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Der Arbeitsmarkt im Landkreis Osterholz zeigt gegenwärtig weniger Spuren einer Alterung als einer zu geringen Anzahl an Jungen. Generell liegen gesicherte Informationen über die künftigen Arbeitskraftpotentiale sowie die zu erwartende Nachfrage nach Arbeitskräften im Landkreis nicht vor.

Von allen gegenwärtig sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Landkreis (Stand: Juni 2006) gehören der Altergruppe über 55 Jahren nur um rund eineinhalb Prozentpunkte mehr Beschäftigte an, als im Bundesdurchschnitt. In der Altergruppe unter 35 Jahren dagegen sind es über fünf Prozentpunkte weniger.

Betrachtet man die Altersstruktur der gesamten Wohnbevölkerung im Alter zwischen 15 und 65 Jahren im Landkreis, dann zeigen sich in allen Altersgruppen etwa die gleichen Abstände zum Bundesdurchschnitt, wie bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die

Alters-struktur der Beschäftigten des Landkreises könnte also schon in der Struktur der Wohnbe-völkerung angelegt sein. Es fehlen allerdings gesicherte Daten über das Erwerbsverhalten der Bevölkerung der verschiedenen Altersgruppen.

Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz im Landkreis ha-ben, sind die Abstände geringer als bei denen, die im Landkreis wohnen. Der Anteil der über 55-Jährigen liegt nur etwas mehr als ein Prozent über dem Bundesdurchschnitt, der Anteil der unter 35-Jährigen nur um knapp drei Prozentpunkte darüber (vgl. Tabelle 1). Der Pend-lersaldo trägt also zu einer leichten Verbesserung der Altersstruktur bei; Daten über die Al-tersstruktur der Ein- und Auspendler liegen allerdings nicht vor.

Tabelle 1

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Landkreis Osterholz im Vergleich zum Bundesgebiet nach Alter am 30. Juni 2006

in v. H.

15 bis 34 35 bis 54 55 bis 64 in 1.000

Bundesgebiet 33,0 55,8 11,2 26.250

Wohnort in OHZ 27,8 59,3 12,8 36

Arbeitsort in OHZ 30,2 57,4 12,4 20

Quelle: www.pub.arbeitsagentur.de, Arbeitsagentur Bremen; eigene Berechnungen

Die Gewerbliche Wirtschaft im Landkreis ist durch Handwerksbetriebe geprägt. Grundsätz-lich wird von einer schwachen Position der meisten Unternehmen des Landkreises gegen-über der Wirtschaft in Bremen ausgegangen. Dies betrifft auch das Gewinnen von Fach-kräften wie die Darstellung eines Ausbildungsplatzangebots und die Besetzung der Ausbil-dungsplätze.8 Es wird vermutet, dass viele Unternehmen des Landeskreises auch für den Bremer Arbeitsmarkt ausbilden; gesicherte Erkenntnisse darüber liegen allerdings nicht vor.

Man hat dann viele erfahrene Leute, aber die Jungen wandern wegen besserer Verdienst-möglichkeiten ab. Die Firmen im Landkreis können sich nach der Vermutung der Befragten ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht aussuchen.

Das Verhalten der Unternehmen zu den Arbeitsmarktpotentialen der verschiedenen Alters-gruppen im Landkreis ist offensichtlich uneinheitlich. Es wurden in den Interviews sowohl

8 Für eine Darstellung des Ausbildungsstellenmarktes im Landkreis Osterholz siehe: Syben, Gerhard:

Ausbildungspotentiale und Ausbildungshemmnisse im Landkreis Osterholz. Studie im Auftrage der regionalen Berufsbildungskonferenz. Manuskript. Bremen 2007

Beispiele für die Ausschaltung Älterer aus Beschäftigung gegeben wie auch für die Beschäf-tigung von Älteren, deren Erfahrung geschätzt wird. So wurde berichtet, dass Firmen ältere Leute abstoßen, weil die teurer sind und junge einstellen, die nicht soviel kosten. Ältere Ar-beitnehmer seien abgefunden worden, die anschließend keinen job mehr bekommen haben.

Dagegen gab es auch Beispiele dafür, dass auch über 50-Jährige durchaus noch eingestellt werden können. Ältere können aufgrund ihrer Berufserfahrung manche Probleme schneller erkennen und weitaus billiger lösen als die jüngeren Kollegen.

Verschärft wird das Problem der Fachkräftesicherung auch dadurch, dass Jugendliche heute nicht in allen Fällen als durch die Schulen ausreichend qualifiziert gelten. Zur Beurteilung dieses Sachverhalts sei aber eine Prüfung im Einzelfall erforderlich.

