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Analyse der aktuellen Richtlinien und Lehrpläne der Gesamtschule und des Gymnasiums in NRW in Hinblick auf die aktuelle Berücksichtigung und die

Überlegungen zur verstärkten Berücksichtigung der Thematik Energie im Biologieunterricht

2.2.2 Analyse der aktuellen Richtlinien und Lehrpläne der Gesamtschule und des Gymnasiums in NRW in Hinblick auf die aktuelle Berücksichtigung und die

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 38

• die Zweckmäßigkeit des erlernten Wissens zu Energie durch häufige Anwendung hervorhe-ben, den Zuwachs an Kompetenz durch Wiedererkennnugseffekte erfahrbar machen und da-mit zu einer intrinsischen Motivation beitragen, themenbezogene Wissenslücken zu schließen.

Das Faktenwissen über die Thermodynamik ist somit eine nicht unabdingbare, aber hilfreiche Voraussetzung für den Erwerb einer naturwissenschaftlichen Fachkompetenz.

• die Integration der naturwissenschaftlichen Fächer untereinander fördern und so vermehrt zu einem naturwissenschaftlichen Grundverständnis führen. Wissenskompartmentalisierungen (MANDL, GRUBER & RENKL 1993) würden erfolgreicher verhindert. Das Wissen über die Thermodynamik fördert wegen der unzähligen Möglichkeiten der Anwendung in den ver-schiedensten Gebieten den Aufbau eines strukturierenden und systematisierenden Wissens und beugt damit der bloßen Ansammlung nicht vernetzter Fakten vor.

• die Kompetenz zur Problemfindung fördern, da die Schüler in vielen verschiedenen Kontex-ten lernen, zwischen situationsbezogenem Wissen und kontextfreiem Wissen zu unterscheiden (Beitrag zur Flexibilisierung von Wissen, Verhinderung "trägen Wissens", vgl. Kap. 3.2.2, S.

102). Hierdurch können Schüler abstrahierend vom Thema Energie die Auswahl und Suche kontext-relevanter Informationen beim Beobachten und Erklären von Phänomenen ihrer Um-gebung lernen.

• die Schüler darin schulen, mit der Komplexität ihrer meist stark vernetzten Umgebung umzu-gehen. Dieser Kompetenzzuwachs bezieht sich sowohl auf das Erkennen von Vernetzungen als auch auf das Erlernen von prozedualem Wissen (methodisch-strategisches Wissen, vgl.

Kap. 3.1.3.5, S. 72), um mit diesem (u.a. angstfreier) umzugehen. Wissen über Energie fördert wegen der universellen Gültigkeit das vernetzte Denken, indem es Zusammenhänge zwischen Phänomenen schafft, die auf den ersten Blick nicht zusammenzugehören scheinen.

2.2.2 Analyse der aktuellen Richtlinien und Lehrpläne der Gesamtschule und des

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 39 Unterrichtsinhalte zum Thema Energie in der Sekundarstufe I am Gymnasium in NRW in den Fächern Biologie, Chemie und Physik

Tab. 2-3: Unterrichtsinhalte zum Thema Energie in der Sekundarstufe I am Gymnasium in den Fächern Biologie, Chemie und Physik

Jg. Biologie Chemie Physik

5 Mensch, Ernährung, Verdauung, Nahrungsmittel und Nährstoffe:

Funktion der Nährstoffe als Bausub-stanz und Energieträger: Verdauung, Atmung, Kreislauf und Bewegung als ganzheitliches

System: Energiewandlung und Ener-gieentwertung; Nährstoffe entspre-chen Energiespeichern, Energienut-zung findet durch

Atmung und Verdauung statt

(in Jahrgangstufe 5 kein Unterricht)

(in Jahrgangstufe 5 kein Unterricht)

6 Samenpflanzen, Bau und Funkti-on der Samenpflanzen:

Blatt, Photosynthese: Licht als Ener-giequelle, Stärke als

Energieträger

Säugetiere, Anpassung an Jahreszeiten: Überwinterung, Winterschlaf, Wärmehaushalt, Kör-perwärme

(in Jahrgangstufe 6 kein Unterricht)

