• Keine Ergebnisse gefunden

Erwartungen psychiatrischer Patienten an die Klinik: eine qualitative Untersuchung der Patientenzufriedenheit

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Aktie "Erwartungen psychiatrischer Patienten an die Klinik: eine qualitative Untersuchung der Patientenzufriedenheit"

Copied!
70
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DISSERTATION

Erwartungen psychiatrischer Patienten an die Klinik.

Eine qualitative Untersuchung der Patientenzufriedenheit

zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae (Dr. med.)

vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin

von

Sieglinde Raguss-Klimitz aus München

(2)

Gutachter: 1. Prof. Dr. med. E. Fähndrich 2. Prof. Dr. med. A. Heinz 3. Prof. Dr. R. D. Stieglitz

(3)

Inhaltsverzeichnis Seite 1 Einleitung 5 1.1 Problemstellung 10 1.2 Literaturübersicht 12 1.2.1 Ergebnisse 12

1.2.2 Methodische und konzeptuelle Probleme 21

1.3 Ziel der Untersuchung 27

2 Methodik 28

2.1 Qualitative Inhaltsanalyse als Forschungsmethode 28

2.2 Zusammenfassende Inhaltsanalyse 29

2.3 Auswertung der offenen Frage zur Patientenzufriedenheit 30

2.3.1 Liste der Kategorien und Globalaussagen 30

2.4 Beschreibung der Untersuchungsgruppe 32

2.4.1 Soziodemographische Daten 33

2.4.2 Verteilung nach Diagnosen 34

2.5 Auswertung der Ergebnisse 34

3 Ergebnisse 35

3.1 Lob und Kritik 36

3.1.1 Globale Zufriedenheit 36

3.1.2 Globale Unzufriedenheit 38

3.2 Zufriedenheit mit Umgang und Behandlung 38

3.3 Zufriedenheit mit Klinikgestaltung und Ausstattung 43

3.4 Zufriedenheit mit dem Zusammenleben der Patienten 46

3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse 47

4 Diskussion 48

(4)

4.2 Methodische Probleme 51

4.3 Verbesserungsvorschläge der Patienten 52

4.4 Konsequenzen für die Versorgung 54

5 Zusammenfassung 57

6 Literaturverzeichnis 59

7 Anlagen 68

Anlage 1: Lebenslauf 68

Anlage 2: Erklärung an Eides Statt 69

(5)

1 Einleitung

Auch Krankenhäuser bieten Dienstleistungen an und definieren den „zufriedenen Patienten“ als „strategisches Ziel“ qualitätsverbessernder Maßnahmen (KAISER & JOHANNSEN, 2005). Regelmäßig werden aus der Sicht der Patienten die Leistungsangebote verschiedener Länder miteinander verglichen: Seit 2005 wird z.B. jährlich ein europäischer „Gesundheitskonsumenten-Index“ erstellt mit dem Ziel, das Bewusstsein für eine Verbesserung der jeweiligen Gesundheitssysteme hinsichtlich Patientenrechte, Angebotsvielfalt, Wartezeiten u.a. zu schärfen (HEALTH CONSUMER POWERHOUSE, 2007). Ein modernes Management vom Kunden her zu denken, schließt den Anspruch ein, die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des „aktiven“ und „kritischen Konsumenten“ zu identifizieren und zu erfüllen (EICHLER et al., 2006; FRICKE, 2004). Immer häufiger verstehen sich Träger als miteinander konkurrierende „Anbieter einer gemeindepsychiatrischen Versorgung“ (Gesellschaften der Alexianerbrüder, 2002), die ihren „mündigen Kunden“ bestimmte Qualitätsstandards ihrer Produkte zusichern und um ihre Zufriedenheit besorgt sind (v. MALTZAHN, 2004). Die aktuelle Entwicklung, (psychischer) Gesundheit und therapeutischem Handeln einen Warencharakter zuzusprechen und einer marktlogischen Kundenorientierung anzupassen, ruft auch Widerspruch hervor. Die „radikale Umdeutung“ der Rollen von Patient und Professionellen schließt ein, den Patienten als eigenverantwortlich für seine Gesundheit ernst zu nehmen und ihn zugleich als „entscheidungsfähiges Subjekt“ und Leistungsempfänger in einer Notlage zu überfordern (KICK, 2006; DUTTWEILER, 2007). Ihre Bewertung der in Anspruch genommenen Leistungen regelmäßig zu erfragen, kann Patienten stärker in den Behandlungsprozess einbinden und den Behandlungserfolg fördern. Patienten und Angehörige artikulieren ihre Bedürfnisse als Nutzer von Dienstleistungen selbstbewusster und organisiert. Sie haben sich im Laufe der letzten Jahre zu einer einflussreichen Bewegung entwickelt (KÄMMERER-RÜTTEN, 1996; KUCHARSKI, 2002; LAUPICHLER & PEUKERT, 2006) – ihre Perspektive einzubeziehen gilt mittlerweile als „unerlässlich“ (RIEDEL-HELLER et al., 2008). Das in der Psychiatrie vorherrschende passive Menschenbild und defizitorientierte Krankheitskonzept werden wieder kritisch diskutiert (KLIMITZ, 2006). Ansätze von „Selbstmanagement“, „Empowerment“ oder „Shared Decision Making“ könnten in der somatischen Medizin und in der Psychiatrie einen „Paradigmenwechsel“ von der paternalistisch geprägten Arzt-Patient-Beziehung zu einer partnerschaftlichen Kooperation bzw. einer „stärker gleichberechtigten“ Beziehung zwischen Nutzern und Anbietern begründen (SCHEIBLER & PFAFF, 2003; HAMANN et al., 2006; KNUF, 2006; LANGE, 2006; LAUGHARNE & PRIEBE, 2006; REICHHART et al., 2008).

(6)

Vor dem Hintergrund knapper Ressourcen und zunehmender ökonomischer Einflüsse und Managementstrategien innerhalb des Gesundheitswesens stellt die Versorgungsforschung neben epidemiologischen Daten Informationen z.B. darüber bereit, welche Personen von der psychiatrischen Versorgung profitieren, ob der Versorgungsbedarf und unter welchen sozialen und gesundheitsrelevanten Rahmenbedingungen gesichert ist, welche Barrieren einer Inanspruchnahme von Leistungen im Wege stehen – „bedürfnisorientierte Angebotsstrukturen“ gelten dabei als vorrangiges Ziel (KRUMM & BECKER, 2006; RIEDEL-HELLER et al., 2008). Angesichts der gerade in der Psychiatrie erheblichen quantitativen und qualitativen Varianz der Angebote kann Versorgungsforschung Aussagen über Akzeptanz und Zugänglichkeit von Einrichtungen treffen und über Ziel-Mittel-Analysen „rationale Entscheidungshilfen“ begründen, ob die angestrebten Ziele mit umschriebenen Interventionen – z.B. Krisenintervention über gemeindeintegrierte Akutbehandlung anstelle stationärer Wiederaufnahme – zu erreichen sind. Die Zufriedenheit der Patienten und Angehörigen mit der jeweiligen Behandlung zu erfassen, erweist sich dabei als „hochrelevant“ (JACOB & BENGEL, 2000; RÖSSLER, 2006).

