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Allgemeine strukturelle und funktionelle Eigenschaften von ERp46 und P5

4. Diskussion

4.1. Allgemeine strukturelle und funktionelle Eigenschaften von ERp46 und P5

Die Bestimmung des Oligomerisierungsgrades von ERp46 mittels analytischer Gelfiltration deutete auf eine Dimerisierung des Proteins hin (s. Abb. 13 und Tabelle 1, Anhang). Dagegen eluierte P5 als Tetramer. Die Abweichungen zum jeweiligen theoretischen Oligomerisierungsgrad waren jedoch relativ hoch (max. 17 % Abweichung; s. Abschnitt 3.3.).

Wie mittels analytischer Ultrazentrifugation am Beispiel von ERp46 gezeigt werden konnte, liegt der Grund für die beobachtete Abweichung in der nicht-globulären Struktur des Proteins.

Der für ERp46 ermittelte s-Wert von 3,0 S deutet auf eine tendenziell gestreckte Konformation des Proteins hin. Wie die Bestimmung des Molekulargewichtes zeigte, liegt ERp46 als reines Monomer vor. Mittels analytischer Gelfiltration konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass die isolierten katalytischen Domänen von ERp46 und P5 als Monomere vorliegen. Dies stimmt mit bisherigen Untersuchungen der isolierten katalytischen Domänen von PDI überein, die ebenfalls als Monomere vorliegen [112]. Es kann daher postuliert werden, dass die katalytischen Domänen von PDIs nicht bei der Dimerisierung beteiligt sind.

Obwohl angenommen wird, dass P5 einen ähnlichen Domänen-Aufbau wie ERp46 besitzt (s. Abb. 5), zeigen beide Proteine ein unterschiedliches Laufverhalten während der analytischen Gelfiltration (s. Abb. 79, Anhang). Der Grund hierfür liegt vermutlich in der Beteiligung der C-terminalen b-Domäne von P5 bei dessen Oligomerisierung. Daneben könnten auch Unterschiede in der Flexibilität der einzelnen Domänen für das verschiedene Laufverhalten beider Proteine verantwortlich sein (vgl. Abschnitt 4.1.2.). Das Vorliegen von Monomeren wird dadurch bestätigt, dass in pull-down Experimenten keine ERp46-spots in den 2D-PA-Gelen massenspektrometrisch identifiziert werden konnten (s. Abschnitt 3.8.). Darüber hinaus deuten die Daten aus der Kristallstruktur der ERp46a'-Domäne ebenfalls auf keine physiologisch relevante Homodimerisierung hin. Ein Einfluss der Proteinkonzentration sowie der Lösungsmitteleigenschaften (pH-Wert, Ionenstärke, Detergenzien) auf die Oligomerisierung von ERp46 und P5 wäre jedoch denkbar. Chaperone und Faltungsenzyme liegen innerhalb des ER in konzentrierter Form vor. Die lokale Proteinkonzentration könnte daher in vivo einen signifikanten Einfluss auf die Oligomerisierung von PDIs und damit auf deren Funktion haben.

4.1.2. ERp46 und P5 zeigen eine hohe intramolekulare Flexibilität

Für PDI1p aus Saccharomyces cerevisiae konnte in strukturellen Untersuchungen gezeigt werden, dass das Protein eine starke intrinsische Flexibilität aufweist [85, 100].

Während das bb'-Fragment eine relativ starre Einheit bildet, zeigen die beiden katalytischen Domänen unterschiedliche räumliche Anordnungen. Im Falle von humaner PDI weist die

a'-Domäne im Vergleich zum übrigen Teil des Proteins die größte konformationelle Flexibilität auf. Die Flexibilität wird hierbei durch den x-linker vermittelt [232]. Die konformationelle Flexibilität des x-linker beeinflusst darüber hinaus direkt die Interaktion von PDI mit Peptiden [87, 232]. Für die PDI-Familienmitglieder ERp57, ERp72 und ERp29 wurden ebenfalls flexible Bereiche beschrieben [24, 98, 101, 237]. Es wird angenommen, dass die intramolekulare Flexibilität der einzelnen Domänen die Interaktion von PDIs mit ihren Substraten maßgeblich beeinflusst.

Über die intramolekulare Flexibilität von ERp46 und P5 gibt es bisher noch keine genauen Erkenntnisse. Die Ergebnisse der analytischen Gelfiltration sowie analytischen Ultrazentrifugation deuten jedoch auf eine konformationelle Flexibilität zwischen den einzelnen Domänen von ERp46 und P5 hin. Beide Proteine zeigen die Eigenschaften eines nicht-globulären Proteins (vgl. Abschnitt 4.5.3.) Mittels limitierter Proteolyse konnte in dieser Arbeit demonstriert werden, dass der ca. 20 Aminosäurereste lange linker zwischen der a- und der C-terminalen a'-Domäne von ERp46 die höchste Protease-Sensitivität aufweist (s.

