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207 Die Beziehung zwischen Betreiber und Servicedienstleister

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Hitachi Power Europe GmbH Babcock

Fertigungszentrum Oberhausen GmbH Produktion hochwertiger Bauteile im Kraftwerksbereich (z.B. Kohlemühlen), hauptsächlich für Hitachi Power Europe GmbH BGR Boilers Private Ltd.

Engineering, Fertigung und Lieferung von Großdampferzeugern in Indien

Donges SteelTec GmbH

Eines der führenden deutschen Stahl- und Brückenbauunternehmen;

Fertigung von Stahlkonstruktionen im Kraftwerksbereich

• Planung und Bau von fossil befeuerten schlüsselfertigen Kraftwerken

• Lieferung von Kernkomponenten wie Großdampferzeugern, Umwelttechnik, Turbinen, Mahlanlagen

Hitachi Power Africa (Pty) Ltd.

Tochtergesellschaft der Hitachi Power Europe GmbH in Südafrika; Errichtung von 12 Großdampferzeugern für ESKOM Hitachi Power Europe Service GmbH

Engineering und Serviceleistungen rund um Energie- und Kraftwerksanlagen Meeraner Dampfkesselbau GmbH

Herstellung anspruchsvoller Komponenten für Großdampferzeuger (etwa Druckteile für Kraftwerke)

Die Beziehung zwischen Betreiber und Servicedienstleister

Frank Schumacher

1. Die HPE in der Hitachi-Gruppe ...209

2. Das Servicegeschäft in Deutschland und Europa ...211

3. Produkte, Strategien und Wandel ...212

4. Strategie eines Full-Service Anbieters bzw. Anlagenbauers ...214

5. Modulares Retrofitkonzept ...216

6. Referenzprojekte ...219

1. Die HPE in der Hitachi-Gruppe

Die Hitachi Power Europe GmbH (HPE), eine Tochtergesellschaft der Hitachi, Ltd., plant und errichtet fossil befeuerte Kraftwerke. Der Anlagenbauer liefert auch Kern- komponenten wie etwa Großdampferzeuger, Umwelttechnik, Turbinen und Mahl- anlagen. Das Unternehmen beschäftigt inklusive der Tochtergesellschaften rund 2.000 Mitarbeiter (Stand April 2012, Bild 1).

Bild 1: Übersicht Tochtergesellschaften der Hitachi Power Europe

(4)

Im Bereich Großdampferzeuger setzt HPE auf moderne, umweltschonende und wirtschaft- liche Anlagen. Auf diese Weise leistet das Unternehmen, das seinen Sitz in Duisburg hat, einen wesentlichen Anteil für eine sichere Stromversorgung in den jeweiligen Märkten.

Als Energieanlagenbauer profitiert die HPE vom steigenden Strombedarf und dem Boom im weltweiten Kraftwerksbau. Bei der Modernisierung der europäischen Kraftwerksflotte spielt HPE eine wichtige Rolle.

Die HPE ist eine von drei Tochtergesellschaften im Energieanlagenbau-Geschäft der weltweit agierenden Hitachi-Gruppe. Während sich Hitachi Power Systems (mit Sitz in Tokio) um den asiatischen und Hitachi Power Systems America (New Jersey) um den amerikanischen Kraftwerksmarkt kümmert, ist HPE innerhalb des Konzerns – der mit etwa 320.000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 117,8 Milliarden US-Dollar erwirt- schaftet (Tabelle 1) – verantwortlich für die Märkte in Europa, den GUS-Staaten, Afrika und Indien (Bild 2).

