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A DSORPTION VON N ANOPARTIKELN AN FLÜSSIGEN P HASENGRENZEN

Die Fähigkeit von Tensiden und einigen Polymeren zur Adsorption an flüssigen Grenzflä-chen ist lange bekannt. Diese oberfläGrenzflä-chenaktiven Substanzen wurden daher zur Stabilisie-rung von Emulsionen verwendet. Durch die experimentellen Arbeiten von S. Pickering und W. Ramsden anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde gefunden, dass auch mikrometer-große kolloidale Partikel ein zu den Tensiden ähnliches Verhalten aufweisen und Emulsio-nen stabilisieren könEmulsio-nen[81,82]. Emulsionen, die mit kolloidalen Teilchen stabilisiert wurden, werden daher als „Pickering-Emulsionen“ bekannt. Die erste theoretische Arbeit, die sich mit der Adsorption von homogenen Mikropartikeln befasst, wurde im Jahr 1980 von P. Pie-ranski veröffentlicht. Der Trend der letzten Jahre ist die Verwendung von nanometergroßen Partikeln zur Stabilisierung von Wasser/Öl- oder Öl/Wasser-Emulsionen. Die experimentel-len und theoretischen Studien in diesem Feld führen unter anderem auf die Arbeiten von B.

Binks, H. Möhwald, T.P. Russell und D. Weitz et al. zurück[83,84],[25,26,85]. In diesem Kapitel werden daher die theoretischen Grundlagen und Modellvorstellungen zur Adsorption von chemisch homogenen Partikeln an flüssigen Grenzflächen beschrieben.

Man betrachtet eine flache Grenze zwischen den zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten: Öl und Wasser. Ein Partikel mit einer homogenen Oberfläche (Abbildung 3.6 (a)) befindet sich in einer öligen Phase. Die Gibbsche freie Energie des Systems, GAO, beschreibt man dann als[86]:

γ γ

= +

AO OW OW PO P

G A A , 3.5

wobei γOW, γPO die freien Energien (die Grenzflächenspannungen) der Oberflächen zwischen Öl und Wasser und zwischen Partikeln und Öl sind. Die AOW und AP repräsentieren die Kon-taktflächen zwischen den jeweiligen Phasen, wobei man unter AOW die gesamte ursprüngli-che Grenzfläursprüngli-che zwisursprüngli-chen Wasser und Öl versteht. Bei Anlagerung eines Partikels an die flüssige Grenze ändert sich die Gibbsche freie Energie zu

3.1.6.Adsorption von Nanopartikeln an flüssigen Phasengrenzen 19

Abbildung 3.6: (a) Adsorption (Desorption) eines Partikels an der flüssigen Grenzflä-che. Links ist die Änderung der Gibbschen freien Energie (adaptiert aus [86•] und [87]).

(b) Energetisches Diagramm zur Erklärung des Energiegewinns bei der Anlagerung von sphärischen Partikel an eine Grenzfläche (adaptiert aus [88•]).

γ γ γ

= + +

( )I ( )I

O W O W O W P W P W P O P O

G A A A . 3.6

Hierbei sind APW (APO) die Kontaktflächen Partikel/Wasser (Partikel/Öl) und γPWPO) die Energien der Partikel/Wasser-, und Partikel/Öl-Grenzflächen. Dabei fällt ein Teil von der ursprünglichen flüssigen Fläche weg: AE = AOW - A(I)OW. Mit der Youngschen Gleichung (γPO - γPW)/γOW = cos Θ lässt sich die Änderung der Gibbschen freien Energie, verursacht

durch die Adsorption eines Partikels aus der öligen Phase an der flüssigen Phasengrenze, als folgender Ansatz beschreiben:

∆GA O = ∆GD O = GO W( )I − GA O = −γO W(AE + AP W co s )Θ 3.7 Die Energie der Adsorption ist negativ für alle Werte des Kontaktwinkels Θ . Daher ist die Adsorption eines Teilchens an der Grenzfläche thermodynamisch nützlich für das System und läuft spontan ab.

Wenn ein Teilchen von der Grenzfläche ins Volumen zurückgeht, erhöht sich die freie Ener-gie des Systems. Die Gleichung 3.7 mit dem positiven Vorzeichen gilt dann für die Desorp-tion eines Partikels in der öligen Phase. Wenn ein Partikel in die wässrige Phase desorbiert,

ändert sich die freie Energie des Systems zu GDW (mit AP als die Partikeloberfläche):

Die gesamte Änderung der Energie ist damit

∆GD W = GD W − GO W( )I = γO W(AE − AP O co s )Θ . 3.9 Diese Relation mit einem negativen Vorzeichen gilt für die Adsorption der Partikel aus Was-ser auf der Grenzfläche. Die Gleichungen 3.7 und 3.9 lassen sich zu einer Gleichung verei-nen:

∆GDO = ∆GDWOWAPcosΘ 3.10

Für ein hydrophobes Teilchen (cosΘ < 0) gilt: ∆GDO < ∆GDW (Abbildung 3.6 (a)). Es ist zu beachten, dass die Gleichungen 3.7, 3.9 und 3.10 keine Anforderungen an die Form der Partikel stellen. Die Gleichungen gelten für alle Partikel unter der Voraussetzung einer fla-chen flüssig-flüssig Grenzfläche vor und nach der Adsorption.

