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1 Einleitung

1.4.6 Analyse der Produktivität des Bioprozesses

Alle Schritte zur Realisierung des gesamten Prozesses unterliegen kritischen Parametern die es zu beachten gilt, um einen möglichst effizienten Prozess zu gestalten. Für die Fermentation sollte eine hohe Zelldichte mit einer hohen Expression des Zielproteins erreicht werden.

Zudem sind die Kosten für das Wachstumsmedium minimal zu halten. Bei der Isolierung des Enzyms müssen die gewonnene Aktivität des Enzymes und die Materialkosten berücksichtigt werden. Bei der Biokatalysatorpräparation, wie z.B. der Immobilisierung, müssen die Kosten für den Träger und die erhaltene Aktivität beachtet werden. Bei dem Hauptprozessschritt –der Biokatalyse zum Zielprodukt– sind die kritischen Parameter die volumetrische Produktivität, die Produktkonzentration und der Biokatalysatorverbrauch für die Produktion. Als letzten Prozessschritt sollte eine möglichst kostengünstige Produktaufarbeitung erreicht werden (Tufvesson et al. 2010).

Ein Parameter, welcher für die Anwendbarkeit des Enzymes verwendet werden kann, ist die total turnover number (TTN). Dies ist eine dimensionslose Kennzahl, welche die Gesamtzahl an Molekülen angibt, welche von einem Enzym in der Gesamtlebensdauer unter Berücksichtigung der enzymatischen Desaktivierung umgesetzt werden können. Die Berechnung kann mit Hilfe der Werte der katalytischen Aktivität und der Desaktivierung nach Gleichung 4 erfolgen:

CCD −" F,G h* "

'() h* "

Mit:

kcat [h-1] Wechselzahl

kdes [h-1] Desaktivierungskonstante

Gleichung 4

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Typische TTN-Werte für repräsentative Biokatalysatoren liegen zwischen 1,15 x 104 für die Glucose Dehydrogenase V227A Mutante aus Bacillus subtilis und 2,71 x 107 für Subtilisin 3-2G7 aus Antarctic Bacillus TA41 (Rogers & Bommarius 2010).

Neben der TTN stellt die Produktivität einer angestrebten Biotransformation einen weiteren wichtigen Faktor zur Ermittlung der Prozessrealisierbarkeit dar. Diese beschreibt das Mengenverhältnis des gebildeten Zielproduktes pro eingesetzter Enzymmenge (kgProdukt/kgEnzym). Die Menge an Biokatalysator, welcher für die Synthese zum Einsatz kommen kann, hängt stark von dem Zielprodukt und dessen Marktwert ab. Für die Produktion von Bulkchemikalien mit einem geringen Verkaufswert kann nur wenig Enzym eingesetzt werden, um eine geeignete Produktivität zu erreichen, welche mit den chemischen Herstellungsverfahren mithalten kann. Im pharmazeutischen Bereich sind die Produktpreise, mit teilweise über 100 €/kgProdukt, sehr viel höher, was die Investition in die Bioprozessentwicklung als umweltfreundliche Herstellungsalternative sehr viel attraktiver macht (Tufvesson et al. 2011). In Abbildung 15 ist eine Übersicht verschiedener Chemikalienkategorien (Bulk bis Pharma) den verschiedenen Produktivitätsbereichen zugeordnet, in welchen der Bioprozess in einem kosteneffektiven Rahmen realisiert werden kann.

Abbildung 15: Effekt der Biokatalysator Kosten und möglichen Kostenverteilungen für die erforderlichen Biokatalysator Produktivitäten im Bereich der Bulk-,Spezial-, Fein- und Pharmachemikalien Produktion mit immobilisiertem Enzym. Modifiziert nach (Tufvesson et al. 2011).

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Je nachdem welche enzymatische Präparation gewählt wurde, ist es erforderlich eine entsprechend hohe Produktivität zu erreichen. Im Bereich der biokatalytischen Herstellung von Pharmaka, wozu die Zielproduktklasse der α-Arylpropionsäurederivate zählt, liegen die gewünschten Produktivitäten bei (Tufvesson et al. 2011):

(i) Ganzzellbiokatalysator: 10–35 kgProdukt/kgZelltrockengewicht

(ii) Aufgereinigtes Enzym: 100–250 kgProdukt/kgfreies Enzym

(iii) Immobilisiertes Enzym: 50–100 kgProdukt/kgimmobilisiertes Enzym

Welche Produktivitäten am Ende der Bioprozessentwicklung erreicht werden müssen, entscheidet letztendlich wie der Prozess realisiert werden kann und wird hier im Rahmen dieser Dissertation detailliert präsentiert.

