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Überblick und Bewertung im Hinblick auf die strategische

4 Erfahrungen mit Existenzgründungs- Existenzgründungs-programmen in der bi- und

4.5 Überblick und Bewertung im Hinblick auf die strategische

Gründungsförderung

In der Gesamtschau werden in der Entwicklungs-zusammenarbeit nur in geringem Umfang Grün-dungen explizit gefördert. Das wichtigste Instru-ment dafür sind auch heute noch die EDPs. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bietet sonst nur noch die DEG ausdrücklich

262 UNCTAD (1999), S. 19.

förderung an, ansonsten ist dieses Aufgabenfeld in die KMU-Förderung integriert.

Analog dem in Kapitel 3.1 verwendeten Schaubild sollen auch hier die Schwerpunkte der vorgestell-ten Programme verdeutlicht werden. Zunächst zeigt sich, dass die vorhandenen Programme einen breiten Bereich von Maßnahmen der Gründungs-förderung abdecken. Der wichtigste Unterschied zu den Gründungsprogrammen der Industrieländer liegt weniger in einem unterschiedlichen De-ckungsgrad der Maßnahmen für den Gründungs-prozess. Vielmehr arbeiten die EDPs konzentriert auf ihre Trägerstruktur und verfolgen keine um-fassenden Netzwerkansätze, wie die Hochschul-gründungsförderung oder die Wettbewerbe, die Know-how-Geber (wie Hochschulen und For-schungseinrichtungen), Banken, Kammern, VC-Gesellschaften usw. in eine gemeinsame Konzep-tion einbinden. Die EDPs haben im Kern einen relativ schlichten Trainingsfokus, das besondere an ihnen ist die Konzentration auf das unterneh-merische Handeln.

Tabelle 8: Phasen des Aufbaus eines Empretec-Projektes

Phase Aufgaben Aktuell (12/2001) in den Ländern ....

Phase 1 Anfrage für ein Empretec-Projekt, erste Diskussionen Algerien, Angola, Azerbaijan, Ägypten, Benin, Burkina Faso, Estland, Guinea Bissau, Kame-run, Kambodscha, Kap Verde, Kuba, Lettland, Liberia, Litauen, Malawi, Malaysia, Maureta-nien, Mexiko, Sao Tomé, Tanzania, Thailand, Togo

Phase 2 Programm-Mission, Regierungsvereinbarung, Auswahl der Counterpart-Organisation, Vorläufige Projektverein-barung

Bolivien, Costa Rica, Ecuador, Guyana, Hondu-ras, Libanon, Nikaragua, Paraguay, Peru, Russ-land, Tunesien

Phase 3 Personalrekrutierung (inclusive Direktor), Einrichtung des Aufsichtsrates, Initiierung des Projektes, erste Trai-nings

Guatemala, Jordanien, Mauritius, Palästina, Rumänien, Uganda

Phase 4 Anlaufen des gesamten Projektes, Einrichtung der Basis-Trainings und der Dienstleistungen, Zertifizierung loka-ler Trainer, Aufbau eines landesweiten Empretec-Ver-bandes

El Salvador, Panama, Marokko, Mosambik, Namibia, Nigeria, Senegal, Südafrika

Phase 5 Reifephase des Projektes, Angebot von nachfrageorien-tierten Trainings und Dienstleistungen, Einrichtung einer dauerhaften Rechtsform, Entwicklung hin zur finanziel-len Nachhaltigkeit

Argentinien, Botswana, Brasilien, Chile, Ko-lumbien, Äthiopien, Ghana, Uruguay, Venezu-ela, Zimbabwe

Quelle: UNCTAD (2002a)

Bei CEFE und bei SIYB ist das Training auch mit der Vermittlung von Managementwissen sowie der Erstellung eines Geschäftsplans verbunden.

Beratungsdienstleistungen darüber hinaus werden systematisch nur von Empretec angeboten oder vermittelt, bei SIYB und CEFE ist das abhängig von den jeweiligen Projektkontext und bis auf CEFE haben alle Programme zumindest in einigen Fällen Expansionsunterstützung im Angebot.

