge zwischen den desmosomalen Bindungen lokalisiert. Sowohl interzelluläre Lipide als auch Reste der desmosomalen Bindungen sind neben der Verzahnung der Zellen wahrscheinlich für den Zusammenhalt des Stratum corneum verantwortlich (WILLIAMS und MEIN 1985, PAULRUD 2005). Der Zitzenkanal weist im Mittel Zitzenkanalkeratinmassen von 3,8 mg bis 12,3 mg auf (BITMAN et al. 1988, HOGAN et al. 1986, SENFT et al. 1990); zwischen der entfernbaren Keratinmenge und der Zitzenkanallänge besteht eine lineare Korrelation (PAULRUD und RASMUSSEN 2001). Neutrale Lipide nehmen am Zitzenkanalkeratin laktierender Tiere einen Anteil von 33,3 µg/mg ein (BITMAN et al. 1988), nach HOGAN et al. (1986) kann der Anteil extrazellulärer Lipide sogar bei im Mittel 37,1 µg/mg liegen.

Durch die im oberflächlichen Bereich des Stratum corneum nachweisbaren Phospholipide ähnelt dieser Teil dem Hauttalg, der von den Talgdrüsen gebildet wird; er wird daher als

„Laktosebum“ bezeichnet. Seine Wirkung ist bakterizid (DYCE et al. 1997, MICHEL 1994, MIELKE und MICHEL 1994, SEYKORA und MC DANIEL 1985).

Die Innenauskleidung des Zitzenkanals und seiner Mündung besteht aus einem mehrschichtigen Plattenepithel mit einem relativ kurzen Generationszyklus. Im Vergleich zu anderen verhornenden Epithelien ist die Zellneubildung vermehrt (MICHEL et al. 1974, NEIJENHUIS et al. 2004, WENDT und LÜDER 1991). Die Verhornung erfolgt über die gesamte Länge des Zitzenkanals, dabei wird mündungswärts das Horn nach außen vorgeschoben und überragt kranzförmig die Zitzenkanalmündung. Dieser Vorschub des Horns wird auch als Hyperkeratose bezeichnet, ist besonders nach dem Melken sichtbar und als normale, für die

Erregerabwehr notwendige Struktur anzusehen (MIELKE und MICHEL 1994). Intensive Hyperkeratosen können zu fransenartigen Fortsätzen führen und bei starker Ausprägung - häufig ausgelöst durch Blindmelken - zur Ursache von Melkstörungen werden (MICHEL 1994).

Die äußerlich sichtbare Hyperkeratose, die bei vielen Kühen um die Zitzenkanalöffnung herum zu beobachten ist, kann nach ihrer Ausprägung klassifiziert werden (MEIN et al. 2001, NEIJENHUIS et al. 2001, SHEARN und HILLERTON 1996). MEIN et al. (2001) teilen Hyperkeratosen in vier Klassen ein. Die Klassen N („normal“ - keine Erhebung um die Zitzenkanalöffnung) und S („smooth“ - glatter, leicht erhabener Ring) sind dabei nach Aussage von MICHEL et al. (1974) oder auch NEIJENHUIS et al. (2004) als physiologisch einzustufen.

Erst raue Erhebungen mit fortsatzartigen Keratinwucherungen (Klasse R – „rough“ und VR –

„very rough“) überschreiten dieses physiologische Maß.