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4.1 Identifizierung von Modulatoren der TDP-43-induzierten Zytotoxizität

4.1.1 Allgemeines zum TDP-43-Tüpfeltestscreen

Die Eliminierung neurotoxischer Proteine, wie TDP-43, über potenzielle zelluläre Abbauwege ist für die Zelle überlebenswichtig. Ferner ist der zugrundeliegende Prozess für das Krankheitsverständnis unerlässlich. Die konkrete Beteiligung des UPS und der vakuolären Abbauwege, zu denen der endosomale Transport (bestehend aus früher Endozytose und MVB-Weg) und die Autophagie gehören, ist bei der Beseitigung von TDP-43 in der Fachwelt umstritten (Scotter et al. 2014, Huang et al. 2014). Darüber hinaus liegt die Vermutung nahe, dass nicht nur Stoffwechselprozesse durch die TDP-43-Expression beeinflusst werden, sondern auch verschiedene Zellorganellen auf die Anwesenheit von TDP-43 reagieren. So konnten u. a. geschädigte und in ihrer Morphologie veränderte Mitochondrien in ALS-Patienten und in Tiermodellen nachgewiesen werden (Chung und Suh 2002, Natale et al.

2015). Im Falle einer mitochondrialen Beeinträchtigung ist die Zelle in der Lage einen intrazellulären Signalweg zu induzieren. Die sogenannte retrograde Stressantwort aktiviert Transkriptionsfaktoren und ist mit weiteren zellulären Prozessen, wie der Apoptose und der Autophagie verknüpft (Jazwinski und Kriete 2012, Ždralević et al. 2012). Neben den Mitochondrien sind die Peroxisomen an mehreren metabolischen Prozessen (z. B.

Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel) und Entgiftungsreaktionen beteiligt (Tam et al. 2003, Sibirny 2016).

Um die molekularbiologischen Mechanismen und die dafür benötigten Organellen zur Auflösung von fehllokalisiertem, aggregiertem TDP-43 in der Zelle zu verstehen, wurde eine Auswahl an Deletionsstämmen mit einem Plasmid, welches für das humane TDP-43 codierte (pCM190), transformiert und systematisch mittels Tüpfeltests (semiquantitative Messung von Wachstumsdefiziten auf Agarplatten, siehe unten) untersucht. Unter den deletierten Stämmen befanden sich Abbaukomponenten, Stoffwechselmodulatoren und -regulatoren.

Der Schwerpunkt dieser Arbeit lag hierbei auf der Analyse verschiedener Qualitätskontrollmechanismen, besonders auf der der Autophagie. Des Weiteren wurden der endosomal-vakuoläre Transportweg sowie die Vakuolenmaschinerie, die sowohl für die Endozytose als auch für die Autophagie benötigt wird, analysiert. Um den Einfluss von TDP-43 auf die unterschiedlichen Zellkompartimente und der von ihnen induzierten Stressreaktionen zu untersuchen, wurden geeignete Deletionsstämme genutzt. Diesen

Stämmen fehlten Peroxisomen- oder Mitochondrien-assoziiertes Gene bzw. Gene für die retrograde response. Neben den Genen, die sich eindeutig zuordnen lassen, wie ATG1 (AuTophaGy related, beteiligt an der Autophagie) und VPS27 (Vacuolar Protein Sorting, ESCRT-Komponente), existieren in der Zelle Proteine mit multifunktionalen Aufgaben. Zu diesen gehören u. a. Pho85 und TORC1 (Target Of Rapamycin Complex 1). Letzteres ist an der Autophagie, an der Endozytose, am Zellwachstum und am Zellzyklus beteiligt (Loewith und Hall 2011, MacGurn et al. 2011, Dobzinski et al. 2015). Die Proteinkinase Pho85 reguliert neben dem Zellzyklus, die Morphogenese und die Autophagie (Carroll und O`Shea 2002, Huang et al. 2007, Yang et al. 2010). Alle im TDP-43-Tüpfeltestscreen untersuchten Deletionsstämme wurden mit einem Kontroll- bzw. TDP-43-Plasmid transformiert. Ziel war es die pathophysiologischen Auswirkungen der TDP-43-Expreession auf das Zellwachstum zu untersuchen.

