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Abschnitt : Einfühlung in die acht Hauptfiguren .1 Inhalt

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2 Abschnitt 2: Einfühlung in die acht Hauptfiguren

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2.4 Organisation

Spieltechnische und räumliche Voraussetzungen

Es sind keine besonderen räumlichen Voraussetzungen nötig. Zur Klärung der Frage, ob Videoaufnahmen zur Dokumentation eingesetzt werden dürfen, kann vorher eine Elternerlaubnis eingeholt werden.

Voraussetzungen und Vorerfahrungen der Lerngruppe

Einige Schülerinnen und Schüler sollten offen für die Übernahme von Rollen sein, die nicht der eigenen Geschlechtsidentität entsprechen.

Medien

- Hörbeispiele zur individuellen Einfühlung

- Abspielmöglichkeiten und Kopfhörer (z.B. über schülereigene Smartphones, alternativ mit mobilen Abspielgeräten aus dem Schulbestand)

- Smartphone oder Videokamera zum Filmen der Rollenpräsentation (aus Datenschutzgründen am besten ein Gerät der Schule).

Zeitlicher Rahmen

Möglicher Zeitplan für eine Schulstunde:

1. Vergabe der Rollen – ca. 5-10 Minuten

2. Rollenbiographie entwickeln – ca. 10 Minuten 3. Rollen in Gruppen präsentieren – ca. 10-15 Minuten 4. Rollenspezifische Haltungen entwickeln – ca. 5 Minuten 4. Präsentation vor Marks Kamera – ca. 10 Minuten

Zum Material

- Namenskärtchen und Rollenkarten: Die Kopiervorlagen liefern jeweils einen „Satz“ für die acht Hauptrollen, sodass für die meisten Schulklassen drei bis vier Kopien der Vorlagen erforderlich sein werden.

- Hörbeispiele für die einzelnen Rollen zur individuellen Verfügung (s.o.).

- Material 1 (Arbeitsblatt mit sämtlichen Arbeitsaufträgen des Abschnitts) Zum bilingualen Material

Wie auch alle nachfolgenden Materialien liegen alle Rollenkarten und das Material 1 auch in englischer Sprache vor. In der Phase der Einfühlung wird etabliert, dass die Schülerinnen und Schüler mit der Rollenübernahme in die englische Sprache wechseln. Dies unterstützt den Wechsel in eine andere Identität und stärkt damit den Rollenschutz. Nichtsdestotrotz kann bei Bedarf in die deutsche Sprache gewechselt werden, wenn die Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten haben, ihre Perspektive angemessen darzustellen und dadurch die Einfühlung erschwert wird.

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2.5 Verlauf

Phase 1: Die Vergabe der Rollen

Jede Schülerin und jeder Schüler übernimmt eine der acht Hauptrollen, sodass die Rollen jeweils mehrfach besetzt werden. Sofern die Anzahl der Teilnehmenden nicht durch acht teilbar ist, sollten zunächst diejenigen Rollen ein weiteres Mal besetzt werden, die eine besonders hohe Relevanz für die Handlung haben (Mark, Roger, Angel, Mimi, Maureen).

Da ihr weiteres Handeln im Unterricht maßgeblich davon bestimmt wird, welche Figur sie verkörpern, ist die Rollenvergabe für die Jugendlichen von hoher Bedeutung. Aus didaktischer Sicht sind hier verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Einerseits erhöht es die Motivation, wenn die Schülerinnen und Schüler selbst wählen dürfen, welche Figur sie spielen, andererseits muss gewährleistet sein, dass alle Rollen verteilt werden. Hinzu kommt, dass die Spielenden besonders dann neue Erfahrungen machen können, wenn sie eine Perspektive einnehmen, die ihnen aus ihrem eigenen Leben wenig vertraut ist. Dies gilt auch im Hinblick auf die bei der Szenischen Interpretation von Rent besonders bedeutsamen Gender-Rollen. Gleichzeitig fällt es vielen aber auch schwer, sich auf Figuren einzulassen, die ihnen besonders fremd sind, sodass es auch hinderlich für den Lernprozess sein kann, wenn eine solche Rolle übernommen werden soll.

Sofern man den Jugendlichen einen Entscheidungsspielraum geben will, bietet es sich an, die Namenskärtchen auszulegen und die Schülerinnen und Schüler daraus im Rahmen des Möglichen auswählen zu lassen. Über die Anzahl der Kärtchen kann gesteuert werden, dass es zu der gewünschten Anzahl an (Mehrfach-)Besetzungen kommt. Die Schülerinnen und Schüler können durch Tauschen der Kärtchen in der Regel diejenigen Rollen meiden, mit denen sie sich am wenigsten anfreunden können. Gegebenenfalls kann die Lehrkraft den Tauschprozess unterstützen, sofern die Gruppe nicht selbst zu einer Einigung kommt.

Als Entscheidungshilfe werden beim Auslegen der Kärtchen kurze Informationen zu jeder Rolle gegeben:

− Mark, ein Dokumentarfilmer

− Roger, ein Rockmusiker, der gerade einen Drogenentzug hinter sich hat

− Mimi, eine drogensüchtige Striptänzerin

− Maureen, eine bisexuelle Performancekünstlerin

− Joanne, eine lesbische Rechtsanwältin

− Collins, ein anarchistischer Computerspezialist und ehemaliger Professor

− Angel, eine Dragqueen, die auch Schlagzeug spielt

− Benny, ehemaliges Mitglied der Künstlerszene, der ins Immobiliengeschäft eingestiegen ist

Sollten die Jugendlichen Schwierigkeiten haben, sich auf die Rollen Mimi und Angel einzulassen, können folgende Informationen dazu beitragen Barrieren abzubauen:

− Mimi erscheint in den gespielten Szenen in ihrer Freizeitkleidung, sie entkleidet sich also nicht.