Consolidated Figures for FY 2011, ended March 2012

Revenues 93.3 billion EUR

Operating income 4 billion EUR Number of Employees 323,540 Consolidated Subsidiaries 939 Head Office of Hitachi, Ltd. Tokyo, Japan

Stock Exchange Listings Overseas: New York Stock Exchange of Hitachi, Ltd. (NYSE) (delisted on April 27, 2012)

Japan: Tokyo, Osaka, Nagoya, Fukuoka and Sapporo Stock Exchanges (delisted on May 18, 2012 at Fukuoka and Sapporo Stock Exchanges)

Tabelle 1:

Geschäftszahlen 2011/2012 der Hitachi Group

Bild 2: Niederlassungen der Hitachi Power Europe in Deutschland und Europa

2 6

4 7

5

3 1

1 Hitachi Power Europe GmbH, Duisburg 2 Babcock Fertigungszentrum GmbH, Oberhausen 3 BGR Boilers Private Ltd., Chennai

4 Donges SteelTec GmbH, Darmstadt 5 Hitachi Power Africa (Pty) Ltd., Johannesburg 6 Hitachi Power Europe Service GmbH, Duisburg 7 Meeraner Dampfkesselbau GmbH, Meerane Hitachi Power Europe ist

verantwortlich für die EIRA Region als Teil einer globalen Strategie für Energiesysteme.

• Europa (inklusive Türkei)

• Indien

• Russland (inklusive Belarus)

• Afrika/SADC Southern African Development Community Produkt-Portfolio erweitert:

Dampfturbine/Generator, Gasturbine und EPC

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Außerdem betreut HPE die weltweiten Investitionen der europäischen Stromerzeuger.

Das Unternehmen ist für die Verstromung von Braunkohle/Anthrazit das Center of Competence innerhalb der weltweit agierenden Hitachi-Gruppe.

2. Das Servicegeschäft in Deutschland und Europa

Hitachi Power Europe Service (HPES) bündelt die gesamten Service-Aktivitäten des Energieanlagenbaus und verfügt dabei über deutschlandweite Service-Stützpunkte und Niederlassungen in Europa, dem Nahen und Mittleren Osten sowie Asien (Bild 3).

Bild 3: Service-Stützpunkte und Niederlassungen in Deutschland und Europa

Dadurch ist das Unternehmen mit seinen Produkten und Fachkompetenzen nahe am Kunden. Gemeinsam mit der Muttergesellschaft bildet der Anlagenbauer einen Ver- bund und will vom wachsenden Bedarf an Service-Aktivitäten im Kraftwerksgeschäft profitieren.

Alleine in Deutschland sind außerhalb der Energieversorgungsunternehmen rund 2.000 kleinere Kraftwerkskessel im Einsatz. Hier liegt ein Schwerpunkt auf dem Erhalt und der ständigen Optimierung dieser Bestandsanlagen. Für die Großkraftwerke zur reinen Stromversorgung ist im heutigen Strommarkt eine große Leistungsflexibilität wichtig. Mindestlastabsenkung ohne teure Zusatzbrennstoffe wie Öl und Gas und hohe Regelgeschwindigkeit des Dampferzeugers gehören hier zu den wichtigen Angeboten.

Solche Marktanforderungen bieten spezialisierten Firmen ein stabiles Geschäft – zu- nächst in Deutschland und Westeuropa, künftig auch in anderen Märkten.

Flensburg

Hamburg

Bremen

Berlin Spremberg Bernburg Leuna Kassel

Spanien

Ägypten Libyen Kuwait

Indonesien Russland

Würzburg Duisburg

(Unternehmenszentrale) Standorte/Baustellen Schwandorf

München Burghausen Ulm

Mannheim Saarbrücken

Bonn Düsseldorf Iserloh

Duisburg Hamm

Offenbach

Großkrotzenburg Wiesbaden

Serbien-Montenegro

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3. Produkte, Strategien und Wandel

Als ein traditionsreicher Kesselbauer kennt das Unternehmen den Energieanlagen- markt genauso wie den Markt und die Anforderungen an Abfallverbrennungs- und Biomasseverbrennungsanlagen. Weltweit wurden verschiedenste Dampferzeuger mit unterschiedlichen Brennstoffen entwickelt, gebaut oder modernisiert.