Gefordert wurde, dass ältere und jüngere Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt und in den Be-trieben aufeinander zugehen. Auch sei es nicht so, dass die Alten grundsätzlich höhere Ge-haltsforderungen stellen. Das sei vielleicht früher so gewesen. Heute wüssten auch die Jun-gen, was sie verdienen wollen, während die Alten durch die Arbeitsmarktprobleme der letzte Zeit geprägt sind.

Eingeräumt wird, dass ältere Beschäftigte manches körperlich nicht mehr können. Dafür aber werden ihre Erfahrungen zunehmend mehr geschätzt. Das Beste sei ohnehin immer eine Mischung.

Positiv wurde hervorgehoben, dass Frauen über 40 sich vielfach deswegen überhaupt nur zur Bewerbung getraut haben, weil diese Altersgruppe ausdrücklich zur Bewerbung aufge-fordert worden war. In dieser Richtung müsse dringend noch mehr getan werden.

Für den Dienstleistungsbereich gibt es die – allerdings bisher nicht überprüfte – Vermutung, dass ältere Konsumenten unter bestimmten Umständen ein Angebot durch ältere Service-kräfte bevorzugen könnten, weil sie denen ein größeres Verständnis für die eigenen Bedürf-nisse zutrauen. Tatsächlich sind nach den Erfahrungen der Befragten auch in diesem Be-reich oft Leute entlassen worden, obwohl sie eigentlich gut waren. Zugleich sei es schwierig, sich in einer Gaststätte einen Einsteiger mit 60 vorzustellen. Das sei körperlich zu schwer.

Generell aber wird Älteren mit ihren Erfahrungen eine hohe Kompetenz bescheinigt. Zwar seien im reinen Bedienen Jüngere flotter und sie könnten auch mehr tragen. Wenn ein Gast beraten werden will oder besondere Wünsche hat, ist aber ein Älterer oder eine Ältere oft hoch überlegen.

Ähnlich ist im Finanzsektor die Beratungs- und Kommunikationskompetenz der Älteren grö-ßer. Vielfach werde bei Einstellungen gar nicht mehr nach dem Alter gesehen.

Eine offene Frage ist allerdings, was passieren wird, wenn künftig viele Ältere werden arbei-ten müssen, weil die Renarbei-ten zu niedrig sind. Es sei durchaus unklar, ob diese dann noch eine Chance erhielten.

In diesem Zusammenhang wurde grundsätzlich die Forderung aufgestellt, dass Arbeitneh-mer und ArbeitnehArbeitneh-merinnen bis zum 65. Lebensjahr arbeiten können müssten. Dazu sei Aufklärung und Überzeugung notwendig sowie die Überwindung des Kartells aus Gewerk-schaften und Großkonzernen. Die heute besseren Bedingungen zum Altern und die Qualifi-zierung machten dies aber grundsätzlich möglich. Das lebenslange Lernen wird in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung bekommen. Allerdings wird man sich dabei mit der Einschätzung auseinandersetzen müssen, dass sich ältere Mitarbeiter gegenüber Wei-terbildungsangeboten zurückhaltender verhalten. Das gilt teilweise auch für gut qualifizierte Gruppen wie Ingenieure.

Zu bedenken ist aber nach Auffassung einiger Gesprächspartner, dass Arbeitskräfte in eini-gen Bereichen ohne Änderung der Arbeitsbedinguneini-gen bereits mit 50 Jahren verschlissen sind. Sie erreichen das Ruhestandsalter nicht in einem gesunden Zustand, dazu sind die Belastungen zu hoch. Dies betrifft unterschiedliche Berufsgruppen wie zum Beispiel Bauar-beiter und Pflegekräfte. Hier müsse dringend etwas getan werden, weil es sich die Gesell-schaft nicht länger leisten kann, die Leute so früh ausscheiden zu lassen.

Andererseits gebe es viele Rentner, die noch sehr fit seien und viel Potential haben, auch, da eine gesunde Lebensweise die Menschen deutlich jünger halte. Erstrebenswert sei, die Leute so lange arbeiten zu lassen, wie sie gesund sind und arbeiten wollen.

Dies legt nach Auffassung der Gesprächspartner auch nahe, über Modelle eines gleitenden Übergangs älterer Beschäftigter in den Ruhestand nachzudenken. Diese werden gewünscht, sind aber noch nicht in ausreichender Form entwickelt. Für Freiberufler ist der Übergang ohnehin häufig gleitend.

Empfehlung:

Die genannten Informationsdefizite über Struktur und Entwicklung von Nachfrage nach und Angebot an Beschäftigung im Landkreis sollten durch einschlägige Unter-suchungen beseitigt werden.

• Formen und Modelle der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer sollten branchen- und berufsbezogen entwickelt und erprobt werden.

• Modelle eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand und einer flexiblen Alters-grenze sollten in Kooperation mit der Arbeitsagentur entwickelt und erprobt werden.