Der Druck, auch im Bereich der Psychiatrie über gesundheitsökonomische Analysen die Effektivität der Versorgung zu belegen, hat international zugenommen. Ziel von Kosten-Nutzen-Analysen z.B. ist es, den Nutzen von Versorgungsressourcen zu bestimmen, „through identifying the treatments and technologies that provide the maximum additional effects per additional unit of resource consumed“ (FENWICK & BYFORD, 2005); gerade bei neuen Therapieverfahren sollten sie, so KILIAN (2007), nicht nur künftige Kosteneinsparungen betrachten, sondern auch ihren Nutzen prüfen und ggf. eine „öffentliche Diskussion über den Wert medizinischer Innovationen“ anstoßen. Betroffene Patienten werden schon deren Ziele quantitativ und hinsichtlich der Zielhierarchie (z.B. weniger unerwünschte Nebenwirkungen, vermehrte Lebensqualität und niedrigere Kosten) anders beurteilen als Gesundheitswissenschaftler und Ärzte (KOSSOW, 2006). Das Quantifizieren von Belastungen und Maßnahmen bei verschiedenen Störungsbildern trage dazu bei, Zuweisungsentscheidungen sinnvoll zu treffen, rege Diskussionen über Präventions- und Behandlungsstrategien an und versachliche Kontroversen (KAVANAGH & KNAPP, 2002; STAMM et al., 2007; WELLS et al., 2007). Für die künftige psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung erwartet MÜLLER-SPAHN (2006), dass die Diskussion um eine „gerechte Mittelallokation“ wesentlich von der Frage nach dem Verhältnis von Kosten und Nutzen psychopharmakologischer und psychotherapeutischer Verfahren bestimmt werde. Hierbei wird die Zufriedenheit der Patienten mit ihrer Behandlung zunehmend als „wichtige Determinante“ für die Therapie-Compliance begriffen (MÜLLER, 2007). Unstrittig ist mittlerweile, dass auch die Gestaltung eines Versorgungssystems insgesamt

(7)

sich innerhalb eines Konzeptes von „evidenzbasierter psychiatrischer Versorgungspraxis“ auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien stützen müsse (WEINMANN & GAEBEL, 2005). Für eine operationale Definition des psychiatrischen Versorgungsbedarfs fordern z.B. BAUNE & AROLT (2005) eine „Übereinkunft zwischen dem Konsumenten/Klienten und dem Anbieter in der Primärversorgung“ über Umsetzung und Inanspruchnahme angebotener Versorgungsleistungen. Eine Leistungsbewertung der Klinik durch die Patienten, die die Entscheidungsträger bei der Verwendung knapper Ressourcen unterstützen sollen, wird hierbei als entscheidend angesehen – wegen der „hochgradigen Subjektivität“ der Symptome erscheine, so KÖNIG (2004), die Messung von „Patientenpräferenzen“ bei psychischen Erkrankungen besonders erstrebenswert.

Im Rahmen einer auch von der Politik geforderten und sozialrechtlich geregelten (z.B. § 137 SGB V) Qualitätssicherung und –verbesserung werden in Deutschland und vielen anderen Ländern vielfältige Anstrengungen unternommen, Struktur und Leistungen psychiatrischer Institutionen bzw. mögliche Mängel einer Behandlung differenzierter zu beschreiben (MROZYNSKI, 2006). Hierbei geht es u.a. darum, die Versorgungsqualität in engem Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeit zu verbessern, den Behandlungserfolg zu erhöhen und die Nutzer bzw. Patienten in der Wahl der Anbieter zu unterstützen. Kundenorientierung, erfasst in Qualitätsmanagementkonzepten über höhere „Kundenzufriedenheit“, kann z.B. in der strukturierten Einführung einer Entlassungsvorbereitungsgruppe für schizophrene Patienten bestehen (ENGLERT & ENGLERT, 2007). Dominierte noch bis vor 10 Jahren in der Qualitätserfassung die für Verzerrungen anfällige, weil interessengeleitete Behandlerperspektive, stellen die Erfahrungen der Patienten mittlerweile eine „unverzichtbare Zielgröße“ (JANSSEN et al., 1998; LASALVIA & RUGGERI, 2007) dar. Die Patientenzufriedenheit ist als Qualitätsmaß der medizinischen Versorgung weithin anerkannt (JANSSEN et al., 2000; GESELL & WOLOSIN, 2004; PRESS, 2004; HÄRTER et al., 2004; EICHLER et al., 2006; GAEBEL, 2006). Auf ihrer Grundlage, hoffen z.B. VICENTE et al. (1993), können gesundheitspolitische Entscheidungen „realistischer“ getroffen werden.

In Weiterentwicklungen sozialpsychiatrischer Versorgung wie dem „personenzentrierten Ansatz“ (KUNZE & KRUCKENBERG, 1999; SCHMIDT-ZADEL & KUNZE, 2002, 2004), der mit alternativen Steuerungprozeduren einer Ökonomisierung und Marktlogik entgegenwirken will, sind Patienten und Bezugspersonen an der Planung von Behandlung und Rehabilitation „stark beteiligt“ (SCHRÖDER, 2002). Das Rahmenkonzept für die psychiatrische Versorgung in

(8)

Großbritannien führt die Einbeziehung von Nutzern und Angehörigen in die Versorgungsplanung und ihre Umsetzung in seinen Leitwerten und Kernprinzipien auf. Das vorherrschende paternalistische Versorgungsmodell wird als zunehmend unangemessen und unerwünscht angesehen: „In diesem Modell wurde dem Patienten eine passive Rolle zugewiesen, bei der er sich dankbar in die Abhängigkeit von Wissen und Expertise der Fachkräfte zu fügen hatte“ (McANDREW & SAMOCIUK, 2005, S. 187). Auch die Weltgesundheitsorganisation zählt die Berücksichtigung der Erfahrungen und des Wissens von Betroffenen und Angehörigen bei der Planung und Entwicklung von psychiatrischen Diensten zu den vorrangigen Aufgaben von Reform und Modernisierung in Europa (WHO, 2005).

