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Wirkungsorientierte Analytik wird in der Lebensmittelkontrolle in den Niederlanden und in Belgien routinemäßig bei Screeningtests auf Dioxine eingesetzt. Dabei findet häufig der CALUX-Assay Anwendung (HOOGENBOOM et al. 2006). Da dieser Bioassay auf der Bindung dioxinähnlicher Substanzen an dem Ah-Rezeptor beruht, stellte sich die Frage, ob PAKs in Lebensmittelproben mit dieser Technik ebenfalls in Massenuntersuchungen detektiert werden können. In geräuchertem Fleisch stellt die Kontamination mit krebserregenden PAKs ein aktuelles Problem dar (JIRA 2004) und ein kostengünstiges und schnelles Screeningverfahren würde einen Vorteil für die Lebensmittelsicherheit darstellen. Daher war es das Ziel dieser Arbeit, erstmalig den CALUX-Assay für die Untersuchungen auf PAKs in geräucherten Fleischwaren zu optimieren, zu standardisieren und mittels der Ergebnisse der herkömmlichen instrumentellen Analytik zu validieren.

Als Aufarbeitungstechnik wurde eine Methode eingesetzt, die in der Amtlichen Sammlung für Untersuchungsmethoden nach §64 LFGB für die Bestimmung von Benzo[a]pyren in geräucherten Fleischerzeugnissen vorgesehen ist (2004). Diese Technik wurde durch den Einsatz dotierter Proben verifiziert. Die Wiederfindungsraten lagen in einem vergleichbaren Bereich zu den Wiederfindungsraten in der GC-MS-Analytik und entsprachen dem entsprechenden PAK des eingesetzten internen Standards. In der Dioxinanalytik wird mit Erfolg für den Bioassay eine weniger aufwändige und zeitsparende Aufarbeitungstechnik als für die herkömmliche HPLC-Technik eingesetzt (HOOGENBOOM et al. 2004; HOOGENBOOM 2007). Eine Vereinfachung wäre ebenfalls für die sehr zeitintensive Aufarbeitung und Aufreinigung der Proben in der PAK-Analytik denkbar. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit lag jedoch in der Nachweistechnik der aufgereinigten Probe und nicht der Aufarbeitungstechnik, und so wurde auf eine Optimierung der zeitintensiven alkalischen Verseifung, Lösung und Aufreinigung verzichtet.

Ein Ansatz, die Nachweistechnik zu optimieren, war der vergleichende Einsatz zweier Standardsubstanzen. Die Induktionsäquivalente unbekannter Proben ließen sich mit beiden Substanzen gut berechnen. Der Einsatz von B[k]F hätte große Vorteile für die

Anwendungssicherheit des Tests, da das hochtoxische TCDD nicht verwendet werden müsste.

Durch die Rezeptoraffinität zu dioxinähnlichen Stoffen ist ein Ansprechen des Tests auf – im Hinblick auf den Nachweis hoher PAK-Kontaminationen – falsch positiv wirkende Dioxin-Kontaminationen möglich. Die parallele Inkubation der Proben für 24 Stunden zeigte, wie positive Resultate durch dioxinähnliche Stoffe ausgeschlossen werden können.

PAKs werden in diesem Zeitraum metabolisiert, während dioxinähnliche Substanzen permanent nachweisbar sind (HAMERS et al. 2000; HOOGENBOOM 2002). Ein negatives Ergebnis der Probe nach 24 Stunden zeigt daher die Abwesenheit von dioxinähnlichen Substanzen an.

Eine weitere Verifizierung der Ergebnisse des Bioassays erfolgte durch einen Vergleich mit den Ergebnissen der chemischen Analytik in Form einer Bestimmung mittels GC-MS.

Dieser Vergleich wurde auf zwei Arten durchgeführt: zunächst wurden die erhaltenen Induktionsäquivalente der Fleischproben direkt auf eine positive Korrelation mit den einzelnen nachgewiesenen PAKs der Fleischprobe untersucht. PAKs unterscheiden sich in ihrer Bindungsaffinität zum Rezeptor. Es gibt PAKs, vor allem sogenannte „leichte“

PAKs mit maximal vier Ringen, die sehr schwach oder gar nicht am Rezeptor binden und daher nicht durch den Bioassay nachgewiesen werden. Da diese Rezeptorbindung im Zusammenhang mit der kanzerogenen Wirkung des PAKs gesehen wird (GLATT et al.

