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3. Prozesse der Abflussbildung – Stand der Forschung

3.2 Hydrologische Prozesse in den sub-humiden und humiden Tropen

3.2.1 Abflussbildungsprozesse und ihre Einflussfaktoren in tropischen

Die Bedeutung des Oberflächenabflusses bei der Abflussbildung in tropischen Regionen wird in der Literatur häufig diskutiert. Aufgrund der extrem hohen gesättigten Wasserleitfähigkeit (Ksat) im Oberboden ist Hortonscher Oberflächenabfluss unter natürlicher Vegetation selbst bei extrem hohen Niederschlagsintensitäten nicht zu erwarten (Bonell & Balek 1993). Durch anthropogene Beeinflussung (z.B. Umwandlung von Flächen mit natürlicher Vegetation in Ackerflächen) kann es zu starker Reduktion der Permeabilität (z.B. durch Verdichtung) und damit auch zu Hortonschem Oberflächenabfluss kommen (siehe Kapitel 3.2.3).

Sättigungsoberflächenabfluss dagegen ist ein wichtiger Abflussbildungsmechanismus in den feuchten Tropen, auch unter natürlicher Vegetation.

Zur genauen Analyse der Bedeutung des Oberflächenabflusses für die Gesamtabflussbildung sind neben Ksat-Messungen auch direkte Messungen des Oberflächenabflusses auf Messplots notwendig (Elsenbeer 2001).

Felduntersuchungen zum Oberflächenabfluss wurden von Planchon & Janeau (1990) in einem kleinen Einzugsgebiet in der humiden Savannenzone an der Elfenbeinküste im Rahmen einer Gesamtstudie zu hydrologischen Prozessen dieses Einzugsgebietes durchgeführt. An zwei Hängen unterschiedlicher Landnutzung (Feld und Savanne) wurden sogenannte Mini-Traps entlang einer Entwässerungslinie installiert, die mit Hilfe einer 30 cm langen Rinne das

ober-flächlich abfließende Hangwasser in einen 60 l Tank leiten. Die Untersuchungen zeigen, dass in der natürlichen Savanne die Oberflächenabflussmenge am Unterhang (also bei größter Hanglänge) am geringsten ist, da der am Ober- und Mittelhang entstehende Oberflächenab-fluss in den extrem durchlässigen Böden des Unterhangs wieder versickert. Für den Bereich der Felder wurde dies nicht bestätigt. Hier zeigte sich eine kumulative Bildung des Oberflä-chenabflusses, da die Infiltrationseigenschaften durch anthropogene Überformung verändert wurden. Van de Giesen et al. (2000) untersuchten den Einfluss der Hanglänge auf die gemes-sene Oberflächenabflussmenge bei Feldexperimenten an Messplots mit unterschiedlicher Hanglänge in einem Untersuchungsgebiet der sub-humiden Savanne an der Elfenbeinküste.

Hier wurde eine deutliche Reduktion des Hortonschen Oberflächenabflusses bei zunehmender Hanglänge festgestellt.

Infiltration und Wasserbewegung in der ungesättigten Bodenzone

Die ungesättigte und gesättigte Wasserleitfähigkeit des Bodens spielen eine zentrale Rolle bei der Infiltration und der Wasserbewegung in der ungesättigten Bodenzone.

In den feuchten Tropen sind nur sehr vereinzelt Untersuchungen zu hydrologischen Bodenei-genschaften durchgeführt worden. Es gibt wenige detaillierte Untersuchungen in kleinen Ein-zugsgebieten, die sich mit den bodenhydrologischen Eigenschaften wie der Durchlässigkeit beschäftigen. Für das Amazonasgebiet seien hier Nortcliff & Thornes (1981) und Elsenbeer et al. (1992), die zahlreiche Untersuchungen zur Durchlässigkeit der Böden durchführten, und die Arbeiten in Nordost Queensland von Bonell et al. (1983) erwähnt.