Was als Interventionsbereich völlig fehlt, ist die gezielte Erschließung neuer, potentieller Ziel-gruppen. Wenig verfolgt wird auch die Integration von Existenzgründungsthemen in Ausbildungen, wie in das Schulsystem, in Berufsschulen oder Universitäten. Allein CEFE ist relativ stark im Berufsbildungsbereich. Schwächer als das Trai-ning ist zumindest bei CEFE und SIYB die

Unter-stützung nach der eigentlichen Gründung, ebenso ist die Förderung von Expansionen von Unter-nehmen nur schwach in den Programmen entwi-ckelt. Hier liegt vor allem die Stärke von Empre-tec.

Das DEG-Programm ist mit den EDPs im Grunde schwer zu vergleichen, weil es an einem völlig anderen Bedarf der Unternehmen ansetzt: an der Finanzierung, die von den EDPs – wenn über-haupt – nur vermittelt wird. Das Programm ist aber auch nicht auf die Erschließung von Grün-dungspotenzial ausgerichtet, sondern wird erst aktiv, wenn ein gründungswilliger Unternehmer einen Kreditantrag stellt. Insofern liegt hier der Schwerpunkt der Unterstützung nach der eigentli-chen Gründung.

Abbildung 7: Überblick über die entwicklungspolitischen Förderprogramme

Erläuterung: wichtiger und regelmäßiger Bestandteil des Programms

möglich und wird im Rahmen des Programms gemacht, nicht aber in der Mehrheit der Fälle

Quelle: In Anlehnung an Petersen (2002)

während

vor nach

Gründungsförderung i. e. S.

SIYB: Gründungsförderung i. w. S.

Tabelle 9 stellt die Gemeinsamkeiten und Unter-schiede der EDPs noch einmal im Überblick zu-sammen. Sie zeigt die generelle Linie, regionale Einzelfälle sind kaum berücksichtigt. Deutlich wird, dass die wichtigsten Gemeinsamkeiten in den handlungsorientierten Trainingsansätzen für Unter-nehmen bestehen. Insgesamt bieten die EDPs gründungswilligen Unternehmern solide Fortbil-dungen, sofern die Partnerinstitution in der Lage ist, das Programm zu bewältigen. Gerade auch die Qualität der angebotenen Trainings ist bis in die deutsche Gründungsliteratur anerkannt.263 Es gibt jedoch auch einiges an dem EDP-Konzept zu kriti-sieren:264

Kritik an dem ideologischen Hintergrund bezieht sich vor allem auf das sehr individu-alistisch-utilitaristische Menschenbild und auf die fehlende empirische Basis der PECs.

Viel Kritik besteht an dem fehlenden Wissen über die entwicklungspolitischen Wirkungen der Programme. Die Evaluierungen der Trai-nings sind in der Regel gut, jedoch werden kaum systematisch die gegründeten Unter-nehmen oder die Entwicklung der Unterneh-men und der Märkte verfolgt.

Inhaltlich dürfte für die Planung von komple-xeren Gründungen nicht genügend Zeit in den Kursen gegeben sein. Die angefertigten Ge-schäftspläne können in den wenigen Tagen, die dafür vorgesehen sind, in der Regel keine umfassenden Marktstudien enthalten, bzw.

nur solche für einfache Gründungen. Hier wä-ren nachträgliche Beratungsangebote, mögli-cherweise auch individuell, hilfreich.

Die EDPs machen praktisch keine Unter-schiede zwischen Gründungen und bestehen-den Unternehmen. Selbst bei SIYB und CEFE, deren Kurse zumindest konzeptionell diese Unterscheidung machen, setzen sich die Teilnehmergruppen aus beiden Zielgruppen zusammen; die Gründer sind oft sogar in der Minderheit in den Gründungskursen.