2007), ist diese Differenzierung in der Analytik eher von Vorteil zu sehen. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass leichte PAKs tatsächlich mehrheitlich eine hohe Variabilität im Nachweis zeigten (siehe Tab. 1), ein Zusammenhang zum Räuchereinfluss nicht feststellbar war und dies bestätigt wurde durch eine eher negative Korrelation zu der Gesamt-Induktion des Bioassays. Dementsprechend waren auch die Wiederfindungsraten (recorery) der leichten Vertreter im internen Standard niedriger. Dies konnte vor allem für Naphthalin, Acenaphthen, Triphenylen und Phenanthren gezeigt werden, die alle von der IPCS als nicht oder fraglich kanzerogen beschrieben werden (WHO 1998).

Die Gehalte von B[k]F zeigten ebenfalls eine mäßige Korrelation zu der Induktion des Bioassays. Dies liegt möglicherweise in der Nachweistechnik per GC-MS begründet, da die drei Benzofluoranthene (B[b,j,k]F) nicht immer exakt getrennt werden können, denn die

Summe dieser drei Substanzen korrelierte gut (R² = 0,83). Für die 16 PAKs von der EFSA – Monitoringliste (außer aus dem genannten Grund B[k]F) konnte ein hohes Bestimmtheitsmaß zu der Induktion im Bioassay gezeigt werden, das zwischen 0,60 und 0,87 lag. Dies liegt in einem Rahmen, der mit anderen Untersuchungen vergleichbar ist:

ANDERSON et al. (1999) verglichen einen Bioassay, der auf der Induktion von Cytochrom P450 1A1 beruht, mit der Gesamtsumme an nachgewiesenen PAKs und errechneten ein Bestimmtheitsmaß von R² = 0,85. KHIM et al. (1999) ermittelten in einer ähnlichen Untersuchung ein Bestimmtheitsmaß von R² = 0,84.

Ein zweiter Vergleich der Bioassay - Resultate mit der chemischen Analytik wurde mit Hilfe der publizierten Induktionsfaktoren für einzelne PAKs (MACHALA et al. 2001) durchgeführt. Die rechnerische, theoretische Gesamtinduktion der Fleischprobe wurde unter Verwendung der publizierten Faktoren für PAKs errechnet und mit den erhaltenen Induktionsäquivalenten verglichen. Hier ergaben sich Bestimmtheitsmaße von R² = 0,74 bis 0,86, je nach verwendetem Faktor (EC50 oder EC25 basiert). In einem ähnlichen Vergleich, der allerdings mit nicht Bioassay - spezifischen Toxizitätsäquivalentfaktoren durchgeführt wurde, wurde R² = 0,87 berechnet (ANDERSON et al. 1999).

Die unterschiedlichen Ergebnisse des Bioassays in den beiden Analysezeiträumen Winter 06/07 und Winter 07/08 (siehe Abbildung 2a und 2b) aufgrund einer geringfügigen Änderung der Labortechnik zeigten, dass es nicht möglich sein wird, einen absoluten, fixen Grenzwert zu ermitteln, ab dem eine Fleischprobe als „verdächtig“ gilt. Eine sinnvollere Lösung könnte eine laborinterne Validierung mit Hilfe einer entsprechend kontaminierten Fleischprobe darstellen, deren Wirkung im Bioassay regelmäßig ermittelt wird und mit deren Effekt am Rezeptor die unbekannten Proben verglichen werden. Die Bedeutung laborinterner und laborübergreifender Vergleichsuntersuchungen wird durch diese Feststellung betont.

Um die Effektivität der wirkungsorientierten Analytik unter Einsatz des CALUX - Assays zu überprüfen, wurden 30 Bauchspeckproben unterschiedlich geräuchert und untersucht. Die Temperatur des Räuchervorganges gilt als großer Einflussfaktor für die PAK – Akkumulation. Dies wurde schon von LIJINSKY u. ROSS (1967) beschrieben und im 2007 erschienenen statistischen Bericht der Ergebnisse der europäischen PAK –

Untersuchungen in Lebensmitteln bestätigt (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2007). Ein Einfluss der Räucherlänge konnte von der EFSA statistisch nicht bewiesen werden. Dies könnte an Kombinationseffekten von Räuchertemperatur und Räucherlänge liegen, denn in der Regel wird Kalträuchern über einen deutlich längeren Zeitraum durchgeführt als Heißräuchern.

Ein mittlerer Gehalt von 0,43 µg B[a]P / kg in den für diese Arbeit heiß geräucherten Proben wird von den Ergebnissen der europäischen Vergleichsstudie der EFSA bestätigt.

