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und Komplexität dieser Spektren. Bei Wellenlängen unterhalb von 2400 nm - ent-sprechend etwa der größten vonSCIAMACHY detektierten Wellenlänge - beob-achtet man kaum noch molekulare Grundschwingungen (fundamentals), sondern meist höhere Harmonische und Kombinations-Rotationsschwingungsspektren (overtone and combination vibration-rotation spectra).

Bei Einstrahlung von sehr energiereichem Licht kann die Struktur des Mole-küls so stark gestört werden, dass es zerfällt. Dieser Vorgang wird als Photo-dissoziation bezeichnet. Die im kurzwelligen, d.h. im ultravioletten bis sichtbaren Spektralbereich gelegenen Spektren, entsprechen meist simultanen Änderungen der Elektronenanordnung, der Schwingung und der Rotation des Moleküls. Durch die von vielen Schwingungs- und Rotationsübergängen begleiteten elektronischen Übergänge entstehen oft breite Absorptionsbanden im Spektrum, deren Struktur häufig sehr kompliziert ist. Oft handelt es sich um kontinuierliche Spektren, in denen einzelne Linien nicht mehr aufgelöst werden können (Kontinuumabsorp-tionen). Vom sichtbaren Spektralbereich bis in den Mikrowellenbereich sind die Spektren hingegen von Absorptions- bzw. Emissionslinien dominiert. Die schnel-le Berechnung der spektral gemittelten Strahlung in Spektralbereichen, in denen diese Linienabsorptionen vorkommen, ist das Thema des zweiten Teils dieser Arbeit.

Die Rotationsenergien entsprechen dem Mikrowellen-Bereich, also dem Bereich zwischen etwa 1-100 cm 1(3 1010-3 1012Hz, 100 µm - 1 cm). Noch niedrigere Energien entsprechen Änderungen des Elektronen- oder Kernspins. Die Vibrati-onsenergien entsprechen dem infraroten Spektralbereich. Die Vibrationsspektren liegen zwischen etwa 100-104cm 1 (3 1012-3 1014Hz, 1-100 µm). Elektroni-sche Spektren liegen im sichtbaren und ultravioletten Spektralbereich zwiElektroni-schen etwa 104-106 cm 1 (3 1014-3 1016Hz, 10 nm - 1 µm). Noch höhere Energien entsprechen der Röntgen- (ebenfalls elektronische Energie) und derγ-Strahlung.

3.2 Das atmosphärische Spektrum 45

Diese Arbeit konzentriert sich auf den solaren Spektralbereich, welcher nahe-zu vollständig vomSCIAMACHY -Instrument erfasst wird. In diesem Spektral-bereich ist die thermische Eigenstrahlung der Erde in guter Näherung zu ver-nachlässigen (Details siehe Abschnitt 12.3). Nahezu alles vom Weltraum aus de-tektierbare Licht ist gestreutes und reflektiertes Sonnenlicht. Die Modellierung des Strahlungstransports in diesem Spektralbereich wird insbesondere durch die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Vielfachstreuung in einer (annähernd) sphärischen Atmosphäre kompliziert.

Abbildung 3.1 zeigt exemplarisch ein simuliertes Spektrum der sonnen-normierten Radianz (in dieser Arbeit auch als Intensität bezeichnet), wie es von SCIAMA-CHY bei Nadir-Beobachtung gemessen werden wird. Bei der Simulation wurde sowohl die spektrale Auflösung als auch die spektrale Überdeckung des SCIA-MACHY -Instrumentes berücksichtigt. Die Reflektivität des Erdbodens wurde für diese Simulation als spektral konstante Albedo von 0,1 angenommen. Dieser Wert ist nicht realistisch für den gesamten Spektralbereich, er erlaubt hier jedoch die Zurückführung aller in der Abbildung sichtbaren spektralen Signaturen auf rei-ne Wechselwirkungseffekte zwischen der solaren Strahlung und den Molekülen der Erdatmosphäre. Eine realistische Albedo zeigt eine vom Bodentyp abhängige spektral breitbandige Wellenlängenabhängigkeit (siehe Abbildung 4.1 und 4.2).