263 Siehe Frick et al. (1998), S. 288.

264 Siehe auch die Zusammenstellung bei Braun (1995a), S. 88 ff.

Ebenso wenig wird nach den Motiven der Gründung unterschieden. Braun265 bemängelt, dass zu wenig differenziert wird zwischen dem Training zum „self-employment“, bei dem es um das pure Überleben geht, und dem Trai-ning für „dynamisches Unternehmenswachs-tum“, bei dem es darum geht, als Unternehmen Gewinne zu erwirtschaften.

Das letzte Argument ist im Kontext der vorlie-genden Studie von besonderer Bedeutung. In Ka-pitel 2 wurden einige Kriterien für eine strategi-sche Gründungsförderung entwickelt. Danach rechtfertigt sich Gründungsförderung ökonomisch mit den externen Effekten durch Innovation und durch Wissensmehrung von marktschaffenden Gründungen. Die entwicklungspolitische Grün-dungsförderung ist jedoch überwiegend vertei-lungspolitisch motiviert. Das ist aus zwei Gründen problematisch: Gründungsförderung als Beschäf-tigungsförderung mit dem Ziel der Armutsminde-rung kann im Kleinstunternehmenssektor die ge-genteiligen Verteilungswirkungen zeigen als die intendierten. Wenn Unternehmen in gesättigte Märkte mit einer vorhandenen Geschäftsidee ein-treten, was im informellen Sektor häufig der Fall ist, verdrängen sie möglicherweise andere Markt-teilnehmer oder – in der Überlebensökonomie die wahrscheinlichere Variante – senken die ohnehin geringen Einkommen aller Marktanbieter. Das kann keine gewünschte Wirkung einer überwie-gend sozialpolitischen Gründungsförderung sein.

Die Wirkungsstudien der EDPs – so sie existieren – fragen immer nur nach den Beschäftigtenzahlen und der Gewinn- und Umsatzentwicklung der Teilnehmerunternehmen. Aussagen über die Allo-kations- und Verteilungswirkungen auf den Märk-ten, in die die Teilnehmer eintreMärk-ten, werden nicht gemacht. Das heißt, auch wenn Gründungsförde-rung mit dem Ziel der ArmutsmindeGründungsförde-rung verfolgt wird, sollte darauf geachtet werden, dass die ge förderten Unternehmen eine markt-erneuernde –

265 Braun (1995a), S. 91: „Überlebens- versus Akkumula-tionslogik werfen Fragen über Unterschiede in Zielen, Inhalten und Erfolgskriterien von Trainingsprogram-men auf, Fragen, die nicht gestellt werden und daher auch nicht beantwortet werden.“

wenn nicht markt-schaffende – Wirkung haben, sonst wird möglicherweise das Gegenteil erreicht.

Weiterhin problematisch ist die ausschließlich armutspolitisch motivierte Gründungsförderung, ohne dass zusätzlich

wirtschaftspolitisch-stra-tegische Gründungsförderung stattfindet. Die hier genannten Programme sind häufig die einzigen spezifischen Gründungsförderungsprogramme in den jeweiligen Ländern. Überspitzt formuliert

266 Im Gegensatz zu klassischen Lehr- / Lernsituationen, die auf kognitive Dimension beim Lernen ausgerichtet und auf den Lehrerenden zentriert sind.

heißt das, wenn SIYB oder CEFE sich auf Kleinstunternehmer konzentrieren, gibt es keine Gründungsförderung für mittlere Unternehmen.

Die Förderung von Innovation und Strukturwan-del ist aber eng mit Existenzgründungen ver-knüpft. In den meisten Entwicklungsländern fehlt

der Mittelbau in der Unternehmenslandschaft;

ohne eine wirtschaftspolitisch motivierte strategi-sche Gründungsförderung wird das vermutlich auch so bleiben.

