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Arbeitsanforderungen in Abhängigkeit zum Fachgebiet

4 Ergebniszusammenfassung und Handlungs- Handlungs-empfehlungen

4.2.7 Arbeitsanforderungen in Abhängigkeit zum Fachgebiet

Die Ergebnisse zeigen, dass das Pflegepersonal in Bezug auf das Fachgebiet im Großen und Ganzen vergleichbare Tätigkeiten verrichtet, jedoch zu unterschiedli-chen Zeitanteilen.

Für die Allgemeine Psychiatrie zeigt sich, dass die Zeitanteile an arbeitsorganisatori-schen Tätigkeiten in den drei untersuchten Tageskliniken vergleichbar sind. Sie lie-gen zwischen 15 und 20 Prozent. Die Anteile der Haushaltstätigkeiten stimmen ebenso grundsätzlich überein (7-9 %). Die somatische Pflege nimmt in der Tageskli-nik Nr. 21 mit 4,6 % am wenigsten Zeit in Anspruch. In der TageskliTageskli-nik Nr. 22 ist der Anteil mit 12,5 % fast drei Mal so hoch. Auch im Bereich der psychiatrischen Pflege finden sich große Unterschiede: während in zwei Tageskliniken rund 30 % der Zeit in die psychiatrische Pflege investiert werden, sind es in der Tagesklinik Nr. 20 lediglich 9,6 %. Im Gegensatz dazu, ist ihr Zeitanteil an informationsbestimmenden Tätigkei-ten mit 31,3 % um rund zehn Prozent höher als in den Tageskliniken Nr. 21 und Nr. 22. Eine ähnlich hohe Differenz findet sich für dokumentierende Tätigkeiten. Hier bringen die Pflegenden der Tagesklinik Nr. 20 ein Viertel ihrer Arbeitszeit dafür auf.

In den anderen beiden Tageskliniken sind es rund 15 %.

Demgemäß werden in der Allgemeinen Psychiatrie zwar dieselben Tätigkeitsgruppen ausgeführt, doch innerhalb dieser existieren durchaus Unterschiede. Das gilt vor al-lem für die psychiatrische Pflege. Die Frage nach der Ursache für diese Differenz ist schnell beantwortet: Das Pflegepersonal der Tagesklinik Nr. 22 leitet die Koch-/

Backgruppe, begleitet die Patienten beim Nordic Walking und zum Schwimmen, wohnt der Gesprächsrunde bei und benennt täglich eine Pflegende (in der Regel die-jenige, die den Küchendienst inne hat), die für die Patientengespräche im Sinne der Beziehungsgestaltung verantwortlich ist. All diese Faktoren zusammen ergeben ei-nen intensiven Patientenkontakt. Das Pflegeteam der Tagesklinik Nr. 21 verfolgt das Ritual, die Patienten einzeln zu begrüßen und zu verabschieden. Es nimmt außer-dem an jeder Morgenbewegung und Stationsrunde zumindest eine Pflegekraft teil.

Bei der Vorbereitung von Frühstück und Kaffeepause helfen oftmals Patienten mit, sodass auch hier ein häufiger Kontakt gewährleistet ist. Hinzu kommt, dass die Pfle-genden ein Mal in der Woche für zwei Stunden mit den Patienten auf Wanderung gehen und auf diese Weise viele Möglichkeiten bestehen, Gespräche zu führen. Dies alles trifft für die Pflegenden der Tagesklinik Nr. 20 nicht zu. Hier nehmen die Pflege-kräfte zwar an den Morgenrunden teil, ein Mal in der Woche führt eine Pflegende auch das Nordic Walking durch, aber sie begleiten weder Therapien, noch nehmen sie an weiteren sportlichen Aktivitäten oder Patientengruppen teil. Während der Au-ßenaktivität sind die Patienten auf sich gestellt, da auch diese von den Pflegenden nicht begleitet wird. Dass der eher geringe Patientenkontakt und die wenige psychiat-rische Pflege auf den überfüllten Wochenplan der Patienten zurückzuführen ist, kann nicht bestätigt werden. Vielmehr hängt es häufig von den Einstellungen der Ärzte und Therapeuten ab, inwiefern das Pflegepersonal in Therapien und Aktivitäten einbezo-gen wird. Ist z. B. die Meinung Programm, dass, wie im Fall der Tagesklinik Nr. 20, die Patienten die Außenaktivität allein meistern müssen, wird den Pflegenden keine aktive Rolle im Therapieprozess zugestanden. Auf der anderen Seite fehlt seitens des Pflegeteams Eigeninitiative, um die Situation zu verändern.

In die zweite Gruppe, Kinder- und Jugendpsychiatrie, lassen sich zwei der untersuch-ten Tageskliniken einordnen. Die Zeitaufwendung für die somatische und psychiatri-sche Pflege und für informationsbestimmende sowie dokumentierende Tätigkeiten ist in beiden Einrichtungen ähnlich hoch und folglich vergleichbar. Unterschiede in den Zeitanteilen zeigen sich nur für Tätigkeiten der Arbeits-/Ablauforganisation nik Nr. 23: 23,6 %; Tagesklinik Nr. 24: 6,5 %) und für Haushaltstätigkeiten (Tageskli-nik Nr. 23: 5,5 %; Tageskli(Tageskli-nik Nr. 24: 11,3 %). Schlussfolgernd daraus, unterschei-den sich die Arbeitsanforderungen innerhalb des Einrichtungstyps Kinder- und Ju-gendpsychiatrie im Allgemeinen nicht. Ursache für die Differenz in den Tätigkeiten der Arbeits-/Ablauforganisation liegt im „Alter“ des Teams der Tagesklinik Nr. 23.

