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ANALYSE DER ABRECHNUNGSDATEN (FOLGEKOSTEN)

4.1. Fragestellungen und Methodik

Ein primäres Ziel des Competence Center Integrierte Versorgung war, die Versorgungssitua-tion von Personen mit chronischer Herzinsuffizienz zu untersuchen. Als konkrete Problemstel-lung fungiert die Abschätzung der leitlinienkonformen Verschreibungspraxis von Medika-menten. Unter leitlinienkonformer Verschreibungspraxis wird im Folgenden eine bestmögli-che Annäherung an die ESC-Guidelines verstanden. In diesem Zusammenhang wird operativ den Fragen des Einflusses der Therapie auf

 die Überlebenschance und

 die Rehospitalisierungsrate

von Menschen mit der Entlassungsdiagnose „chronische Herzinsuffizienz“ im niedergelasse-nen Bereich nachgegangen. Als „chronische Herzinsuffizienz“ wurden die folgenden Entlas-sungsdiagnosen definiert: kongestive Herzinsuffizienz (I50.0), Linksherzinsuffizienz (I50.1) und Herzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet (I50.9).

Die Quantifizierung erfolgte anhand von Abrechnungsdaten der FoKo-Schnittstelle, einem EDV-Tool zur Ermittlung von Eigen- und Folgekosten ärztlicher Leistungen und Verordnungen.

Diese Daten sind jedoch in ihrer Aussagekraft bezüglich erschöpfender Erklärung leitlinienkon-former Behandlung von chronischer Herzinsuffizienz limitiert. Es kann zum einen von der Ver-schreibung eines Medikaments nicht automatisch auf dessen (regelmäßige) Einnahme und zum anderen auch nicht auf die Einnahme in einer bestimmten Dosierung geschlossen wer-den.

Als Untersuchungszeitraum wurde 1 Jahr nach der ersten Entlassung im Jahr 2015 mit der Diagnose „chronische Herzinsuffizienz“ gewählt. Damit war auch gewährleistet, dass die ver-schriebenen Medikamente der Patientinnen/Patienten ein Jahr nach der Entlassung in die Analyse aufgenommen werden konnten. Im genannten Untersuchungszeitraum wurden Heil-mittelabrechnungsdaten dazu herangezogen, um festzustellen, welche Form der Therapie Pa-tientinnen/Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erhalten.

Tabelle 1: Definition der Entlassungsdiagnosen und relevanter Therapien (International Classification of Dise-ases, Version 10 (ICD-10), Anatomisch-therapeutisch-chemisches Klassifikationssystem (ATC))

Für die Auswertung wurden vom LEICON-Team (Niederösterreichische Gebietskranken-kasse/Oberösterreichische Gebietskrankenkasse) nach Vorgaben des Competence Center In-tegrierte Versorgung Daten folgender Träger für die Jahre 2015 und 2016 bereitgestellt:1

1 Abrechnungsdaten der VAEB konnten nicht berücksichtigt werden, da die Diagnosen nicht als ICD-10 klassifiziert vorliegen.

Entlassungsdiagnosen

ICD-10 Code Bezeichnung

I50.0 Kongestive Herzinsuffizienz

I50.1 Linksherzinsuffizienz

I50.9 Herzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet

Verschriebene Therapien von Relevanz

ATC Code Beschreibung

C03CA, C03AA, C03BA, C03EA, C03XA Diuretika

C03DA Aldosteronantagonisten (AA), Synonym:

Mine-ralokortikoidrezeptor-Antagonist (MRA)

C07 Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten (BB)

C09 Mittel mit Wirkung auf das

Renin-Angiotensin-Sys-tem (angiotensin-converting enzyme inhibitors (ACE-I)/angiotensin receptor blockers (ARB))

 Alle 9 Gebietskrankenkassen

 BVA

 SVA

 SVB

Die Auswertung selbst erfolgte mittels SAS® Enterprise Guide 6.1.

4.2. Ergebnisse

Insgesamt konnten 19.314 Personen eindeutig identifiziert werden, die 2015 mit einer Diag-nose „chronische Herzinsuffizienz“ aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Über die Vertei-lung der im Zusammenhang mit chronischer Herzinsuffizienz relevanten medikamentösen Therapie gibt Tabelle 2 Aufschluss.

Tabelle 2: Verschreibungen nach Medikamentenklassen 1 Jahr nach Entlassung (in %, n = 19.314)

ACE-I/ARB 56,3 %

BB 53,9 %

AA 35,5 %

Diuretika 56,3 % Nichts davon 13,2 %

Um sich einer Abbildung der Leitlinienkonformität laut ESC-Codes zu nähern, wurden die Pa-tientinnen/Patienten in drei Gruppen gemäß ihrer Therapie eingeteilt:

 Gruppe 1: Patientinnen/Patienten, die sowohl ACE-I/ARB als auch BB verschrieben bekamen.

 Gruppe 2: Patientinnen/Patienten, die entweder, BB, AA, ACE-I/ARB oder Diuretika verschrieben bekamen.

