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IV. Zwei Kindermedienprojekte im Vergleich

1. Der soziale Träger „AHB Lichtenberg gGmbH“

1.1.1. Aufbau und Durchführung der 1. Projektphase

Die Akquirierung der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen stellt Thomas Engler als äußerst schwierig dar. Zum einen gab es die Vorgabe der ahb, möglichst wenige Jugendliche am Projekt zu beteiligen, die sich bereits in der sozialen Betreuung der Gesellschaft befanden. Eine Doppelbelastung des Trägers sollte vermieden werden und so viele unbetreute Jugendliche wie möglich vom Angebot profitieren (vgl.

Interview Engler 2009). Infolgedessen wurde mit den bereits erwähnten Jugend-clubs „Villa Pelikan“ und „Titanic“ in Marzahn-Hellersdorf Kontakt aufgenommen und man offerierte den Clubbesuchern die Möglichkeit an einem neuen Medienpro-jekt teilzunehmen, der sich mit den Jugendclubs und ihren Situationen befassen sollte. Hier wurden beispielsweise das Ungleichgewicht zwischen deutschen und ausländischen Clubbesuchern oder auch die Schließung eines der Jugendclubs (künftig „JC“ genannt) thematisiert (vgl. Interview Engler 2009). Da die beiden Pro-jekte in den JCs offen gestaltet wurden, war das Interesse an einem weiterführen-den Projekt dementsprechend heterogen. Einige der teilnehmenweiterführen-den Kinder und Jugendlichen zeigten sehr großes Interesse an einer weiterführenden medialen Tä-tigkeit und gingen so auch mit in das Projekt „ahb-Reporter-Team“ (vgl. Interview Engler 2009).

Das Medienprojekt „ahb-Reporter-Team“ gliederte sich in zwei Projektphasen. Die erste Projektphase erstreckt sich über den Zeitraum von Januar bis Dezember 2003, während der zweite Projektdurchlauf von März 2004 bis Mai/Juni 2005 initiiert und umgesetzt wurde.

Das Angebot richtete sich an Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren aus Marzahn-Hellersdorf und den unterschiedlichsten sozialen Verhältnissen. Da sich innerhalb einer kleineren Gruppe adäquater arbeiten lässt, wurde eine Teilnehmerzahl von sechs bis acht Personen für das „ahb-Reporter-Team“ festgelegt. Im Rahmen dieser festen Teilnehmerzahl sollten jedoch so viele Jugendliche wie möglich die Chance bekommen, am Projekt mitzuwirken, und so wechselten die Kinder und Jugendli-chen innerhalb der Gruppe. Zum Ende des Projekts hatte sich jedoch neben den wechselnden Teilnehmern auch eine Kerngruppe von drei bis vier Personen

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41 kristallisiert, die sich kontinuierlich an den Medienproduktionen engagierten (vgl.

Engler 2004, Unterwegs für Toleranz).

Die Vorbereitungszeit zum Projektbeginn nahm etwa einen Monat in Anspruch (01.01.-31.01.2003). In dieser Zeit wurden die Projektabläufe geplant, Jugendliche akquiriert, sowie die Technik eingekauft, die für die Projektdurchführung benötigt wurden.

In den folgenden acht Monaten (bis zum 26. September 2003) wurden zwei Me-dienprojekte in den JCs „Villa Pelikan“ und „Titanic“ durchgeführt, die sehr offen gestaltet waren und an denen auch sporadische Besucher der Clubs teilnehmen konnten. Im JC „Villa Pelikan“, in dem sich überwiegend deutsche Kinder und Ju-gendliche aufhielten, wurde eine Videodokumentation über die aktuelle Situation im JC produziert. Thematisiert wurden vor allem die Differenzen zwischen Jungen und Mädchen („[...]die Jungs bestimmen immer was für Musik im Jugendclub läuft und die Mädchen haben nichts zu sagen[...]“, s. Interview Engler 2009) oder die be-fürchtete Schließung ihres Jugendclubs. Darüber hinaus wurde auch die „eigenver-antwortliche Mitgestaltung des Jugendfreizeithauses am Beispiel eines Brunnen-baus dokumentiert“ (s. Engler 2003, Projektbeschreibung).

Im JC „Titanic“ produzierten die Kinder und Jugendlichen wiederum einen Film über die aktuelle Situation auf ihrem Kiez und die multikulturelle Gemeinschaft des JCs.

Um den Inhalt ihres Beitrags aufzuwerten, führten die Teilnehmer Interviews mit Passanten in Marzahn-Hellersdorf und ließen diese in ihre Dokumentation einflie-ßen (vgl. Engler 2003, Projektbeschreibung).

Nachdem die Filme gedreht, geschnitten und fertiggestellt wurden, fanden offene Premieren in den Jugendhäusern der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen statt.

Die Projektleiter nahmen die Vorführung der Filme zum Anlass, die angesprochenen Themen in einer Diskussion gemeinsam mit den Heranwachsenden tiefgründiger zu analysieren, um ihnen so eine Reflexion ihrer Belange zu ermöglichen.

