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4. Wahrnehmung der „Risikoanalysen im Bevölkerungsschutz“: Vorgehen und Ergebnisse einer

4.2 Ergebnisse: Einflussfaktoren auf die politische Wahrnehmung von Entscheider:innen .89

4.2.13 Art der Aufbereitung der Risikoanalysen

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erreichen könne und zudem die Möglichkeit habe, regionale und inhaltliche Relevanz herzustellen.

Ein weiterer Aspekt, den die Befragten im Hinblick auf eine erfolgreichere Vermittlung und auch die Herstellung von Verbindlichkeit in der Umsetzung der Analysen ansprechen, ist die öffentlichkeitswirksame Kommunikation der Analysen und die Einbeziehung von Medien als kommunikatives Instrument. Dies würde ebenfalls zu einer breiteren Wahrnehmung führen und durch die offensive, öffentliche Kommunikation könne effektiver auf Umsetzungsdefizite hingewiesen werden. In diesem Zuge schlagen die Gesprächspartner:innen wiederholt vor, die Risikoanalysen in der Bundespressekonferenz vorzustellen, wo der Präsident des BBK zum Beispiel gemeinsam mit dem Innenminister oder der Innenministerin die wichtigsten Inhalte der Analysen präsentieren könne, da sich hierdurch mediale Berichterstattung und somit eine breitere öffentliche Wahrnehmung ergebe.

Neben den beiden Feldern der bidirektionalen Kommunikation (Präsentation der Berichte und Dialogformatangebot) sowie der Kommunikation an die Öffentlichkeit und Medien werden wenig konkrete weitere Kommunikationskanäle genannt.

Interessant seien aber interaktive Befassungsmöglichkeiten (zum Beispiel interaktive Karten oder eine Berichterstattung beispielsweise über das Dashboard des Bundeskanzleramtes), und auch das Verteilen von Informationen über Messenger-Dienste könne in Erwägung gezogen werden.

Zudem wird die Einbeziehung externer Expertise in den Kommunikationsprozess vorgeschlagen. Um die Risikoanalysen besser zu bewerben, könnten auch Marketing, Kommunikations- oder Medienexpert:innen in den Kommunikationsprozess beziehungsweise die Entwicklung einer Strategie integriert werden.

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Visuelle Gestaltung

In Bezug auf die visuelle Gestaltung sind die Reaktionen der Befragten unterschiedlich.

Die Analysen seien visuell nicht ansprechend. Man könne die Dinge auch bebildern und die Inhalte mit einem ansprechenden Layout darstellen (1_10, 31–36; 1_22, 83–84).

Papiergebundene Informationsprodukte würden durch eine außergewöhnliche Gestaltung hervorstechen. Je ansprechender die Kurzfassung aufbereitet sei, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass das Papier gelesen werde (1_10, 40; 1_33, 39–40, 54).

Wenig interessant seien Inhalte, die mit einem Anschreiben und einem Bericht dahinter kommuniziert würden, da so etwas zahlreiche Male am Tag versandt werde (1_33, 54).

Inzwischen werde viel auch digital kommuniziert (1_33, 39–40), Grafiken in der begleitenden Mail würden die Informationsprodukte ansprechender machen (2_1, 29).

Eine niedrigschwellige digitale Aufbereitung könne außerdem Interesse wecken, sich mit den Analysen auseinanderzusetzen (1_11, 64; 1_14, 62). Vorschläge zur digitalen Begleitung der Analysen kamen zudem von Teilnehmenden der Gruppendiskuss ion.

Interaktive Karten wie die Deutschlandkarte des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Anzeige der Covid-19-Inzidenz könnten die Informationen niedrigschwellig und breiter zugänglich zur Verfügung stellen (2_1, 67). Ebenfalls wurde das digitale Dashboard des Bundeskanzleramts als Option der digitalen Gestaltung und Begleitung genannt, dessen Anschauen „Spaß“ bereite (2_1, 54, 62, 67). Die Darstellung müsse allerdings an die Inhalte angepasst werden; die Präsentation der Risikoanalysen nur in Grafiken sei schwierig und wäre nicht zielführend, aber die Begleitung der Inhalte durch eine Grafik sei „sicherlich nichts Schädliches“ (2_1, 69).

