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Der Karpfen (Cyprinus carpio) ist ein Knochenfisch (Osteichthyes, Überordnung Teleostei) und gehört zu der Familie der Cypriniden (STORCH u. WELSCH 1997). Er kommt ursprünglich aus den gemäßigten Klimazonen Kleinasiens, Mittelasiens, Chinas und Japans und gehört zu den am weitesten verbreiteten kommerziell genutzten Süßwasserfischen weltweit.

Über elf Millionen Tonnen Cypriniden werden jährlich in Aquakulturen produziert (BILLARD 1999). Sein Temperaturtoleranzbereich liegt zwischen 1 und 35 °C, wobei das Temperaturoptimum bei 22 bis 25 °C liegt. Außerdem werden pH-Werte von 5 bis 9 und Sauerstoffgehalte ab 0,7 ppm gelöstem Sauerstoff im Wasser vertragen (BILLARD 1986). In Mitteleuropa liegt die Konsumgröße eines Karpfens üblicherweise bei circa 1,5 Kilogramm, die er nach drei Sommern erreicht hat (BOHL 1982). Als Hobbytier erlangen die Koi-Karpfen (Cyprinus carpio), deren Gewicht und Alter ein Vielfaches des schlachtreifen, lebensmittelliefernden Karpfens erreichen können, immer mehr Bedeutung.

Nachfolgend wird die Anatomie des Karpfen beschrieben, beschränkt auf die für diese Arbeit entscheidenden Organe (Abb.2.1).

2.4.1 Herz

Das Herz des Karpfens liegt kaudal des Kiemenraumes außerhalb der Leibeshöhle im geschlossenen Perikardialraum, welcher ventral und lateral vom Schultergürtel geschützt wird.

Durch die Lage zwischen den beiden Cleithra nimmt es die Form einer dreiseitigen Pyramide an. Im Herzbeutel wird das Fischherz durch das bindegewebige Mesocard fixiert, die Herzspitze ist bei den Teleostei zusätzlich mit dem Gubernaculum cordis am Pericard angeheftet (FIEDLER 1991).

Das Herz führt ausschließlich venöses Blut und besteht aus vier aufeinanderfolgenden Kammern; dem Sinus venosus, dem Atrium, dem Ventrikel und dem Bulbus arteriosus (Abb.

2.2). In den Sinus venosus gelangt das aus dem Körper kommende Blut über die Vena cardinalis anterior und Vena cardinalis posterior (LEHMANN 1991). Dieser kaudale Anteil

Herz

Mitteldarm Ösophagus

Gonaden Niere Epaxiale

Rumpfmuskulatur kraniale und kaudale

Schwimmblasenkammer

Gallenblase

Abb. 2.1: Schematische Darstellung der inneren Organe des Karpfens

Leber mit Pankreas

des Herzens hat ein geringeres Volumen als das Atrium und besitzt eine dünne, elastische Wand. Von der Vorkammer ist er durch die Sinu-Atrialklappen getrennt, die aus Wandfalten beider Anteile bestehen. Die Wand der Vorkammer ist aus zwei Muskelschichten aufgebaut, von denen die innere Trabekel und Septen bildet. In den blindsackartigen Herzohren (Auriculae cordis) sind die Trabekel besonders stark ausgeprägt und tragen so zu der besseren Entleerung des Atriums bei (KÄMPFE et al. 1987). Zwischen Vorkammer und Hauptkammer befindet sich der Canalis auricularis aus ringförmiger Herzmuskulatur, die für den autonomen Herzrhythmus wichtig ist. Durch die Atrioventrikularklappe gelangt das Blut in den muskulösen, ungeteilten Ventrikel, welcher der eigentliche kontraktile Abschnitt des Herzens ist. Seine Wand ist mit einem Maschenwerk aus Muskelbündeln, der Spongiosa, ausgekleidet.

Der vierte Anteil des Herzens ist der Bulbus arteriosus. Dieser enthält nur glatte Muskelfasern und viele elastische Fasern, wodurch er in der Lage ist, die Kontraktionswellen des Ventrikels in einen gleichmäßigen Druck umzuwandeln, entsprechend dem Windkesselprinzip der Aorta bei den Haussäugetieren (ROMER u. PARSON 1983). Vom Bulbus arteriosus aus wird das Blut über den Truncus arteriosus in die Kiemen gepumpt und dort mit Sauerstoff angereichert.

