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Übereinstimmung der implementierten Therapien mit ihren jeweiligen Prototypen

BDI STAI

5. Übereinstimmung der implementierten Therapien mit ihren jeweiligen Prototypen

Zur Beurteilung des Ausmaßes, in dem sich die hier durchgeführten Therapien an ihrer jeweiligen Therapietheorie orientieren, wurden Zusammenhänge zwischen den

implementierten Therapien und einem kognitiv-behavioralen und einem psychodynamischen Prototyp (vgl. Ablon & Jones, 1998) bestimmt. Diese Prototypen sollen alle, für eine ideal verlaufende psychodynamisch bzw. kognitiv-behavioral orientierte Therapiesitzung

relevanten Prozessaspekte berücksichtigen. Die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen den Prozessbeurteilungen der hier vorliegenden Therapiesitzungen der Patienten mit GAS und den Prototypen ermöglicht eine Aussage darüber, wie sehr die a priori als

„psychodynamische“ bzw. als „kognitiv-behaviorale“ Psychotherapie bezeichnete

Therapieform tatsächlich mit ihrer jeweiligen Therapiekonzeption übereinstimmt. Erwartet wurde, dass das hier angewendete psychodynamische Therapieprogramm zur Behandlung der GAS stärker mit dem Prototyp einer psychodynamischen als mit dem einer

kognitiv-behavioralen Therapie zusammenhängt. Entsprechend wurde auch erwartet, dass das hier angewendete kognitiv-behaviorale Therapieprogramm zur Behandlung der GAS stärker mit dem Prototyp einer kognitiv-behavioralen als mit dem einer psychodynamischen Therapie zusammenhängt.

Zunächst zeigt sich, dass die Therapieprozessbeurteilungen der Patienten aus der gesamten Stichprobe deutlich höher mit dem kognitiv-behavioralen (.55) als mit dem psychodynamischen Prototyp (-.06) zusammenhängen. Dies bedeutet, dass die hier durchgeführte Psychotherapie zur Behandlung der GAS, unabhängig vom konkreten

Therapieprogramm, insgesamt dem Ideal einer kognitiven Verhaltenstherapie stärker ähnelt als dem einer psychodynamischen Therapie.

Auch zeigt sich ein ähnlich überraschendes Ergebnis, wenn ausschließlich die

psychodynamisch behandelte Stichprobe betrachtet wird. In dieser Stichprobe gibt es keine bedeutsamen Unterschiede zwischen der Übereinstimmung mit dem psychodynamischen Prototyp und der mit dem kognitiv-behavioralen Prototyp. Auch ist der Zusammenhang mit dem kognitiv-behavioralen Prototyp höher als der mit dem psychodynamischen Prototyp (.44 vs. .00). Dies bedeutet, dass in der hier durchgeführten psychodynamischen Therapie keine prototypischen Elemente einer psychodynamischen Therapie und einige, aber nicht

signifikant mehr Elemente einer kognitiv-behavioralen Therapie angewendet worden sind.

Die Vermutung, nach der die hier implementierte spezielle Form einer psychodynamischen

Therapie dem psychodynamischen Prototyp ähnelt, ließ sich also nicht bestätigen. Mangelnde Reliabilität der Therapieprozessmessungen oder des Messinstruments als Erklärung für diesen überraschenden Befund ist aufgrund der berichteten Daten weitgehend auszuschließen. Auch mangelnde Manualtreue durch die Therapeuten als Ursache dieses Befunds scheint zunächst eher unwahrscheinlich, da diese hier durch vorhergehendes Training in der Anwendung des Manuals und durch regelmäßige Supervision gewährleistet wurde. Allerdings wurde sie eben nicht explizit gemessen. Schon Ablon und Jones (2002) hatten gezeigt, dass eine

implementierte Therapie trotz Überprüfung der Manualtreue nicht unbedingt ihrem Manual entsprechen muss. Weiterhin können auch keine Aussagen über die „competence“, d.h. über die kompetente Anwendung des Manuals (vgl. Waltz, Addis, Koerner & Jacobson, 1993) getroffen werden, da diese hier ebenfalls nicht erfasst wurde. Dies könnte bedeuten, dass sich die Therapeuten zwar an das Manual gehalten haben, dass sie dieses aber nicht kompetent umgesetzt haben. So gehen beispielsweise Ablon et al. (2006) davon aus, dass Therapeuten gerade in kurzen psychodynamischen Therapien ganz verschiedene Interventionen nutzen.