Anders als in Deutschland finden sich Nutzer in Großbritannien, ausdrücklich vom Gesundheitsministerium gefördert, in zahlreiche Forschungsprojekte einbezogen. Drittmittelgeber wie z.B. das BMBF fordern jedoch auch hier zunehmend, Betroffene bereits an der Planung von Forschungsvorhaben zu beteiligen. In der Erstellung von Reviews durch das deutsche Cochrane-Zentrum werden sie bereits als Gutachter und Co-Autoren einbezogen (REICHART et al., 2008). Patienten stärker in den Forschungsprozeß zu integrieren, wird u.a. versorgungspraktisch begründet: deren Bedürfnissen und Sichtweisen aufzugreifen, werde zu besseren Behandlungsergebnissen führen und könne dazu genutzt werden, das Behandlungsniveau allgemein zu heben (Department of Health, 2000). In den letzten 31/2 Jahrzehnten ist in zahlreichen Studien untersucht worden, wie Patienten psychiatrische Einrichtungen und Versorgungsangebote bewerten. Sie fanden sich auf verschiedenen Ebenen – von der Entwicklung der Fragestellung, der Untersuchungsmethodik, der Datenerhebung bis zur Auswertung und Publikation – in den Forschungsprozess einbezogen (z.B. TERPORTEN et al., 1995; ROGERS et al., 1997; TRIVEDI & WYKES, 2002; McANDREW & SAMOCIUK, 2005).

Fragebogengestützte Patientenzufriedenheitserhebungen, zumeist mit eigens entwickelten Instrumenten durchgeführt, zählen mittlerweile zum Standard im Evaluationsrepertoire psychiatrischer und psychotherapeutischer Kliniken (HANNÖVER et al., 2000). Eine solche „Kundenbefragung“ soll als qualitätssichernde Maßnahme „Veränderungsnotwendigkeiten“ aufdecken, zugleich Konzept- und Teamentwicklungsprozesse anregen (KRÜGER & SCHMIDT-MICHEL, 2005). Zusätzliche Aktualität haben sie als Bestandteile standardisierter Qualitätsmanagementsysteme wie „European Foundation for Quality Management (EFQM)“ oder „Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen – KTQ“ erhalten, die z.B. für jeweils zwei Jahre differenziert die Qualität eines Krankenhauses bewerten und über ein Zertifikat bestätigen (BECK et al., 2004; HILGER, 2006). Im Rahmen der zunehmenden

(9)

„Kundenorientierung im Gesundheitswesen“ wird die Perspektive der Betroffenen immer wichtiger und viele Einrichtungen verwenden die Ergebnisse von Zufriedenheitsbefragungen z.B. auch „zur Legitimation gegenüber den Kostenträgern“ (JACOB & BENGEL, 2000).

(10)

1.1 Problemstellung

Ausgehend von ersten systematischen Arbeiten Anfang der 1960er Jahre, „boomte“ in den letzten 10-15 Jahren besonders im angelsächsischen Sprachraum die Literatur zur Patienten-zufriedenheit (SIEGRIST et al., 2002).

Wenngleich das Konstrukt Patientenzufriedenheit ein „intuitiv eingängiges und populäres Konzept wie auch plausibles Ziel medizinischer Behandlung“ (MÖLLER-LEIMKÜHLER & DUNKEL, 2003) darstellt, sind seine Definition, theoretische Fundierung und Validität als Qualitätsindikator einer Behandlung nicht unumstritten (vgl. 1.2.2). Auch finden sich bislang widersprüchliche Belege für einen Zusammenhang von Zufriedenheit und nachfolgendem Patientenverhalten – wie häufig Patienten z.B. eine Behandlung bzw. Einrichtung tatsächlich wieder aufsuchen (z.B. GARMAN et al., 2004) oder wie hoch Zufriedenheit mit der Compliance und Wirksamkeit einer Behandlung bzw. Unzufriedenheit mit Behandlungsabbruch korrelieren (HENDERSON et al., 1999). Sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist Zufriedenheit „ein komplexer psychosozialer Regulations- und Adaptationsprozess“, der wesentlich durch subjektive Faktoren gesteuert wird (KRUMM & BECKER, 2006; RUGGERI, 1994). Als sub-jektive Erfahrung von Versorgung bildet sie „the patient’s personal response to, and evaluation of, care (as opposed to the hospital’s view of what is appropriate)“ ab und ist damit „the only available measure of the personal impact of the full spectrum of the care process“ (PRESS, 2004). Zufriedenheit gilt als relativer Begriff: als Ergebnis des Abgleichs von Erwartungen und (erfahrener) Realität eines Objektes bzw. als Ausdruck der wahrgenommenen (quantitativ beschreibbaren) Diskrepanz zwischen den individuellen Wünschen und dem real Erhaltenen (KINGMAN, 1993; JACOB & BENGEL, 2000). Patientenzufriedenheit ist, wie die nach-folgende Literaturübersicht ausführen wird, ein mehrdimensionales Konstrukt, das die Gestaltung der Behandlungsumgebung und die Art des Umgangs mit dem Patienten einschließt.

Trotz ihrer relativ großen Bedeutung in der Praxis des Qualitätsmanagements psychiatrischer Einrichtungen weisen die eingesetzten Instrumente und ihre Verwendbarkeit im Qualitätsmanagement erhebliche Einschränkungen auf. Unter methodologischen Gesichtpunkten bilanzieren JACOB & BENGEL (2000): „Insgesamt scheinen sowohl Erwartungen und Ziele als auch Bewertung und Zufriedenheit komplexe Konstrukte zu sein, die mit Fragebögen nicht ausreichend erfasst werden können“ (S. 293). Mit Rücksicht auf die kognitiven und emotionalen Beeinträchtigungen vieler psychiatrischer Patienten verbietet sich in der Regel der Einsatz

(11)

längerer und differenzierterer Instrumente, weshalb überwiegend eine allgemeine Zufriedenheit abgebildet wird. Sind Patienten generell mit der Behandlung zufrieden, beeinflusst sie das offenbar auch im Hinblick auf Einzelaspekte wie die Zufriedenheit mit der Verpflegung, mit der ärztlichen Behandlung oder der pflegerischen Betreuung (RICHTER & FLEER, 2004). In der Folge lässt sich kaum differenziert ableiten, was denn konkret zu tun ist, um Qualität und Zufriedenheit zu verbessern.

