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III. DER SURVEY

2. Archäologische Vorarbeiten im Rahmen des Projekts

Die einzelnen Projektphasen (Karte 12) sind in Form von kurzen Vorberichten publiziert, sie sollen aber hier der Vollständigkeit halber nochmals kurz zusammengefasst wiedergegeben werden.

Karte 12: Untersuchungsgebiete des Projekts

2.1. Die erste Projektphase 1999-2001319 2.1.1. Wadi Bani Awf

Die erste Tangente verlief vom Zugang des Wadi Bani Awf, das von Norden her durch das Gebirge schneidet, bis zum Talkessel von Balad Sit und von dort über die Berge nach al-Hamra, in der südlichen Gebirgsfußregion gelegen.

Die ältesten erhaltenen archäologischen Denkmäler im Wadi Bani Awf sind eine Reihe von Hafit-Gräbern, die auf menschliche Präsenz zu Beginn des 3. Jt. v. Chr. hindeuten. Die Auswertung des keramischen Materials zeigte, dass eine dauerhafte Besiedlung des Wadis erst relativ spät mit der Frühen Eisenzeit gegen Ende des 2. Jt./Beginn des 1. Jt. v. Chr.

einsetzt, also in der Entstehungsphase der Oasenkultur im 3. Jt. noch nicht dauerhaft besiedelt war. Diese früheisenzeitliche Besiedlung konnte in Balad Sit nachgewiesen werden und lieferte so erstmals den Beleg für die Existenz von Siedlungen an der Nordseite des al-Hajar al-Gharbi bzw. im Gebirge selbst. Mit seiner geschützten Lage in einem Kessel mitten im Gebirge und seinen sieben Quellen, ist der Platz geradezu prädestiniert, um eine Siedlung mit agrarischer Lebensgrundlage anzulegen. Das restliche Wadi wurde dann erst in spätislamischer Zeit komplett aufgesiedelt.

2.1.2. al-Hamra

Im Gebiet von al-Hamra konnten zahlreichere prähistorische Fundstellen identifiziert werden, aber auch hier liegt der Schwerpunkt der Besiedlung in der Frühen Eisenzeit bzw. in der spätislamischen Periode, was wohl jeweils durch die Einführung bzw. Erweiterung des falaj-Systems bedingt ist. Aufgrund der Ähnlichkeit der gesammelten früheisenzeitlichen Scherben scheint es wahrscheinlich, dass Balad Sit von al-Hamra her besiedelt wurde, das Gebirge also nicht als trennende Barriere zu betrachten ist.320

319 Ibrahim/Gaube 2000.

320 Häser 2000a,b; 2001; 2002; 2003; Häser/Schulz 2004; Nagieb et al. 2004.

2.2. Die zweite Projektphase 2002-2003 2.2.1. Tiwi/Shab und Wadi Tiwi

Der Survey von 2002 konzentrierte sich auf die Küstensiedlung von Tiwi bzw. Shab sowie das Hinterland mit dem Wadi Tiwi. Der Survey konnte belegen, dass die naturräumlich günstig gelegene Region um Tiwi von der späten Steinzeit bis in heutige Zeit hinein durchgehend besiedelt war, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung und in unterschiedlicher Intensität.