Die obere Kurve der Abbildung 3.1 zeigt die Intensität im Bereich der SCIAMA-CHY -Kanäle 1-6, entsprechend 240-1750 nm. Der starke Abfall der Intensität un-terhalb etwa 300 nm resultiert aus der starken Ozonabsorption imUV -Bereich mit ihrem Maximum um 240 nm. Durch diese Absorption wird gerade die Biosphä-re vor der für sie schädlichenUV -Strahlung geschützt. Der Abfall der Intensität mit zunehmender Wellenlänge oberhalb von 300 nm resultiert aus der Abnahme der Lichtstreuung, und zwar einerseits der Streuung an den Luftmolekülen (Ab-fall des Rayleigh-Streuquerschnitts mit etwaλ 4) und andererseits der Streuung an den Aerosolen (Abfall des Aerosol-Streuquerschnitts mit etwaλ 1). Wolken wurden bei der hier betrachteten Simulation nicht berücksichtigt. Die spektral breitbandige Ozon-Absorption im sichtbaren Spektralbereich (etwa 400-800 nm) mit einem Maximum um 600 nm, die sogenannte Chappuis-Bande des Ozons, ist in der gewählten logarithmischen Darstellung nur als eine sehr schwach aus-geprägte „Delle“ sichtbar. Die Ozon-Absorption im Bereich der Chappuisbande resultiert bei der gewählten Beobachtungsgeometrie in einer Verminderung der Strahlung um etwa 5-10%. Zwischen 400 und 800 nm liegen drei Sauerstoff-Absorptionsbanden (red bands), die O2γ-1(um 630 nm), die B- 2(um 690 nm) und die A-Bande3(um 760 nm). Bei den in der oberen Kurve weiterhin

erkenn-1Elektronischer Übergang b1Σgù

ú X3Σûg; Vibrationsübergang 2ú 0.

2Ebenfalls elektronischer Übergang b1Σùg

ú X3Σûg; Vibrationsübergang 1ú 0.

3Ebenfalls elektronischer Übergang b1Σùg

ú X3Σûg; Vibrationsübergänge 1ú 1 sowie 0ú 0.

240 429 618 806ü 995ý 1184 1372 1561 1750 0.0001

0.0010 0.0100 0.1000

Intensitaet [sterad

þ-1]

Kanaele 1-6

ÿ

1940 1952 1965 1978 1990 2002 2015 2028 2040

0.0001 0.0010 0.0100 0.1000

Intensitaet [sterad

þ-1]

Kanal 7

ÿ

2255 2271 2288 2304 2320 2336 2352 2369 2385

Wellenlaenge [nm]

0.0001 0.0010 0.0100 0.1000

Intensitaet [sterad

þ-1]

Kanal 8

ÿ

Abbildung 3.1: SimulierteSCIAMACHY-Messung der sonnen-normierten Strah-lung (Intensität) im Nadir-Modus. Oben: Die starke Abnahme der Intensität in Richtung kürzeren Wellenlängen unterhalb von 300 nm wird durch die Ab-sorption des Ozons in den Hartley- und Huggins-Banden verursacht. Die er-kennbaren Absorptionen oberhalb von etwa 600 nm resultieren aus Sauerstoff-und Wasserdampf-Absorptionen. Mitte: Starke Absorptions-Banden von CO2 mit überlagerter Wasserdampf-Absorption. Unten: Die hier sichtbaren Strukturen kommen durch überlappende H2O- und CH4-Absorptionen zustande, überla-gert mit schwachen N2O- (erste Kanalhälfte) und CO-Absorptionen (zweite Kanalhälfte).

baren Strukturen handelt es sich überwiegend um Wasserdampf-Absorptionen4, teilweise überlagert von CO2-Absorptionen.

Nicht sichtbar in der gewählten Darstellung sind die Absorptionen einer Viel-zahl nur schwach absorbierender aber dennoch atmosphärenchemisch bedeutsa-mer Moleküle (im Rahmen dieser Arbeit als Kontinuumabsorber bezeichnet) wie NO2(etwa 300-1000 nm), SO2(240-330 nm), BrO (310-390 nm), OClO (240-480 nm), ClO (240-310 nm), HCHO (270-370 nm), NO3(600-670 nm) und O4(auch

4Overtone und combination Vibrations-Rotations-Übergänge aus dem Schwingungs-Grundzustand (0, 0, 0) (= ν1, ν2, ν3; Bezeichung der drei Grundschwingungsmoden des asymmetric top H2O-Moleküls) in verschiedene höhere Schwingungs- und Rotationszustände.

3.2 Das atmosphärische Spektrum 47

als (O2)2 bezeichnet; 340-650 nm). Ihre Absorptionen liegen typischerweise im Bereich 0,1-1%.

Die mittlere Kurve zeigt die Intensität in Kanal 7, entsprechend 1940-2040 nm.

Dieser Spektralbereich wird dominiert von starker CO2-Absorption überlagert von Wasserabsorptionen.

