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Arbeitszeit und gesundheitliche Situation von Mehrfach- und Einfachbeschäftigten

Im Dokument Arbeitszeitreport Deutschland 2016 (Seite 128-133)

Exkurs: Arbeitszeit im Ruhestandsalter

6 Arbeitszeit in besonderen Erwerbsformen

6.2 Mehrfachbeschäftigung  23

6.2.2 Arbeitszeit und gesundheitliche Situation von Mehrfach- und Einfachbeschäftigten

Im Folgenden werden der Gesundheitszustand sowie die Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance nach Arbeitszeitlänge, -lage und -flexibilität bei Mehrfach- und Einfach-beschäftigten näher beleuchtet. Die Gesundheit wird dabei wieder anhand eines all-gemeinen Gesundheitsindikators sowie verschiedener körperlicher und psychischer Beschwerden untersucht (vgl. Kap. 2.3).

Sowohl bei den Mehrfach- als auch bei den Einfachbeschäftigten zeigt sich das bereits bekannte Ergebnis, dass der größte Teil der Befragten aus beiden Erwerbsgruppen mit 63 % ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut beschreibt (vgl. Tab. 6.4).

Darüber hinaus zeigen die Daten, dass in der Gruppe der Mehrfachbeschäftigten die Personen, die in ihrer Haupttätigkeit in tatsächlicher Teilzeit arbeiten, häufiger von ei-nem (sehr) schlechten Gesundheitszustand (15 %) berichten als Vollzeitbeschäftigte (10 %). Weiterhin berichten nur die einfachbeschäftigten Personen mit Schichtarbeit und Wochenendarbeit häufiger von einem schlechten oder sehr schlechten Gesund-heitszustand. Bei häufigen Änderungen der Arbeitszeit weisen beide Beschäftigten-gruppen öfter einen schlechten gesundheitlichen Zustand auf (Mehrfachbeschäftigte:

18 %, Einfachbeschäftigte: 15 %).

Hinsichtlich der zusätzlich untersuchten Beschwerden zeigt sich, dass Mehrfach- und Einfachbeschäftigte im gleichen Maß von Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Müdig-keit / Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und körperlicher Erschöpfung betroffen sind.

Tab. 6.4 Mehrfach- und Einfachbeschäftigte: Gesundheit und Zufriedenheit Tab. 6.4 Mehrfach- und Einfachbeschäftigte: Gesundheit und Zufriedenheit

Mehrfachbeschäftigte Einfachbeschäftigte

Gesundheitszustand1 63 63

Arbeitszufriedenheit2 89 92

Work-Life-Balance3 78 77

Gesundheitsbeschwerden

Rücken-, Kreuzschmerzen 51 50

Schlafstörungen 35 34

Müdigkeit, Erschöpfung 55 52

Niedergeschlagenheit 24 23

körperliche Erschöpfung 38 39

n = 19 758; alle Angaben in Spaltenprozent

1 sehr guter oder guter selbst eingeschätzter allgemeiner Gesundheitszustand

2 sehr zufrieden oder zufrieden mit der Arbeit insgesamt

3 sehr zufrieden oder zufrieden mit der Work-Life-Balance

Zum einen ist zu beobachten, dass spezifische Arbeitsformen in beiden Erwerbsgrup-pen mit einer höheren Beschwerdehäufigkeit einhergehen. Abbildung 6.13 verdeutlicht dies am Beispiel der Schichtarbeit. Dort berichten Mehrfach- und Einfachbeschäftigte von einer höheren Beschwerdehäufigkeit bei Schichtarbeit. Darüber hinaus berich-ten Mehrfach- und Einfachbeschäftigte unter anderem bei überlanger Vollzeit und Wochenendarbeit häufiger von Rückenschmerzen, Schlafstörungen und körperlicher Erschöpfung als Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte mit moderaten / langen Arbeits zeiten sowie Personen ohne Wochenendarbeit in den jeweiligen Erwerbsgruppen. Ebenso sind beide Erwerbsgruppen bei häufigen Änderungen der Arbeitszeit und bei gerin gem Einfluss auf die Arbeitszeit von allen hier untersuchten Beschwerden öfter betroffen als Personen mit keinen oder selteneren Änderungen und höherem Einfluss. Dies zeigte sich bereits in Kapitel 3 und 4 anhand der Auswertungen zu den abhängig Beschäf-tigten.

Zum anderen ergeben sich gruppenspezifische Beschwerdemuster in Abhängigkeit von Länge, Lage und Flexibilität der Arbeitszeit. Beispielsweise zeigt sich nur bei den Einfachbeschäftigten eine höhere Betroffenheit von Niedergeschlagenheit bei überlan-ger Vollzeit und Wochenendarbeit in der Haupttätigkeit.

Insgesamt berichten die Einfachbeschäftigten geringfügig öfter von gesundheitlichen Beschwerden über die verschiedenen Arbeitszeitformen hinweg als die Mehrfachbe-schäftigten. In der Literatur wird als Erklärung für diesen Befund diskutiert, dass eine Nebentätigkeit unter anderem auch eine Ressource darstellen kann, um mögliche Be-lastungen aus der Haupttätigkeit und damit verbundene Beschwerden abzufedern. So verweisen unter anderem Sliter und Boyd (2014) auf eine mögliche Erholungsmög-lichkeit in der Nebentätigkeit von Belastungen aus der Haupttätigkeit. Darüber hinaus

könnte ein guter Gesundheitszustand beziehungsweise eine gewisse Beschwerdefrei-heit eine Voraussetzung darstellen, um überhaupt eine Nebentätigkeit aufzunehmen (Healthy-Worker-Effekt; z. B. Shah, 2009; Li & Sung, 1999; Baillargeon, 2001).