In diesem Screen wurde das pCM190 Kontroll- oder TDP-43-codierende Plasmid in die ausgewählten Deletionsstämme transformiert. Der Vorteil des pCM Konstrukts gegenüber anderen Vektoren ist der TetOff Promotor. Die Expression von TDP-43 erfolgt ausschließlich bei der Kultivierung der Stämme auf Doxycyclin-freiem Medium (Gari et al. 1997). Dies ermöglicht die Untersuchung der TDP-43-Zytotoxizität ohne den Austausch der Kohlenstoffquelle. Der Wechsel von z. B. Glukose auf Galaktose hätte den Nachteil, dass sich das Zellwachstum auf den Kontroll- und auf den Expressionsplatten erheblich unterscheidet.

Dieses Defizit kann mit Hilfe des pCM Konstrukts umgangen werden.

Der Tüpfeltestscreen stellt eine hervorragende Möglichkeit dar, eine Vielzahl von Deletionsstämmen phänotypisch zu charakterisieren. Die Analysemethode erlaubt den quantitativen Vergleich des Zellwachstums von wildtypischen und mutierten Stämmen bei der Expression neurotoxischer Proteinen wie TDP-43. Bereits vorherige Studien konnten zeigen, dass die Expression von TDP-43 die Vitalität der Zellen im Tüpfeltest negativ beeinflusst (Johnson et al. 2008 und 2009, Elden et al. 2010, Braun et al. 2011, Armakola et al. 2012).

Die zytotoxischen Auswirkungen der TDP-43-Expression auf die Deletionsstämme wurden nach drei bzw. sechs Tagen Inkubation dokumentiert und das Zellwachstum quantifiziert (siehe Abschnitt 3.7 und 3.8). Die Quantifizierung erfolgte mit Hilfe des Wachstumsindex.

Bei diesem wird das wildtypische Wuchsverhalten mit dem des Mutationsstamms verglichen (siehe Abschnitt 3.9). Die insgesamt 109 (nach drei Tagen) bzw. 105 (nach sechs Tagen) untersuchten Deletionsstämme wurden in 11 Hauptgruppen eingeteilt (siehe Tab. 13). Sie enthielten Stämme, denen Gene für ATG-Kernkomponenten fehlten, welche für die Ausbildung des Autophagosoms erforderlich sind (Inoue und Klionsky 2010), Gene für die

selektive Autophagie oder weitere für die Autophagie relevantes Gene. Ferner wurden Stämme analysiert, deren deletierte Gene für das UPS oder die retrograde response gebraucht werden bzw. deren Expressionsprodukte in den Mitochondrien oder Peroxisomen lokalisiert sind. Die letzten vier Fraktionen enthielten Stämme, denen Gene fehlten, welche für die Endozytose, für die Bildung der ESCRT- (Endosomal Sorting Complex Required for Transport) Komplexe oder für die vakuoläre Fusion benötigt werden bzw. die keiner der aufgezählten Gruppen eindeutig oder alleinig zugeordnet werden konnten. Die selektive Autophagie wurde zusätzlich in drei Untergruppen gegliedert: die Mitophagie, die Pexophagie und der Cvt-Transportweg (Cytoplasm-to-Vacuole Targeting). Einige ATG-Gene konnten mehreren dieser Teilfraktionen zugeordnet werden. Ein Beispiel ist ATG11. Das Protein wird in allen drei untersuchten selektiven Autophagiewegen benötigt und zählt zugleich zu den in der unspezifischen Autophagie benötigten Proteinen. Des Weiteren wurden vier Stämme (atg11, rpn4, ubi4 und gat1) nach sechs Tagen nicht dokumentiert und ausgewertet. All diese Stämme wurden in der Tabelle farbig gekennzeichnet (siehe Tab. 13). Drei der 11 Hauptgruppen (Stämme, denen Gene für die Autophagosomenausbildung, ESCRT- und Vakuolenfusionsgene fehlten) wurde in dieser Arbeit eine besondere Bedeutung beigemessen und aus diesem Grund mit Farbe hervorgehoben (siehe Tab. 13). Die Untersuchung der Deletionsstämme erfolgte zumeist einmal. Einige Stämme, wieatg1, vam3, vps24,