Dieser Hintergrund, die angewachsene Bedeutung qualitativer Forschung und der allgemeine Aufschwung qualitativer Instrumente in der medizinischen Forschung (ANGERMEYER & KILIAN, 1995; FLICK, 1995; GREEN & BRITTEN, 1998; MAYS & POPE, 2000; FOSSEY et al., 2002) begründen eine qualitative Auswertung des Patientenurteils in der vorliegenden Arbeit (vgl. 1.3 Fragestellung). Qualitative Verfahren sind nach BOHNSACK (2003) besser geeignet, den subjektiv gemeinten Sinn, der hinter einzelnen Aussagen steht, zu erfassen: Sie sind durch ihre Offenheit gegenüber dem Forschungsgegenstand ausgezeichnet und ermöglichen einen über das Vorverständnis des Forschenden hinausgehenden Erkenntnisgewinn. Eine inhaltsanalytische Auswertung offener Fragen z.B. kann Patienten andere (und weniger „sozial erwünschte“) Möglichkeiten eröffnen, ihre persönliche Meinung zu äußern und „dezidiert auch die Äußerung von Unzufriedenheiten sowie die Kommentierung ihres stationären Aufenthalts gestatten“ (MÖLLER-LEIMKÜHLER & DUNKEL, 2003).

(12)

1.2 Literaturübersicht

Neben Verweildauer, Psychopathologie bei Entlassung, sozialer Anpassung u.a. wird die Patientenzufriedenheit in neueren Studien als Qualitätsindikator oder als „Ergebnisvariable“ erfasst (JANSSEN et al. 2000; SHIPLEY et al., 2000; FREUDENMANN & SPITZER, 2001; MÖLLER-LEIMKÜHLER & DUNKEL, 2003; KELLER et al., 2004; WEINMANN & GAEBEL, 2005; JONES et al., 2006; RUGGERI et al., 2007). Diese Entwicklung trägt dem wiederholt bestätigten Befund Rechnung, dass Patienten und Behandler Qualität und Ergebnis psychiatrischer Versorgung nicht übereinstimmend beurteilen (z.B. SHIPLEY et al., 2000; HAHNEFELD & KALLERT, 2005). Patientenbewertungen können zudem die Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen und damit den Behandlungserfolg beeinflussen (JACOB & BENGEL, 2000; EICHLER et al., 2006).

1.2.1 Ergebnisse

In der globalen Bewertung der jeweiligen Einrichtungen und der Behandlung äußern sich Patienten überwiegend sehr zufrieden (RENTROP et al., 1999; HÄRTER et al., 2004), während Angehörige kritischer urteilen (VICENTE et al., 1993; SCHMID et al., 2005). Differenzierter werden einzelne Elemente der Behandlung bewertet: In der Einschätzung medikamentöser Behandlungen sind die Ergebnisse widersprüchlich; „negativer als die anderen Aspekte einer Behandlung werden in den vorliegenden Untersuchungen alle eingesetzten restriktiven Behandlungskomponenten, wie z.B. Isolierung und Fixierung, beurteilt“ (GRUYTERS & PRIEBE, 1994, S. 89). Stellvertretend für den Stand der umfangreichen Literatur werden im Folgenden exemplarisch die Ergebnisse einzelner Studien zusammengefasst.

Die acht globale Items umfassende, deutsche Bearbeitung des Client Satisfaction Questionnaire (SCHMIDT et al., 1989) – im deutschsprachigen Raum am besten überprüft – legten SPIESSL et al. (1996) in einer Stichtagserhebung 316 stationären psychiatrischen Patienten (darunter 46 % schizophren Erkrankten) vor. Knapp 80% der Befragten beurteilten die Behandlung überwiegend positiv. Frauen äußerten sich zufriedener als Männer, ältere Patienten zufriedener als jüngere, freiwillig Aufgenommene zufriedener als gerichtlich Untergebrachte. „Patienten mit affektiven Psychosen, Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen äußern sich am häufigsten positiv über die Behandlung, Patienten mit schizophrenen Psychosen weniger häufig, Patienten mit Alkohol- oder Drogenabhängigkeit am wenigsten (p#0,01)“ (SPIESSL et al. 1996, S. 4).

Die gleiche Arbeitsgruppe entwickelte auf der Grundlage einer inhaltsanalytischen Auswertung von Interviews einen Fragebogen, um die Vorstellungen von einer „idealen“ stationär

(13)

psychiatrischen Behandlung zu erfassen (SPIESSL et al. 1999). Hierzu sollten Patienten 39 Items auf einer 6-stufigen Skala von „sehr wichtig“ bis „ganz unwichtig“ einschätzen. In eine Rangreihe gebracht, standen „erfolgreiche Therapie“, „Wahrung der Menschenrechte“, „Privatsphäre“, „einfühlsame und kompetente Ärzte“, „freier Ausgang“ und „freundliche Mitarbeiter“ an der Spitze. Faktorenanalytisch ließen sich die vier Dimensionen therapeutische Beziehung und psychiatrische Therapie, Patientenautonomie und Stationsklima, Kompetenz des Personals sowie Privatsphäre und Wohnlichkeit der Station bestimmen.

Ähnliche Ergebnisse berichten SWOBODA et al. (2000) nach Auswertung von 323 anonymisierten Fragebögen, die am Entlassungstag ausgefüllt worden sind. Sie fanden eine hohe allgemeine Zufriedenheit mit der Behandlung, während für einzelne Therapieelemente wie pflegerische Betreuung, Psycho- oder Musiktherapie eine negative Bewertung (Note 4 und 5) von 1,3 bis 32% der Befragten abgegeben wurde. Als besonders störend wurden Konflikte mit Mitarbeitern, unangenehme Erfahrungen mit Mitpatienten, Kontrolle durch das Pflegepersonal, Verlust der Selbstbestimmung oder Beeinträchtigung von Nichtrauchern durch Raucher angeführt. Gespräche mit Ärzten, Psychotherapeuten und Pflegepersonal wurden als besonders hilfreich erwähnt und mehr Konstanz in der Arzt-Patient-Beziehung, Förderung des Stationsklimas durch gemeinsame Aktivitäten, mehr Intimsphäre durch kleinere Krankenzimmer, aber auch vermehrtes Eingehen auf Vorstellungen der Patienten angeregt.