Temperatur und Energie:

Einführung der Energie (mit Einheit Joule), Energieübergänge zwischen Körpern verschiedener Temperatur

Elektrischer Strom:

Elektrischer Strom und Energie, Energiewandler

Speicherung, Transport und Entwertung von Energie:

Speicherung und Transport der Energie (Energiewandlungsketten), Entwertung von Energie, Energie und Umwelt

7 (im zweiten Halbjahr der Jahrgangstufe 7 kein Unterricht)

Einführung und erste Anwendung einer Teilchenvorstellung:

Erwärmung und Abkühlung als messbare Effekte für die Änderung der Intensität der

Teilchenbewegung

Stoff- und Energieumsätze:

Energieumsätze, Energiefluss bei chemischen Reaktionen, insbesonde-re exothermen Reaktionen (haupt-sächlich mit Sauerstoff), Unterschei-dung von System und Umgebung, Energiefluss als Wärme und/oder Licht, Energieinhalte von Produkten und Edukten, Umkehrbarkeit chemi-scher Reaktionen durch Ändern der Energieflussrichtung, endotherme Reaktionen

(in Jahrgangstufe 7 kein Unterricht)

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 40

Jg. Biologie Chemie Physik

8 Grundlagen ökologischer Bezie-hungen in Lebensgemeinschaften der Heimatregion:

Zusammenfassende und generalisie-rende Darstellung von Lebensge-meinschaften, Sonnenlicht als primä-re Energiequelle, besondeprimä-re Bedeu-tung der Photosynthese, Energieent-wertung in der Nahrungskette

(in Jahrgangstufe 8 kein Unterricht) Elektrizitätslehre:

Elektrische Quellen als Energiewandler, Elektrische Verbraucher als Energiewandler

9 Mensch, Stoffwechsel, Stoff-transport, Energieumsatz:

ganzheitliche Darstellung der hier auftretenden energieentwertenden Prozesse, Ernährung, Struktur und Funktion der Nahrungsbestandtei-le/Nährstoffgruppen, Bedeutung der Nährstoffe für den Energiehaushalt (Energieentwertung), Auswertung von Nährwert-tabellen, vergleichende Betrachtung des Energiegehaltes, physikalischer und physiologischer Brennwert Behandlung von Energie-speicherung, Energieentwertung durch mechanische und chemische Arbeit

Kennzeichen chemischer Reaktionen:

stoffliche und energetische Aspekte, Wiederaufgreifen und Vertiefen der Begriffe aus der Jahrgangstufe 7 an neuen Beispielen, Stoffmengen bezogene Energieumsetzungen, jedoch nur bei vergleichbaren, d.h.

chemisch ähnlichen Reaktionen, z. B. Oxidationen

Elektronenübertragungs-reaktionen:

Energiebetrachtungen bei Elektroly-sen, Energieabführung durch elektri-schen Strom aus chemielektri-schen Reak-tionen (einfache galvanische Zellen)

Energie, Arbeit, Leistung:

mechanische Energie und Arbeit, die mechanische Leistung

Innere Energie:

Energieerhaltung und innere Energie, innere Energie und elektrische Arbeit, Energieentwertung

10 (in Jahrgangstufe 10 kein Unterricht)

Brennstoffe: (wählbar aus 5 mögli-chen Themen)

Kohlenstoffverbindungen als Ener-giespeicher, Alternative Energiequel-len (BrennstoffzelEnergiequel-len)

Kohlenhydrate: (wählbar aus 5 möglichen Themen)

Kohlenstoffverbindungen als Energiespeicher

Elektrische Energie:

elektrische Energie und Leistung, elektromagnetische Energiewandler (Elektromotor und Generator), Erzeugung und Verteilung elektri-scher Energie

Radioaktivität und Kernenergie:

Energie aus Kernkraftwerken

Unterrichtsinhalte zum Thema Energie in der Sekundarstufe I an Gesamtschulen in NRW für den Unterricht Naturwissenschaften