Gegründet wurde die Firma 1927 als Rheinische Rohrleitungsbau GmbH. Nach verschie- denen Übernahmen, Reorganisationen und Umfirmierungen unter der Beteiligung mehrerer Gesellschafter (Lentjes AG, Metallgesellschaft AG, Lurgi, Deutsche Babcock etc.) wurde der Bereich Service 2006 von ThyssenKrupp Xervon erworben, später dann von Remondis, und gehört seit Mitte 2012 zur Hitachi Power Europe (HPE). Das Unternehmen hat in der Zeit von 2006 bis 2012 den Markt als ThyssenKrupp Xervon Energy (TKXE) bedient.

Das Leistungsspektrum, dargestellt in Bild 4, umfasst das Design-Engineering zur Optimierung und Wirkungsgradverbesserung, die Montage und Inbetriebnahme von Anlagen, den Betrieb, die Wartung und Instandhaltung, die Modernisierung und Reparatur sowie die Lieferung sämtlicher Ersatzteile.

Bild 4: Produktübersicht

Zudem beraten unsere Ingenieure in Fragen der Anlagenoptimierung, Modernisie- rung, Instandhaltung und Betriebsführung – vom Basic-Engineering bis zum Detail- Engineering – mit dem Ziel, Wirtschaftlichkeit und Effizienz bestehender Anlagen in Einklang mit sich ändernden Anforderungen des Marktes oder des Gesetzgebers und auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

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Die Kompetenzen des Unternehmens sind die eines Full-Service-Anbieters. Angeboten werden über die Prozesstechnik und die Verfahrenstechnik, Kesseltechnik bis hin zur Inbetriebnahme und Qualitätsmanagement alle Leistungen, um Kraftwerke zu bauen – in erster Linie dezentrale, kleinere Kraftwerke, aber eben auch komplexen Service.

Die Mitarbeiter kennen die Probleme der Kunden. Einige haben langjährige Erfah- rungen bei Betreibern sammeln können.

Wenn man diese Kompetenzen auf die Wertschöpfungskette im Anlagenbau überträgt, erkennt man in Bild 5, dass alle Prozessschritte durch die Kompetenzen des Unter- nehmens abgedeckt werden.

Im Neuanlagenbau ist die HPES zuständig für die Errichtung von Energieerzeugungs- anlagen bis zu einer maximalen elektrischen Leistung von 100 MW. Die Anlagen mit einer elektrischen Leistung größer 100 MW werden von der HPE gebaut.

Bild 5: Wertschöpfungskette im Energieanlagenbau – HPES ist Service-Anbieter und Anlagen- bauer

Das folgende Bild 6 zeigt den Leistungsumfang einer Beauftragung im Servicegeschäft, aufgetragen über der Verantwortung bzw. Komplexität der auszuführenden Arbeiten.

Die Möglichkeiten beginnen mit der klassischen Beauftragung gemäß einem Leistungs- verzeichnis, über einen Inspektionsvertrag, Instandhaltungsvertrag oder Wartungsver- trag bis hin zu einem Full-Service-Vertrag, der Betriebsführung und Wartungs- sowie Instandhaltungsarbeiten beinhaltet.

Das Unternehmen legt großen Wert auf eine vertrauensvolle und nachhaltige Zusam- menarbeit, weil auch nur so das Konzept eines Full-Service-Anbieters zum Tragen kommt. Ziel ist es, möglichst Full-Service-Verträge abzuschließen, um bei den an- spruchsvolleren und komplexeren Arbeiten die gesamte Mannschaft und die gesamte Stärke optimal zum Einsatz bringen zu können.

