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Anwendungen der elektronenstrahltomographischen

4. Weitere Anwendungsmöglichkeiten der Elektronenstrahltomographie in der

4.1. Darstellung koronararterieller Stenosen

4.1.2. Anwendungen der elektronenstrahltomographischen

Für die Auswertung der entstehenden Bilderreihen bietet sich eine

dreidimensionale Rekonstruktion als Oberflächen- oder Volumenrekonstruktion an, damit z.B. Stenosen von EKG-Triggerabweichungen und kleinsten

Patientenbewegungen zwischen zwei Bildern unterschieden werden können.

Solche Bildfehler werden zudem durch Aufnahme sich leicht überlappender Schichten, z.B. mit einem Tischvorschub von 2 mm bei 3 mm Schichtdicke, reduziert. Bei Gesunden gelingt es mit dieser Methode, längere Abschnitte der koronaren Stammgefäße im Elektronenstrahltomogramm (Abb. 68)

darzustellen, als dies etwa für die Magnetresonanztomographie berichtet werden konnte130.

Abb. 68 Dreidimensionale Rekonstruktion der linken Koronararterie aus einer kontrastmittelgestützten elektronenstrahltomographischen Abbildung des Herzens. Der Verlauf des stenosefreien LAD (→) ist bis zur Herzspitze hin nachvollziehbar. Der Befund wurde in der Herzkatheteruntersuchung bestätigt.

Damit nimmt die Elektronenstrahltomographie unter den nichtinvasiven Verfahren zur Koronardiagnostik einen führenden Stellenwert ein.

Mit den genannten Vorkehrungen hat die Elektronenstrahltomographie eine bemerkenswerte Genauigkeit in der Darstellung koronararterieller Stenosen gezeigt. In einer Untersuchung zeigte die Elektronenstrahltomographie bei der Darstellung hochgradiger Koronarstenosen eine Sensitivität von 92% und eine Spezifität von 94%131, allerdings nach Ausschluß von technisch inadäquaten Untersuchungen bei über einem Drittel aller Patienten. Die Limitationen lagen vor allem in Atemartefakten, koronaren Verkalkungen, kleinen

Gefäßdurchmessern und Bewegungsartefakten vor allem der rechten

Koronararterie und des Ramus circumflexus. Diese Ergebnisse sind in mehreren anderen Untersuchungen bestätigt worden132,133,134,135 und implizieren, daß die Methode unter bestimmten Voraussetzungen in bestimmten Abschnitten des Koronarsystems hochgradige Stenosen ausschließen kann. Dabei bleibt

problematisch, daß die Methode nicht überall verfügbar ist, und das Vorliegen der technischen Voraussetzungen für den Stenoseausschluß (langes

Atemanhalten, fehlender Koronarkalk) vor der Untersuchung meist nicht bekannt ist. Ein routinemäßiger Ersatz der invasiven Bildgebung wird aus diesen Gründen beim gegenwärtigen Entwicklungsstand nicht möglich sein. In der Leitlinie Koronare Herzkrankheit/Angina pectoris der Deutschen

Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung wird dann die Methode dementsprechend 1997 noch als "im Einzelfall möglich" bewertet136. Andererseits zeichnen sich klinische Szenarien ab, in denen durch die

elektronenstrahltomographische Bildgebung eine weitergehende Diagnostik entbehrlich werden könnte:

Bereits recht bald nach ihrer klinischen Einführung wurde die Elektronenstrahltomographie verwendet, um die Durchgängigkeit

aortokoronarer Bypassgefäße zu untersuchen. Die frühen Studien erzeugten dazu an den acht möglichen parallelen Schichtpositionen wiederholt Bilder nach peripher-venöser Injektion eines Kontrastmittelbolus. Dann wurde die Dichtezunahme in den Bypassgefäßen im zeitlichen Verlauf gemessen, und eine fehlende, verzögerte oder spärliche Kontrastierung als Zeichen einer

Perfusionsstörung bewertet. Mit diesem Vorgehen konnte die Perfusion aortokoronarer Bypassgefäße schon damals recht genau eingeschätzt werden137,138. Um die Erkennung von Stenosen ohne Gefäßverschluß zu verbessern, läßt sich jedoch auch ein adaptiertes Protokoll zur vollständigen,

lückenlosen Abbildung des Bypassgefäßes (Abb. 69) anwenden, das dem Protokoll der Koronararteriendarstellung in vielen Aspekten entspricht.

Abb.69 Dreidimensionale Rekonstruktion einer kontrastmittelgestützten elektronenstrahltomographischen Darstellung aortokoronarer Bypassgefäße (→).

Damit konnte auch eine gute Genauigkeit in der Erfassung stenosierender Bypassveränderungen mit 89-100% Sensitivität und 96-97% Spezifität erzielt und im direkten Vergleich eine Überlegenheit gegenüber der

Magnetresonanztomographie gezeigt werden139,140. Einschränkungen bestehen in Artefakten, die viel seltener als bei der Darstellung der autochthonen

Koronarien auftreten, und eventuell bei Stenosen der Anastomosenregion.