Im Lehrplan für den naturwissenschaftlichen Unterricht an Gesamtschulen sind die fachlichen Schwerpunktthemen und Leitbegriffe der Bereiche bestimmten Rahmenthemen für die Jahrgang-stufen 5/6, 7/8 und 9/10 zugeordnet. Da die Lehrpläne den Schulen die Möglichkeit bieten, eigen-ständig die obligatorischen Rahmenthemen auf die Jahrgangstufen und zu einzelnen Fachunter-richten nach ihrem eigenen Schulcurriculum zu verteilen, beschränkt sich die folgende Lehr-planübersicht auf die fachlichen Schwerpunkte und Leitbegriffe zu den Fachbereichen Biologie, Chemie und Physik. Eine Zuordnung dieser Schwerpunkte und Leitbegriffe zu den einzelnen Jahrgangstufen unterbleibt.

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 41 Tab. 2-4: Unterrichtsinhalte zum Thema Energie in der Sekundarstufe I in der

Gesamtschule im naturwissenschaftlichen Unterricht Fachliche Schwerpunkte und Leitbegriffe

Biologie Chemie Physik

Wachstum, Zusammenwirken, Vergehen

Fotosynthese, Energiewandlung, nachwachsende Rohstoffe, Energie von der Sonne

Nahrung als Energiequelle, Stoffwechsel

Reaktionen Energieumsätze fossile Energieträger Modelle und Strukturen Bindungsarten

Wärme und Energie

Energietransport, Energieumwandlung, Energieübertragung,

Energieentwertung, Energielieferant Sonne

Kraft und Bewegung Mechanische Energie, Energieumwandlungen

Im Gegensatz zu den Lehrplänen am Gymnasium für die Fächer Biologie, Chemie und Physik wird im Lehrplan für Naturwissenschaften an Gesamtschulen an vielen Stellen detaillierter auf Lernziele zum Thema Energie hingewiesen. In folgenden Rahmenthemen wird wie angegeben auf energetische Aspekte verwiesen:

Körperlich und geistig fit

Die Schüler lernen beim Stoffwechsel Nahrung als Energiequelle kennen. Sie gewinnen erste Ein-sichten über Atmung, "kalte" Verbrennung und den Wärmehaushalt des Körpers.

Energie und Stoffwechsel

Die Schüler verfolgen die Energieumwandlung von der Sonne über die Photosynthese bis hin zu nachwachsenden Rohstoffen. Dabei spielen auch der Kohlenstoffkreislauf und die Sauerstoffher-stellung eine Rolle. Sie erwerben Kenntnisse über Nahrung als Energiequelle, Stoffwechsel und Atmung sowie über den Aufbau und die Struktur der Nahrungspyramide.

Sonne: Licht und Wärme

Die Schüler vertiefen das Wissen über Zusammenhänge von Licht und Lichtausbreitung. Sie be-rücksichtigen Energieumsätze und die Massenerhaltung bei chemischen Reaktionen und erwerben grundlegende Kenntnisse über fossile Energieträger.

Energie und Energieträger

Die Schüler lernen am Beispiel der Sonne als Energielieferanten die Beziehung zwischen Energie-transport, Energieumwandlung, Energieübertragung, Energieentwertung kennen und anwenden.

In diesem Zusammenhang vertiefen sie ihre Kenntnisse über Speicherung und Erzeugung von elektrischer Energie.

Nahrungs- und Genussmittel

Bei der Umwandlung von Stoffen beachten sie Stoff- und Energieumsätze sowie die Massener-haltung

Unterrichtsinhalte zum Thema Energie in den Fächern Biologie, Chemie und Physik in der Oberstufe an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW

Da die Lehrpläne für die Fächer Biologie, Chemie und Physik in der Oberstufe - ähnlich wie im Lehrplan Naturwissenschaften für Gesamtschulen - den Schulen mehrere Möglichkeiten eröffnen, eigenständig die obligatorischen Rahmenthemen auf die Jahrgangstufen nach ihrem eigenen Schulcurriculum zu verteilen, beschränkt sich die folgende Lehrplanübersicht auf die Nennung der Themenfelder zu Energie, ohne eine Einteilung nach Jahrgangstufen vorzunehmen.