Mit dem Tübinger Fragebogen zur Behandlungszufriedenheit entwickelten LÄNGLE et al. (2002) ein Instrument zur routinemäßigen Erfassung „aller Bewertungen von Aspekten eines Klinikaufenthaltes“ durch psychiatrische Patienten. Faktorenanalytisch konnten die 23 Items den drei Dimensionen „Atmosphäre“, „Qualität der Behandlung“ und „Autonomie“ zugeordnet werden. Die Zufriedenheit mit den einzelnen Bereichen der Behandlung lag auf einem ähnlich hohen Niveau. Patienten maßen den Bereichen „Beziehung zum Arzt/Psychologen“, „zum Pflegepersonal“ und „zu den Mitarbeitern des Sozialdienstes“ eine signifikant hohe Wichtigkeit (p<0,01) zu; auch Einzelpsychotherapie und Diagnostik hatten eine überdurchschnittliche Bedeutung (p<0,05), wogegen Gruppenpsychotherapie, Bewegungstherapie und wissenschaftliche Untersuchungen deutlich abfielen; die Überprüfung einzelner Items wies „Einhaltung der Schweigepflicht“, „Ausgangsregelung“ und „Einflussmöglichkeiten auf die Medikamente“ als besonders wichtig in der Patientenwahrnehmung aus (ebd. S. 85).

(14)

MÖLLER-LEIMKÜHLER & DUNKEL (2003) erfassten u.a. mit einem 72-Item-Fragebogen bei 91 psychiatrischen Patienten deren generelle Zufriedenheit und ihre Erfahrungen mit differenzierten Aspekten der Behandlung. Sie bestätigten eine extrem linksschiefe globale Bewertung (81% beurteilten die Behandlungsqualität als „gut und ausgezeichnet“) und die zentrale Bedeutung der kommunikativen Qualität der pflegerischen und ärztlichen Betreuung. Kompetenz und Präsens des Pflegepersonals wurden überwiegend positiv erlebt. Kritischer wurde die ärztliche Betreuung eingeschätzt – „hier sind es vor allem Probleme mit der vom Arzt zur Verfügung gestellten Zeit in Visite und Einzelgespräch, Probleme mit der Verständlichkeit und dem Ausmaß an Informationen über die Erkrankung und Medikamente sowie die als unzureichend erlebte Einbeziehung des Patienten und der Angehörigen in Entscheidungs-vorgänge“ (ebd. S. 43).

Mit einem selbstentwickelten Fragebogen suchten SIEGRIST et al. (2002) interpersonelle Aspekte der Versorgung (Qualität der Kommunikation, Empathie, partnerschaftlicher Umgang u.a.), Kompetenz der Therapeuten und Bewertungen der Aufnahmesituation und verschiedener Behandlungsangebote 1-2 Tage vor Entlassung zu erfragen. Als zentrale Aspekte der Zufriedenheit der 2538 Patienten – hoch korreliert mit der Bereitschaft, wieder zur Behandlung in diese Klinik zu kommen – erwiesen sich die Kompetenz behandelnder Ärzte und Psychologen, Aufnahme und Betreuung auf Station, Vertrauen in den Behandler, Aufklärung über die Erkrankung, Absprache der Behandlung und „gute medikamentöse Behandlung“; die Betreuung durch das Pflegeteam stand hierbei an erster Stelle. Ein Vergleich der einzelnen Abteilungen (Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie, Sucht, Gerontopsychiatrie und Tagesklinik) zeigte in der Gesamtzufriedenheit kaum Abweichungen, während auf einzelne Aspekte bezogen z.B. die psychotherapeutischen Patienten die Kompetenz ihrer Therapeuten besonders hoch einschätzten und ihnen fast immer Vertrauen entgegenbrachten; gerontopsychiatrische Patienten wiesen einen höheren Anteil Zufriedener für die Unterstützung bei körperlichen Problemen und in der Beurteilung des Essens auf.

Über die „Fokusgruppe“, ein Gruppendiskussionsverfahren der Qualitativen Sozialforschung, befragten RICHTER & FLEER (2004) Patienten einer Klinik der Regelversorgung in einer 60-90-minütigen Sitzung zu ihrer Zufriedenheit mit zahlreichen Dimensionen der stationären Behandlung (u.a. Einbindung von Angehörigen, Ausgangsregelung, Tagesstruktur) und mit der Klinik im Allgemeinen bzw. der Bitte um Verbesserungsvorschläge. Neben hoch differenzierten, überwiegend positiven Bewertungen fanden sich zahlreiche Hinweise auf

(15)

Verbesserungs-möglichkeiten: sie reichten vom Verhalten einzelner Berufsgruppen (Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit der Ärzte z.B.), dem Umgang mit Zwangsmaßnahmen (systematische Nachbesprechung) über die Akzeptanz bestimmter Behandlungsangebote bis hin zur räumlichen Ausstattung und Verpflegung (Organisation der Speisen- und Diätenversorgung).

GREENWOOD et al. (1999) untersuchten die Patientenzufriedenheit von 433 stationären Patienten kurz vor der Entlassung oder einen Monat nach Aufnahme, indem sie den Client Satisfaction Questionnaire (CSQ) und ein halbstrukturiertes Interview einsetzten. Fast ¾ (73%) der Patienten schätzten sich als „sehr zufrieden“ bis „ziemlich zufrieden“ und 15,5% als unzufrieden ein. Ein statistisch bedeutsamer Einfluss fand sich nicht für die nosologische Zuordnung, dagegen für Alter, Geschlecht und rechtlichen Status: jüngere, gegen ihren Willen aufgenommene Patientinnen äußerten sich unzufriedener mit ihrer Behandlung. Die inhaltsanalytische Auswertung der Interviews zu den Bereichen Aufnahme, Behandlung und Aufklärung, Verpflegung, Umgang der Mitarbeiter, Rückzugsmöglichkeiten, negative Vorkommnisse, Entlassungsplanung u.a. konnte Zusammenhänge nachweisen zwischen Hilfsbereitschaft und Aufklärung über die Behandlung, positiver Einstellung zum Aufenthalt, guter Verpflegung und Erfahrung von Geborgenheit mit Zufriedenheit: erwartungsgemäß berichteten unzufriedene Patienten signifikant mehr negative Erfahrungen wie manifeste oder angedrohte Fremdaggression, unfreundlichen und respektlosen Umgang von Mitarbeitern und erlebten sich tendenziell häufiger verbal sexuell durch Mitpatienten bedrängt; immerhin gaben auch 60% der Zufriedenen eines oder mehr solcher aversiven Erlebnisse an. Deshalb folgern die Autoren: „Although global satisfaction ratings were mostly positive, the answers to more specific questions frequently yielded less positive answers suggesting considerable variations in what patients meant by satisfaction. It is difficult to judge the relative contribution of different experiences in the same overall positive or negative evaluation” (ebd. S. 162).