Nun betrachten wir ein massenloses, sphärisches, hydrophobes Partikel mit dem Radius R an der flüssigen Grenzfläche zwischen dem Wasser und dem Öl. Eine Seite des Partikels versinkt dabei im Wasser auf die Tiefe h. Die Grenzfläche teilt die Oberfläche des Partikels in zwei asymmetrische Halbsphären der Flächen APW und APO. Ein Teil der W/O-Fläche AE fällt durch das adsorbierte Partikel weg[83]. Damit ist

π Θ

Beim Einsetzen der Gleichungen 3.11 - 3.13 in die 3.7 und 3.9 lassen sich die Energien der Desorption des Partikels in die Öl-, und in die Wasserphasen zu folgenden Gleichung zu-sammenfassen[89]:

∆GD W = γO Wπ R2(1− co sΘ )2 3.14

∆GD O = γO WπR2(1 cos )+ Θ 2 3.15 Die Abbildung 3.6 (b) zeigt schematisch den quadratischen Verlauf der freien Energie eines Partikels bezüglich seiner Position zur Grenzfläche. Die freien Energien im Öl und im Was-ser sind GDO (Gleichung 3.5) und GDW (Gleichung 3.8). Durch Adsorption minimiert das System seine Energie bis zum Wert G(I)OW. Wenn N Partikel an der Grenzfläche adsorbieren,

γ γ

= +

DW OW OW PW P

G A A . 3.8

3.1.6.Adsorption von Nanopartikeln an flüssigen Phasengrenzen 21 sinkt die freie Energie des Systems um N·G(I)OW.

Mit der Youngschen Relation lässt sich die Gleichung 3.15 in vereinfachten Form umschrei-ben[88]:

Es ist zu beachten, dass das positive Vorzeichen für den Fall der Desorption gilt, das negati-ve Vorzeichen hingegen für den Fall der Adsorption. Je größer also ein Partikel ist, desto größer ist der Energiegewinn bei der Adsorption.

Als Nächstes wird die thermodynamische Stabilität der CdSe-TOPO-Nanopartikel an der Wasser/Toluol-Grenzfläche (γOW = 35,7 mN/m) betrachtet. Mit Gleichung 3.16 rechnet man die Desorptionsenergie der CdSe-TOPO-Nanopartikel bei Zimmertemperatur (T = 298 K) aus. Unter der Annahme, dass die Alkanketten die Oberfläche der TOPO-Schale bilden (siehe die Abbildung 3.2 (a)), gilt: γPO = 15 mN/m und γPW = 40 mN/m[84,90]. Man erhält:

D = 2,3 nm, ∆E = 1, 3 10⋅ 20J ≈ 3, 3k TB 3.17 D = 4,6 nm, ∆E = 5, 3 10⋅ 20J ≈13, 5k TB 3.18 D = 6,0 nm, ∆E = 9,1 10⋅ 20J ≈ 22, 4k TB 3.19 Die Energie der thermischen Schwankungen ist ausreichend, um ein bereits adsorbiertes Teilchen zurück ins Volumen desorbieren zu lassen. Beispielsweise wurde von Y. Lin et al.[84] gezeigt, dass die 1,6 nm großen CdSe-TOPO-Nanopartikel keine Grenzflächenaktivi-tät aufweisen. Die Energie der Adsorption/Desorption eines 1,6 nm Partikels ist ∆E ≈ 1 kBT.

Solche kleinen Teilchen werden sich daher nicht an der Grenzfläche aufhalten. Es herrscht stattdessen ein ständiger Austausch von Partikeln zwischen der Grenzfläche und dem Volu-men. Im Falle von Kapillarwellen, erfährt ein adsorbiertes Partikel harmonische Schwan-kungen senkrecht zur flüssigen Grenzfläche. Das Maximum der kinetischen Energie der Schwingungen beschreibt ist hier ½(m·aω2). m ist die Masse des Partikels, a die Schwin-gungsamplitude und ω = 2π·υ ist die Kreisfrequenz. Unter der Annahme, dass ein CdSe-TOPO-Nanopartikel 2,3 nm groß ist und mit einer Frequenz von 200 Hz[91] schwingt, ist eine Kapillarwelle mit der Amplitude von 20 mm notwendig, um die Desorptionsenergie von 3,3 kBT zu erreichen und das Partikel zurück ins Volumen desorbieren zu lassen. Für 6 nm große CdSe-TOPO-Nanopartikel mit der Desorptionsenergie von 22 kBT beträgt die Schwingungsamplitude ungefähr 13 mm. Damit ist eindeutig bewiesen, dass der Einfluss

Abbildung 3.7: (a) Zweistufiger Verlauf der Adsorption eines Tensides an der flüssi-gen Phasengrenze (z –Abstand von Grenzfläche): 1 – Diffusion aus dem Volumen in den Sublayer, 2 – Transport aus dem Sublayer an die Phasengrenze.

(b) Das Konzentrationsprofil senkrecht zur Grenzfläche. Die Glei-chungen und Randbedingungen beschreiben die eindimensionale (konvektionslose) Diffusion im Modell von Ward und Tordai[94,98].

der transversalen Kapillarwellen auf das Desorptionsverhalten der Nanopartikel infinitesimal klein ist.