Bei der Mehrheit der Studien wurde eine sehr hohe Durchlässigkeit der oberen Bodenschicht der unterschiedlichen Tropenböden festgestellt (Zusammenfassungen in: Bonell & Balek 1993, Reading et al. 1995), die je nach Bodentyp und Vegetation von 12 bis über 6000 mm/h reichen. Der große Einfluss der Landnutzung auf die Durchlässigkeit der Böden wird bei allen Untersuchungen herausgestellt (vgl. Kapitel 3.2.3)

Die hohe Permeabilität der tropischen Böden wird v.a. der starken Makroporosität der Böden zugeschrieben. Bei niedrigen Saugspannungen und hohen Niederschlagsintensitäten, wie sie in den humiden Tropen häufig auftreten, spielt die Makroporeninfiltration eine dominante Rolle bei den Infiltrations- und Perkolationsprozessen. Obwohl die Bodenmatrix selbst häufig niedrige Leitfähigkeiten aufweist, können durch eine erhöhte Makroporosität extrem hohe Durchlässigkeiten erreicht werden. Dies wurde z.B. bei Untersuchungen von Ayra et al.

(1999) an Ultisols und Oxisols in Indonesien gezeigt, wo Ksat-Werte von 1 cm/d für die Bo-denmatrix und 300–400 cm/d für den Boden mit Makroporen bestimmt wurden. Der Anteil

der Makroporosität an der Gesamtporosität der untersuchten Böden war jedoch nur im Ober-boden hoch (28.7%) und lag bei 30 cm Tiefe nur noch bei 4.6 %. Jedoch zeigt die Untersu-chung, dass der durchschnittliche Porenradius mit der Tiefe zunimmt, so dass die Fließrate trotz geringerem Makroporenvolumen sehr groß sein kann. Somit spielen die Makroporen nicht nur bei Infiltrationsprozessen, sondern auch als präferenzielle Fließwege im Unterboden eine entscheidende Rolle.

Die in situ Ksat-Messungen von Sobieraj et al. (2002) an Böden entlang einer Regenwald-Catena in Brasilien zeigen den deutlichen Einfluss der Makroporen auf die Permeabilität der betrachteten Böden. Es wurden trotz deutlicher Unterschiede der primären Bodenmerkmale (z.B. Textur) entlang des Hanges keine Korrelation zwischen Lage am Hang und Ksat festge-stellt. Dieses Phänomen wurde von den Autoren v.a. dem alle primären Bodeneigenschaften überlagernden Effekt der biogenen Makroporen zugeschrieben.

Die intensive Makroporosität tropischer Böden wird v.a. durch die Aktivität der Makrofauna hervorgerufen. Hierbei stellen Regenwürmer, Termiten und Ameisen die wichtigsten Boden-lebewesen dar. Sie treten sowohl im voll humiden wie auch im sub-humiden bis semi-ariden Klima auf. Jedoch nimmt die Populationsdichte der Regenwürmer mit abnehmender Nieder-schlagsmenge ab, so dass in den semi-ariden bis ariden Tropen Termiten and Ameisen domi-nieren (Lal 1988). Der Einfluss dieser Bodenlebewesen auf die Infiltration wurde in Detail-studien untersucht (Eldridge 1994, Lobry de Bruyn & Conacher 1994, Mando et al. 1996, Nkem et al. 2000, Léonard & Rajot 2001). In allen Studien wurden deutlich höhere Infiltrati-onsraten bei höherer Populationsdichte und Aktivität der Makrofauna festgestellt.