Die untere Kurve zeigt den Spektralbereich von Kanal 8. Die sichtbaren Struk-turen sind auf Wasserdampf- ( 2300 nm) und Methanabsorptionen (ganzer Ka-nal) zurückzuführen. Auf dieser Skale kaum sichtbar sind die schwachen N2 O-Absorptionen in der ersten Kanalhälfte sowie die annähernd gleichschwachen CO-Absorptionen in der zweiten Hälfte des Kanals.

Dieses Spektrum wurde mit dem neuen StrahlungstransportmodellSCIATRAN5 berechnet, welches im zweiten Teil dieser Arbeit vorgestellt wird (siehe auch Ka-pitel 4). Hierbei wurde die correlated-k Methode benutzt, die eine genaue und relativ schnelle Berechnung dieser Radianzspektren gestattet.

Die Abbildungen 3.2 und 3.3 zeigen separate Transmissions-Spektren aller in dieser Arbeit behandelten Linienabsorber im gesamten von SCIAMACHY ab-gedeckten Spektralbereich.

5Die in dieser Arbeit überwiegend verwendete SCIATRAN -Version ist die Version 1.0 (Buchwitz 1999 [12]). Auch verwendet wurde die Nachfolgeversion 1.1, bei der zusätzlich die Rotations-Raman-Steuung nach Vountas et al. 1998 [137] (siehe hierzu Abschnitt 12.2) und die thermische Emission (siehe hierzu Abschnitt 12.3) implementiert wurde.

400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 0.00.2

0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Transmission [-]

H2O

400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 0.00.2

0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Transmission [-]

O2

400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 0.00.2

0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Transmission [-]

CO2

400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 0.00.2

0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Transmission [-]

CH4

400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 0.94

0.96 0.98 1.00

Transmission [-]

CO

400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 Wellenlaenge [nm]

0.94 0.96 0.98 1.00

Transmission [-]

N

2O

Abbildung 3.2: Übersicht über die Transmissionen aller in dieser Arbeit behan-delten Linienabsorber im sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich. Darge-stellt ist jeweils die Transmission bei einem Druck von 900 hPa, einer Temperatur von 270 K und einer Absorbermenge (in [Moleküle/cm2]), welche der Vertikal-säule des entsprechenden Gases bei derU.S.-Standard-Atmosphäre (siehe Annex E) entspricht. Graue Linien entsprechen der monochromatischen Transmission, schwarze der gefalteten Transmission (0,2 nmFWHM).

3.2 Das atmosphärische Spektrum 49

2250 2270 2290 2310 2330 2350 2370 2390

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Transmission [-] H 2O

2250 2270 2290 2310 2330 2350 2370 2390

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Transmission [-] CH 4

2250 2270 2290 2310 2330 2350 2370 2390

0.94 0.96 0.98 1.00

Transmission [-] CO

2250 2270 2290 2310 2330 2350 2370 2390

Wellenlaenge [nm]

0.94 0.96 0.98 1.00

Transmission [-] N 2O

Abbildung 3.3: Transmissions-Spektren im Spektralbereich von SCIAMACHY Kanal 8. Diese Abbildung ist ein Ausschnitt aus Abbildung 3.2.

Kapitel 4

Strahlungstransport in der Erdatmosphäre

4.1 Überblick

Die in die Erdatmosphäre eindringende solare Strahlung unterliegt im Allgemei-nen Streu- und Absorptionsprozessen an Luftmolekülen, Aerosol- und Wolken-teilchen sowie der Reflektion und der Absorption an der Erdoberfläche. Mittels der Strahlungstransportgleichung (STG ), der Wahl geeigneter Randbedingungen, so-wie einer Vielzahl optischer Parameter können diese Prozesse modelliert werden.

Die Lösung der Strahlungstransportgleichung dient der Ermittlung der das Strah-lungsfeld charakterisierenden spektralen Radianz. Die Radianz ist definiert als die Anzahl Photonen pro Zeiteinheit und pro Wellenlängenintervall, welche ein (klei-nes) Flächenelement beliebiger Orientierung innerhalb eines (kleinen) Raumwin-kelelements passieren, mittels dessen einen Kegel um die Flächennormale selek-tiert wird. Alternative (gleichwertige) Definitionen sind natürlich ebenso möglich, z.B. indem anstelle der Photonen die entsprechende Energie betrachtet wird. Die in dieser Arbeit überwiegend verwendete Einheit der Radianz ist Photonen/(s nm cm2sr). Die Radianz ist eine Funktion des Ortes und der Richtung und hängt daher im Allgemeinen von 5 Koordinaten ab, von den 3 räumlichen Koordinaten sowie von 2 Winkel-Koordinaten, welche die Richtung, in der sich das Licht ausbreitet, festlegen.