Die Herzfrequenz ist bei wechselwarmen Tieren grundsätzlich niedriger als bei gleichwarmen Tieren. Sie wird beispielsweise durch Stressfaktoren und Temperatur beeinflusst und liegt beim Fisch je nach Spezies durchschnittlich bei circa 30 bis 70 Schlägen pro Minute (LEWBART 2001).

Abb. 2.2: Schematische Darstellung des Fischherzens (LEHMANN 1991)

2.4.2 Niere

Die Niere der Knochenfische ist als paariges Organ ausgebildet, das retroperitoneal ventral der Wirbelsäule liegt und sich über deren ganze Länge erstreckt (ROBERTS 1989). Zwischen der kranialen und der kaudalen Kammer der Schwimmblase ist sie bei Karpfen sattelförmig verbreitert .

Die Niere ist ein gemischtes Organ und wird in die kraniale Kopfniere (Pronephros) und die kaudale Rumpfniere (Mesonephros) unterteilt. Die Kopfniere enthält lymphoides, hämatopoetisches und endokrines Gewebe, während der mittlere und der kaudale Abschnitt der Rumpfniere exkretorische und osmoregulatorische Aufgaben übernehmen (AMLACHER 1992). Bei den Cypriniden ist der mittlere mit dem kaudalen Abschnitt der Rumpfniere verschmolzen, Kopfniere und Rumpfniere können jedoch makroskopisch deutlich voneinander unterschieden werden (OGAWA 1961).

An der Rumpfniere können weiterhin ein kranialer, ein mittlerer und ein kaudaler Abschnitt unterschieden werden. Der kraniale ist besonders bei jungen Karpfen am schwächsten ausgebildet. Er liegt im limitierten Raum zwischen Schwimmblasenwand und Wirbelsäule und wird beidseits der Wirbelsäule in die Zwischenwirbelräume gedrückt (REICHLE 1959).

Die dorsolateral auf der Schwimmblase aufliegenden trapezförmigen Nierenlappen repräsentieren den mittleren und auch größten Anteil der Rumpfniere. In der Medianen sind beide miteinander verbunden. Der sich anschließende, unpaare kaudale Abschnitt der Rumpfniere ist vom mittleren deutlich abgesetzt und umschließt mit seiner Ventralfläche die Kaudalvene (SAKAI 1985).

Eine feste äußere Gestalt sowie eine Kapsel fehlen der Karpfenniere. Ihre Morphologie unterliegt zum Teil großen Schwankungen, die jahreszeitlich, altersmäßig oder durch Wechselbeziehungen mit anderen Leibeshöhlenorganen bedingt sein kann. Beispielsweise kann der kaudale Abschnitt der Rumpfniere durch die Entwicklung der Gonaden massive Größenreduktion und Lageveränderung erfahren (REICHLE 1959).

Der Urin wird über die Wolffschen Gänge abgeleitet, die lateral an der kaudalen Rumpfniere liegen und sich ventral vor der Mündung in die Harnblase vereinigen. Bei der Harnblase des Karpfens handelt es sich im engeren Sinn um eine Erweiterung der Harnleiter, deren kurzer Ausführungsgang, die Urethra, kaudal des Afters nach außen mündet (STOSKOPF 1993).

2.4.3 Leber und Gallenblase

Die Leber der Knochenfische ist ein relativ großes Organ, das sich bei einigen Arten über die ganze Leibeshöhle erstrecken kann (ROBERTS 1985). Dies ist auch bei den Cypriniden der Fall, bei denen die Leber in einzelnen Abschnitten zwischen die Darmschlingen eingebettet ist (LEHMANN 1991).

