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Allgemeine Anforderungen gemäß § 3 ProdSG

Im Dokument Produktsicherheit und Rechtsrahmen (Seite 55-59)

4 Ableitung rechtlicher Anforderungen (AP 3)

4.1 Überblick zu den sicherheitsrechtlichen Vorgaben und Vo- Vo-raussetzungen für Hersteller, Einführer, Händler, Aussteller

4.1.4 Allgemeine Anforderungen gemäß § 3 ProdSG

Gemäß § 3 ProdSG sind beim Bereitstellen von 3-D-Drucktechnik die allgemeinen Anforderungen an die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt zur sicheren Verwendung zu erfüllen. Dabei muss nicht nur die vom Hersteller für den Verwender des Produkts vorzugebende bestimmungsgemäße Verwendung nach dem Stand der Technik sicher sein, sondern der Hersteller hat auch die vorhersehbaren Ver-wendungen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 ProdSG bei der Gestaltung des Produkts zur sicheren Verwendung zu berücksichtigen.

Das bedeutet, dass das Produkt den für den Verwendungszweck vorgesehenen Si-cherheitsanforderungen nach dem Stand der Technik entsprechen muss und von ihm keine unangemessenen Gefährdungen bei einer bestimmungsgemäßen und vorher-sehbaren Verwendung ausgehen dürfen.

Zur vorhersehbaren Verwendung gehört gemäß § 2 Nr. 28 ProdSG auch ein vernünf-tiger Weise vorhersehbarer Fehlgebrauch des Produkts durch den Nutzer. Der Her-steller soll bei der Festlegung der für die Sicherheit des Produkts relevanten Gestal-tung auch solche nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegenden Fehlanwendun-gen berücksichtiFehlanwendun-gen.

Bei der bereits während der Konstruktion erforderlichen Analyse zur sicheren be-stimmungsgemäßen Verwendung und zur weitergehenden vorhersehbaren (Fehl-) Verwendung des Produkts durch den jeweiligen Nutzer hat der Hersteller den ge-samten Produktlebenszyklus bis zur Entsorgung des Produkts zu betrachten und danach die jeweils erforderlichen Sicherheitsanforderungen umzusetzen. Ferner hat er dabei in den Lebensphasen nach dem jeweiligen Verwender und dessen Fähig-keiten und Verständnis für die sichere Nutzung des Produkts angemessen zu be-rücksichtigen.

Der unerfahrene Verbraucher ist bei der Analyse des erforderlichen Produktsicher-heitskonzepts vom Hersteller anders zu berücksichtigen als der geschulte Facharbei-ter, der z. B. einen 3-D-Industriedrucker bedient oder das ausgebildete und entspre-chend beruflich qualifizierte Fachpersonal, das den 3-D-Drucker ggf. wartet und in-stand hält. Bei besonders schutzwürdigen Verwendern, z. B. Kindern oder Menschen mit Einschränkungen bestehen demnach auch besonders hohe Anforderungen an die sichere Verwendung eines Produkts.

Das bedeutet, dass der Hersteller von 3-D-Druckern oder 3-D-Drucker-Bausätzen, die für Verbraucher bestimmt sind oder deren Nutzung durch Verbraucher nach ver-nünftigem Ermessen zu erwarten ist, weitergehende Sicherheitsanforderungen be-achten muss, als bei Druckern, die nicht als Verbraucherprodukte qualifiziert, son-dern als Industriedrucker bzw. als Drucker für die gewerbliche Nutzung angesehen werden können.

Zur erforderlichen Sicherheit des Produkts gemäß ProdSG gehören nach § 3 Abs. 3 und Abs. 4 ProdSG auch Instruktionspflichten des Herstellers. Der Hersteller muss danach dem Produkt regelmäßig alle Informationen beilegen, die für die sichere Ver-wendung erforderlich sind. Das können, abhängig vom jeweiligen Produkt gemäß § 3 Abs. 3 Montage-/Aufstellungshinweise, aber auch gemäß Abs. 4 Gebrauchs- bzw.

Betriebsanleitungen, Sicherheitsdatenblätter etc. sein. Diese Informationen müssen in Schriftform und auf dem deutschen Markt in deutscher Sprache mit verständlichem Inhalt unter Berücksichtigung des jeweiligen Empfängerhorizonts des Verwenders gestaltet sein und alle Lebensphasen des Produkts bei Bedarf berücksichtigen.