Abschnitt 3.5.3.). Im Gegensatz dazu zeigt bei P5 der linker zwischen N-terminaler a-Domäne und der a'-a-Domäne eine erhöhte Protease-Sensitivität. Dies wiederum ist ein Indiz für eine erhöhte Flexibilität der jeweiligen Bereiche. Die intramolekulare Flexibilität bildet zudem die strukturelle Grundlage der beobachteten kumulativen Peptid-Bindung der katalytischen Domänen von ERp46 und P5 (s. Abschnitt 3.7.1.).

4.1.3. Die katalytischen Domänen sind ausreichend für die Redoxaktivität von ERp46 und P5

Die katalytische Aktivität der verschiedenen Mitglieder der PDI-Familie beruht auf dem Vorhandensein von reaktiven Cys-Resten (CXXC-Motiv) in ihren redox-aktiven Domänen (s. Abschnitt 1.4.1.). Die Aminosäuren zwischen den beiden reaktiven Cys-Resten des CXXC-Motivs sowie die Reste in unmittelbarer räumlicher Umgebung zum aktiven Zentrum beeinflussen die Redoxaktivität von PDIs [63, 66, 67]. Während die Redoxaktivität der meisten PDIs mehr oder weniger ausführlich in der Literatur beschrieben wurde, herrscht noch weitestgehend Unklarheit über die durch ERp46 katalysierten Reaktionen [63]; (s.

Tabelle 6, Anhang). Des Weiteren blieb der Einfluss der b-Domäne von P5 auf dessen katalytische Aktivität noch ungeklärt.

Für ERp46 wurde bisher nur seine in vitro Reduktase-Aktivität beschrieben [150]. In der vorliegenden Arbeit konnte ERp46 auch erstmals die Eigenschaft einer Thiol-Oxidase zugeordnet werden (s. Abschnitt 3.4.2.). Dies ist jedoch nicht unerwartet, da ERp46 ebenso

wie PDI, das CGHC-Motiv in seinen katalytischen Domänen enthält. In dieser Arbeit konnte allerdings demonstriert werden, dass ERp46, verglichen mit anderen PDIs, bevorzugt die Reduktion von Disulfidbrücken katalysiert. Dies stimmt mit kürzlich publizierten Daten überein, worin gezeigt wurde, dass ERp46 neben PDI das bevorzugte Reduktionsmittel von Peroxiredoxin-4 ist und damit eine wichtige Rolle bei der Beseitigung von H2O2 und der damit verbundenen Verringerung von oxidativem Stress spielt [57, 152].

In Analogie zu PDI zeigen auch die isolierten katalytischen Domänen von ERp46 sowohl Reduktase- als auch Oxidase-Aktivität (vgl. [80]). Die auf die molare Konzentration an aktiven Zentren bezogene relative Reduktase-Aktivität der isolierten katalytischen Domänen von ERp46 entspricht der des Wildtyp-Proteins. Interessanterweise sind die relativen Oxidase-Aktivitäten der isolierten katalytischen Domänen von ERp46 sogar höher als die des Wildtyp-Proteins. Eine Erklärung hierfür ist schwierig, da die katalysierte Renaturierung von reduzierter und denaturierter RNaseA ein Mehrstufenprozess darstellt und sowohl die katalytische als auch die Chaperon-Funktion von ERp46 einbezieht. Eine mögliche Erklärung könnte in der niedrigeren Affinität der isolierten katalytischen Domänen gegenüber denaturierter RNaseA gesehen werden. Dies könnte in einer erhöhten Umsatzrate (turnover) der Substratbindung und -freisetzung begründet liegen. Ein ähnlicher Effekt tritt auch bei den isolierten katalytischen Domänen von PDI auf (vgl. [80].)

Zusätzlich konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass das P5aa'-Fragment die volle katalytische Aktivität des Wildtyp-Proteins aufweist. Des Weiteren besitzt auch die isolierte P5a'-Domäne katalytische Eigenschaften. Die putative b-Domäne von P5 ist demnach nicht essentiell für dessen katalytische Aktivität.