Die Karpfenleber kann grundsätzlich in zwei Hauptlappen, von denen der linke in Sekundärlappen zerfällt, und zwei akzessorische Lappen unterteilt werden. In der Fovea vesicae biliaris des rechten Hauptlappens (Lobus principalis dexter) liegt die Gallenblase, daher wird dieser auch Gallenblasenlappen genannt (AMLACHER 1992). Gegenüber dem rechten liegt der linke Hauptlappen (Lobus principalis sinister), auch Milzlappen genannt, mit seiner Impressio lienalis der Milz an. Beide Hauptlappen werden im kranialen Abschnitt der Leibeshöhle durch den Ösophagus getrennt und vereinigen sich anschließend zum sogenannten Leberzentrum. Zwischen ihnen liegt das bindegewebige Septum sagittale, ein Teil des dorsalen Mesenteriums. Im hinteren Bereich der Leibeshöhle bildet die Leber zwei weitere Lappen; den Lobus ventrolateralis und den Lobus caudalis. Ersterer ist die kaudale Verlängerung des Lobus principalis dexter und verläuft von der rechten Seite des Leberzentrums zur ventralen Bauchwand und von dort zur linken Körperseite. Der Lobus caudalis ist oft nur rudimentär vorhanden und verläuft vom Leberzentrum kaudal (HARDER 1975). Die Sekundärlappen des Lobus principalis sinister werden durch Darmschlingen von diesem getrennt. Man unterscheidet die Pars angularis zwischen der fünften und achten Darmschlinge und der ventralen Bauchwand von der Pars insularis, die von der fünften Darmschlinge umgeben wird (AMLACHER 1992). Aufgrund der engen Verbindung zum Darm erfährt die Leber weitere Formveränderungen durch Impressionen der Darmschlingen, sogenannte Sulci intestinales.

Diese sind jedoch individuell sehr variabel und können deshalb nicht zur anatomischen Charakterisierung herangezogen werden.

Die Gallenblase ist beim Karpfen und anderen Cypriniden besonders groß. Sie ist mit dem Anfangsteil des Mitteldarms über den Ductus choledochus verbunden, ihr Füllungszustand ist abhängig von der Futteraufnahmefrequenz. Die Wand der Gallenblase ist mit Zylinderepithel ausgekleidet und besteht aus einer dünnen Submucosa sowie glatter Muscularis (FIEDLER 1991). Das Pankreas der Karpfen ist im Sinne eines Hepatopankreas vollkommen im Lebergewebe eingebettet (BRANSON 1993).

Die Leber hat keine feste äußere Gestalt. Sie ist aufgrund von Ernährungszustand, Alter und Reproduktionsstatus großen morphologischen Veränderungen unterworfen und kann in ihrer Größe stark reduziert sein. Die physiologische Farbe der Leber ist abhängig von der Fütterung

rotbraun, durch erhöhten Fettstoffwechsel erhält sie beispielsweise in zyklischen Hungerphasen ein gelbliches Aussehen (ROBERTS u. SCHLOTFELDT 1985).

2.4.4 Gastrointestinaltrakt

Der in der Leibeshöhle gelegene Anteil des Gastrointestinaltrakts, auf den sich die Darstellung beschränken soll, besteht aus Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm. Der Vorderdarm wird beim Karpfen durch den kurzen Oesophagus repräsentiert, dessen Schleimhaut in Längsfalten liegt und mit einem mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidet ist (FIEDLER 1991). Bei den Teleostei dominieren in der Mucosa des Oesophagus große Schleimzellen, die leichtes Schlucken sperriger Nahrungspartikel ermöglichen (ROBERTS 1989). In diesen Teil des Gastrointestinaltrakts mündet der Ductus pneumaticus, der Schwimmblasengang. Ein Magen fehlt den Cypriniden, der Oesophagus geht an der magenähnlichen Erweiterung des Mitteldarms direkt in diesen über (LEHMANN 1991). Mitteldarm und Enddarm sind in Aufbau und Durchmesser kaum zu unterscheiden und werden deshalb in der Literatur zum Teil als Rumpfdarm zusammengefasst (HARDER 1975). Die Darmwand besteht aus einer doppelten Lage glatter Muskulatur und der Darmschleimhaut, welche in Krypten gelegt ist.