Insgesamt ist die Methode jedoch so zuverlässig, daß eine Beurteilung der Bypassperfusion bei den weitaus meisten Patienten möglich ist.

Ein weiteres potentielles Anwendungsgebiet besteht in der

postinterventionellen Kontrolle nach Implantation koronararterieller Stents.

Perkutane Angioplastien der Herzkranzarterien sind heute eine der häufigsten Behandlungsarten geworden. Im Jahre 1998 wurden in Deutschland bei

Erwachsenen über 150000 solcher Behandlungen durchgeführt4. Ein Hauptproblem dieser Therapie besteht im Wiederauftreten einer

Gefäßverengung, und bereits im Rahmen der Behandlung kann ein akuter

Gefäßverschluß auftreten. Durch die Einführung von inneren Gefäßstützen, den Stents, lassen sich deutlich höhere Erfolgsraten der interventionellen

Revaskularisationsbehandlung erzielen141. Daher werden heute etwa die Hälfte aller Koronarangioplastien mit einer Stentimplantation verbunden4. Die

Stentimplantation bedingt andererseits ein erhöhtes Risiko einer subakuten Thrombosierung des revaskularisierten Gefäßes schon kurz nach der

Intervention, die das Hauptproblem dieser Behandlung bedeutet. Erst eine spezielle medikamentöse Behandlung zur Hemmung der

Thrombozytenaggregation vermag dieses Risiko deutlich zu verringern142, so daß die Stentimplantation in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen dürfte. Die Frage nach einem erneuten Gefäßverschluß bedingt dadurch in einer

zunehmenden Anzahl Patienten postinterventionelle Kontrolluntersuchungen, die bislang vor allem durch erneute Herzkatheterisierung realisiert wird. Eine zuverlässige nichtinvasive Methode zum Ausschluß der subakuten

Stentthrombose hätte damit ein beträchtliches Anwendungspotential.

Da die metallene Stentwand in der EBT-Darstellung Aufhärtungsartefakte erzeugt, kann das Stentlumen selbst allerdings nicht eingesehen werden. Damit lassen sich mäßige Wandauflagerungen nicht erkennen. Andererseits kann die Kontrastmittelbolusdynamik analog zum oben beschriebenen Vorgehen in der

Bypassdiagnostik zur Beurteilung verwendet werden, indem die Bolusanflutung distal des Stents dokumentiert wird. In einem experimentellen Ansatz konnte so der Verschluß von Koronararterien in allen Fällen diagnostiziert werden143. Mit diesem Vorgehen ist in einer anderen Arbeitsgruppe eine Sensitivität zur

Entdeckung hochgradig (>75%) stenosierter Stents von 78% erreicht worden144. Nach eigenen Erfahrungen ist die gleichzeitige Aufnahme mehrerer paralleler Schichten jedoch bei der Messung in überwiegend kleinlumigen Koronarien mit erheblichem Bildrauschen verbunden, so daß die Messung in einer einzelnen Schicht distal des Stentendes bei höherer räumlicher Auflösung günstiger sein könnte. Als weitere Option hat sich in der eigenen Erfahrung die zusätzliche Abbildung der Koronarien distal des Stents mit dem Untersuchungsprotokoll für die vollständige Abbildung der autochthonen Koronararterien mit

dreidimensionaler Rekonstruktion (Abb. 70) bewährt.

Auch bei dieser Anwendung treffen jedoch die bekannten Limitationen zu, und eine Stenose im Stent selbst kann der Entdeckung entgehen. Die metallenen Stents verstärken zudem die bereits beschriebenen Bewegungsartefakte der rechten Koronararterie und des Ramus zirkumflexus, so daß bei dort gelegenen Stents die Aufnahme auf 40% statt der sonst üblichen 80% des RR-Intervalls getriggert werden sollte.

Abb. 70 Dreidimensionale Rekonstruktion einer kontrastmittelgestützten elektronenstrahltomographischen Darstellung der Herzkranzgefäße bei einem Patienten mit Stentimplantat (→).

Schließlich bietet sich die Elektronenstrahltomographie für die postinterventionelle Kontrolle nach Ballonangioplastie an. Die

Untersuchungstechnik entspricht der oben beschriebenen Methodik zur

Darstellung der autochthonen Koronarien, und damit sind auch die bekannten Limitationen zu beachten. Von Vorteil ist in dieser Situation jedoch, daß die genaue Position der Koronarstenose aus der invasiven Darstellung in diesem Falle bekannt ist, so daß gezielter untersucht und analysiert werden kann.

Signifikante Restenosen nach PTCA konnten so mit einer Sensitivität von 94%

und einer Spezifität von 82% diagnostiziert werden145. Ob dieses Vorgehen in die Nachsorgeprotokolle nach PTCA regelmäßig eingehen kann, wird auch von den bereits absehbaren methodischen Verbesserungen, wie z.B. Detektoren mit

höherer Ortsauflösung, abhängen. Das bisherige Fehlen ausreichend genauer nichtinvasiver Tests146,147 läßt die problemlos ambulant durchführbare, kontrastmittelgestützte Elektronenstrahltomographie jedenfalls gerade bei dieser Indikation als eine attraktive Option erscheinen.