Die Analyse der gründungspersonenbezogenen Forschung hat ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen verschiedenen Eigenschaften von Grün-dern und Unternehmern mit dem Unternehmens-Tabelle 9: Übersicht über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der EDPs

CEFE SIYB Empretec

GEMEINSAMKEITEN Trainingsprogramm mit Schwerpunkt auf PECs Kursangebote für Unternehmer

Verbreitung über KMU-Institutionen in den jeweiligen Ländern Ausbildung von Trainern in der eigenen Methode

Handlungsorientierte, ganzheitliche Trainingsmethoden266 Keine Sensibilisierung potentieller neuer Zielgruppen

UNTERSCHIEDE CEFE SIYB Empretec

Gründer als Zielgruppe Spezifisches Programm für

Gründer Spezifisches Programm für

Gründer Gründer akzeptiert, aber keine spezielle

Ziel-gruppe Hauptnutzerkreis der Kurse Mikrounternehmen Mikrounternehmen mittlere, moderne,

viel-versprechende Unter-nehmen Kurse für Angehörige von

KMU-Institutionen ja ja nein

Teilnehmerauswahl weniger wichtig weniger wichtig sehr wichtig, Jury beur-teilt persönliche Eignung

und Innovationscharak-ter des UnInnovationscharak-ternehmens Trainingsinhalte im

Stan-dardkurs PECs, Ideengenerierung,

Managementwissen, Busi-nessplanerstellung

PECs, Ideengenerierung, Managementwissen,

Busi-nessplanerstellung

nur PECs

Trainingsmaterial Handbücher der Übungen für Trainer, kein standardi-siertes Kursmaterial für

Teilnehmer

Standardisierte, umfassende Trainingsmaterialien, auch Handbuch zu

Businessplan-erstellung

Trainingsmaterial nur zu PECs

Zusatzangebote (nachträgli-che Beratung, Zugang zu Finanzierung etc.)

je nach

Projektschwer-punkt je nach Projektschwerpunkt umfassende individuelle und Gruppenbetreuung,

„One-Stop Suppot“

durch die Trägerorgani-sation Spezielle Angebote für

wach-sende Unternehmen Nur in Brasilien, mögli-cherweise in einzelnen

Projekten

Neues Kursprogramm

„EYB“ wichtige Zielgruppe, neues Programm

„Busi-ness Linkages“

erfolg nicht nachweisbar ist. Das bedeutet, dass die PECs auch nicht als Selektionskriterien für die Auswahl von Teilnehmern herangezogen werden sollten. Auswahlkriterium sollte die Motivation der Teilnehmer sein, eine Marktnische zu er-schließen, was ebenso an der Gründungsidee an-setzt – und nicht an der Gründungsperson – wie die Forderung, innovative Ideen und nicht Perso-nen zu fördern.

Weiterhin hat die Analyse der gründungsrelevan-ten Rahmenbedingungen ergeben, dass Grün-dungsförderung in ein berechenbares wirtschafts-politisches und institutionelles Umfeld eingepasst sein muss. Spezifische Einzelmaßnahmen, wie das Training von Einzelpersonen, können den fehlen-den politischen Rahmen nicht ersetzen. Das heißt, eine strategische Gründungsförderung arbeitet auch politisch am institutionellen Umfeld. Das ist in der entwicklungspolitischen Gründungsförde-rung praktisch nicht der Fall. Institutionenförde-rung hier ist die FördeInstitutionenförde-rung von Institutionen dahin gehend, dass sie in der Lage sind, Training und eventuell auch Beratung anzubieten. Beratung der politischen Entscheidungsträger wie solche zur KMU-freundlichen Steuerpolitik267, zu transparen-ten und kostransparen-tengünstigen Zulassungsverfahren, Verlässlichkeit von Katastern und ähnliches, wird – so es sie gibt – nicht in Zusammenhang mit der Gründungsförderung gestellt. Eine Gründungsför-derung, in deren Zentrum das Schulen persönli-cher Fähigkeiten steht und die das institutionelle und politische Umfeld vernachlässigt, individuali-siert das Staatsversagen in dem sie für die Aus-wirkungen fehlender staatlicher Rahmenbedin-gungen nur personenbezogene Lösungen anbietet.

Damit wird sie auf Dauer wenig ausrichten kön-nen.