Wie stark eine visuelle Aufbereitung der Analysen bei der Wahrnehmung helfe, sei unklar, denn Bedeutung würden die Dinge immer dann erhalten, wenn die Öffentlichkeit darüber spreche (1_10, 31–36). Ähnlich äußert sich ein:e andere:r Interviewpartner:in, für Abgeordnete selbst brauche es keine andere visuelle Gestaltung, aber für eine breitere Leserschaft sei eine Bebilderung wichtig, damit sie sich die Inhalte besser vorstellen könnten, auch ein Podcast wäre eine Möglichkeit (1_22, 83–84). Drastischer äußert sich eine weitere Person: Man könne das Thema aufbereiten, wie man wolle, das werde „außer einem eng begrenzten Insiderkreis“ kein größeres Interesse generieren können (1_8, 36). Ein:e andere:r Teilnehmer:in der Gruppendiskussionen äußert, dass die Darstellung in Ordnung, jedoch nicht der zentrale Aspekt der Übermittlung der Risikoanalyse sei, angesichts der Vielzahl der Papiere und Themen, die an die Büros der Abgeordneten kommuniziert werden. Wichtiger sei die Frage des Dialogs und der aktiven kommunikativen Ansprache zu den Analysen (2_2, 50).

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Umfang und Struktur

Einigen Befragten zufolge ist die Risikoanalyse gut überschaubar. Anregungen, Bewertungen, Schlussfolgerung seien enthalten (1_8, 32–34), die Länge sei grundsätzlich passend (1_25, 36) und der Umfang in Ordnung, es gebe Zusammenfassungen, die auch lesbar seien und Verweise auf weiterführende Dokumente seien vorhanden (1_3, 32–36; 2_2, 41).

Die Integration einer Kurzfassung ist ein zentraler Punkt, den die Interviewpartner:inne n hervorheben (1_4, 44; 1_11, 77–78; 1_14, 62, 72; 1_15, 44, 56; 1_12, 37; 1_22, 40, 76;

1_25, 40–46; 1_33, 28, 39–40, 54; 2_1, 29; 2_2, 4, 41, 47). Diese könne die Kernaussagen der Analyse, einschließlich Lessons Learned und Handlungsempfehlungen, in klarer Sprache umfassen. Hierfür wird meist eine Seite vorgeschlagen. Eine Kurzfassung diene der schnellen Orientierung und Vermittlung der Wichtigkeit des Themas und wecke idealerweise Interesse (1_4, 26; 1_25, 40–46; 1_33, 28, 39–40, 54). Sie sei zudem arbeitsökonomisch wertvoll (1_22, 76). Außerdem sorge eine Kurzfassung für eine breitere und stärkere Wahrnehmung und dafür, dass man sich eher mit der Langversion beschäftige (1_4, 26; 1_33, 39–40). Mehrseitige Dokumente seien wenig geliebt (1_12, 37) und das Vorlegen langer Dokumente schwierig aufgrund der Vielzahl von Themen (1_5, 40). Kurze Papiere und „knackige Konsumierbarkeit“

seien erwünscht (1_11, 78). Hierbei könne auch ein Call for Action mit Weiterleitung zu weiterführenden Informationen sinnvoll sein (1_4, 44).