Die Erfahrung mit Zwangsmaßnahmen ist vergleichsweise selten systematisch untersucht und erbrachte, auch stichprobenabhängig, widersprüchliche Ergebnisse. In einer prospektiven Studie stationärer Patienten (SMOLKA et al., 1997) z.B. nahm die Ablehnung von Zwangsmaßnahmen im Verlauf des Aufenthaltes weiter zu. Die von Zwangsmaßnahmen Betroffenen bewerteten die Behandlung anfangs deutlich negativer als die Patienten der Kontrollgruppe; zum Ende des Aufenthaltes jedoch stieg die Zufriedenheit mit der Behandlung in der Untersuchungsgruppe deutlich (p<0,05) und in der Kontrollgruppe tendenziell (p<0,09), wobei die Untersuchungs-gruppe die Behandlung anhaltend weniger positiv beurteilte. Auch äußerten sich Patienten, die

(16)

Zwangsmaßnahmen unterworfen waren, erheblich unzufriedener mit den Ärzten als die Patienten der Kontrollgruppe (p<0,001); bezogen auf das Pflegepersonal fand sich der Unterschied schwächer ausgeprägt. Dagegen fanden SWARTZ et al. (2004) in einer retrospektiven Befragung schizophrener Patienten einen engen Zusammenhang zwischen überwiegend positiv erlebter Fairness und Wirksamkeit der stationär oder ambulant erfahrenen Zwangsmaßnahmen. Eine günstige Bewertung erlebten Zwanges ging einher mit einem biopsychosozialen Krankheitsmodell, Krankheitseinsicht und einer geringeren Ausprägung von Symptomatik.

Mit einem selbst entwickelten Fragebogen untersuchten LÄNGLE & BAYER (2007) die Bewertung von Zwangseinweisungen bei 47 Patienten (knapp 80% schizophren Erkrankte) nach durchschnittlich 29 Monaten. 63% erlebten die Unterbringung auch im zeitlichen Abstand als ungerechtfertigt und mehr als die Hälfte der Patienten bewerteten das Verfahren bzw. das Verhalten der Ärzte und Richter während des Verfahrens negativ. Die Wahrnehmung positiver und negativer Folgen auf den Gesundungsprozess hielt sich dagegen in etwa die Waage, während negative soziale Folgen (Verlust von Unabhängigkeit, Sorgerecht, soziale Kontakte) bzw. den Verlust der Arbeitsfähigkeit oder des Arbeitsplatzes 15 bzw. 11% der Patienten erwarteten. Bemerkenswert war, dass 53% der ehemals Untergebrachten zumindest in der Remissionsphase planten, bei einem Rezidiv freiwillig in die Klinik zu kommen. Als Schlussfolgerung wird „eine empathische Haltung gegenüber den Gefühlen des Patienten und den Umständen, die zur Zwangsbehandlung führen“ sowie ein gezieltes Aufarbeiten mit Diskussion ihrer Vermeidbarkeit in jedem Einzelfall in der ambulanten Weiterbehandlung gefordert; eine angemessene Information über Status und Rechte der Patienten könnte überdies deren „Vertrauen ins Behandlungssystem“ erhöhen.

Therapieelemente mit zwischenmenschlichen Kontakten finden sich immer wieder als besonders hilfreich eingeschätzt (z.B. KALLERT, 1991). In einer Abteilung der Regelversorgung bewerteten Patienten ihre Kontakte mit dem Pflegepersonal (Rang 2) und die ärztlichen Einzelgespräche (Rang 3) als deutlich hilfreicher als die Pharmakotherapie (Rang 19 von 29), die ähnlich wie die Ergo- und Psychotherapie eingeschätzt wurde (FÄHNDRICH & SMOLKA, 1998). Abhängig von der eingesetzten Methodik – qualitativ oder quantitativ – thematisierten in qualitativ ausgewerteten Interviews nur etwa 5 % der allgemeinpsychiatrischen Patienten den Aspekt wirksamer Medikamente, während nicht-medikamentöse Behandlungsmaßnahmen wie Arbeits- und Beschäftigungstherapie, Sport- und Freizeitaktivitäten (42 %) und spezielle Psychotherapieverfahren (26 %) wesentlich häufiger angeführt wurden (SPIESSL, 2002). In der Fragebogenerhebung jedoch nahm das Item „wirksame Medikamente“ Rang 20 (von 39) ein,

(17)

wurde von knapp 80 % der Patienten als sehr wichtig oder wichtig beurteilt und war damit in der Patientensicht wichtiger als psycho- oder soziotherapeutische Verfahren.

Ein weiteres Beispiel für die Bewertung einzelner Therapieelemente ist die Sichtung klinischer und nutzergeleiteter oder in Zusammenarbeit mit ihnen durchgeführter Studien zur Elektrokrampftherapie (EKT) durch ROSE et al. (2005). Etwa die Hälfte der Patienten gab an, über das Verfahren unzureichend informiert worden zu sein und ein Drittel fühlte sich zu seiner Anwendung gezwungen. Die klinischen Studien belegten einen größeren Nutzen des Verfahrens als die patientengeleiteten und die Kollaborationsstudien; letztere bewerteten auch die Qualität der vorangegangenen Aufklärung über Nebenwirkungen wie v.a. mnestische Einbußen kritischer. VIRIT et al. (2007) bestätigten diese Befunde für bipolar Erkrankte und ihre Angehörigen. Anhand eines selbstkonstruierten Fragebogens wurden die Informiertheit über das Therapieverfahren, Gefühle und Einstellungen gegenüber der EKT sowie Wirkung und Nebenwirkungen erhoben. 33% der Patienten und 51% der Angehörigen bemängelten die unzureichende Information, äußerten zu 36% bzw. 56% Angst vor Anwendung der EKT, hatten aber mehrheitlich eine positive Einstellung. Mit dem Ergebnis der Behandlung waren die Angehörigen tendenziell zufriedener als die Patienten. „A majority of participants considered ECT as beneficial and safe, and they might have received ECT again if essential. A few of them reported that ECT was dangerous and should be outlawed, and that it was used to punish the patients” (ebd. S. 258).

Versorgungsformen für chronisch psychisch Kranke wie das „Case Management“ (CM) werden einem Cochrane Review zufolge, der 10 kontrollierte Studien einschloss, von Patienten und Angehörigen positiver als eine Standardbehandlung beurteilt (MARSHALL et al., 1998). Obgleich sich kein Unterschied in der Psychopathologie, im sozialen Funktionsniveau, in den Suizidraten oder in der Lebensqualität nachweisen ließ, äußerten sich die Betroffenen über ihre Erfahrungen mit aufsuchenden Krisendiensten zufriedener als mit einer Standardversorgung; ähnliches gilt für die multiprofessionellen Teams der aufsuchenden gemeindepsychiatrischen Behandlung (ACT) in Großbritannien (WEINMANN & GAEBEL, 2005).