 Gruppe 3: Patientinnen/Patienten, die keine der genannten Therapien verschrieben bekamen.

Abbildung 6: Verschriebene Therapien 1 Jahr nach Entlassung

0% 20% 40% 60% 80% 100%

81+

71 - 80 61 - 70 51 - 60 bis 50 Gesamt

Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3

Über alle Gruppen hinweg erhalten 36,4 % der Patientinnen/Patienten eine Kombination aus ACE-I/ARB und BB, die Hälfte bekommt eine der genannten Medikamentengruppen verschrie-ben (50,3 %) und 13,0 % bekommen nichts davon verordnet. Ein auffälliges Ergebnis zeigt der Blick auf die Gruppe der über 80-Jährigen. In dieser Gruppe, die über die Hälfte (53,4 %) der Patientinnen/Patienten ausmacht, steigen die Anteile derjenigen, die nur ein (55,2 %) bzw.

gar kein Medikament (15,2 %) aus der relevanten Medikation bekommen. Wird dieses Ergeb-nis im Kontext der Leitlinienkonformität betrachtet, liegt der Schluss nahe, dass die Verschrei-bungspraxis unter einem wünschenswerten Niveau liegt.

Um diese Hypothese zu überprüfen wurde ein logistisches Regressionsmodell herangezogen.

Im Regressionsmodell fungieren das Verschreibungsverhalten neben dem Alter und dem Ge-schlecht als unabhängige Variable. Die abhängige Variable bildet die Überlebensrate ein Jahr nach der Entlassung (1 = überlebt, 0 = verstorben).

Tabelle 3: Einflussfaktoren auf die Überlebensrate lt. logistischer Regressionsanalyse OR Konfidenz-

Die in Tabelle 3 dargestellten Ergebnisse der logistischen Regression zeigen die Odds Ratios (OR) jeweils zur Referenzkategorie. Zunächst lässt sich feststellen, dass das Alter signifikanten Einfluss auf die Mortalität hat. Männer haben ein leicht höheres Risiko, zu versterben als Frauen. In Bezug auf die Therapie nach Entlassung kann festgestellt werden, dass die Gruppe, die sowohl ACE-I/ARB als auch BB verschrieben bekommen hat, ein geringeres Sterberisiko im ersten Jahr nach der Entlassung aufweist als Patientinnen/Patienten ohne Verschreibung ei-nes Medikamentes aus einer der relevanten Klassen (Vergleich Gruppe 1 vs. Gruppe 3: OR 0,3). Auch haben diese Patientinnen/Patienten im Vergleich zur Gruppe 3, statistisch betrach-tet ein geringeres Sterberisiko, wenn sie ein Medikament der oben genannten Klassen ver-schrieben bekommen (Vergleich Gruppe 2 vs. Gruppe 3: OR 0,6). Die Ergebnisse sind auch statistisch signifikant, wie Tabelle 3 zeigt.

Der Einfluss der Therapie auf das Sterberisiko wird auch bei Betrachtung von Abbildung 7 deutlich: Die Grafik zeigt die Überlebenskurven der 3 oben dargestellten Gruppen zueinander.

Gruppe 1 (grün): Patientinnen/Patienten, die sowohl ACE-I/ARB als auch BB verschrieben be-kamen. Gruppe 2 (gelb): Nur ein Medikament im chronische Herzinsuffizienz-Kontext. Gruppe 3 (rot): Kein Medikament im chronische Herzinsuffizienz-Kontext.

Abbildung 7: Kaplan-Meier Überlebenskurven gemäß Therapiegruppe

Neben der Überlebenschance steht auch die Rehospitalisierungsrate im Fokus der Analyse.

Die Betrachtung der Abbildung 8 zeigt in diesem Zusammenhang, dass es sich so verhält, dass Patientinnen/Patienten, die keinerlei relevante Medikamente verschrieben bekommen, ein Jahr nach ihrer Entlassung weniger oft wieder stationär aufgenommen werden (Mittelwert = 1,2) als die beiden anderen Gruppen (Mittelwert Gruppe 2: 1,4; Gruppe 3: 1,5). Der durch-schnittliche Zeitraum zwischen Entlassung und Wiederaufnahme ist jedoch tendenziell kürzer (Gruppe 1: 169 Tage; Gruppe 2: 156 Tage; Gruppe 3: 124 Tage).

Abbildung 8: Wiederaufnahmen innerhalb eines Jahres nach Therapie-Gruppen

4.3. Fazit der Analyse

Abrechnungsdaten können, wie oben erwähnt, keine 1:1 Abbildung der Umsetzung der leitli-niengerechten Therapie in der medizinischen Praxis geben. Die Analyse zeigt jedoch, dass eine Annäherung an die Umsetzung der leitliniengerechten medikamentösen Therapie möglich ist, und dass daraus folgende Schlüsse gezogen werden können:

Leitlinienkonforme medikamentöse Therapie wirkt sich positiv auf die Überlebenschancen von Patientinnen/Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz aus.

5. EXKURS: ERARBEITUNG VON DIAGNOSE-, BEHANDLUNGS- UND