Der älteste bisher bekannte Fundplatz im Bereich von Tiwi stammt aus dem 5./4. Jt. v. Chr.321 Nach einem Hiatus von mehreren hundert Jahren scheint die Region zumindest als Begräbnis-platz genutzt gewesen zu sein. So wurden 130 Gräber der Hafit-Periode entdeckt, wie in anderen Regionen wurden allerdings auch hier keine Reste von Siedlungen dieser Periode gefunden. Sekundärbestattungen der Umm an-Nar-Periode, der Wadi Suq-Periode sowie der Frühen Eisenzeit sind in den Hafit-Gräbern durch Funde wie Keramik- und Specksteinfragmente belegt, darunter auch das erste eisenzeitliche Siegel Omans.322 In der Frühen Eisenzeit nimmt die Intensität der Nutzung der Region deutlich zu. So entsteht auf Anhöhe östlich des Eingangs zum Wadi Tiwi eine befestigte Höhensiedlung (TW0002), während das zugehörige Gräberfeld auf dem Plateau oberhalb des modernen Ortes und westlich des Wadi Tiwi angelegt wurde. In der Späten Eisenzeit wird die Bergsiedlung ausgebaut und auch das Gräberfeld auf etwa 950 Gräber erweitert. Während sich in islamischer Zeit die Friedhöfe jetzt im Bereich des modernen Ortes finden, bleibt die Festung weiterhin in Gebrauch. Unterhalb der Festung entsteht wohl mit Beginn der islamischen Zeit die Siedlung Tiwi/Jurayf, die 1331 von Ibn Battuta erwähnt und wahrscheinlich 1507 durch die Invasion der Portugiesen zerstört wird. Nach der Zerstörung von Jurayf entsteht am Fuße des Festungsberges erneut eine kleine Siedlungseinheit, die die kontinuierliche Belegung des Platzes bis in moderne Zeit hinein nachweist.323

321 Gaultier et al. 2005; Usai 2006.

322 Häser/Schreiber 2003.

323 Häser/Schreiber im Druck; Korn 2003; Korn et al. 2004; Schreiber/Häser 2004.

2.2.2. Östlicher Hajar: Maqta, Jaylah und Ismaiyah

Nach Abschluss der Untersuchungen in Tiwi wurden die Untersuchungen 2003 fortgesetzt.

Sie führten entlang der Tangente über das östliche Hajar-Gebirge mit dem Hochplateau von Shir und seinen berühmten Turmgräbern324 bis Ibra am Rande der Wahiba Sands.

Schwerpunkt der Untersuchung war die kleine Bergoase von Maqta, eine Gräbergruppe bei Jaylah und eine früheisenzeitliche Bergfestung bei Ismaiyah.

Oberhalb des heutigen Dorfes Maqta liegt ein großer Sedimentkessel, in dem Gräber aus der Hafit- und Umm an-Nar-Periode sowie der Frühen Eisenzeit lokalisiert werden konnten.

Außerdem liegt dort ein kleiner islamischer Friedhof, der zum heutigen Dorf gehört, festgestellt werden. Die Umm an-Nar-zeitlichen Gräber waren stark durch Sekundärbestattungen und mehr noch durch spätere Umbauten in Ställe oder Häuser gestört.

Prähistorische Siedlungsspuren konnten weder im Sedimentkessel noch im Bereich des heutigen Ortes entdeckt werden. Dieser Befund deckt sich mit den Ergebnissen der Bauaufnahme durch die Architekten und die Befragungen durch die Orientalisten, die frühestens eine spätislamische Entstehung der Siedlung nahe legen. Dazu passt außerdem die mit der beschleunigten Massenspektrometrie (AMS) auf 430 BP datierte Verputzprobe eines am Rande des Sedimentationskessels gelegenen falaj.

Bei Maqta handelt es sich also um eine sehr junge Oase, deren Entstehung wohl mit den dort gelegenen Quellen zusammenhängen, deren Wassermenge allerdings je nach hydrologischen Bedingungen schwanken und deshalb nicht immer gleich bleibenden Ackerbau ermöglichen.

Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass der Sedimentationskessel oberhalb des Dorfes nach Regenfällen ein hervorragender Weidegrund gewesen ist und sicherlich bereits in prähistorischer Zeit als solcher saisonal genutzt wurde.