Die hier erhaltenen Daten zeigen erstmals, dass die isolierten katalytischen Domänen von ERp46 und P5 ausreichend für deren Redoxaktivität sind. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse auf einen kumulativen Effekt der einzelnen katalytischen Domänen bei Redox-Reaktionen hin. Da die Katalyse von Redox-Redox-Reaktionen auch die Interaktion mit dem (denaturierten) Substrat erfordert, implizieren die Ergebnisse auch das Vorhandensein von diskreten Substrat-Bindungsstellen innerhalb der einzelnen katalytischen Domänen von ERp46 bzw. P5. (s. Abschnitt 4.5.3.). Dies stimmt ebenfalls mit den Ergebnissen aus den Peptid-Interaktionsstudien überein (s. Abschnitt 3.7.1.).

4.1.4. Die katalytischen Domänen von ERp46 und P5 besitzen Chaperon-Eigenschaften Neben der Redoxaktivität konnten den meisten PDI-Familienmitgliedern auch Chaperon-Eigenschaften zugeordnet werden (s. Tabelle 6, Anhang); [3, 5, 241, 248]. In dieser

Arbeit wurde der Einfluss der katalytischen Domänen auf die Chaperon-Aktivität von ERp46 sowie P5 während der Aggregation thermisch denaturierter Citratsynthase untersucht und mit weiteren PDIs verglichen [215].

Es konnte bereits in früheren Arbeiten gezeigt werden, dass P5 in vitro Chaperon-Eigenschaften aufweist [124]. In der vorliegenden Arbeit konnte nun erstmals demonstriert werden, dass die b-Domäne von P5 nicht zwangsläufig für die Chaperon-Funktion benötigt wird. Die Chaperon-Aktivität von P5 ist, im Vergleich zu PDI, allerdings niedriger (s.

Abschnitt. 3.4.3.). Interessanterweise zeigt das P5aa'-Frgament einen ähnlich starken Effekt wie PDI. Es kann angenommen werden, dass die P5b-Domäne die Substratinteraktion der katalytischen Domänen moduliert. Ebenso könnten auch die hydrophoben, exponierten Oberflächen des P5aa'-Fragmentes verstärkt an partiell denaturierte Citratsynthase binden und damit deren Aggregation verhindern.

Wie in der vorliegenden Arbeit erstmals gezeigt werden konnte, besitzen neben P5 auch die katalytischen Domänen von ERp46 in vitro Chaperon-Eigenschaften (s. Abschnitt.

3.4.3.). In früheren Studien konnte für ERp46 eine Verringerung der Sensitivität gegenüber oxidativem Stress auch in vivo nachgewiesen werden [102, 257]. In Analogie dazu konnte in der vorliegenden Arbeit nun erstmals gezeigt werden, dass ERp46 neben seiner Funktion als Oxidoreduktase auch einen Effekt auf die Sensitivität von E. coli-Zellen gegenüber Hitzebehandlung besitzt (s. Abschnitt 3.4.3.). Die mit dieser Methode erhaltenen Ergebnisse lassen jedoch lediglich eine qualitative Aussage hinsichtlich des in vivo-Chaperon-Effektes von PDIs zu, da auch der Expressionsgrad sowie die Toxizität der heterologen Proteine einen Einfluss auf die Vitalität der Zellen haben. Zudem wurde durch die Bestimmung der optischen Dichte nur die Gesamtzellzahl erfasst.

ERp57 besitzt im Gegensatz zu PDI veränderte Oberflächeneigenschaften und diejenigen hydrophoben Bereiche innerhalb der b'-Domäne, welche für die Substratinteraktion bei PDI eine wichtige Rolle spielen, enthalten in ERp57 hauptsächlich geladene Reste [113, 116]. Dem übereinstimmend zeigte ERp57 in der vorliegenden Arbeit keinerlei Chaperon-Funktion, sowohl in vitro als auch in vivo (s. Abschnitt 3.4.3.). Hieraus kann geschlussfolgert werden, dass v.a. die b'-Domäne mit ihrer hydrophoben Substratbindungsstelle einen "Anti-Aggregationseffekt" aufweist. Die katalytischen Domänen von ERp57 reichen demnach nicht für eine Chaperon-Funktion aus. Dagegen konnte in dieser Arbeit auch für ERp18 erstmals ein Chaperon-Effekt in vitro nachgewiesen werden.

Am Beispiel der Chaperon-Eigenschaften von ERp46, P5aa' und ERp18 konnte in der vorliegenden Arbeit nachgewiesen werden, dass auch die katalytischen Domänen von PDIs

mit hydrophoben Sequenzen in denaturierten Substraten interagieren können. Dies impliziert wiederum diskrete Substrat-Bindungsstellen innerhalb der katalytischen Domänen und zeigt erstmals, dass die b'-Domäne für die Chaperon-Funktion von PDIs per se nicht notwendig ist.