Konstruktion, Prozess-/Ver- fahrenstechnik Planung,

Auslegung Einkauf

Wertschöpfung durch HPES abgedeckt Wertschöpfungskette im Energieanlagenbau

• HPES bietet ein umfassendes Serviceangebot für Energieerzeugungsanlagen

• HPES bietet Planung und Neuanlagenbau für Energieerzeugungsanlagen ≤ 100 MWel Wertschöpfung durch die Schwestergesellschaft Meeraner Dampfkesselbau abgedeckt

Montage

Fertigung Inbetrieb-

nahme

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Ein Wettbewerb mit sehr schlank aufgestellten Spezialisten, die keine Planungs- und Engineering-Arbeiten übernehmen, ist aufgrund der deutlich höheren Overhead- Kosten eines Full-Service-Anbieters nur schwer zu gewinnen.

Das Unternehmen sucht ständig nach neuen Wegen, diese Philosophie im Markt zu etablieren, so dass auch die Kunden von der langjährigen Erfahrung, Prozesskompe- tenz und Qualität profitieren können. Einen solchen Ansatz glaubt HPES durch das Angebot eines standardisierten, aber dennoch flexibel anpassbaren Retrofitkonzepts gefunden zu haben.

4. Strategie eines Full-Service Anbieters bzw. Anlagenbauers

Der Wettbewerb im Servicegeschäft ist in den letzten Jahren härter geworden. Mit verantwortlich für diese Entwicklung ist die Struktur der unterschiedlichen Anbieter von Servicedienstleistungen sowie damit einhergehend ein gewandeltes Verständnis von Servicedienstleistungen beim Kunden.

Vom einfachen Schweißunternehmen, das vorhandene Bauteile eins zu eins austauscht, bis hin zum Full-Service Dienstleister, der neben der Planung auch die Ausführung und Inbetriebnahme durchführt sowie Wartungs- und Instandhaltungsverträge erfüllen kann, bietet der Markt alles.

In diesem Beitrag soll ein strategischer Ansatz für eine andere Zusammenarbeit ent- worfen werden, bei der komplexere bzw. anspruchsvollere Aufgaben Vorteile für Kunde und Dienstleister erbringen können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass viele, auch Bild 6: Leistungsumfang unterschiedlicher Beauftragungsvarianten

Leistungsumfang;

wirtschaftliches Ergebnis

Verantwortung; Komplexität der Arbeiten Beauftragung gemäß

Leistungsverzeichnis

Inspektionsvertrag Ist-Aufnahme und Revisionsplanung

Instandhaltungs-vertrag Planung und Durchführung der Revisionen

Wartungsvertrag Instandhaltungund lfd.

Wartungs-/

Reparatur- arbeiten

Full-Service-Vertrag Betriebsführung

und Wartung/

Instandhaltung

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auf den ersten Blick einfache Arbeiten in Energieerzeugungsanlagen, aufgrund des oft engen Zusammenhangs der verschiedenen Prozesse komplexer sind, als sie vielleicht auf den ersten Blick aussehen.

Die HPES hat das System des modularen Retrofits aufgebaut, mit dessen Hilfe bereits im ersten Kundengespräch Lösungen für die geschilderten Probleme oder die erwünschten Ziele aufgezeigt werden. Das modulare Retrofit funktioniert wie ein Baukastenprinzip aus standardisierten Prozesslösungen, was trotz der Individualität der einzelnen Anla- gen deshalb funktioniert, weil viele Grundprozesse auch in unterschiedlichen Anlagen identisch sind. Die Standardisierung bei den verschiedenen Typen von Energieerzeu- gungsanlagen konnte sich wegen der Notwendigkeit der Anpassung an spezifische Bedingungen nie durchsetzen, aber die Erfahrung zeigt, dass sich Standardisierung auf Ebene der Einzelprozesse sehr wohl umsetzen lässt.

Da die einzelnen Module bepreist werden können, ist es möglich, die so gewonnene Transparenz für mögliche Prozessoptimierungen unmittelbar wirtschaftlich zu bewer- ten. In der Regel gibt es mindestens zwei Lösungswege, die sich monetär im Sinne von technischen, aber auch wirtschaftlichen Alternativen bewerten lassen.