Von innen nach außen folgt auf die Mucosa, deren apikale Oberfläche mit Mikrozotten besetzt ist, eine elastisch-bindegewebige Submucosa (AMLACHER 1992). Der Submucosa fehlt die Muscularis mucosae, der Basalmembran schließt sich zunächst sehr dichtes Bindegewebe (Stratum compactum) und nachfolgend lockeres Bindegewebe mit Nervenzellen des Plexus submucosus an. Die beiden Muskellagen trennt eine bindegewebige Schicht, in der der Plexus myentericus Auerbach liegt. Außer dem Plexus submucosus und dem Plexus myentericus befindet sich unterhalb der die Außenfläche des Darms bedeckende Serosa noch der Plexus subserosus (FIEDLER 1991). Der Mitteldarm liegt bei den Cypriniden in Schlingen, die nicht anatomisch konstant sind und, anders als bei den Säugetieren, nicht speziell benannt sind (HARDER 1975). Der meist kurze und makroskopisch nicht vom Mitteldarm zu differenzierende Enddarm mündet mit dem Musculus sphincter ani im Anus.

2.4.5 Schwimmblase

Die Schwimmblase ist in erster Linie ein hydrostatisches Organ, das der Auftriebsregulierung dient (BRANSON 1993). Sie liegt dorsal des Darms und ist von einem weißlichen Peritonealepithel überzogen, das Guaninkristalle enthält (FIEDLER 1991). Bei den sogenannten Physostomen, zu denen auch der Karpfen gehört, ist sie zeitlebends über den Ductus pneumaticus mit dem Darm verbunden. Durch diese Verbindung kann entweder Gas aus der Schwimmblase entweichen oder durch Abschlucken von Luft dort hineingepresst werden (ROBERTS 1985). Außerdem besitzen viele Physostomen eine Gasdrüse, welche von einem Netz aus Blutgefäßen umgeben ist und Gas in die Schwimmblase sezernieren kann. Der überwiegende Anteil des Gases besteht dabei aus Stickstoff (FIEDLER 1991).

Die Schwimmblase der Cypriniden besteht aus einer vorderen und einer hinteren Kammer, zwischen denen eine Verbindung in Form des Ductus communicans besteht. Obwohl die vordere deutlich größer ist als die hintere, repräsentiert die hintere die eigentliche Vesica natatoria propria, in der der Ductus pneumaticus endet. Bei der vorderen Kammer handelt es sich um ein abgeschnürtes Divertikel der ursprünglichen Schwimmblase (HARDER 1975).

Beide enthalten Anteile der Schwimmblasendrüse.

Die Schichtung der Schwimmblasenwand entspricht im wesentlichen dem Aufbau der Darmwand. Sie ist im Inneren mit flachem einschichtigen Epithel ausgekleidet. Unter der sich anschließenden bindegewebigen Lamina propria liegt die Submucosa, in der zahlreiche glatte Muskelzellen und ein Netz aus Blutkapillaren eingelagert sind. Nach außen wird die Wand der Schwimmblase durch eine bindegewebige Adventitia begrenzt (AMLACHER 1992).

Bei den Cypriniden ist die Schwimmblase in zweiter Linie ein Organ der Schall- und Druckrezeption, da durch die Weberschen Knöchelchen eine direkte Verbindung zwischen Schwimmblase und Gehörorgan besteht (LEHMANN 1991). Aufgrund dieser Verbindung sind sie in der Lage, Frequenzbereiche von 13 bis 5000 Hertz wahrzunehmen, wobei die Sensitivität von der Wassertiefe und somit vom Gasdruck in der Schwimmblase abhängig ist (ROBERTS u. SCHLOTFELDT 1985).

2.4.6 Gonaden und Geschlechtsbestimmung

Die Fortpflanzungsbiologie der Knochenfische ist sehr vielfältig; neben zweigeschlechtlichen Arten kommen sowohl Hermaphroditismus als auch Bisexualität vor. Beim zweigeschlechtlichen Karpfen werden entweder Hoden oder Ovarien ausgebildet (BRANSON 1993).

Die Hoden sind paarige Organe, die durch Mesenterien unterhalb der Schwimmblase aufgehängt sind. Sie variieren in der Größe zwischen kleinen Gewebssträngen in der Jugend bis zu großen, milchig-weißen bilateralen Lappen im Stadium der Reife (ROBERTS 1989). Bei laichreifen Karpfen nehmen sie eine abgeflachte, dreieckige Form an und füllen den Großteil der Leibeshöhle aus (FIEDLER 1991). Die Hoden werden an ihrer Außenseite von Cölomepithel überzogen. Darunter folgt die bindegewebige Tunica albuginea, die Hodentubuli und interstitielles Bindegewebe mit Leydig-Zellen umschließt (LEHMANN 1991).