Nach diesen ersten Medienproduktionen entschieden sich einige der Kinder und Jugendlichen, auch am folgenden, größeren Projekt, dem „ahb-Reporter-Team“

Zwei Kindermedienprojekte im Vergleich

42 teilzunehmen. Es wurde beschlossen, den „InterAktiv2“7 und die dort vorgestellten Initiativen und Angebote zu dokumentieren (vgl. Engler 2003, Projektbeschreibung).

Die jungen Medienschaffenden konnten sich als Reporter üben und führten zahlrei-che Interviews mit den Besuzahlrei-chern des Aktionstages. Zudem wurde hier auch das Projekt des „ahb-Reporter-Team“ offiziell vorgestellt.

Im Anschluss zur Veranstaltung „InterAktiv2“ wurde aus dem gedrehten Material ein Fernsehbeitrag zusammengeschnitten, der dann wiederum – gemeinsam mit den zwei ersten Beiträgen – in eine 40-minütige Sendung auf dem Offenen Kanal Berlin (im Folgenden „OKB“ genannt) eingebettet wurde.8 (vgl. Engler 2003, Pro-jektbeschreibung). Zur authentischen, lebensnahen Gestaltung der Sendung befrag-ten sich die teilnehmenden Jugendlichen zu den behandelbefrag-ten Themen untereinan-der und luden zudem noch zwei jugendliche Besucher des InterAktiv2 ein, um mit ihnen über das Thema „Graffiti“ zu sprechen. Die Moderation übernahmen zwei Jugendliche der JCs „Titanic“ und „Villa Pelikan“, um das Studiogeschehen und die Beiträge gesondert zu kommentieren.

Im Dezember 2003 nahm das „ahb-Reporter-Team“ am 3. Berliner Jugendforum9 teil, dokumentierte filmisch die Veranstaltung und gewann den 1. Preis in der Kate-gorie „Projekte“.

Anfänglich planten die Projektleiter Thomas Engler und Jörg Becker die Bildung ei-ner festen Gruppe als das „ahb-Reporter-Team“. Um jedoch so viele Jugendliche wie möglich vom Angebot und dem Erfahrungsaustausch untereinander profitieren zu lassen, „wurden aufeinander vier ahb-Reporter-Teams gebildet, die mit sehr un-terschiedlichen Voraussetzungen sehr unterschiedliche Produkte erstellten“ (s. Eng-ler 2003, Projektbeschreibung).

7 InterAktiv2 war ein Aktionstag für Kinder und Jugendliche zu Themen wie Toleranz, Rassismus und demokratisches Engagement am 28. Juni 2003 auf dem Alexanderplatz in Berlin

8 Sendedatum 04. Oktober 2003, drei weitere Wiederholungen

9 Im Rahmen des Berliner Jugendforums lädt das Abgeordnetenhaus in Berlin an einem Tag im Jahr Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland ein, um mit Gleichaltrigen und Politikern über tagesaktuelle Themen zu diskutieren und sich politisch aktiv zu beteiligen. Mehr Informationen unter: www.berliner-jugendforum.de

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43 Insgesamt nahmen in dieser ersten Phase 29 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren am Medienprojekt „ahb-Reporter-Team“ teil. Es bildete sich im Laufe des Jahres 2003 dennoch eine Kerngruppe von acht Personen heraus, die großes Interesse bekundeten, auch an der zweiten Projektphase teilnehmen zu wollen (vgl.

Engler 2003, Sachbericht).

Die folgende Tabelle liefert eine zeitliche Übersicht der oben beschriebenen Pro-jektabläufe der ersten Phase.

Zeitraum Wichtigste Aktivitäten

1. Projektphase Projektfindung

01.01. – 31.01.2003 Vorbereitungszeit (Planung, Akquise, Technik, Organisation)

01.02. – 05.06.2003 Medienarbeit mit Kindern und Jugend-lichen des JC „Villa Pelikan“ An-schließende Premiere mit Diskussions-runde über Filmthemen

28.05. – 26.09.2003 Medienarbeit mit Kindern und Jugend-lichen des JC „Titanic“ Anschließen-de Premiere mit DiskussionsrunAnschließen-de über die Filmthemen

28.06.2003 Teilnahme der Kinder und Jugendlichen aus den JC am Aktionstag InterAktiv2 und Produktion eines Beitrags über die Initiativen Medienprojekt „ahb-Reporter-Team“ wird vorgestellt 04.10.2003 40-minütige Live-Sendung auf dem

OKB wird produziert (Bisher produzier-te Filme werden eingebunden, an-schließend besprochen und analysiert) 06.12.2003 „ahb-Reporter-Team“ nimmt am 3.

Berliner Jugendforum teil, dokumen-tiert diese Veranstaltung und nimmt den 1. Preis in der Kategorie „Projekte“

entgegen

Tabelle 1: Zeitliche Abfolge der 1. Projektphase (Eigene Darstellung, Datenquelle: Engler 2003)

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