Die zuständige Marktüberwachungsbehörde kann erforderlichenfalls zur effektiven Gefahrenabwehr Maßnahmen gegen jede andere Person einleiten, die indirekt an der Bereitstellung des in Rede stehenden gefährlichen Produkts beteiligt gewesen ist.

4.1.5 § 3 Abs. 1 ProdSG Vorrang der spezialgesetzlichen Verordnungen gemäß § 8 ProdSG ↔ Maschinenrichtlinie 2006/42 EG (9. ProdSV) Bei Produkten, deren Bereitstellung auf dem Markt in spezielleren Gesetzen, insbe-sondere in Verordnungen gemäß § 8 ProdSG geregelt ist, greifen vorrangig gegen-über den vorstehenden allgemeinen Anforderungen des ProdSG die in diesen

Ver-ordnungen enthaltenen besonderen Anforderungen. Hierbei handelt es sich um eu-ropäische Harmonisierungsvorschriften, sog, Binnenmarktrichtlinien, die für bestimm-te Produkbestimm-te besondere mabestimm-terielle und formelle Marktzutrittsbedingungen für den ge-samten EWR einheitlich regeln und die gemäß § 8 ProdSG in Deutschland als Ver-ordnungen zum Produktsicherheitsgesetz in nationales Recht umgesetzt worden sind.

Aus § 2 Ziffer 7 ProdSG folgt, dass ausschließlich der betreffende Hersteller für die CE-Kennzeichnung verantwortlich ist. Die CE-Kennzeichnung bringt zum Ausdruck, dass das jeweilige Produkt den Harmonisierungsvorschriften entspricht und darf so-mit auch erst angebracht werden, wenn der Hersteller vorher sichergestellt hat, dass alle gesetzlichen Anforderungen der einschlägigen Harmonisierungsvorschriften er-füllt worden sind. Dies muss der Hersteller in einer an die Marktüberwachung gerich-teten schriftlichen (Konformitäts-)Erklärung bestätigen, deren Inhalt in der jeweiligen Binnenmarktrichtlinie vorgegeben wird.

Den Einführer trifft die Pflicht, sicher zu stellen, dass die von außerhalb des EWR stammenden Produkte nur dann von ihm auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn vorher sichergestellt worden ist, dass die in den Harmonisierungsvorschriften enthal-tenen Anforderungen erfüllt worden sind. Er ist in der Regel auch erster Ansprech-partner bzw. Adressat von Verfügungen, Auskunftsersuchen etc, für die europäi-schen Marktüberwachungsbehörden.

Für 3-D-Drucker und komplette Bausätze von 3-D-Druckern kommt hier als einschlä-gige Harmonisierungsvorschrift die Maschinenrichtlinie 2006/42 EG - als 9.

ProdSV in nationales Recht umgesetzt, nachfolgend MRL genannt – zur Anwen-dung.

3-D-Drucker und komplette Bausätze dafür sind Maschinen im Sinne von Art. 1 Abs.

1 und Art. 2 a) MRL, denn sie bestehen aus mehreren miteinander verbundenen Tei-len, von denen mindestens eines beweglich ist und die für eine bestimmte Funktion zusammengefügt sind. Sie haben ein Antriebssystem, das nicht die unmittelbare menschliche oder tierische Kraft ist.

3-D-Drucker oder vollständige 3-D-Druckbausätze sind auch nicht vom Anwen-dungsbereich der MRL gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchstabe k) MRL als elektrische oder elektronische Erzeugnisse ausgenommen, da sie kein Haushaltsgerät und nicht für den häuslichen Gebrauch bestimmt ist gemäß Art. 1 Abs. 2 k) erster Spiegel-strich und es sich auch nicht um eine gewöhnliche Büromaschine gemäß Art 1 Abs. 2 k) vierter Spiegelstrich MRL handelt.