Die Kenntnis des Strahlungsfeldes in Form der spektralen Radianz an jedem Ort und in jede Richtung gestattet die Bestimmung einer Vielzahl abgeleiteter Grö-ßen, welche für viele Anwendungen von Interesse sind. Dies betrifft z.B. die nach unten und oben gerichteten spektralen Strahlungsflussdichten, welche sich über entsprechende Winkelintegrationen ergeben. Diese können weiterhin spektral in-tegriert werden, z.B. um für den gesamten Spektralbereich der solaren Einstrah-lung die die Erde wieder verlassende StrahEinstrah-lungsenergie zu bestimmen. Der am

Erdboden nach unten gerichtete spektrale Strahlungsfluss - multipliziert z.B. mit dem Erythem-Wirkungsspektrum (Empfindlichkeit für Hautrötung) und integriert über einen gewissenUV -Spektralbereich - wird zur Bestimmung von UV -Indizes verwendet, mit denen die biologische Wirkung derUV -Strahlung am Erdboden abgeschätzt werden kann (siehe hierzu z.B. Menkhaus et al. 1999 [89]). Die über alle Richtungen gleichgewichtet integrierte Strahlung als Funktion der Höhe, der aktinische Fluss, ist eine wichtige Größe zur Bestimmung von Photolyseraten (Blindauer et al. 1996 [7]). Diese wiederum sind wichtige Parameter bei der Modellierung der Chemie der Atmosphäre.

Für dieser Arbeit ist jedoch die spektrale Radianz selbst die entscheidende Grö-ße, insbesondere die am Oberrand der Atmosphäre in Richtung Satellit gehende Strahlung, da sie hier direkt der Messgröße entspricht, aus der die Atmosphä-reninformationen abgeleitet werden sollen. Im Folgenden soll die im UV -NIR Bereich relevante Strahlungstransportgleichung diskutiert sowie ein geeignetes Lösungsverfahren für diese Gleichung vorgestellt werden. Hierbei werden die Streu-, Reflektions- und Absorptionsprozesse im Vordergrund stehen1. Im Ge-gensatz z.B. zum Mikrowellen- oder dem (mittleren und fernen) Infrarot-Bereich, kann Streuung (auch Vielfachstreuung) an Luftmolekülen und Aerosolen imUV -NIR Spektralbereich nicht vernachlässigt werden, da die Voraussetzung „Wellen-länge sehr groß gegen Molekül- bzw. Teilchendurchmesser“ hier nicht gegeben ist.2 Andererseits kann die thermische Strahlung (Planckstrahlung), also die von der Atmosphäre oder vom Erdboden emittierte Strahlung, für die hier betrachte-ten Wellenlängen kleiner als etwa 2400 nm in sehr guter Näherung vernachlässigt werden. Hierauf wird im dritten Teil dieser Arbeit noch näher eingegangen wer-den. Die Planckfunktion für terrestrische Temperaturen (entsprechend etwa 290 K) hat ihr Maximum bei etwa 10 µm und ist zu kürzeren Wellenlängen hin bei etwa 3-4 µm bereits auf verschwindend kleine Werte abgefallen. Allerdings ist es in bestimmten Spektralbereichen im solaren Bereich notwendig nicht-thermische Emissionsprozesse zu berücksichtigen. Durch (photo)chemische Reaktionen oder Absorption solarer Strahlung können Moleküle in relativ langlebigen metastabilen Zuständen gebildet werden, deren Besetzung nicht einer Boltzmann-Verteilung entspricht.3 Diese Überschussenergie kann dann u.a. durch Strahlungsprozesse wieder abgegeben werden. Ein Beispiel sind die bereits erwähnten NO-γ-Banden

1„Streuung“ am Erdboden wird in dieser Arbeit einer verbreiteten Konvention folgend mit Reflektion bezeichnet.

2Streuung an großen Teilchen, wie Regentropfen, spielt aber auch im Mikrowellenbereich eine Rolle.

3Die Einstellung des thermisches Gleichgewicht erfordert, dass die mittlere Zeit zwischen den Stößen mit anderen Molekülen klein ist im Verhältnis zur Lebensdauer der angeregten Zustände.

Intensiver Energieaustausch durch Stöße bewirkt gerade die Einstellung des thermischen Gleich-gewichts bei externer Energiezufuhr (Strahlung), welche dieses Gleichgewicht stören kann. Dieses Gleichgewicht kann sich insbesondere in den höheren Luftschichten aufgrund des geringen Drucks und der damit verbundenen großen mittleren freien Weglänge oft nicht einstellen.