Diese ermittelte einen Gehalt von 0,39 µg B[a]P / kg in „heat treated meat“

(EUROPÄISCHE KOMMISSION 2007).

Der Einfluss der Räuchertemperatur konnte gut mit der wirkungsorientierten Analytik nachvollzogen werden. Die drei Gruppen ungeräucherter, kalt geräucherter und heiß geräucherter Fleischproben ließen sich signifikant voneinander unterscheiden. Diese Unterscheidung gelang ebenfalls mit 14 der 16 PAKs von der EFSA - Monitoringliste. Die Gehalte von Chrysen und 5-Methylchrysen zeigten keinen signifikanten Anstieg in Relation zur Räuchertemperatur. Lediglich ein Unterschied zu den ungeräucherten Produkten konnte nachgewiesen werden. Daher ergibt sich die Frage, ob der Gehalt von diesen beiden Stoffen in geräucherten Fleischwaren von dem Räucherprozess beeinflusst wird und ob daher deren Bestimmung für die Risikobewertung des geräucherten Produktes sinnvoll ist.

Ein Einfluss der Räucherlänge konnte statistisch nicht sicher nachgewiesen werden. Bei dem Prozess des Kalträucherns scheint die Räucherlänge keinen starken Einfluss auf die Akkumulation der PAKs in der Fleischprobe zu haben. Wie die Ergebnisse der wirkungs-orientierten Analytik unterschieden sich auch die Gehalte der 16 EFSA – PAKs nicht signifikant voneinander zwischen den Proben, die drei Stunden und denen, die sechs Stunden kalt geräuchert worden waren. Beim Heißräuchern war der Einfluss der Räucherlänge deutlich erkennbar. Die Technik des Heißräuchern über drei Stunden ist sehr unüblich und wurde nur einmalig angewandt, um Proben zu erhalten, die so deutlich mit PAKs belastet sind, dass der (ehemalige) deutsche Grenzwert von 1 µg B[a]P / kg (GUILLEN u. SOPELANA 2003) erreicht wird. Daher war der Einfluss der Länge des Heißräucherns zwar offensichtlich, aber nicht statistisch nachweisbar.

Mit der wirkungsorientierten Analytik konnte ein weiterer Einfluss auf die Nachweismenge festgestellt werden. Es konnte gezeigt werden, dass die Probenentnahmestelle auf die Ergebnisse der Untersuchung heiß geräucherter Produkte einen signifikanten Einfluss hat.

Proben, die im Randbereich, das heißt in den äußersten fünf Zentimetern der Bauchspeckprobe, entnommen wurden, hatten signifikant höhere Ergebnisse im Bioassay.

In der Literatur wird beschrieben, dass PAKs vor allem in dem äußersten Zentimeter von Fleischproben kumuliert werden (TOTH 1971; EUROPÄISCHE KOMMISSION 2002). Dies kann mit dieser Arbeit bestätigt werden.

Der Vergleich von acht Produkten aus dem Handel (Großhandel und Wochenmarkt) zeigte eindrucksvoll, dass die wirkungsorientierte Analytik auch bei unbekannten Proben gut den wahren Gehalt von kanzerogenen PAKs widerspiegelt. Das Bestimmtheitsmaß von R² = 0,79 liegt in einem ähnlichen Bereich wie in den oben genannten vergleichbaren Literaturstellen (ANDERSON et al. 1999).

Die hier vorgestellte wirkungsorientierte Analytik von PAKs kann als Screeningmethode eingesetzt werden. Dadurch könnten beispielsweise in der Lebensmittelüberwachung großen Probenmengen mit unbekannten Kontaminationsmengen gefiltert werden. Die Proben, welche eine unerwartet hohe Wirkung im Bioassay aufzeigen, bei denen daher ein hoher Gehalt kanzerogener PAKs wahrscheinlich ist, würden mittels gezielter klassischer chemisch-instrumenteller Analytik überprüft werden. Dieses Verfahren bietet zum einen den Vorteil einer Kostenersparnis, denn das kostenintensive GC-MS-Equipment könnte zielgerichteter und effektiver eingesetzt werden. Zum anderen ergibt sich eine Zeitersparnis. Die Anzahl an aufgereinigten Proben, die pro Tag getestet würden, ist nicht durch die Retentionszeit der Analyten bei der GC-MS (je nach eingesetzter Technik 25 min bis zu einer Stunde pro Probe) nach oben begrenzt. Die maximale Durchsatzrate pro Tag ist vielmehr in der Menge an Kulturplatten (mit jeweils bis zu 10 Proben gleichzeitig) begrenzt, die eine Laborkraft täglich handeln kann.