267 In vielen Ländern sind KMU gegenüber Großunter-nehmen benachteiligt. In Tansania sind die privatisier-ten ehemaligen Staatsunternehmen z. B. fünf Jahre lang steuerbefreit. Oft werden auch ausländischen Investo-ren Steuerbefreiungen von 10 JahInvesto-ren und mehr ge-währt, während einheimische Investoren und auch Gründer vom ersten Jahr an voll steuerpflichtig sind.

5 Resümee: Existenzgründungsförde-rung in Entwicklungsländern – Möglichkeiten und Grenzen für einen Transfer der OECD-Erfahrungen 5.1 Bedarf und Voraussetzungen für eine

strategische Gründungsförderung in Entwicklungsländern

Es zählt nicht zu den Problemen von Entwick-lungsländern, dass sie nicht genügend Selbstän-dige haben. Im Gegenteil: Ihre Volkswirtschaften zeichnen sich durch einen hohen Selbständigen-anteil aus. In gewissem Sinne sind die meisten Entwicklungsländer bereits „enterprising socie-ties“. Sie verfügen über eine ausgeprägte „Kultur der Selbständigkeit“ und dies ist Teil des Prob-lems – nicht der Lösung. Es ist eine Kultur der Not. In vielen Ländern gibt es in Ermangelung fester Beschäftigungsverhältnisse und sozialer Sicherungssysteme für die meisten Menschen keine Alternative zur Selbständigkeit. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen sinkendem gesamtwirtschaftlichem Wachstum und steigen-den Selbständigenquoten. Bedarf es dann über-haupt der Förderung von Selbständigkeit in Ent-wicklungsländern und durch die Entwicklungszu-sammenarbeit? Die Antwort, die am Ende dieser Studie steht, lautet: „Ja, aber es kommt auf die Ziele der Förderung an.“

Gründungförderung rechtfertigt sich durch die gesamtwirtschaftlichen positiven externen Ef-fekte, die mit innovativen Gründungen einherge-hen. Zur Gestaltung von Programmen der Grün-dungsförderung muss deshalb gefragt werden, worin diese externen Effekte bestehen und welche Ursachen eine ausreichend hohe Zahl von Grün-dungen und die damit verbundenen externen Ef-fekte verhindern.

Positive externe Effekte haben Gründungen dann, wenn sie für technologischen Fortschritt sorgen, wobei „technologischer Fortschritt“ weit zu ver-stehen ist – von der Erneuerung von Produktions- und Angebotsprozessen bis zur Entwicklung neu-er Produkte und Dienstleistungen. Sie schaffen einen Nutzen über die eigene Unternehmensbilanz hinaus, indem sie Wissen generieren, an das

an-dere anknüpfen können, in dem sie überholte Pro-duktionsprozesse und Märkte bereinigen („know-ledge spillovers“ schaffen).268 Das alleinige Schaf-fen von Arbeitsplätzen ist zwar wirtschafts- und sozialpolitisch wünschenswert, jedoch kein exter-ner Effekt im ökonomischen Sinne. Gibt es in einer Gesellschaft zu wenige dieser markt-erneu-ernden Gründungen, geht es ihr schlechter als es ihr gehen könnte. Akzeptiert man, dass eine in diesem Sinne „strategische Gründungsförderung“

wirtschaftspolitisch wünschenswert ist, dann muss der Gestaltung von Gründungsförderprogrammen eine Analyse der Ursachen vorausgehen, die dazu führen, dass die Anzahl dieser markt-erneuernden Gründungen geringer ist als erwünscht.