Während der Erkundung traditioneller Handelswege über das östliche Hajar-Gebirge wurden von den Agrarwissenschaftlern auf einem Plateau zwischen Mibam im Wadi Tiwi und Jaylah eine Gräbergruppe entdeckt. Es handelt sich um 22 Hafit-Gräber, die zwar alle gestört, aber dennoch zum Teil fast komplett erhalten sind. Im Bereich dieser Gräber fanden sich noch mindestens ein späteisenzeitliches Grab und ein kleiner islamischer Friedhof. Diese Gräber zeigen, dass die Turmgräber auf dem benachbarten Shir-Plateau keine isolierte Erscheinung sind. Geht man davon aus, dass diese Gräber als Wegmarken dienten, also in diesen Fall eine

324 Yule/Weisgerber 1998.

Route markieren, die von der Küste ins Landesinnere führt, kann auch in anderen Gebirgsregionen mit solchen Gräbern gerechnet werden. Die großen Gräber auf dem Shir-Plateau könnten dabei eine besondere Rolle spielen, liegen sie doch in einem Bereich, in dem vier große Wadisysteme (Wadi Shab, Wadi Tiwi, Wadi Khabbah und Wadi Bani Khalid) ihren Ursprung haben.325

Letzter Untersuchungspunkt war die befestigte Siedlung von Ismaiyah, die bereits 1998 durch die Deutsche Oman Mission entdeckt worden war.326 Sie liegt an der Kreuzung des Durchgangs nach Ibra mit dem Wadi Khabbah. Während die Festung vom Wadi her unzugänglich ist, ist der Hang, der in Richtung der modernen Piste abfällt durch eine massive Mauer gesichert. Gesiedelt wurde oberhalb dieser Mauer auf künstlich angelegten Terrassen;

die Hausreste stehen zum Teil noch bis zu 0,60 m hoch an. Eine große Menge Oberflächenkeramik belegt die Datierung in die Frühe Eisenzeit.327

2.2.3. Ibra

Die ältesten Siedlungsspuren im Bereich von Ibra fanden sich in al-Thabti, nordwestlich der Oase. Dort erstrecken sich eckige und runde Strukturen über eine Länge von mehreren Hundert Metern entlang dem Wadi Ibra. Die Untersuchung des lithische Materials ist noch nicht abgeschlossen, aber zumindest eine sog. dreiseitige Pfeilspitze („trihedral point“) kann zwischen 5500 und 4500 v. Chr. datiert werden.328

Aus dem 3. Jt. v. Chr. wurden Reste eines Rundgebäudes sowie zugehörige Siedlungskeramik entdeckt. Zeitgleich sind auch etwa 150 Kollektivgräber zu datieren, die zum Teil Konstruktionselemente aufweisen, die auf eine Kombination aus Hafit-Gräbern und Umm an-Nar-Gräbern hinweisen – es könnte sich also um eine Übergangsform oder aber eine lokale Sonderform handeln. Die Nutzung der Oase im 2. Jt. v. Chr. ist durch einen Friedhof belegt, der aber fast komplett durch Planierungsarbeiten gestört ist. Zwei Siedlungen der Frühen Eisenzeit konnten verzeichnet werden sowie kleinere Friedhöfe und Einzelgräber dieser

325 Siebert et al. 2005.

326 Yule/Weisgerber 1998, 209.

327 Schreiber 2003.

328 Charpentier 2004.

Periode; ein nicht unerheblicher Anteil an Beisetzungen dieser Zeit konnte in Form von Nachbestattungen in älteren bronzezeitlichen Gräbern nachgewiesen werden.

Die bisher erwähnten Siedlungen lagen alle leicht erhöht im flachen Teil der Oase, nahe dem Zusammenfluss der beiden Arme des Wadi Ibra; in der Späten Eisenzeit dagegen verlagert sich die Siedlung auf einen hohen Berg, der den Zusammenfluss des Wadi Ibra und des Wadi Gharbi überragt. Mit Beginn der folgenden islamischen Periode wandert die Siedlung wieder in den flacheren Bereichen des Wadis.329 Nach schriftlichen Quellen beginnt im 17./18. Jh. n.

Chr. unter der Herrschaft der Yaruba-Dynastie die eigentliche Aufsiedelung der Oase, bedingt durch den Ausbau und die Erweiterung des falaj-Systems,330 was durch die Aufnahme und Auswertung der erhaltenen Baustrukturen durch die Architekten und Städteplaner des Projekts bestätigt werden konnte.331