In diesem wichtigen ersten und unverbindlichen Orientierungsschritt kann so der Anlagenbetreiber noch ohne externes Ingenieur-Know-how seine Strategie für die nächsten Projektschritte entwickeln.

Theoretisch ist bei diesem Vorgehen der Betreiber bereits in der Lage, auf der bisher gemeinsam erarbeiteten Datenbasis eine Investitionsentscheidung zu treffen. Dieser erste Prozess kann unverbindlich erfolgen, was wegen fehlender Marktabfrage zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung genau wie eine Vergabe schwierig macht. Um eine Entscheidung treffen zu können, brauchen die Kunden eine Marktabfrage, mit der sie die verschiedenen Lösungen genau wie die Preise unterschiedlicher Anbieter vergleichen können. Wenn man also die eben geschilderten Vorteile des modularen Retrofit in vollem Umfang für sich nutzen will, muss man über eine andere Struktur der Planung bzw. der Ausschreibung nachdenken; zu welchem Zeitpunkt oder ob man überhaupt einen externen Berater hinzuzieht, und welche Aufgabe dieser dann neben dem klassischen Bauherren-Engineering übernehmen soll.

Eine Möglichkeit wäre zunächst qualitativer auszuschreiben und erst nur die gewünsch- ten Eigenschaften und Ziele zu spezifizieren. Das kann der Betreiber wie bisher mit Hilfe eines externen Beraters machen, aber er hat bei der Art der Ausschreibung eher die Chance, diese mit seiner eigenen Fachabteilung durchzuführen, da es sich zunächst nur um die qualitative Beschreibung seiner Ziele oder Probleme sowie der geltenden Rahmenbedingungen am Standort handelt. Wenn diese Ausschreibung bereits eine Option für die spätere Lieferung enthält, werden sich neben Ingenieurbüros nur für die Planung auch leistungsfähigere Servicegesellschaften melden, die in der Lage sind, neben der Planung auch das Engineering sowie die Ausführung bis zur Inbetriebnahme ohne Schnittstellen in der Lieferung und der Verantwortung anzubieten.

Anhand der Bewertung der eingehenden Angebote kann und wird sich dann jeder Kunde selbst ein Bild von der Leistungsfähigkeit der Service-Module machen.

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5. Modulares Retrofitkonzept

Die Ziele und Anforderungen der Betreiber von Energieerzeugungsanlagen sind sehr unterschiedlich. Neben Industrie- und Stromerzeugungsunternehmen gehören auch Stadtwerke zu den Betreibern solcher Anlagen. Die Nachfrage nach Flexibilität der Anlagen zur Strom- oder Wärmeauskopplung sowie zur Leistungssteuerung oder ge- nerell zur Optimierung bestehender Anlagen dominiert das Servicegeschäft. Im Falle der Leistungsverpflichtung des Strom- und Wärmelieferanten ist das modulare Retro- fitkonzept, insbesondere wegen immer noch unklarer Rahmenbedingungen, durchaus eine Alternative zum Neubau.

Im Energie-Anlagenbau ist in den letzten Jahren aufgrund dieser unklaren Rahmen- bedingungen im Windschatten der Energiewende wenig investiert worden. Das hat zu einem hohen Potential an notwendigen Retrofitmaßnahmen geführt, der zum Teil heute nicht einmal absehbar ist, weil er zu einem guten Teil auch noch von der Geschwindigkeit abhängt, mit der die geplante Energiewende voranschreitet.

Im Rahmen dieser notwendigen Maßnahme ergeben sich neue Fragestellungen.

Die über viele Jahre erworbene Markterfahrung hilft wesentlich, die Ziele der Kunden zu verstehen und Vorschläge bzw. Lösungen für deren Erreichung zu erarbeiten. Ziel ist es, gemeinsam mit den Kunden in deren spezifischen Situationen ihre Themen ana- lysieren zu können, um unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten vorzuschlagen und wirtschaftlich belastbar prüfen zu können.