Dies bestätigen auch die Ausführungen in der zweiten Auflage des Leitfadens zur MRL 2.1, erschienen am 19.07.2017, unter den §§ 63 und 67. Danach lässt sich auch der für Verbraucher bestimmte 3-D-Drucker bzw. Bausatz eines solchen Dru-ckers nicht als für den häuslichen Gebrauch bestimmtes Haushaltsgerät, aber auch nicht als gewöhnliche Büromaschine einordnen. Nach seiner bestimmungsgemäßen Verwendung wird er weder für Haushalts- noch für Bürotätigkeiten eingesetzt und ist auch als Verbraucherprodukt nicht mit üblichen Haushaltsgeräten, z. B. sog. „weißer Ware“, einem Mixer, einer Saftpresse etc. oder mit einem herkömmlichen Bürodru-cker oder anderen für den Bürobetrieb verwendeten herkömmlichen Bürogeräten vergleichbar.

In der Praxis lässt sich allerdings feststellen, dass Wirtschaftsakteure 3-D-Drucker häufig fehlerhaft unter die Niederspannungsrichtlinie – nachfolgend NSR - und nicht unter die MRL einordnen. Häufig werden dann auch harmonisierte Normen ange-wendet, die anderen der NSR unterliegenden Produkten zuzuordnen sind, wie z. B.

dem herkömmlichen Bürodrucker. Von 3-D-Druckern können im Betrieb aber Gefah-ren ausgehen, z. B. durch hohe Hitze oder durch chemische Emissionen in Folge des additiven Druckvorgangs (Ausgasungen gefährlicher Stoffe, Feinstaubentwick-lung etc.), die durch die vorhandenen harmonisierten Normen der NSR nicht voll-ständig erfasst werden.

Im Ergebnis liegt, wie oben ausgeführt, kein Ausnahmetatbestand gemäß Art. 1 Abs. 2 MRL zu Gunsten NSR 2014/35 EU (1. ProdSV) vor.

Die MRL und die NSR sind auch nicht nebeneinander anzuwenden, auch wenn man davon ausgeht, dass 3-D-Drucker regelmäßig innerhalb der Spannungsgrenzen des Anwendungsbereichs der NSR betrieben werden (50 – 1000 Volt Wechselstrom und 75 – 1500 Volt Gleichstrom), weil das Schutzziel elektrische Sicherheit bereits vom Anhang I der MRL (vgl. Anhang I MRL Ziffer 1.5.1) umfasst wird.

Die MRL gilt zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens. Damit fallen die in der Richtli-nie enthaltenen Pflichten in die Verantwortung des Herstellers resp. aber ggf. auch des Einführers, wenn es sich um Drucker oder Druckerbausätze handelt, die von au-ßerhalb des EWR stammen und von ihm importiert und auf dem Markt bereitgestellt werden.

Die MRL erfasst neben dem Inverkehrbringen in Art. 4 Abs. 1 ausdrücklich auch die Herstellung einer Maschine zum Eigengebrauch (…“in Betrieb genommen…“), so dass auch der für eine geschäftsmäßige Nutzung (s. Abschnitt 4.1.1.2) selbst herge-stellte Drucker die materiellen und die formellen Anforderungen der Richtlinie inklusi-ve auch der (CE-)Kennzeichnungs- und Deklarationspflichten erfüllen muss. Davon sind somit nicht nur Gewerbetreibende/Industrieunternehmen betroffen, die für den Eigengebrauch Drucker selbst herstellen, sondern auch Verbraucher, die einen 3-D-Drucker selbst zusammenbauen und ihn anschließend dann geschäftlich nutzen oder durch andere Personen nutzen lassen, z. B. beim geschäftsmäßigen Verleih an Drit-te.

Nach der MRL muss der Hersteller vor dem Inverkehrbringen sicherstellen, dass er die in Anhang I MRL enthaltenen Schutzziele zur sicheren Verwendung von Ma-schinen über alle Lebensphasen hinweg eingehalten und hierzu eine Risikobeur-teilung erstellt hat. Der Hersteller muss nach Anhang VII eine Technische (Nach-weis-)Dokumentation erstellen und 10 Jahre aufbewahren, nach deren Inhalt die Marktüberwachungsbehörden beurteilen können, dass die Maschine auch tatsächlich die gesetzlichen Sicherheitsanforderungen des Anhang I erfüllt.