HENDERSON et al. (1999) konnten dies für langjährig an einer schizophrenen oder affektiven Psychose Erkrankte (durchschnittlich $ 16 Jahre) mit Hilfe der 82 Items umfassenden Verona Service Satisfaction Scale (VSSS) belegen. Verglichen mit traditioneller Krankenhausbehandlung beschrieben sich die gemeindepsychiatrisch-aufsuchend versorgten Patienten auf allen 7

(18)

Zufriedenheitsdimensionen zufriedener: „The greatest differences were in levels of satisfaction with information and relatives involvement with care. Global satisfaction scores were higher than the specific dimensions scores for both groups“ (ebd. S. 192).

Eine 54-Items-Version des gleichen Fragebogens (VSSS) – darunter zwei halboffene Fragen („Was mir am meisten gefallen hat, ist ...“ und „Was mir am meisten missfallen hat, ist ...“) – verwendeten RUGGERI et al. (2007) in der Routineerfassung der Patientenzufriedenheit mit der gemeindepsychiatrischen Versorgung in Verona. Das Behandlungsangebot umfasste ein breites Spektrum voll- und teilstationärer, (aufsuchend) ambulanter und komplementärer Leistungen für chronisch Kranke. Von besonderem Interesse war, die Stabilität der Zufriedenheit über mehrere Jahre zu verfolgen. Eine globale Zufriedenheit und die Zufriedenheit mit Kompetenz und Umgang der Mitarbeiter (v.a. behandelnden Arzt oder Psychologe) fand sich anhaltend am ausgeprägtesten, während die Hälfte der Befragten sich mit der Ausstattung der Einrichtungen und den zu entrichtenden Kosten unzufrieden zeigte, zu einem guten Drittel auch die Einbeziehung der Angehörigen und die Aufklärung über Diagnose, Behandlung und Verlauf bemängelten; im Zentrum von Kritik standen Wartezeiten, Personalwechsel und die Beziehung zu Schwestern und Sekretariatsmitarbeitern. Hinsichtlich der Vielzahl untersuchter Einflüsse auf die insgesamt hohe Zufriedenheit mit dem Versorgungsangebot (wie soziodemografische, klinische und interventionsspezifische Variablen) bilanzieren die Autoren: „... the main variable found to exert a significant effect in predicting service satisfaction is the length of the interaction with the service“ – je länger die Behandlung dauerte, desto unzufriedener äußerten sich die Patienten!

GUTKNECHT (2005) erhob die Bewertungen wichtiger Behandlungsaspekte bei 48 Patienten einer allgemeinpsychiatrischen Tagesklinik mit dem Stationserfahrungsbogen (SEB), der 38 Aussagen sieben faktorenanalytisch gewonnenen Skalen zuordnet. Besonders positiv wurden die einzeltherapeutische Beziehung und die Beziehung zum therapeutischen Team, weniger positiv die Intensität der Therapie und das emotionale Klima zwischen den Patienten bewertet. Insgesamt bestätigten die Ergebnisse für die Bereiche Beziehungs- und Settingqualität sowie Veränderungswirksamkeit den Nutzen tagesklinischer Therapie. In einer postalischen Befragung von 41 Patienten mit affektiven und 35 Patienten mit schizophrenen Störungen einer universitären Tagesklinik fanden sich diagnosenspezifische Bewertungen der Behandlung aus Patienten- und Therapeutensicht (HAHNEFELD & KALLERT, 2005). Bewerteten affektiv Erkrankte und Therapeuten den Stellenwert wesentlicher Therapieelemente sehr unterschiedlich, zeigte sich bei schizophrenen Störungen dagegen eine „prinzipiell höhere Übereinstimmung

(19)

zwischen Patienten und ihren Therapeuten“, wobei schizophrene Patienten unter den verschiedenen Therapieelementen den einzeltherapeutischen Aktivitäten einen deutlich höheren Stellenwert zuerkannten.

Im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie von EICHLER et al. (2006) wurden die offenen Fragen des Klientenbogens zur Behandlungsbewertung (KliBb, PRIEBE & GRUYTERS 1995) von 63 tagesklinischen und 65 vollstationären Patienten nach der ersten Behandlungswoche ähnlich wie zum Entlassungszeitpunkt beantwortet. Als wirksam und hilfreich schätzten über 2/3 der Patienten beider Gruppen die Behandlung ein, während die teilstationär Behandelten signifikant häufiger als die vollstationär Behandelten den Behandlungsrahmen bevorzugen würden, dem sie per Zufall zugewiesen worden waren. Unterschiede zwischen den Behandlungssettings zeigten sich in erster Linie hinsichtlich der Veränderungswünsche: So kritisierten die stationären Patienten vorwiegend Strukturbedingungen wie sanitäre Einrichtungen, Essen und (Bau-)Lärm und beanstandeten mangelnde Bewegungs- und Freizeitangebote; die tagesklinischen Patienten bemängelten dagegen zu viele Leerzeiten und Pausen im Tagesablauf als unangenehm und belastend und kritisierten auch Aspekte der Behandlung wie z.B. Gruppenvisiten oder Arztwechsel.

Faktoren- und Clusteranalysen der Erwartungen Angehöriger an die psychiatrische Klinik– erhoben über einen per Post zugesandten, selbst konstruierten, 41-Items umfassenden Fragebogen – zeigten in einer Regensburger Nutzerbefragung, dass auch die Zufriedenheit von Angehörigen ein mehrdimensionales Konstrukt aus Aspekten der Angehörigenarbeit und Aspekten der Klinikbehandlung umfasst. Hiernach trugen weniger patientenbezogene als vielmehr angehörigenbezogene Erfahrungen zur (Un)Zufriedenheit bei: „Unterstützung der Angehörigen im offenen Umgang mit der Erkrankung, Unterstützung der Angehörigen im Umgang mit dem Patienten, individuelles Eingehen auf Probleme der Angehörigen sowie viel Zeit der Ärzte für Gespräche mit den Angehörigen. Erhebliche Diskrepanzen zwischen Erwartungen und Zufriedenheit bestehen in Bezug auf Information der Angehörigen über Therapie und Verlauf, offene und verständliche Aufklärung der Angehörigen über die Erkrankung, Unterstützung der Angehörigen im Umgang mit dem Patienten sowie Information der Angehörigen über Wiedereingliederungsmöglichkeiten“ (SPIESSL et al., 2005, S. 97). Anders als in der Regel Patienten äußerten die befragten 139 Angehörigen insgesamt eine nur mittlere Zufriedenheit.