Um diesem Anspruch näher zu kommen bzw. gerecht zu werden, hat HPES ein System zur Standardisierung im Servicegeschäft für thermische Energieerzeugungsanlagen entwickelt.

Dieser Ansatz wirkt, vor den eben erwähnten Unterschieden der verschiedenen Anla- gen, zunächst widersprüchlich. Wenn man jedoch die gesamte Anlage als Bilanzraum verlässt und sich die einzelnen Prozesse innerhalb der Anlage anschaut, dann erkennt man, dass diese Prozesse in unterschiedlichsten Anlagen gleich sind oder zumindest sehr vergleichbar sind, so dass auf dieser Prozessebene mit bestimmten Funktionsmodulen gearbeitet werden kann.

In folgender Tabelle 2 sind realisierte Vorteile des modularen Systems zur Erneuerung und Optimierung der Anlage gegenüber einem Anlagenneubau aufgeführt. Das Konzept heißt modulares Retrofitting.

Konzept zum modularen Retrofitting (Innovationspreis 2009 der ThyssenKrupp)

Das Konzept ermöglicht die gleichzeitige : ausgeführte Referenzen

• Verkürzung der Umbauzeiten gegenüber einem Neubau - 40 %

• Senkung der Investitionen und Betriebskosten - 43 %

• Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen - 15-70 %

• Steigerung des Wirkungsgrades (+ 88 %)

Tabelle 2:

Erreichte Optimierungen bei einem Referenzauftrag

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Dieses Konzept wurde noch unter dem Namen der TKXE entwickelt und 2009 mit dem Innovationspreis der ThyssenKrupp ausgezeichnet.

Die Senkung der Investitionskosten beinhaltet nicht den zusätzlichen Vorteil, der sich aus der Verkürzung der Bauzeit ergeben hat, sondern bei dieser Betrachtungsweise nur die Investitionskosten des Umbaus. Effizienzsteigerungen, die zur Reduzierung von Treibhausgas oder zur Steigerung der Wirkungsgrade führen, sind von der Art der Anlage und dem Umbau abhängig.

Dieses Konzept wurde über die Jahre anhand einer großen Anzahl von Referenzpro- jekten entwickelt. Insgesamt sind Erfahrungen aus dem Bau und Umbau von mehr als dreihundert Anlagen eingeflossen und weltweit neunzig Patente angemeldet worden.

Bild 7 zeigt das Schema einer thermischen Energieerzeugungsanlage. In diesem Schema sind die Funktionsgruppen bzw. -bereiche dargestellt, in denen jeweils unterschiedliche Funktionsmodule entwickelt wurden.

Bild 7: Schematische Darstellungen einer Feuerungsanlage und deren Funktionsbereiche – Einteilung der Funktionsmodule nach den Funktionsbereichen eines Kraftwerks Die Fokussierung auf bestimmte Anlagenbereiche bzw. Prozessschritte als Funk- tionsmodule hat den weiteren Vorteil ergeben, dass eine Optimierung dieses expliziten Prozesses leichter fällt. Der Blick wird nicht durch die vielfältigen Schnittstellenprozesse getrübt.

Bild 8 zeigt exemplarisch solche Module.

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Bild 8: Beispiele für die Funktionsmodule

Für die Feuerungstechnik werden hier zum Beispiel zwei Module vorgestellt:

Das ist einmal ein luft- oder wassergekühltes Verbrennungsrostsystem zur Verbrennung von Biomassen, Ersatzbrennstoffen oder auch Abfall. Die drei Linien der Abfallver- brennungsanlage Hamm, die in Kapitel 6 als Referenz erwähnt wird, sind mit solchen Verbrennungsrostsystemen ausgerüstet. HPES hat Patente für diese Technologien mit dem Wettbewerbsvorteil der doppelten Standzeit.