Histologisch gehört der Hoden der Cypriniden zum acinösen Typ, bei dem die Hodentubuli unregelmäßig über den gesamten Querschnitt des Hoden verteilt sind (HARDER 1975). Die Hodentubuli werden von einer Basalmembran und einer bindegewebigen Hülle umgeben. Sie sind mit spermatogenem Epithel ausgekleidet und enthalten Spermatogonien und Spermatocyten unterschiedlicher Reifestadien. Von den im interstitiellen Bindegewebe liegenden Leydig-Zellen werden Androgene produziert (KÄMPFE et al. 1987).

Ausführungsgang der Samenkanälchen ist der Ductus deferens, der beim acinösen Hodentyp auf der Hodenoberfläche verläuft und in der Urogenitalpapille mündet (FIEDLER 1991).

Auch die Ovarien der Teleostei sind paarig angelegt. Sie sind sackartig an den Mesenterien aufgehängt und ebenfalls von einer Tunica albuginea umgeben, die jedoch deutlich dünner ist als bei den Hoden (LEHMANN 1991). Von dieser aus laufen mit Keimepithel besetzte Lamellen in das Innere des Eierstocks (AMLACHER 1992). Die sich entwickelnden Eizellen werden jeweils von der einschichtigen Membrana granulosa umgeben, die den sogenannten Follikel bildet, weibliche Sexualhormone produziert und Dotterstoffe für die Eier transferiert (FIEDLER 1991). Während der Follikelreifung entsteht um die Membrana granulosa eine weitere Schicht, die Theca folliculi. Das Stroma ovarii umgibt die Follikel. Den Teleostei fehlt der Müllersche Gang, statt dessen verlängert sich die Ovarialhöhle kaudal zu einem Ovidukt (KÄMPFE et al. 1987). Über diese gelangen die Eier bei der Ovulation nach außen und werden nicht in die Leibeshöhle abgegeben. Man spricht deshalb vom lamellären Ovartyp mit entovarialem Ausführgang. Die Ovidukte beider Seiten vereinigen sich kurz vor der Mündung in die Urogenitalpapille. Laichreife Eierstöcke können bis zu 70 Prozent des Leibeshöhlenvolumens ausfüllen (WILDGOOSE 2001).

Karpfen zeigen keinen deutlichen Geschlechtsdimorphismus, so dass eine adspektorische, nicht invasive Geschlechtsbestimmung unmöglich ist. Während der Sektion ist die erste makroskopische Identifizierung der Gonaden 95 Tage nach der Befruchtung gelungen (BIENIARZ 1986). Zu diesem Zeitpunkt sind die Gonaden als schmale rötliche Streifen zu sehen, welche mit einschichtigem Epithel und einer einschichtigen Lage von Bindegewebe überzogen ist. Etwas später, nach circa 156 Tagen, sind in den mittlerweile rötlich-transparenten, gallertartigen Gonaden differenzierte Keimzellen nachzuweisen. Die Geschlechtsreife tritt bei Karpfen in etwa zwischen zwei bis drei Jahren ein. Der Zeitpunkt ist dabei nicht nur vom Alter, sondern auch von der Wassertemperatur und der Nahrungssituation abhängig. Laichreife Fische sind adspektorisch an dem sogenannten Laichansatz, also der deutlichen Umfangsvermehrung des Abdomens, und der Laichpapille, bei der es sich um die gerötete und ödematisierte Urogenitalpapille handelt, zu erkennen. Allerdings ist die genaue Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Tieren meist nur durch Palpation zu erreichen. Durch sanften Druck auf das Abdomen werden beim männlichen Karpfen geringe Mengen an Sperma, die sogenannte Milch, abgegeben (BOHL 1999). Ein wichtiges Kriterium für die Eireife ist der Eidurchmesser, der bei Karpfen 1,2 bis 1,4 Millimeter betragen sollte.

Als weitere, deutlich invasivere Möglichkeiten der Geschlechtsbestimmung stehen zum Beispiel die Bioptatentnahme und anschließende histologische Differenzierung sowie die Katheterisierung zur Gewinnung von Geschlechtsprodukten zur Verfügung. Zu den bei verschiedenen Fischen erprobten serologischen Methoden gehören unter anderem die Plasmaanalyse von Lipophosphoproteinen (CRAIK u. HARVEY 1998), die Messung der Vitellogenin-Konzentration im Plasma (PATINO u. REDDING 2000), Radioimmunoassay der Steroidspiegel im Blut und Immunoagglutinationsmethoden (LE BAIL u. BRETON 1981).