Drei der vier Pflegenden sind weniger als ein Jahr in der Tagesklinik beschäftigt; eine Übergabe durch die früheren Mitarbeiter hat nie statt gefunden. Die sich daraus er-gebende Konsequenz ist ein wesentlich höherer organisatorischer Aufwand, da bei-spielsweise die Arbeitsabläufe noch nicht verinnerlicht wurden und damit eine stän-dige Koordination notwendig wird. Hinzu kommt, dass sich das Pflegepersonal häufig mit den Wochen- und Tagesplänen beschäftigt und diesbezüglich bespricht. Ursache hier ist ein weiteres Mal die Unerfahrenheit der Pflegenden. Dass das Personal der Tagesklinik Nr. 24 hingegen weniger Haushaltstätigkeiten leistet, liegt schlichtweg daran, dass die Eltern aus therapeutischen Gründen Haushaltsaktivitäten nachkom-men müssen.

Zusammenfassend kann die Aussage getroffen werden, dass die Tageskliniken ei-nes Einrichtungstyps hinsichtlich der Tätigkeitsanforderungen durchaus vergleichbar sind. Die gefundenen Differenzen sind nicht als gravierend einzuschätzen, sondern durchaus normal, da nicht nur strukturelle Gegebenheiten eine Rolle spielen, son-dern auch die zu Grunde liegenden Therapiekonzepte.

Ein durchgeführter H-Test ergibt, dass sich die Einrichtungstypen Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie lediglich bezüglich der somatischen Pflege über-zufällig unterscheiden: In der psychosomatischen Tagesklinik wird wesentlich mehr somatische Pflege geleistet als in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Zu den Einrich-tungen der Allgemeinen Psychiatrie sind keine signifikanten Unterschiede feststell-bar.

In der Psych-PV (Kunze et al., 2005) zählt die Psychosomatik zum Bereich Erwach-senenpsychiatrie. Die somatische Pflege wird in der Erwachsenen- wie auch Kinder- und Jugendpsychiatrie der speziellen Pflege zugeordnet. Vergleicht man nun die in der Psych-PV festgelegten somatischen Pflegeaufgaben, ist kein Unterschied fest-stellbar: Für beide Bereiche wird verlangt, dass das Pflegepersonal bei Blutentnah-men, Injektionen und Infusionen mitwirkt, Untersuchungen nachbereitet, Wunden versorgt, Medikamente richtet und ausgibt, diagnostische und therapeutische Maß-nahmen begleitet sowie bei der Notfallversorgung und bei Erste-Hilfe-MaßMaß-nahmen mitwirkt. Betrachtet man die Ergebnisse der Beobachtungsinterviews, kommen die Pflegenden aller Einrichtungstypen diesen Aufgaben nach. Folglich bestehen die Un-terschiede nicht darin, dass sie unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen, sondern lediglich in der Häufigkeit der erledigten somatischen Tätigkeiten. In der Psychosomatik kommt es erheblich häufiger vor, dass Patienten Blut abgenommen wird. Auch das Richten und Ausgeben der Medikamente nimmt hier mehr Zeit in An-spruch, da der Umfang an Medikamenten wesentlich höher ist als in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Während dort außerdem weniger Untersuchungen durchgeführt werden, ist dementsprechend der Zeitanteil an Vor- und Nachbereitungen von Unter-suchungen geringer als in der Psychosomatik.

Ein weiterer Unterschied, der sich qualitativ feststellen lässt, ist der Aspekt der An-gehörigenarbeit. Während diese Tätigkeit in der Allgemeinen Psychiatrie wie auch in der Psychosomatik einen niedrigen Stellenwert einnimmt, ist sie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie unerlässlich. Der Grund dafür ist offensichtlich: Die Pflegenden arbeiten mit Minderjährigen zusammen. Bevor Entscheidungen getroffen werden, muss das Einverständnis der Eltern eingeholt werden. Hinzu kommen Hausbesuche, die im direkten Zusammenhang mit der Angehörigenarbeit stehen.

Zusammenfassend wird zwischen den Einrichtungstypen ein Unterschied in den Tä-tigkeitsanforderungen aufgedeckt. Er besteht darin, dass Pflegende der Psychoso-matik mehr somatische Pflege leisten als ihre Kollegen in Tageskliniken der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Auf qualitativer Ebene kann ein weiterer Unterschied unter-strichen werden: Die Angehörigenarbeit spielt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine größere Rolle als in der Allgemeinen Psychiatrie und der Psychosomatik.

Werden die interaktiven Anteile der Tätigkeit in Bezug auf das Fachgebiet betrachtet, so ergeben sich keine signifikanten Unterschiede. Hervorzuheben ist allerdings, dass der Anteil der Tätigkeiten ohne Patientenkontakt sehr hoch ist. Ebenfalls nehmen Tätigkeiten der psychosozialen Zuwendung einen hohen Stellenwert ein, während Kooproduktion eher selten stattfindet. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die Pfle-getätigkeit in der teilstationären Pflege durchaus Rückzugmöglichkeiten aufweist, d. h. dass die Pflegenden nicht wie beispielsweise in der teilstationären Altenpflege den überwiegenden Teil des Tages mit den Tagesgästen verbringen und ausgestal-ten und dementsprechend einer hohen emotionalen Belastung ausgesetzt sind.

Kooproduktion findet in psychiatrischen Tageskliniken selten statt. Diese ist haupt-sächlich bei Tätigkeiten der somatischen Pflege (z. B. Blutabnahmen) zu finden.

Psychosoziale Aktivitäten finden hingegen häufig statt. Dies ist auf den hohen Anteil von Freizeitgestaltung mit den Patienten, aber auch Gruppengesprächen (z. B. Mor-genrunden) und Einzelgesprächen zurückzuführen.