Ein:e Gesprächspartner:in betont, dass sie keine Kurzfassung, sondern ausführliche Informationen und ein umfangreiches Dokument, das alle wichtigen Informationen zu dem Thema enthält, benötige (1_7, 74). Ein:e weitere:r Interviewpartner:in äußert ebenfalls Bedenken, dass eine Executive Summary eher am Feld vorbeigehen würde, da sie nicht ins Detail gehe (1_3, 32–36). Diese Ansicht vertreten auch Teilnehmende der Gruppendiskussion, die ebenfalls Bedenken in Hinblick auf sehr kurze, auf eine Seite beschränkte Zusammenfassungen der Risikoanalysen aussprechen, da dies zu einem qualitativen Verlust führen könne; während die Inhalte natürlich prägnant beschrieben werden sollten, gebe es aber auch den Mittelweg, Informationen auf 5–10 Seiten ansprechend aufzubereiten. Sofern Mitglieder des Bundestags an einem Thema interessiert seien, würden sie sich auch die Zeit nehmen, längere Papiere zu lesen (2_1, 35, 51, 52). Zusätzlich bestünde die Möglichkeit, kurze Fact-Sheets erstellen, um die Themen zu bewerben (2_1, 52, 69). Häufigere, kürzere Informationen erachtet ein:e weitere:r Interviewpartner:in als sinnvoll (1_22, 39–40). Es wird sich auch explizit für die Kombination einer Kurz- und Langfassung ausgesprochen, wobei beide Versionen gemeinsam versendet werden sollten (1_14, 72; 1_15, 56).

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Auch hier wird wieder der Punkt hervorgebracht, dass die Länge und Struktur nicht zentral seien, sondern es auf die aktive Kommunikation durch das BBK ankomme (2_2, 41).

Sprache, Praxisbezug, Zugänglichkeit

Die Risikoanalysen seien vor allem für mit dem Thema vertraute Fachleute geschrieben und für die breite Masse oder für jemanden, der wenig Zeit habe, eher nicht zugänglich (1_14, 61–62; 1_12, 32–33). Berichte wie die Risikoanalysen seien zu abstrakt und fachtheoretisch und „übers hohe Abstraktionsniveau dann wieder ein bisschen zu unkonkret“ (1_13, 38). Sie müssten besser lesbar sein und die Risiken „lebensnaher“

beschreiben (1_13, 20). Gewünscht sei, die Informationen in einfacher und verständlicher Sprache zu erhalten. Dafür sei eine lesbare und verständliche Aufbereitung der Inhalte in einer Zusammenfassung wichtig, um das Thema auch einer fachfremden Leser:innenschaft zugänglich zu machen (1_11, 72; 1_12, 37; 1_14, 72;

1_25, 40–46).

Die Zielgruppe der Risikoanalysen sei unklar und die Adressatenbezogenheit müsse stärker berücksichtigt werden. Es müsse deutlicher werden, für wen das Thema Bedeutung habe und warum ein:e Bundestagsabgeordnete:r sich damit befassen solle (1_15, 44; 1_25, 40–46). Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass von Bedeutung sei, die Inhalte einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Es gelte allerdings auch aufzupassen, dass die Informationen für die fachlichen Expert:innen nicht zu allgemein und parlamentsbezogen seien (1_3, 32–36). In diesem Sinne seien die Analysen nämlich ein gutes Dokument (2_2, 17).

Positiv bewertet werden die in den Risikoanalysen eingeführten Handlungsempfehlungen (1_14, 58; 2_1, 38; 2_2, 61). Klare Handlungsempfehlunge n seien sehr wichtig, um die komplexen Sachverhalte in die operative Ebene zu transportieren (1_3, 32–36; 1_7, 76; 1_4, 44; 1_14, 58; 1_33, 44). Auch erhöhe dies die Praxisrelevanz die Reaktionsverbindlichkeit (1_11, 73–76). Eine Idee, um eine breitere Reichweite und Wahrnehmung zu erzielen, wäre, die Handlungsempfehlungen auf verschiedene staatliche Ebenen auszuweiten mit zusätzlichen Empfehlungen, was dort jeweils getan werden könnte. Während es im Fall der Risikoanalyse sinnhaft sei, dass sich die Handlungsempfehlungen oft an den Krisenstab oder die Führungsebene richten, könnte man aber zum Beispiel auch Informationen für andere Bereiche des Bundestages, wie den Haushalt, formulieren (1_3, 32–36; 1_14, 58, 61–62). Auch könnte man die Handlungsempfehlungen konkreter formulieren, da sie teilweise sehr diplomatisch und nicht klar genug seien (1_3, 42; 1_4, 44; 1_33, 44). Eine konkrete Definition des Problems und des Handlungsbedarfs mit einer Empfehlung, in welchen Schritten und mit welcher Prioritätensetzung man die jeweilige Herausforderung adressieren könnte, sei aber wichtig (1_22, 82); Bedarfe müssten konkret benannt

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werden, denn „je konkreter es ist, desto einfacher ist es auch im politischen Handeln, im politischen Alltag, damit dann eine Positionierung der einzelnen Akteure“ (1_33, 44) zu erwirken. Grundsätzlich müsse man in den Analysen klare Aussagen treffen und solle sich nicht in Fußnoten flüchten, die diese wieder relativieren. Die Abgeordneten könnten mit klaren Botschaften erreicht werden (1_4, 44).