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 42 Tab. 2-5: Unterrichtsinhalte zum Thema Energie in der Sekundarstufe II am

Gymnasium und in der Gesamtschule in den Fächern Biologie, Chemie und Physik

Jg. Biologie Chemie Physik

11, 12

&

13

Betriebsstoffwechsel und Energieumsatz Zellatmung

anaerober Abbau von Glucose

Photosynthese

Ökologische Verflech-tung und nachhaltige Nutzung

Biomassenproduktion, Trophieebenen, Energiefluss

Evolution der Vielfalt des Lebens in Struktur und Verhalten Kosten-Nutzen-Prinzip bei Konkurrenz um Res-sourcen

Bewegung (molekulare Mechanismus, Energe-tik und Koordination) Bedeutung des ATP Regulation der Energiebe-reitstellung

Gewinnung, Speiche-rung und Nutzung elektrischer Energie in der Chemie

Reaktionswege zur Herstellung von Stoffen in der organischen Chemie

Bindungsenthalpien, Reaktionsenthalpien, Energiediagramme, Mesomerieenergie

Energie und Arbeit Lageenergie und Hubarbeit

Bewegungsenergie und Beschleunigungsarbeit Spannenergie und Spannarbeit

Energieentwertung und Reibungsarbeit

Energiebilanzierung bei Übertragung und Umwandlung Erhaltung und Entwertung der Energie

Stoßvorgänge

Ladungen und Felder

potentielle Energie im elektrischen Feld, Spannung, Potenti-al

Relativitätstheorie

Äquivalenz von Masse und Energie

Energieerhaltung und Energieentwertung 1. Hauptsatz der Thermodynamik

Entropie und 2. Hauptsatz der Thermodynamik Wärmekraftmaschinen und Energieversorgung Wärmekraftmaschinen (Energie- und Entropiestrom, Wir-kungsgrad, Kraft-Wärme-Kopplung, Heißluftmotor und Wärmepumpe)

Energieversorgungskonzepte (konventionelle und regenerative Energien)

Energetik der Erde Energieabstrahlung der Sonne Energiehaushalt der Erde, Atmosphäre

Im naturwissenschaftlichen Unterricht der Oberstufe (MSWWF 1999) werden zwar verschiedene Themenfelder aufgezeigt, in denen die Energiethematik behandelt werden kann, eine detaillierte Beschreibung dessen, was zum Thema Energie bzw. zum Energiebegriff vermittelt werden soll, fehlt jedoch in allen drei Lehrplänen. Insbesondere im Fach Biologie sind die Hinweise besonders spärlich. So wird selbst zu den Themen Photosynthese und Zellatmung nicht auf energetische Aspekte hingewiesen. In der Chemie wird zwar das Theoriekonzept "Energetik" in der 13. Jahr-gangstufe hervorgehoben "Energetik: Ein wichtiges Prinzip zum Verständnis von Energieum-wandlungen und der Steuerung chemischer Reaktionen." (MSWWF 1999). Inhaltliche Ausfüh-rungen fehlen jedoch auch hier. Zum Energiebegriff heißt es lediglich: "Bei der Entscheidung für das Themenfeld "Energie: Quelle - Nutzung - Umweltbelastung" liefert die Energetik die notwen-digen Begriffe wie Energie, Enthalpie und Entropie, ohne die die Unterrichtsreihe nicht auskom-men wird. Die Energetik kann ebenso im Rahauskom-men der Theauskom-menfelder "Technische Produktionsver-fahren" und "Umweltchemie" ein Schwerpunkt sein."

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 43 Die Inhalte und die Gliederung der Lehrpläne für den naturwissenschaftlichen Unterricht erlauben eine Betonung des Themas Energie und verdeutlichen zugleich die Wichtigkeit von Absprachen zwischen den Fächern.