Ergänzend wurde für diesen Anlagentyp ein Stößel-Entschlacker als weiteres Modul entwickelt.

Ein Modul der Kesselkonstruktion ist das Auftragsschweißen, das sogenannte Heizflä- chen-Cladding. Dieses Modul wird in erster Linie in Kesselanlagen eingesetzt, die mit stark korrosivem Abgas arbeiten. Das sind hier in erster Linie Abfallverbrennungsanla- gen oder Ersatzbrennstoffkraftwerke mit relativ hohen Temperaturen, die eine erhöhte Korrosionsneigung aufweisen. Es wurde ein weiteres Modul entwickelt, die Kessel so zu konstruieren, dass mit geringerem Aufwand auch die Ecken preiswerter gecladdet werden können. Dieses Verfahren beschleunigt die Montagearbeiten auf der Baustelle.

Das Modul Kesselreinigungssystem ist eine Entwicklung speziell für Biomassefeuerungen oder Abfallfeuerungen. Insbesondere ältere Abfallverbrennungsanlagen müssen ohne diese Sekundärmaßnahmen zur Heizflächenreinigung zwischen den Revisionsstill- ständen oft abgeschaltet und gesäubert zu werden, weil sich die Konvektivheizflächen mit Staub und Belägen zusetzen und so nicht mehr die notwendige Wärmeeinbindung im Kessel erfolgt.

Mit Hilfe eines Online-Reinigungssystems werden während des Betriebes die Strah- lungsheizflächen sauber gehalten. Auf diese Weise wird der Temperaturanstieg im

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Bereich der Konvektivheizflächen verhindert. Ausgerüstet mit einem solchen System und den notwendigen Anpassungen an der Feuerungs- bzw. Verfahrenstechnik sowie der Regelung kann der Kessel ohne reinigungsbedingte Abschaltung betrieben werden.

Insbesondere bei den Abfallverbrennungsanlagen hat sich der Brennstoff in den letzten Jahren verändert, somit treten solche Probleme insbesondere bei bestehenden Anlagen auf und führen durch häufige Stillstandzeiten zu Umsatzeinbußen.

6. Referenzprojekte

Nachfolgend sind zwei Beispiele von Neuanlagen dargestellt, die beide jeweils im Bestand errichtet wurden.

Darüber hinaus ist als Retrofit-Referenz die MVA Hamm genannt. Ein gesonderter Beitrag zum Umbau dieser Abfallverbrennungsanlage wurde von Schumacher et al.

[1] veröffentlicht.

Das erste Referenzbeispiel, in Bild 9 dargestellt, ist die MVA Spittelau, eine Abfallver- brennungsanlage in Wien. Die Beauftragung erfolgte im März 2011. Im Sommer 2012 war der Baubeginn der Anlage.

Bild 9: Außenansicht der MVA Spittellau

Die Fassade und auch die Infrastruktur der Anlage werden erhalten. Der Bau findet während des laufenden Anlagenbetriebs statt. Die beiden Linien werden sukzessiv erneuert. Während jeweils eine Linie weiter betrieben wird, wird die andere demon- tiert und neu gebaut. In der MVA Spittelau wird Hausmüll verbrannt. Der Liefer- und Leistungsumfang umfasst die komplette thermische Einheit, d.h. Dampferzeuger, patentierter Vorschubrost, Entaschungssystem und Abgasreinigung, einschließlich aller Nebengewerke.

(14)

Die zweite Referenz (Bild 10) ist ein Mittelkalorikkraftwerk (MKK) der swb in Bremen.

Auch hier wurde die Anlage im Bestand eines alten Maschinenhauses gebaut. Die An- lage MKK wurde für die Verbrennung von Ersatzbrennstoff ausgelegt, einem aus Abfall durch Sortierung gewonnenen Brennstoff mit mittelkalorischem Heizwert (14 MJ/kg).