− Angel wird im Musical als besonders liebenswerte Person dargestellt.

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Es ist möglich und durchaus sinnvoll, die Rollen nicht immer dem biologischen Geschlecht entsprechend zu besetzen. Dies ermöglicht eine Perspektiverweiterung und kann Mädchen und Jungen, die dieselbe Rolle spielen, zum Austausch über ihre Erfahrungen mit der Gender-Rolle anregen.

Abb. 2: Rollenbiografien entwickeln zur Rollenmusik

Phase 2: Rollenbiographien entwickeln und präsentieren

Ihren Rollen entsprechend erhalten die Schülerinnen und Schüler jeweils eine Rollenkarte mit biographischen Informationen sowie ein Musikbeispiel. Zusätzlich wird Material 1 ausgeteilt. In einer Einzelarbeitsphase lesen die Schülerinnen und Schüler zunächst ihre Rollenkarten und hören die Musikbeispiele – wenn möglich über Kopfhörer mit dem eigenen Smartphone.4 Darauf werden in Anlehnung an die Leitfragen auf dem Arbeitsblatt Rollenbiografien entwickelt. Die Schülerinnen und Schüler machen sich Notizen, sodass sie in der Lage sind, ihre Biographie anhand der erstellten Stichpunkte mündlich zu präsentieren. Später wird zur Vertiefung zu Hause eine ausformulierte schriftliche Fassung angefertigt.

Für die Rollenpräsentationen werden nun die bereits erwähnten Acht-plus-X-Gruppen gebildet, in denen jede Rolle einmal vertreten ist und gegebenenfalls einzelne Doppelbesetzungen vorhanden sind. Sofern die Gruppen aus mehr als acht Personen bestehen, sollte darauf geachtet werden, dass jede Rolle nicht mehr als zweimal vorhanden ist und die Doppelbesetzungen sich relativ gleichmäßig auf die Gruppen verteilen.

4 Alternativ können diejenigen, die dieselbe Rolle spielen, sich jeweils ein Abspielgerät teilen.

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Jede Gruppe bildet einen Sitzkreis. Indem jedes Gruppenmitglied seine Rolle aus der Ich-Perspektive vorstellt (s. Material 1) lernen alle die Figuren kennen und erkennen bereits Beziehungskonstellationen. Einige werden diese Möglichkeit nutzen, um bereits weiter ins Spiel einzusteigen, indem sie Sprechhaltungen entwickeln und mit den übrigen Figuren in Interaktion treten – etwa durch Kontaktaufnahme zum „Partner“ bzw. der „Partnerin“. Diejenigen, die in ihrem Spiel noch etwas verhaltener sind, können sich in dieser Phase zunächst auf die verbale Ebene beschränken und in der kleineren Gruppe erste Erfahrungen damit machen, sich in der Rolle zu präsentieren.

Phase 3: Rollenspezifische Haltungen entwickeln

Für die weitere Arbeit an Haltungen verkleiden sich die Schülerinnen und Schüler. Dies ist wesentlich für einen funktionierenden Rollenschutz: Die Veränderung des eigenen Aussehens ermöglicht es, unbefangener in der Rolle zu agieren und sich anders zu verhalten als sonst. Wenn möglich sollte daher ein Fundus mit Kleidungsstücken und Accessoires bereitgestellt werden. Passend zur Mode der 1980er Jahre sind Stulpen, Modeschmuck oder Schweißbänder in Neonfarben, Jeansjacken oder -westen u.ä. besonders geeignet. Als hilfreich hat sich der Einsatz von Perücken erwiesen – insbesondere für diejenigen, die die Rolle von Angel übernehmen und sich dabei möglicherweise besonders weit von ihrer Alltagsidentität entfernen müssen.

Nun entwickeln die Spielenden eine Gehhaltung für „ihre“ Figur. Sie knüpfen dabei an die vorherigen, in der kollektiven Einfühlung entwickelten Haltungen an und konkretisieren diese für ihre Rolle. Auch methodisch werden Elemente aus der vorherigen Phase aufgegriffen, indem die Schülerinnen und Schüler unter Anleitung der Lehrkraft ein individuelles Bewegungsrepertoire entwickeln und miteinander in Interaktion treten (Leitfaden 1.9). Während der Anleitung kann nochmals die gewählte Hintergrundmusik eingesetzt werden.

Phase 4: Rollenpräsentation vor Marks Kamera

Zum Abschluss der individuellen Einfühlung werden die Rollen vor „Marks Kamera“ präsentiert.

Dem Arbeitsauftrag entsprechend reihen sich die Schülerinnen und Schüler in den Acht-plus-X-Gruppen nebeneinander auf, stellen sich kurz vor und nennen ihr Lebensmotto. Dabei ist es nicht nötig, dass diejenigen, die Mark spielen, tatsächlich auch das Filmen übernehmen, zumal auch sie sich vor der Kamera präsentieren sollen. In der Regel ist es sinnvoller, dass die Lehrkraft oder eine andere Person die Kamera bzw. das Smartphone bedient und für eine gute Aufnahmequalität sorgt.

Sofern die technische und räumliche Ausstattung es zulässt, kann an dieser Stelle auch in den Acht-plus-X-Gruppen parallel gearbeitet werden, jedoch sollte dabei eine vergleichbare Aufnahmequalität sichergestellt sein. Die Videoaufnahmen können in den darauffolgenden Stunden zur Reaktivierung der Einfühlungsphase eingesetzt werden.

3 Abschnitt 3: Frust und Widerstand – der Song Rent