Gesetzgebung in der Schweiz
Einleitung
Die auf den folgenden Seiten beschriebene Gesetzgebung bezieht sich auf die heutige Schweiz und ist als Zusammenfassung bei weitem nicht so detailliert, wie sie in der Realität praktiziert wird. Der Abriss soll einen Gesamtüberblick verschaffen und dabei die in den Medien geläufigen Begriffe in einen Zusammenhang stellen.
Initiativphase (Anstoss)
Am Anfang der Gesetzgebung bestehen der Wunsch, die Forderung oder die Idee, einen Verfassungsartikel oder ein Gesetz zu schreiben oder zu ändern. Der erste Schritt kann von Stimmbürgern, Interessensgemeinschaften, Parlamentmitgliedern, Gemeinden; Kantonen oder dem Bundesrat aus gehen.
Es gibt 4 Wege, wie der Stein „Gesetzgebung“ ins Rollen kommt.
Volksinitiative: Bürger können mit einer Initiative einen Volksentscheid über eine von ihnen gewünschte Änderung der Bundesverfassung oder Gesetze verlangen. Damit eine Initiative zustande kommt, braucht es innert einer Sammelfrist von 18 Monaten die Unterschriften von 100’000 Stimmberechtigten. Das Volksbegehren kann als allgemeine Anregung formuliert sein oder - was viel häufiger der Fall ist - als fertig ausgearbeiteter Text vorliegen, dessen Wortlaut Parlament und Regierung nicht mehr verändern können.
Die Behörden reagieren auf eine Initiative manchmal mit einem (meist nicht so weit gehenden) Gegenvorschlag - in der Hoffnung, dieser werde von Volk und Ständen eher angenommen.
Werden bei den Abstimmungen sowohl das Volksbegehren wie auch der Gegenvorschlag angenommen, kommt die Stichfrage zum Zuge. Volksinitiativen gelten als Antriebselement der direkten Demokratie.
Parlamentarischer Vorstoss:
Die Abgeordneten im Stände- und Nationalrat haben folgende Möglichkeiten, ihre Anliegen darzulegen.
Parlamentarische Initiative:
ermöglicht den Räten, eigenständig Vorschläge zur Verfassung und zu Gesetzen einzubringen. Dazu gibt es zwei Wege: Entweder reicht ein Ratsmitglied einen ausformulierten Entwurf ein, oder es beantragt in einer allgemeinen Anregung, einen Verfassungsartikel oder einen Gesetzestext zu ändern oder neu auszuarbeiten. Wenn der Rat, in dem die parlamentarische Initiative eingereicht wird, dieser zustimmt, kommt der Entwurf anschliessend im zweiten Rat zur Debatte und zur Abstimmung
Motion:
verlangt vom Bundesrat, dass er ein Gesetz oder einen Bundesbeschluss ausarbeitet oder eine bestimmte Massnahme ergreift. Dieser Auftrag ist zwingend, wenn ihm beide Räte zustimmen. Grundsätzlich darf eine Motion nicht in den eigentlichen Kompetenzbereich des Bundesrats eingreifen. Für derartige Vorstösse hat der Ständerat - nicht aber der Nationalrat - das neue Mittel der Empfehlung geschaffen. Eine Motion kann in die abgeschwächte Form eines Postulats umgewandelt werden; allerdings nur mit dem Einverständnis des Motionärs.
Postulat:
beauftragt den Bundesrat zu prüfen, ob es in einem bestimmten Fall ein Gesetz, einen Beschluss oder eine Massnahme braucht. Für die Überweisung eines Postulats an die Regierung genügt die Zustimmung eines der beiden Räte.
Interpellation:
verpflichtet den Bundesrat zur - in der Regel - schriftlichen Stellungnahme zu wichtigen Vorkommnissen in der Politik oder der Verwaltung. Ist das interpellierende Ratsmitglied von der Antwort nicht befriedigt, kann es die Diskussion vor dem Rat verlangen, an der dann auch das zuständige Mitglied des Bundesrats teilnehmen muss.
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Standesinitiative
Jeder Kanton hat das Recht, einen Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung einzureichen oder anzuregen. Standesinitiativen unterliegen einer Vorprüfung durch National- und Ständerat. Beschliessen diese, der Initiative Folge zu geben, so wird eine Kommission eines Rates beauftragt, einen Erlassentwurf auszuarbeiten. Die Standesinitiative wird wie eine parlamentarische Initiative behandelt.
Verwaltungstätigkeit
Die Sektion Planung und Strategie ist für die politischen Planungs- und Rechenschaftsinstrumente des Bundesrates verantwortlich. Dazu gehören Legislaturplanung, Jahresziele sowie Geschäftsbericht. Die Sektion koordiniert weiter die Perspektivarbeiten der Bundesverwaltung, prüft die wichtigsten Bundesratsgeschäfte auf Übereinstimmung mit der aktuellen und geplanten Gesamtpolitik, vertritt die Bundeskanzlei in interdepartementalen Arbeitsgruppen und führt das Sekretariat der Generalsekretärenkonferenz
Ausarbeitungsphase (Vorverfahren der Gesetzgebung)
Der erste Entwurf
Der Bundesrat setzt oft eine 10- bis 20-köpfige Kommission ein. Diese besteht auch aus Vertretern, die an der neuen Regelung interessiert sind und hat die Aufgabe, einen ersten Gesetzesentwurf zu formulieren.