Bild 10: Außenansicht des Mittelkalorikkraftwerks Bremen

Bei der MVA Hamm handelt es sich um eine vierlinige Abfallverbrennungsanlage, die 1985 in Betrieb genommen wurde. Die vier Linien sind baugleich und wurden jeweils für eine Feuerungswärmeleistung von 23 MW bei einem Brennstoffheizwert von 8.800 kJ/kg ausgelegt.

Bis zum Jahr 2004 wurden jeweils nur drei Linien im Dauerbetrieb genutzt, die vierte Linie stand als Reserve zur Verfügung. 2004 wurde der vierlinige Dauerbetrieb bean- tragt und genehmigt sowie die Feuerungswärmeleistung je Linie auf 25 MW erhöht.

Der Anstieg des Heizwertes in den folgenden Jahren sowie die Veränderung der

Bild 12: Detail der neuen Sekundärluftein- düsung

Bild 11: Das neue Verbrennungsluftsystem in Hamm

(15)

Bild 13:

HPES Roststab

Verbrennungseigenschaften führten zunehmend zu einer Einschränkung der Betriebs- stundenzahl sowie zu einer Erhöhung der Betriebskosten für die Anlage. Deshalb hat sich die MHB Hamm 2010 entschlossen, bei allen vier Linien einen Retrofit durch- zuführen.

Ziel dieses Retrofits war es, die Verbrennungsbedingungen bereits im Feuerraum zu optimieren und so für einen besseren gasseitigen Ausbrand zu sorgen. Beim Umbau der vier Linien wurden Module für den Feuerraum sowie für den Kessel eingesetzt. Im Ergebnis führte der Umbau zu einem neuen Primär- und Sekundärluftsystem (Bild 11).

Der Feuerraum wurde durch den Umbau der Zünd- und Ausbranddecke an bessere Strömungsbedingungen angepasst.

Bild 14:

Übersicht über den modulari- sierten Retrofit in Hamm

Sekundärluft- eindüsung Vorderwand Sekundärluft- eindüsung Rückwand

Verlängerung Seitenwände wassergekühlter

Brennstoffschacht

PL Zone 1 PL Zone 2 PL Zone 3 PL Zone 4 PL Zone 5

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Die Eindüsung der Sekundärluft wurde erneuert (Bild 12), in der Lage wie auch in der Ausführung. Darüber hinaus wurde der neue Rostbelag eingesetzt (Bild 13), um den Feststoffausbrand zu optimieren sowie die Betriebskosten des Rostes zu senken.

2011 wurden zwei Linien nach diesem System des modularen Retrofits in Hamm um- gebaut (Bild 14). Im Jahr 2012 hat der Kunde die Ergebnisse des Umbaus auswerten und bewerten wollen. Im November 2012 hat HPES aufgrund der sehr guten Ergebnisse den Folgeauftrag für den Umbau der dritten Linie in 2013 erhalten.

Literatur

[1] Schumacher, F.; Lindke, C.; Auel, W.: Retrofit MHB Hamm – Prozess- und verfahrenstechnische Optimierung des Verbrennungsluftsystems MHB Hamm. In: Thomé-Kozmiensky, K. J.; Beck- mann, M. (Hrsg.): Energie aus Abfall, Band 9. Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2012, S. 215-230

(17)

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Strategie Planung Umweltrecht – Band 7

Karl J. Thomé-Kozmiensky, Andrea Versteyl.

– Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2013 ISBN 978-3-935317-93-1

ISBN 978-3-935317-93-1 TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky

Copyright: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky Alle Rechte vorbehalten

Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky • Neuruppin 2013

Redaktion und Lektorat: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc.

Erfassung und Layout: Petra Dittmann, Sandra Peters,

Martina Ringgenberg, Ginette Teske, Ulrike Engelmann, LL. M., Ina Böhme Druck: Mediengruppe Universal Grafische Betriebe München GmbH, München

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