Die Zusammenstellung der Lehrplanauszüge macht deutlich, dass es ohne eine Veränderung der zu unterrichtenden Themen eine Vielzahl an Lernbereichen gibt, in denen energetische Aspekte the-matisiert werden können. Eine weitere Hervorhebung des Themas, wie sie in Kapitel 2.2.2.2 für das Fach Biologie skizziert wird, erscheint in allen Naturwissenschaften sinnvoll. Gründe für diese Hervorhebung der Energiethematik sind die in Kapitel 1 beschriebenen Lernschwierigkeiten zum Energiebegriff (bestätigt durch die eigenen Untersuchungen, vgl. Kap. 4.5.6, S. 175ff) sowie die aufgezeigten lernfördernden Effekte, die von einer intensiveren Beschäftigung mit dem Thema Energie erwartet werden (vgl. Kap. 2.2.1.4, S. 36) bzw. die in ersten Ansätzen im praktischen Un-terrichtseinsatz bereits festgestellt wurden (vgl. Kap. 5).

Wünschenswert wäre für den naturwissenschaftlichen Unterricht insbesondere in der Oberstufe -ein zwischen den Fächern abgestimmter Hinweis für die unterrichtenden Kollegen über die Inhalte und Bedeutungen, die zur Energiethematik vermittelt werden sollen. Ein solcher Hinweis sollte ähnlich aufgebaut sein, wie er in den Richtlinien und Lehrplänen für das Gymnasium, Sekundar-stufe I vorliegt (vgl. KM NRW 1993). Das aktuelle Fehlen derartiger Hinweise sowie die starke Streuung der Lernbereiche mit energetischen Aspekten in den Sekundarstufen I und II macht deutlich, wie wichtig bei den aktuellen Lehrplänen eine schulinterne Absprache über die konkre-ten Inhalte und genauen Zeitpunkte eines Unterrichts mit Inhalkonkre-ten zum Thema Energie ist.

Auch die im Kapitel 5 vorgestellten Leitlinien dieser Arbeit können nur sinnvoll zur Effizienz von naturwissenschaftlichem Unterricht beitragen, wenn entsprechende verbindliche Absprachen zwi-schen den Fachkonferenzen und allen unterrichtenden Lehrkräften vorliegen und umgesetzt wer-den.

2.2.2.2 Beispiele für die vermehrte Berücksichtigung energetischer Aspekte im Biolo-gieunterricht außerhalb der in den Lehrplänen genannten Fachgebiete

Vorbemerkung: "Energie" ist allumfassend. Ist "Energie" dennoch ein Lerninhalt, den man für den Biologieunterricht auswählen kann? Zum Begriff Energie - ob im naturwissenschaftlichen Be-griffssystem als Rechengröße oder im gesellschaftswissenschaftlichen BeBe-griffssystem z.B. als Syn-onym für den "Treibstoff" Strom verstanden - lassen sich leicht Lernziele formulieren, wie etwa:

"Die Schüler sollen Energie als einen Wert kennenlernen, dessen Größe sich während einer Reak-tion nicht verändert." oder "Die Schüler sollen die Stand-by-Schaltung von Unterhaltungsgeräten als eine Quelle der Energieverschwendung im Haushalt benennen können.". Ist "Energie" jedoch auch ein Lerninhalt, ein Gegenstand, an dem Schüler Einsichten und Kompetenzen erwerben kön-nen? Diese Frage mag bezogen auf den Titel dieser Arbeit "Schülervorstellungen zu Energie" über-raschen, aber: Anders als Themen wie Mitose oder Waldsterben, deren inhaltliche Grenzen defi-niert werden können, ist das "Thema Energie" - im Sinne des naturwissenschaftlichen Begriffsy-stems - allumfassend. Jeder Vorgang auf der Erde (und im Universum) kann unter energetischen Gesichtspunkten analysiert werden: die Photophoshorylierung genauso wie das Nahrungssuch-verhalten von Eulen. Jede Fragestellung der Biologie hat demnach auch eine energetische Dimen-sion. Im naturwissenschaftlichen Unterricht ist Energie deshalb im Fachbereich der Biologie kein eigenständiges abgeschlossenes Thema, kein eigener Lerngegenstand15, sondern nur ein

15 Mit den Ausdrücken "Unterrichts- bzw. Lerngegenstand" oder auch "Unterrichts- bzw. Lerninhalt" werden in dieser Arbeit diejenigen Teilbereiche natürlicher und gesellschaftlicher Wirklichkeit gemeint, an und mit denen im Unterricht -orientiert an zuvor formulierten Lernzielen - Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen vermittelt werden.