2.4.7 Muskulatur und Ernährungszustand

Das Muskelsystem der Fische besteht aus quergestreifter Skelettmuskulatur, glatter Visceralmuskulatur und Herzmuskulatur (FIEDLER 1991). Da nur die Rumpfmuskulatur für die vorliegende Arbeit von Bedeutung ist, soll im Folgenden nur auf diese eingegangen werden.

Grundsätzlich ist die Rumpfmuskulatur in Körperquadranten unterteilt, welche durch ein medianes und ein horizontales Septum voneinander getrennt werden. Die beiden Muskelgruppen dorsal des horizontalen Septums werden als epaxiale Muskeln, die ventral gelegenen Muskelgruppen als hypaxiale Muskeln bezeichnet. Die jeweils aneinandergrenzenden

epaxialen und hypaxialen Muskelquadranten greifen derart ineinander, dass am horizontalen Septum nach kranial gerichtete Muskelbäuche entstehen (ROBERTS u. SCHLOTFELDT 1985). Der Musculus lateralis superficialis liegt bei einigen Fischen keilförmig zwischen den dorsalen und ventralen Quadranten und wird durch das horizontale Septum ebenfalls in zwei Anteile getrennt (LEHMANN 1991).

Die einzelnen Muskelsegmente (Myomere) sind beidseitig lateral der Wirbelsäule symmetrisch angeordnet und tütenförmig ineinandergesteckt. Sie sind durch dünnhäutige Myosepten voneinander getrennt (HARDER 1975).

Histologisch lassen sich unterschiedliche Fasertypen differenzieren. Rote Muskelfasern, aus denen beispielsweise der Musculus lateralis superficialis zusammengesetzt ist und weiße Muskelfasern, die Bestandteile des Musculus lateralis profundus, des Hauptanteils der Rumpfmuskulatur, sind (FIEDLER 1991). Die roten Muskelfasern sind sarkoplasmaarm, fibrillenreich und kernreich. Sie arbeiten unter aeroben Bedingungen, kontrahieren sich langsam und sind daher wichtig für Ausdauerleistungen. Im Gegensatz dazu sind die weißen Muskelfasern sarkoplasmareich, wasserreich und fibrillenarm. Diese sind anaerob, kontrahieren sich schnell und ermüden früh (ROBERTS 1989). Bei den Cypriniden werden noch rosafarbene Fasern gefunden, die funktionell zwischen den weißen und roten Fasern liegen (HARDER 1975).

Zu der Beurteilung des Ernährungszustandes werden in erster Linie subjektive Kriterien herangezogen. Dabei wird zum einen das Verhältnis vom Kopf zum Rest des Körpers festgehalten. Als kachektisch sind solche Fische anzusehen, deren Kopf den größten Durchmesser des Körpers aufzuweisen hat. Wichtig ist außerdem der Querschnitt der Rückenmuskulatur, welcher abhängig von der Kondition der Fische entweder konvex oder konkav ausgebildet ist (SCHÄPERCLAUS 1990). Ein dreieckiger (konkaver) Querschnitt spricht für die deutliche Abnahme der epaxialen Muskulatur und damit für einen länger andauernden Hungerzustand (LEWBART 2001). Der Korpulenzfaktor ist eine Möglichkeit, die Körperproportionen quantifizierbar zu beurteilen. Dabei wird das Gewicht des Fisches zu seiner Körperlänge ins Verhältnis gesetzt. Der Korpulenzfaktor ist gleich dem Körpergewicht, multipliziert mit einhundert und dividiert durch die Gesamtlänge (Kopfspitze bis Schwanzende) im Kubik (BOHL 1999). Dieser liegt beim Karpfen in der Regel zwischen 2,0 und 2,5. Bei Korpulenzfaktoren unter 1,5 muß von einer akuten Gefährdung der Tiere ausgegangen werden (v. LUKOWICZ u. GERSTNER 1998).

3 MATERIAL UND METHODEN

3.1 Tiergruppen