vps25 und vps27, wurden auf Grund ihres signifikanten Effekts und ihrer Relevanz für die TDP-43-Eliminierung mehrfach untersucht und der Wachstumsindex (siehe Abschnitt 3.9) aller Durchgänge gemittelt. Die Stämme mit ihren exakten Wachstumsindizes für die Tage drei und sechs sind in den Tab. I und II im Anhang aufgelistet. Die durch die Expression von TDP-43-bedingte Wachstumsveränderung der 109 bzw. 105 Deletionsstämme im Vergleich zum Wildtyp ist graphisch in der Abb. 10 aufgeführt.

Allgemein konnte festgestellt werden, dass nach drei Tagen Inkubation 42 Deletionsstämme (38,5%) ein verbessertes, 60 Stämme (55%) ein verschlechtertes und sieben Mutationsstämme (6,4%) ein ähnliches Wachstum zum TDP-43-exprimierenden Wildtypstamm aufwiesen.

Nach sechs Tagen Kultivierung war die Fraktion der deletierten Stämme mit gesteigertem Zellwuchs erhöht. So konnten bei 56 Stämmen (53,3%) ein verstärktes Wachstum gegenüber dem Wildtyp nachgewiesen werden. 44 Stämme (41,9%) zeigten ein vermindertes und fünf Stämme (4,8%) ein gleiches Wuchsverhalten wie der wt-Stamm während der Expression von TDP-43.

Als nächstes sollen die Auswirkungen einer Deletion in Organellen-assoziierten Qualitätsprozessen auf die TDP-43-bedingte Zytotoxizität näher betrachtet werden.

Tab. 13: Überblick über die analysierten Deletionsstämme. 109 Deletionssstämme wurden gemäß der Funktion des deletierten Gens in eine von insgesamt 11 Hauptgruppen eingeordnet. Die Gruppe der selektiven Autophagiegene wurde in drei Fraktionen (Cvt-Transportweg, Mitophagie und Pexophagie (v. o. n. u., abgegrenzt durch einen dunklen Strich)) strukturiert. Die farbig gekennzeichneten Gene konnten entweder mehreren Gruppen zugeordnet (lila) und/oder nicht nach sechs Tagen dokumentiert (grün) werden. Die Gene in den hervorgehobenen Hauptgruppen (Kerngene für die Autophagosomenausbildung, ESCRT- und Vakuolenfusionsgene) waren für die vorliegende Arbeit von besonderer Bedeutung (siehe Text).

Kerngene für die

Gene für die selektive

Autophagie MMM1

PBS2 PTC6 SIR2 SLG1 SLT2 YIL165C

ATG11 ATG36 SLT2

Ergebnisse

Abb. 10: Überblick der durch TDP-43-Expression verursachten Wachstumsveränderung (A) in 109 (nach drei Tagen Inkubation) bzw. (B) 105 (nach sechs Tagen Inkubation) Deletionsstämme im Vergleich zum Wildtyp. Die TDP-43-exprimierenden Deletionsstämme deren Wachstumsindex unter 0,00 lag wuchsen schlechter als der zum Vergleich herangezogene TDP-43-exprimierende Wildtypstamm. Die deletierten Stämme, die TDP-43 synthetisierten und einen Wachstumsindex über 0,00 aufwiesen, wuchsen besser, als der zum Vergleich herangezogene TDP-43-exprimierende Referenzstamm. Die Deletionsstämme, denen Gene fehlen, die physiologisch für die Autophagosomenausbildung, für die ESCRT-Komplexe oder für die vakuoläre Fusion benötigt werden, wurden farbig hervorgehoben. Die Deletionsstämme mit ihren exakten Wachstumsindizes sind im Anhang Tab. I und II aufgeführt.

Ergebnisse 87

4.1.2 Modifizierung der TDP-43-bedingten Zytotoxizität in Peroxisomen-