Tiefergehende Analysen verweisen zudem darauf, dass Personen, die ihre Neben-tätigkeit hauptsächlich aus Spaß an der Tätigkeit ausüben, mit 70 % öfter einen (sehr) guten Gesundheitszustand berichten als Personen, die als Hauptgrund für die Neben-tätigkeit „Sicherung des Lebensunterhaltes“ (57 %) oder „Zuverdienst“ (60 %) angege-ben haangege-ben.

Abb. 6.13 Gesundheitliche Beschwerden von Mehrfach- und Einfachbeschäftigten bei Schichtarbeit in der Haupttätigkeit (19 513 ≤ n ≤ 19 536)

Mehrfachbeschäftigte, Arbeitszeit zwischen 7 und 19 Uhr

Einfachbeschäftigte, Arbeitszeit zwischen 7 und 19 Uhr Einfachbeschäftigte, Schichtarbeit Mehrfachbeschäftigte, Schichtarbeit

Erwerbsform und Umfang der Arbeitszeit

Abb. 6.13 Gesundheitliche Beschwerden von Mehrfach- und Einfachbeschäftigten bei Schichtarbeit in der Haupttätigkeit (19 513 ≤ n ≤ 19 536)

Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance

Insgesamt unterscheiden sich Mehrfach- und Einfachbeschäftigte nicht in ihrer Zufrie-denheit bezüglich der Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben. So berichten 4 von 5 Befragten beider Gruppen, dass sie zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Work-Life-Balance sind. Dabei sind in beiden Erwerbsgruppen diejenigen mit kürzeren Arbeitszeiten pro Woche, mit Arbeitszeiten zwischen 7 und 19 Uhr, ohne Wochen-endarbeit, mit nur seltenen Änderungen der Arbeitszeit und hohem Einfluss auf die Arbeitszeit zufriedener als Personen mit den jeweiligen konträren Arbeitszeitformen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei Mehrfachbeschäftigten häufiger um Frauen handelt. Hinsichtlich der Verteilung von Alter, Qualifikation und Wirtschaftsbereichen unterscheiden sich die Mehrfachbeschäftigten nicht wesentlich von den Einfachbeschäftigten. Weiterhin zeigt sich bei den Mehrfachbeschäftigten im Vergleich zu den Einfachbeschäftigten, dass sie in ihrer Haupttätigkeit häufiger von Überstunden, Wochenendarbeit und häufigen Änderungen der Arbeitszeit betroffen sind. Hingegen ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der Betroffenheit von überlanger Vollzeit, Schichtarbeit und geringem Einfluss auf die Arbeitszeit. Zudem stellt bei der Betrachtung der Arbeitszeitlänge die wöchentliche Arbeitszeit in der Nebentätigkeit einen bedeutsamen Faktor für die gesamte tatsäch-liche Wochenarbeitszeit dar. So berichten Mehrfachbeschäftigte über alle Tätigkeiten hinweg eine höhere durchschnittliche Wochenarbeitszeit als die Einfachbeschäftigten.

Ebenso sind Mehrfachbeschäftigte über alle Tätigkeiten hinweg häufiger von überlan-gen Arbeitszeiten betroffen (43 %) als Einfachbeschäftigte (20 %).

Des Weiteren zeigt sich, dass Mehrfach- und Einfachbeschäftigte einen ähnlichen Ge-sundheitszustand in Abhängigkeit von verschiedenen Arbeitszeitformen aufweisen. So berichten beispielsweise beide Gruppen bei Schichtarbeit oder häufigen Änderungen der Arbeitszeit von einer höheren Beschwerdehäufigkeit. In Einzelfällen ergeben sich für Mehrfach- und Einfachbeschäftigte je nach Länge, Lage und Flexibilität der Ar-beitszeit gruppenspezifische Beschwerdemuster. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass eine Nebentätigkeit auch eine Ressource darstellen kann. So üben die Mehrfach-beschäftigten unter anderem eine Nebentätigkeit auch aus Spaß an der Tätigkeit aus und nicht nur aus einer finanziellen Notwendigkeit heraus.

Jedoch zeigen die Daten auch, dass in der Gruppe der Mehrfachbeschäftigten die Personen, die in ihrer Haupttätigkeit in tatsächlicher Teilzeit arbeiten, häufiger von ei-nem (sehr) schlechten Gesundheitszustand (15 %) berichten als Vollzeitbeschäftigte (10 %). Ferner unterscheiden sich Mehrfach- und Einfachbeschäftigte nicht in ihrer Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance nach verschiedenen Arbeitszeitformen und in beiden Gruppen wird eine geringere Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit unter anderem bei überlangen Arbeitszeiten und häufigen Arbeitszeitänderungen angegeben.

Angesichts der vorliegenden Daten und bisherigen Studien zu Mehrfachbeschäftig-ten ist davon auszugehen, dass es sich bei MehrfachbeschäftigMehrfachbeschäftig-ten um eine hete-rogene Erwerbsgruppe handelt, die sich durch unterschiedliche Kombinationen von Haupt- und Nebentätigkeit, zum Beispiel hinsichtlich abhängiger und selbstständiger Tätigkeit, sowie Motivlagen charakterisieren lässt. Des Weiteren steht deren gesund-heitliche Situation sowohl positiv als auch negativ mit einer Nebentätigkeit im Zu-sammenhang. So scheinen unter anderem die Motive für die Ausübung einer Neben-tätigkeit als auch die Ausgestaltung dieser bedeutsam dafür zu sein, wie es um die gesundheitliche Situation von Mehrfachbeschäftigten steht.

Im Dokument Arbeitszeitreport Deutschland 2016 (Seite 128-133)