Die Vernehmlassung
In der Vernehmlassungsphase wird der Entwurf auf Annahme- und Verwirklichungschance (finanzielle, rechtliche, wirtschaftliche und kulturelle Folgen) hin geprüft. Der Entwurf geht zur sogenannten Vernehmlassung an Kantone, Parteien und Verbände sowie an weitere besonders interessierte Gruppierungen. Sie alle können dazu Stellung nehmen und Änderungsvorschläge machen.
In der Verwaltung
Die Bundesverwaltung überarbeitet den Entwurf und unterbreitet diesen dem Bundesrat.
Im Bundesrat
Der Bundesrat überprüft den Text. Entweder weist er ihn zur nochmaligen Bearbeitung zurück, oder er überweist ihn zur parlamentarischen Behandlung an den Nationalrat und den Ständerat.
Überprüfungsphase (Parlamentarisches Verfahren)
Die erste Kommission (Kommission Erstrat) Die Ratspräsidenten entscheiden, in welcher Kammer der neue Gesetzestext zuerst zur Debatte kommt. Eine vorberatende Kommission des entsprechenden Rats – meist ist es eine der zwölf ständigen Kommissionen – diskutiert den Text und stellt ihn und ihre Überlegungen dazu dem gesamten ersten Rat (also z.B. dem Nationalrat) vor.
Die Behandlung in der ersten Kammer (Erstrat) Der Erstrat hat drei Möglichkeiten: Er kann erstens das neue Gesetz für überflüssig halten und darauf nicht eintreten – der Text landet im Papierkorb. Er kann zweitens den Text zur Überarbeitung an den Bundesrat oder an die Kommission zurückweisen, das heisst, einen neuen Entwurf verlangen. Er kann drittens auf die Vorlage des Bundesrates eintreten, das Gesetz im Detail beraten und schliesslich einen Entscheid fällen.
Die zweite Kommission (Kommission Zweitrat) Dieses Vorgehen wiederholt sich in der zweiten Kammer (in diesem Fall also im Ständerat):
Zunächst begutachtet die entsprechende vorberatende Kommission den vom Nationalrat verabschiedeten Text.
Die Behandlung in der zweiten Kammer (Zweitrat)
Dann befindet der gesamte zweite Rat darüber. Er hat dabei dieselbe Wahl wie der erste Rat: Er kann das neue Gesetz durch Nichteintreten grundsätzlich ablehnen. Er kann es an den Bundesrat oder an seine Kommission zurückweisen. Er kann es Punkt für Punkt beraten und einen Beschluss fassen.
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Die Differenzbereinigung in der ersten Kammer
Falls die Beschlüsse von National- und Ständerat voneinander abweichen, kommt es zum sogenannten Differenzbereinigungsverfahren. Die Kommission des ersten Rates beurteilt die einzelnen Unterschiede und macht darauf dem Gesamtrat einen Vorschlag – zum Beispiel im einen Punkt die Version des Ständerats gutzuheissen, in einem anderen aber auf der eigenen Fassung zu beharren.
Die Differenzbereinigung in der zweiten Kammer
Nach der Diskussion und Abstimmung im ersten Rat befasst sich die vorberatende Kommission des zweiten Rats mit den noch verbleibenden Differenzen und stellt ihrem gesamten Rat einen Antrag.
Die Einigungskonferenz
Wenn es nach drei Beratungen immer noch unterschiedliche Versionen des neuen Gesetzestextes gibt, tritt die Einigungskonferenz zusammen – sie besteht aus Mitgliedern der beiden Kommissionen von National- und Ständerat – und sucht einen Kompromiss.
Die Schlussabstimmungen in den beiden Kammern
Der schliesslich gefundene Kompromissvorschlag kommt in beiden Räten zur Schlussabstimmung.
Nachentscheidphase
Das Referendum
Das Referendum möchte verhindern, dass vom Parlament beschlossene Verfassungsartikel oder Gesetze in Kraft treten.
Das fakultative Referendum
Das vom Parlament beschlossene neue Gesetz tritt in Kraft, falls nicht innerhalb von 100 Tagen das Referendum ergriffen wird. Damit dieses gültig ist, braucht es die Unterschrift von 50’000 Stimmberechtigten. Zur Annahme der Vorlage genügt das Volksmehr.
Das obligatorische Referendum
Bei Verfassungsänderungen kommt das obligatorische Referendum zum Zuge. Die Unterschriftensammlung entfällt. Zur Annahme der Vorlage sind auf Bundesebene sowohl das Mehr der Stimmenden, wie auch der Stände zwingend.
Inkraftsetzung
Das Inkrafttreten
Falls die Mehrheit der Stimmenden Ja zum neuen Gesetz sagt, wird es in die Gesetzessammlung aufgenommen und in Kraft gesetzt.
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