In den meisten Entwicklungsländern wird man dabei zunächst auf grundlegende Formen des Staatsversagens stoßen: mangelhafte Bildungs-systeme, unzuverlässige RechtsBildungs-systeme, Korrup-tion, unzureichend geregelte Eigentumsverhält-nisse, verzerrend wirkende Steuer- und Abgaben-systeme, diskontinuierliche und diskretionäre Politikentscheidungen usw. Einträgliche Investiti-onen sind jedoch nur in einem berechenbaren politischen Umfeld zu erwarten, in dem die Res-sourcen für die Produktion auch zur Verfügung stehen. Für Gründungen resultiert aus diesem Staatsversagen ein hohes Unsicherheitsniveau, also ein hohes Risiko für Investitionen, und damit hohe Kapitalkosten – wenn Kapital überhaupt verfügbar ist. Das heißt, jede Reform, die den Bildungsstand hebt und für verlässliche Rechts- und Ordnungspolitik sorgt, leistet einen Beitrag zu einer strategischen Gründungsförderung.

Wenn es über den ordnungspolitischen Rahmen hinaus um den Entwurf konkreter wirtschaftspoli-tischer Programme geht, gibt es in den meisten Entwicklungsländern ein wirtschaftspolitisches Wissensdefizit, und zwar nicht nur was die

268 Analog ist auf gesamtwirtschaftlicher Ebene in der wohlfahrtsökonomischen Gedankenwelt immer das „in-fant industrie“-Argument das einzige gewesen, mit dem sich Zölle rechfertigen ließen: Zum Schutze neuer technologische Entwicklungen solange bis die Entwick-lungsphase abgeschlossen ist und eine Produktionsgröße erreicht ist, die Gewinn erwirtschaftet, und nur so lange.

dungslandschaft angeht. Industrieländer verfügen für wirtschaftspolitische Entscheidungen über einen großen Informationsreichtum: Riesige Da-tenmengen werden von den unterschiedlichsten Institutionen erhoben, Unternehmens- und Grün-derpanels stehen zur Verfügung, die detailliert Auskunft geben über Branchen, wirtschaftliche Situation und sozialpsychologische Befindlichkeit von Unternehmen und potenziellen Gründern. Sol-che Daten werden von konkurrierenden For-schungseinrichtungen analysiert, es existieren rege Diskurse über die Ergebnisse und die zu begehen-den Wege. Es ist möglich, die Wirkungen von Maßnahmen zur Gründungsförderung zu analysie-ren und auch darüber einen Diskurs zu fühanalysie-ren. Zu staatlichen Förderprogrammen existieren Begleit-forschungen, die wiederum in Fachkreisen und oft auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wer-den.

In vielen Entwicklungsländern dagegen gibt es nur die Monitoringsysteme der Geberorganisatio-nen, die oft genug nicht auf die Wirkungen der Maßnahmen gerichtet sind, sondern auf den Nachweis der erbrachten Geberleistungen. Ohne die Daten zur Situationsbeschreibung und auch ohne den gesellschaftlichen Diskurs darüber, wird ein ursachengerechtes Design von Förderpro-grammen erheblich erschwert und kann zu Fehl-entscheidungen führen.

Eine Möglichkeit, sich dieses Wissen für die Gründungsförderung in Entwicklungsländern zu verschaffen, sind die Studien des Global Entre-preneurship Monitor (GEM). Daran sind bereits einige Schwellenländer beteiligt – u. a. Brasilien, Indien und Südafrika – und die Zahl der beteilig-ten Länder nimmt jährlich zu. 2001 waren es noch 29 Länder, 2002 führten bereits 40 Länder GEM-Studien durch. Damit entsteht eine Datenbasis, die es jedem Land erlaubt, die eigene Situation be-züglich des Gründungsgeschehens zu analysieren und international zu vergleichen. Je mehr Länder teilnehmen, desto eher wird es möglich sein, auch innerhalb verschiedener Gruppen – z. B. regional oder in Pro-Kopf-Einkommensklassen oder spe-ziell für Transformationsländer – Vergleiche zu ziehen und Maßstäbe für die Politikentscheidun-gen zu erarbeiten. Die Unterstützung bei der

Be-teiligung an dem Global Entrepreneurship Moni-tor ist also eine sinnvolle Maßnahme der strategi-schen Gründungsförderung und durchaus auch ein mögliches Arbeitsfeld für die Entwicklungszu-sammenarbeit.

5.2 Möglichkeiten für den Transfer von