Zusammenfassung: Art der Aufbereitung der Risikoanalysen

Hinsichtlich der visuellen Gestaltung der Risikoanalysen zeichnet sich bei den Interviewpartner:innen keine deutliche Präferenz gegenüber der Darstellung der Risikoanalysen ab. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Grundsätzlich scheint aber keine:r der Befragten einer ansprechenderen Darstellung gegenüber abgeneigt zu sein.

Vor allem die digitale Dokumentation nehme zu und damit die Möglichkeiten für eine niedrigschwellige und ansprechende Darstellung, die zu einer besseren und breiteren Sichtbarkeit der Risikoanalysen führen könnte. Hierfür erscheinen insbesondere eine sehr kurze einseitige Fassung (Einseiter) geeignet beziehungsweise eine ansprechende Darstellung der Risikoanalysen in Kurzfassungen (5–10 Seiten). Grafiken oder interaktive Karten werden als positive Option der visuellen Darstellung genannt und als Möglichkeit, sich in der Vielzahl der kommunizierten Dokumente abzuheben.

Nichtdestotrotz wird darauf hingewiesen, dass eine verbesserte visuelle Aufbereitung der Dokumente nicht automatisch dazu führe, dass die Risikoanalysen breiter wahrgenommen würden. Hier spielten vor allem andere Faktoren eine zentrale Rolle wie der öffentliche Diskurs, das thematische Interesse oder die Vielzahl von Themen sowie die Art der Kommunikation der Analysen.

Ähnlich verhält es sich mit der Ansicht der Interviewten in Bezug auf den Umfang und die Struktur der Risikoanalysen. Es gibt keine einheitliche Position zu dieser Frage.

Mehrheitliche Übereinstimmung herrscht auch in Bezug auf Umfang und Struktur dahingehend, dass die Integration einer Kurzfassung wichtig wäre, damit Politiker:innen sich schnell einen Überblick über die enthaltenen Themen, die für sie inhaltliche Relevanz haben sowie Handlungsbedarf erzeugen können. Dennoch sollten ausführliche Informationen nicht außer Betracht gelassen werden, sodass bei Bedarf die Möglichkeit vorhanden ist, sich anhand der Analysen tiefgehender in die Themen einzulesen. Der Vorschlag, häufiger kürzere Information zu verteilen, scheint ebenfalls eher auf eine ergänzende Kommunikation zu den Risikoanalysen abzuzielen und nicht auf eine grundsätzliche verkürzte Darstellung der Inhalte. Auch zu Umfang und Struktur der Risikoanalysen wird angemerkt, dass dies kein zentraler Punkt für deren Wahrnehmung sei und vor allem die Art der Kommunikation der Analysen wichtig sei.

Hinsichtlich des Praxisbezugs und der Formulierung und sprachlichen Gestaltung der Risikoanalysen für ein fachfremdes Publikum wird geäußert, dass die Risikoanalysen vor allem für Akteure, die mit der Thematik vertraut sind, verfasst und für das

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fachfremde Publikum zu abstrakt und theoretisch seien. Gleichzeitig sei die Zielgruppe unklar und die Inhalte müssten adressatenbezogener aufbereitet werden. In diesem Zusammenhang werden die in den Risikoanalysen enthaltenen Handlungsempfehlungen positiv bewertet, da diese es möglich machten, die Ergebnisse in die operative Ebene zu transportieren und somit mehr Praxisbezug und Reaktionsverbindlichkeit zu erreichen. Noch konkretere Informationen und Priorisierung von Handlungsschritten sowie die Empfehlungen für verschiedene Ebenen seien hierbei wünschenswert.