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Ein großes Puzzleteil der digitalen Debatte im Verfassungsrecht

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Ein großes Puzzleteil der digitalen

Debatte im Verfassungsrecht

Christoph Möllers 2019-07-31T13:53:57 Fast vergessen die Zeiten, in denen das Internet als Anbruch einer goldenen Ära freier Kommunikation und entmachteter Öffentlichkeit verstanden wurde. Natürlich waren solche Träume naiv, zumeist von einer Publizistengeneration formuliert, die ein wenig von Technik, aber kaum etwas von Geschichte und Politik zu verstehen schien. Über der großen Enttäuschung und dem pessimistischen Blick, der heute die Sicht auf das Internet dominiert, ist freilich der Fortschritt, den digitale Medien bringen können, fast aus dem Blick geraten – eine Sicht, die ebenso unpolitisch und unhistorisch erscheint wie ihr optimistischer Gegenpart. Ein kleines Stück dieses Fortschritts, dieses Strukturwandels der Öffentlichkeit zum Besseren, hat uns der Verfassungsblog gebracht, ein großes Puzzleteil einer funktionierenden digitalen Debatte in Sachen Verfassungsrecht und Verfassungspolitik.

Als Form funktionierten Blogs zunächst als digitale öffentliche Tagebücher und waren als solche an die Weltsicht einer Person gebunden: im Fall des Verfassungsblogs der Max Steinbeissche Blick auf die Verfassungspolitik. Seine seltene Kombination aus journalistischem Ethos, Liebe zum verfassungsrechtlichen Detail und starker liberaler und europhiler politischer Grundüberzeugung stehen am Anfang des Projekts. Als solcher hätte der Blog seinen Weg nehmen können und in der Form des wöchentlichen Editorials hat sich dieser Ursprung glücklicherweise in das heutige Format gerettet. Zugleich ging der Ehrgeiz des Schöpfers viel weiter. Es sollte eine Publikation an der Schnittstelle zwischen Recht und Politik werden, die wir als Verfassung bezeichnen: offener, europäischer und auch wissenschaftsnäher als die knappen und für viele Autorinnen kaum zugänglichen Spalten in der

gehobenen Tagespresse und schneller und lesbarer als die juristische Fachliteratur – und so wurde sie. Der Verfassungsblog ist heute eine vielgeliebte Lektüre

derjenigen, die sich schnell und anspruchsvoll über aktuelle verfassungsrechtliche Entwicklungen in Deutschland, der EU und ihren Mitgliedstaaten informieren wollen. Zugleich wurde er Teil einer Bewegung rechtswissenschaftlicher Blogs, die in

freundlicher Kooperation die juristische Öffentlichkeit in Deutschland und Europa bereichern.

Die Entwicklung des Verfassungsblogs erscheint im Nachhinein folgerichtig, aber so kam sie den Beteiligten sicher nicht vor. Vieles schien unklar. Gibt es genug Leserinnen, die sich für solche Fragen interessieren? Würden sich Autoren finden, die etwas zu sagen haben? Wären Wissenschaftlerinnnen mit Reputation bereit, für den Blog zu schreiben und, wenn ja, würde das auch irgendwer zitieren? Tatsächlich erwies sich die Form des Blogs als wunderbar offen. Die Länge der Texte, die

Frage, ob man mit oder ohne Fußnoten schreiben wollte, der Stil waren durch die Form kaum vorgeprägt. Zwischen Zeitungsartikel und wissenschaftlichem Aufsatz etablierte sich so langsam und anfangs durchaus unter skeptischer Beobachtung der Fachöffentlichkeit ein eigenes Format. Mit Steinbeis‘ Idee des Online-Symposions

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-entstand zudem eine neue Form der thematischen Fokussierung auf größere konstitutionelle Entwicklungen und Ereignisse. Nicht allen gefiel es sofort. War es nicht ein Unding, eine Entscheidung, an der das Bundesverfassungsgericht drei Jahre gearbeitet hatte, in einem Tag zu kommentieren? Nun, abgesehen davon, dass es zwischen Länge der Herstellung und Qualität des Produkts auf beiden Seiten keine Korrelation geben dürfte, haben sich die Befürchtungen nicht realisiert. Die Maßstäbe für die Qualität eines Blogbeitrags bleiben andere als die eines

wissenschaftlichen Aufsatzes – und doch finden sich in den Posts häufig Einsichten, die es verdienen wissenschaftlich verwertet zu werden. Wie erfreut waren alle, als sich die ersten Blogs in den Fußnoten aus Papier wiederfanden – und wie selbstverständlich ist dies heute geworden.

Die Gretchenfrage aller anspruchsvollen Weiterentwicklungen der digitalen

Öffentlichkeit aber hat auch der Verfassungsblog nicht gelöst – die Finanzierung. Für seine Leserinnen bleibt der Verfassungsblog im wörtlichen Sinne ein Geschenk. Für Max Steinbeis ist er ein anspruchsvolles Projekt permanenter Weiterentwicklung, Autorenrekrutierung, Themenfindung und eben auch Sicherstellung von Geldquellen. So gut es gelungen ist, den Blog in einer Kombination aus wissenschaftsnaher

Werbefinanzierung und institutioneller Förderung nicht nur am Leben zu erhalten, sondern größer, vielfältiger und eleganter zu machen – so klar ist, dass die

Finanzierung ein Problem bleiben wird. Wer am Verfassungsblog hängt, sollte mit darüber nachdenken, wie es gelöst werden könnte.

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