Basierend auf Ksat-Messungen in unterschiedlichen Bodentiefen entlang von Catenen und z.T.

zusätzlichen Untersuchungen wie der Niederschlagsintensität wurden von Nortcliff & Thor-nes (1981), Elsenbeer et al. (1992) und Bonell et al. (1983) Analysen zu Abflussbildungspro-zessen und Fließwegen durchgeführt. Elsenbeer (2001) stellt in einer zusammenfassenden Analyse aller in tropischen Regenwäldern durchgeführten bodenhydrologischen Untersu-chungen ein Hangabflusskonzept für Acrisols und Ferralsols dar. Die Analysen zeigen eine große Bedeutung des oberflächennahen Interflows bei den betrachteten Acrisols (Elsenbeer 2001). Durch das Auftreten einer undurchlässigeren Schicht kommt es zu einer Änderung des Fließweges von vertikalen Perkolationsprozessen zu horizontalen Fließprozessen. Dieser stauende Horizont tritt in den unterschiedlichen Untersuchungsregionen in unterschiedlichen Tiefen auf. Während Bonell et al. (1989) für einen Acrisol in Nordwest Queensland das

Auf-treten der stauenden Schicht bereits bei 0.1 m beobachteten, ist sie bei untersuchten Acrisols in Sabah (Malaysia) erst ab 1 m zu beobachten (Chappell et al. 1998).

Für den Bereich der westafrikanischen Savannenregion Nigerias weist schon Fölster (1978) auf die große Bedeutung des lateralen, oberflächennahen Hangwassers bei den Abflusspro-zessen hin. Geringe Leitfähigkeiten im Unterboden können bei einer Hangneigung von 10 % und einer homogenen Wassersättigung dazu führen, dass die Hälfte des Sickerwassers als oberflächennahes Hangwasser abfließt. Auch die Untersuchungen der Equipe HYPERBAV (1990) im Einzugsgebiet Booro-Borotou an der Elfenbeinküste zeigen, dass v.a. am Mittel-hang die Entstehung von Interflow eine bedeutende Rolle spielt. Hier erzeugt die plinthitische Verhärtung der sols ferrugineux eine völlige Undurchlässigkeit des Unterbodens, was zu Zwi-schenabfluss führt, der jedoch in den sandigen hydromorphen Böden des Unterhangs wieder eine vertikale Fließrichtung annehmen kann (Chevallier et al. 1990).

Der Interflow kann auch als Returnflow wieder auf die Oberfläche gelangen und hier als Oberflächenabfluss weiterfließen. Bei Untersuchungen der Abflussbildungsprozesse in einem Einzugsgebiet im westlichen Amazonasgebiet wurde von Elsenbeer & Vertessy (2000) der Returnflow als entscheidender Prozess der Oberflächenabflussbildung herausgestellt. Jedoch handelt es sich hier nicht um Returnflow, der durch topographische Gegebenheiten initiiert wurde, sondern um Returnflow infolge biogener Makroporen.

Bodenwasserdynamik

Untersuchungen zur Bodenwasserdynamik am Unterhang des Einzugsgebietes Booro-Borotou an der Elfenbeinküste wurden von Fritsch et al. (1990) im Rahmen der Forschungs-arbeiten der Equipe HYPERBAV an einem Mini-Transekt mittels Neutronensonden und Ten-siometern durchgeführt. Die Messungen zeigen, dass eine Sättigung des Oberbodens schon zu Beginn der Regenzeit vorliegt, die Sättigungsfront jedoch sehr langsam in die Tiefe bis 200 cm vorschreitet (über drei Monate) (Chevallier & Planchon 1993). In 300 cm Tiefe dagegen ist eine sehr schnelle Aufsättigung mit einer aufsteigenden Sättigungsfront zu beobachten.

Die bodenhydrologischen Untersuchungen von Fölster (1978) mit Neutronensonden in Nige-ria und Dahomey (heutiges Benin) zeigen, dass deutliche Wassergehaltsschwankungen im Verlauf des Jahres sich nur auf die oberen ein bis zwei Meter beschränken, d.h. auf den Be-reich der Bodenzone. Der Verwitterungsmantel weist ein homogenes Feuchteprofil auf.