Zielsetzung

Die biokatalytische Herstellung von enantiomerenreinen Produkten ist eine vielversprechende Alternative gegenüber herkömmlichen chemischen Syntheseverfahren. Mit dem Enzym der Arylmalonat Decarboxylase ist der Grundstein für die Möglichkeit der enantiomerenreinen Arylpropionsäuresynthese gelegt. Diese sind für die pharmazeutische Industrie von großer Bedeutung, da sie im Großmaßstab als Schmerzmittel eingesetzt werden. Ziel dieser Arbeit ist es einen umweltfreundlichen biokatalytischen Prozess für die Synthese von Profenen mittels des Enzymes Arylmalonat Decarboxylase (AMDase) zu entwickeln. Die Forschung ist dem DBU-gefördertem Projekt AZ30818-32 mit dem Projektthema Asymmetrische Synthese von Profenen zugeordnet. Hierbei ist ein Projektpartner, die Chiracon GmbH (Luckenwalde, Deutschland), für die Bereitstellung der nicht kommerziell erhältlichen Substrate Naproxenmalonsäure und Flurbiprofenmalonsäure verantwortlich (Abbildung 16). Ein weiterer Partner, die Arbeitsgruppe von Prof. Robert Kourist (Ruhr Universität Bochum, Deutschland), ist für die Bereitstellung der AMDase-Varianten, sowie das Enzym-Engineering zuständig.

Neben den bereitgestellten Substraten wurde die Reaktion zudem, inbesondere für Screeningzwecke in Hinsicht auf Reaktionsbedingungen, mit dem kommerziell verfügbaren Modellsubstrat Phenylmalonsäure analysiert.

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(Modellsubstrat)

Naproxenmalonsäure Flurbiprofenmalonsäure

O

O OH OH

O

O

O OH OH

O

O OH OH F

Abbildung 16: Verwendete Substrate für die Bioprozessentwocklung der der AMDasekaatalysierten Synthese von Arylpropionsäuren. Das Modellsubstrat Phenlmalonsäure ist kommerziell erhältlich. Die Substrate Naproxenmalonsäure und Flurbiprofenmalonsäure wurden von der Chiracon (Luckenwalde, Deutschland) bereitgestellt.

Der Fokus der vorliegenden Promotionsarbeit, des dritten Projektpartners in dem DBU geförderten Projekt, ist die Bioprozessentwicklung der enzymatisch katalysierten Synthese der Arlpropionsäuren. Hierbei soll insbesondere eine hohe enzymatische Produktivität erreicht und die Synthese auf möglichst simplen und effektiven Weg realisiert werden. Der Wechsel von herkömmlichen chemischen Syntheserouten zur enzymkatalysierten Variante bringt hierbei ebenfalls Herausforderungen mit sich, wie die enzymatische Stabilität unter Prozessbedingungen oder das Erreichen eines vollen Umsatzes zum gewünschten Zielprodukt.

Für die Bioprozessentwicklung (Abbildung 17) sollen zunächst die optimalen Rahmenbedingungen, wie pH-Wert und Temperatur definiert werden, unter welchen die Reaktion möglichst effizient realisiert werden kann.

Abbildung 17: Vorgehen der Bioprozessentwicklung.

Neben der Aktivitätsuntersuchung ist hierbei ebenso die Stabilität unter den gewählten Prozessbedingungen zu beachten. Aufbauend auf die grundlegenden Untersuchungen soll eine enzymatische Präparation identifiziert werden mit welcher die Synthese möglichst stabil

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durchgeführt werden kann. Eine Möglichkeit der Stabilisierung des Enzymes kann durch die Anbindung an Trägermaterialien erreicht werden und soll detaillierter untersucht werden. Nach Festsetzen des gewählten Systems, ist es essentiell die kinetischen Daten der Umsetzung zu bestimmen, um das optimale Reaktorkonzept für die Synthese der (S)-Arlpropionsäuren zu identifizieren. Neben der Reaktorwahl soll darüber hinaus die Synthese der Arylpropionsäuren im entwickelten Bioprozess im präparativen Maßstab durchgeführt und die Produkte isoliert und auf die Qualität untersucht werden.

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