Darunter können auch andere als typisch psychodynamische, wie z.B. kognitiv-behaviorale sein. Denkbar ist auch, das die psychodynamischen Therapeuten bei den vorliegenden Behandlungen strukturierter und aktiver waren als es sonst in psychodynamischen Therapien üblich ist, weil die Therapien zeitlich begrenzt waren und sie im Rahmen der Studie

möglicherweise besonders bemüht waren, deutliche Verbesserungen im Patienten zu erzielen.

Zwar sind die psychodynamischen Therapeuten insgesamt deutlich weniger strukturiert und aktiv als die kognitiv-behavioralen Therapeuten, dennoch liegen sie bei diesem

Prozessmerkmal auch eher im oberen Bereich der Skala (M = 5,78, sd = 1,36).

Weiterhin kann neben der mangelnden Manualtreue oder Kompetenz der Therapeuten eine weitere Erklärung für die vorliegenden Befunde darin gesehen werden, dass entweder das hier angewendete psychodynamische Therapieprogramm eben nicht typisch für

psychodynamische Therapien ist oder, dass der psychodynamische Prototyp von Ablon und Jones (1998) doch nicht alle prototypischen Aspekte einer solchen erfassen konnte.

Für die hier angewendete kognitiv-behaviorale Therapie hingegen zeigen sich die

erwarteten Ergebnisse. Hier ist die Übereinstimmung mit dem kognitiv-behavioralen Prototyp deutlich höher als die mit dem psychodynamischen Prototyp. Aus diesem Befund ist zu schlussfolgern, dass zumindest die hier implementierte kognitiv-behaviorale Therapie tatsächlich theoriekonform konzipiert wurde. Dies impliziert dann aber auch, dass im

kognitiv-behavioralen Prototyp alle tatsächlich relevanten Therapieprozessaspekte berücksichtigt wurden.

Aufgrund der Tatsache, dass sich die zur Prototypenbildung befragten Therapie-Experten jeweils gleichermaßen einig waren in ihrer Vorstellung eines prototypischen

psychodynamischen bzw. kognitiv-behavioralen Behandlungsprozesses (vgl. Ablon & Jones, 1998), ist von der Validität der beiden Prototypen auszugehen. Die fehlende Orientierung der implementierten psychodynamischen Therapie am psychodynamischen Prototyp wäre in diesem Fall dann also weniger durch die mangelhafte Validität des psychodynamischen Prototyps als vielmehr durch die Konzeptionierung der hier implementierten

psychodynamischen Therapie zu erklären.

Ob die hier vorliegenden PQS-Prozessbeurteilungen so getroffen wurden, wie es vom Entwickler des PQS intendiert war, muss offen bleiben, da die Rater kein PQS-Training durch seinen Entwickler oder einen Mitarbeiter aus seiner Arbeitsgruppe erhielten. Zwar existiert ein ausführliches Manual zur Anwendung dieses Instruments, allerdings lässt dieses

manchmal mehr als nur eine Möglichkeit zur Beurteilung des jeweiligen Aspekts des Therapieprozesses zu. So ist denkbar, dass die Rater zwar untereinander hoch in ihren Prozessbeurteilungen übereinstimmten (hohe Reliabilität), das PQS jedoch dennoch anders anwendeten als es von Jones selbst intendiert war (Validität).

Eine weitere denkbare Erklärung für die vorliegenden Befunde ist auch in der kleinen Stichprobengröße innerhalb der beiden Therapiegruppen zu sehen. Je kleiner die Stichprobe ist, umso geringer ist auch die Power der Tests, d.h. umso unwahrscheinlicher ist es, Effekte in der Stichprobe zu finden. Daher ist es schwierig zu entscheiden, ob die nicht signifikanten Zusammenhänge dadurch zustande kommen, dass tatsächlich kein Effekt da ist oder eben durch die kleine Stichprobe.

Insgesamt kann also nur festgehalten werden, dass zwischen der hier angewendeten kognitiv-behavioralen Therapie und dem kognitiv-behavioralen Prototyp ein

erwartungsgemäßer Zusammenhang besteht, zwischen der hier angewendeten

psychodynamischen Therapie und dem psychodynamischen Prototyp jedoch nicht. Mögliche Gründe dafür wurden diskutiert, allerdings ist eine abschließende Beurteilung aufgrund der vorliegenden Daten derzeit nicht möglich.

6. Zusammenhang zwischen der Orientierung an einem Prototyp und dem