Zur sicheren und rechtskonformen Maschine gehört zwingend auch immer eine deutschsprachige schriftliche Betriebsanleitung, die über alle Restgefahren auf-klärt und dem Verwender den sicheren Betrieb über alle Lebensphasen hinweg er-möglicht.

Allerdings enthält der Anhang I die sog. Rangfolge der Maßnahmen, weshalb grundsätzlich bei der Herstellung des 3-D-Druckers während der Risikobeurteilung

an erster Stelle soweit wie möglich für konstruktive, d. h. inhärente Sicherheit gesorgt werden muss. Nachrangig soll der Hersteller erforderlichenfalls auf der zweiten Stufe durch technische Schutzmaßnahmen vorhandene Risiken angemessen reduzieren, z. B. durch Einhausungen, Abdeckungen, Absaugungen etc. verhindern, dass der Verwender heißen Oberflächen oder gefährlichen Emissionen ausgesetzt wird. Erst nachdem diese beiden Stufen (technischen Möglichkeiten) vollkommen zur erforder-lichen Risikoreduzierung ausgeschöpft worden sind, hat der Hersteller in der Be-triebsanleitung den Verwender über alle ggf. noch vorhandenen Restgefahren aufzu-klären und ihm alle Informationen zu geben, die für die sichere Verwendung über alle Lebensphasen hinweg erforderlich sind. Ein Verstoß bei der Rangfolge der Maß-nahmen, z. B. in Gestalt einer bloßen Warnung vor heißen Oberflächen des Druckers anstatt einer ggf. möglichen technisch sicheren Lösung, stellt einen Verstoß gegen die MRL dar. Solche Drucker sind nicht verkehrsfähig. Strenge Anforderungen gelten hier besonders für Drucker, die für Verbraucher be-stimmt sind und als besonders schutzwürdig behandelt werden müssen.

Zur Konkretisierung der Schutzziele der MRL existieren zurzeit ca. 800 sog. harmo-nisierte Normen, die den Wirtschaftsakteuren und der Marktüberwachung Empfeh-lungen bzw. HilfestelEmpfeh-lungen zum Erreichen der im Anhang I enthaltenen Schutzziele im Rahmen der vom Hersteller durchzuführenden und zu dokumentierenden Risiko-beurteilung bieten. Bei Einhaltung einschlägiger harmonisierter Normen enthält die MRL, wie andere CE-Binnenmarktrichtlinien auch, eine Regelung zur sog. Konformi-tätsvermutung. Das bedeutet, Normenkonformität im Rahmen der sicherheits-gerechten Gestaltung des Druckers führt zur vermuteten Gesetzeskonformität auf Seiten des Herstellers und vor allem auf Seiten der Marktüberwachungsbehör-den. Die ggf. angewendeten Normen sind mit den übrigen technischen weisunterlagen gemäß Anhang VII 10 Jahre vom Hersteller/Einführer auf Nach-frage den zuständigen Behörden verfügbar zu machen.

Dort wo keine harmonisierten Normen innerhalb der Risikobeurteilung vorhanden sind oder vom Hersteller vorhandene einschlägige Normen nicht angewendet wer-den, obliegt es dem Hersteller über alle 12 Lebensphasen der Maschine hinweg eine möglichst objektive und umfassende Risikobeurteilung vorzunehmen, um im Ergeb-nis eine gemäß den Anforderungen des Anhang I MRL sichere 3-D-Drucktechnik auf dem Markt bereitzustellen.

Wenn der Hersteller sich durch Validierung vergewissert hat, dass er alle Anforde-rungen des Anhang I MRL erfüllt hat, erstellt er nach Anhang II Teil A eine Konfor-mitätserklärung und bringt gemäß Anhang III die CE-Kennzeichnung an der Ma-schine an und kennzeichnet die MaMa-schine eindeutig identifizierbar u.a. mit sei-nem Namen und seiner Anschrift (vgl. Anhang I Ziffer 1.7.3). Er darf sie anschlie-ßend mit einer deutschsprachigen schriftlichen Betriebsanleitung auf dem Markt bereitstellen.

4.1.6 Besondere Anforderungen und Pflichten bei Verbraucherprodukten

Im Dokument Produktsicherheit und Rechtsrahmen (Seite 55-59)