Grundlagen zum inhaltlichen Ansatz 44 möglicher Analyseaspekt, der eine Rolle zum Verstehen und Vorhersagen von Abläufen des Le-bens spielen kann (vgl. KATTMANN 1980).

Wird Energie jedoch - wie im gesellschaftswissenschaftlichen Begriffssystem - als Synonym für Treibstoff verstanden, ist auch eine abgrenzbare biologische Themenformulierung z.B. im großen Kontext der Energieversorgung möglich.

Energetische Aspekte werden in der Biologie hauptsächlich im Themenbereich der Stoffwechsel-physiologie (Photosynthese und Zellatmung) und der Ökologie (Energiefluss durch Ökosysteme, Nahrungsstufen und Energiepyramide, Energieumsatz und Körpergröße, Aspekte zum Energiespa-ren) behandelt (vgl. Übersichten zu den Lehrplänen (S. 39ff) und BILLICH 1977). Alle gefundenen Veröffentlichungen zu fachdidaktischen Fragen der Biologie in Hinblick auf den Energiebegriff beschränken sich ebenfalls auf diese beiden Bereiche (vgl. Kap. 5).

Nachfolgend sind exemplarisch Aspekte aus den anderen Fachbereichen der Biologie skizziert, die ebenfalls im Schulunterricht der Sekundarstufen aus energetischer Sicht thematisiert werden könnten.

So könnte in der Genetik der Bereich der Genregulation betrachtet werden. Hervorzuheben wäre z.B., dass es aus energetischer Sicht nicht sinnvoll ist, sämtliche Enzyme eines Organismus auf Vorrat zu produzieren. Ebenso könnte der G-C-Gehalt der DNA bei Bodenbakterien hinsichtlich der Stabilität gegenüber elektromagnetischer Strahlung aus energetischer Sicht behandelt werden.

In der Neurophysiologie könnten die Ionenströme an Nervenzellen bei der Informationsübertra-gung aus energetischer Sicht mit der Zunahme an Entropie erklärt werden. Deutlich wird, das das Schaffen von Ordnung, nämlich der Aufbau von Konzentrationsgradienten, ein endergoner Pro-zess ist. Im Bereich der Ethologie könnten die Verhaltensweisen von Organismen aus energeti-scher Sicht analysiert werden. Kosten-Nutzen-Rechnungen bei der Nahrungssuche oder beim Balzverhalten sind hier als leicht nachzuvollziehende Beispiele zu nennen (z.B. IMMELMANN 1996).

Das Bestreben, mit möglichst geringem Energieaufwand einen größtmöglichen Nutzen zu erzielen, ist auch bei Verhaltensweisen des Menschen zu beobachten. So könnte z.B. das menschliche Ver-halten bei der Arbeitsorganisation analysiert werden. Übergreifende energetische Analysen sind auch in der Evolution von Schülern zu leisten (vgl. KATTMANN 1980). So könnte die Entwicklung der Lebewesen als eine Vervollkommnung der Energieumwandlungsmöglichkeiten beschrieben werden. Neben dem "phänotypischen" Selektionskriterium "Angepasstheit an Umgebung" kann das "genotypische" Selektionskriterium "Energetische Effizienz" diskutiert werden. Beispiele für energetische Entwicklung und Selektion wären etwa die Evolution der Stoffwechselvorgänge von der Gärung zur Zellatmung oder die Entwicklung von Isolationssystemen bei Tieren, die in kälte-ren Regionen leben. Ebenfalls zur energetischen Analyse bieten sich die Themenbereiche an, die im Fachbereich der Bionik bearbeitet werden. Insbesondere die Morphologie bei Tieren und Pflanzen können durch Fragen wie etwa "Welche Körperform ermöglicht die energiesparsamste Fortbewegung?" oder "Welche Stängelbeschaffenheit von Gräsern bietet bei minimalem Energie-einsatz zum Stoffaufbau den größtmöglichen Halt?" aus energetischer Sicht betrachtet werden.

Grundlagen zum methodischen Ansatz 45