(20)

Den Erwartungen an eine hausärztliche Schizophreniebehandlung gingen ROGAUSCH et al. (2008) in einer qualitativen Untersuchung von 20 schizophrenen Patienten über ein halbstrukturiertes Interview von 45-50 Minuten nach. Neben seiner besonderen Bedeutung bei Erkrankungsbeginn bzw. in der Eingrenzung erster Befindensveränderungen wurde der Hausarzt primär als vertrauenswürdiger somatischer Arzt wahrgenommen, der bei Bedarf die fachärztliche Weiterleitung verantwortet. Als besonders positiv führten einige Patienten an, mit dem Hausarzt einen enspannteren, “alltäglichen“ Umgang pflegen zu können, was Scham und Selbststigmatisierung verminderte. In der Folge könne er ein „niederschwelliges medizinisches Angebot“ aufrechterhalten, bestand die therapeutische Beziehung häufig doch schon vor Beginn der psychischen Erkrankung.

In einer naturalistischen Studie der Lebensqualität und Zufriedenheit mit dem Betreuten Wohnen gingen KAISER et al. (1998) in einem randomisierten Kontrollgruppendesign (n = 26 x 2) der Frage nach, ob Vertrautheit oder Nichtvertrautheit mit dem Untersucher von Einfluss auf die Interviewergebisse sei. Die Erhebung wurde mittels des Berliner Lebensqualitätsprofils (BELP) – 8 von neun Items erfassen die Zufriedenheit mit Lebensbereichen wie Freizeit, Arbeit, Finanzen etc. – und über 3 Fragen des Klientenbogens zur Behandlungszufriedenheit (KliBB) durchgeführt; hierbei antworteten die mehrheitlich schizophrenen Patienten auf visuellen Analogskalen (0 = gar nicht bis 10 = völlig). Es fanden sich sowohl im Globalwert wie in zwei Aspekte der Betreuung signifikante Unterscheide für die beiden Interviewbedingungen: in den Interviews mit ihren zuständigen Betreuern äußerten sie deutlich stärker die Meinung, „richtig betreut“ und „geachtet und respektiert“ zu werden sowie die Betreuung als „hilfreich“ einzuschätzen. Hinsichtlich der Lebensqualität fielen wieder dem persönlich vertrauten Untersucher gegenüber die Zufriedenheitsurteile z.B. über das Zusammenleben mit den anderen Patienten und dem Vorhandensein einer Privatsphäre positiver aus. Die Autoren diskutieren „Akquieszenz“ und soziale Erwünschtheit als Wirkmechanismen für eine Erhöhung von Zufriedenheitsäußerungen, wenn die Fragen vom zuständige Betreuer gestellt werden und folgern: „Die Objektivität der Datenerhebung bei subjektiven Evaluationskriterien scheint bei einer Erhebung durch neutrale Interviewer vergleichsweise am wenigsten gestört“ (ebd. S. 148).

TANZMAN (1993) fasst die Ergebnisse von 43 vor allem nordamerikanischen Studien zu Nutzerpräferenzen (N = 4438) im Bereich Wohnen zusammen, deren Daten teilweise von den Betroffenen selbst erhoben wurden. Im eigenen Haus bzw. Wohnung selbständig zu wohnen, zogen die meisten psychiatrischen Patienten als Wohnform vor; an zweiter Stelle (4 – 19% der

(21)

jeweiligen Stichproben) folgte das Leben mit der Familie – „the least preferred housing options across all studies were hospitals and being homeless“ (S. 453). Als häufigste Erwartung an die Professionellen (64 – 96%) wurde genannt, jederzeit über 24 Stunden eine Mitarbeiterin erreichen zu können und bei der Bewältigung emotionaler Krisen Unterstützung zu erhalten: „The preference for being able to reach staff by phone indicates that consumers want to determine when they need support. This underscores the importance of autonomy and control to respondents“ (S. 453).

Eine nutzergeleitete Studie richtete sich auf die Erfahrungen von Bewohnern (n = 26) verschiedener Wohnprojekte, die vier Jahre zuvor aus einer psychiatrischen Klinik Londons entlassen worden waren (McCOURT, 2000). In den qualitativ ausgewerteten Interviews zeigten sich die Befragten weitgehend zufrieden mit ihrer aktuellen Wohnform (bezogen z.B. auf Ausstattung und Abschließbarkeit der Räume, Qualität der Ernährung): „Views varied from project to project, however, with the most satisfaction expressed by those living in individual flats which had good levels of staff support and in residential homes where residents felt there were good outside contacts facilitated by the workers“ (S. 196). Als verbesserungswürdig stellten sich hingegen in mehreren Projekten der Aufbau von Sozialkontakten und die Nutzung lokaler Freizeitangebote wegen v.a. Geldmangels und als unzureichend erlebter Unterstützung durch die Mitarbeiter heraus.

1.2.2 Methodische und konzeptuelle Probleme

Eine Interpretation der dargestellten Ergebnisse hat sich mit einer Reihe von methodischen Problemen bzw. potentiellen Fehlerquellen auseinander zu setzen, die v.a. die externe Validität einschränken können.

Forschungsmethodik

Zwischen den Studien variiert die Methodik erheblich: Zum Einsatz kamen vorwiegend quantitative Verfahren (multiple-choice, paired choice und Ratingkalen, v.a. schriftlich, auch telefonisch erhoben), aber auch qualitative Methoden (offene Fragen, Interviews, Briefanalysen, Verhaltensbeobachtungen) – eingeführte, standardisierte Untersuchungsmethoden sind jedoch die Ausnahme (JACOB & BENGEL, 2000). Die bisher vorliegenden Erhebungsinstrumente werden zumeist kritisch bewertet (z.B. HENDERSON et al., 1999; RENTROP et al., 1999): in der Regel ohne Einbeziehung der Betroffenen entwickelt, erfassen sie vornehmlich die Zufriedenheit mit der ärztlich-psychiatrischen Behandlung, ohne andere Behandlungsbereiche angemessen zu berücksichtigen (LÄNGLE et al., 2002). Auch in Studien zu den Erwartungen

(22)

und Belastungen Angehöriger werden fast ausschließlich quantitative Verfahren verwendet (SPIESSL et al., 2003; SCHÜTZWOHL et al., 2005).

In halbstrukturierten oder offenen Interviews hingegen äußern Patienten oft Kritik, die sich in Fragebögen nicht wiederfindet (WILLIAMS et al., 1998; GREENWOOD et al., 1999). Eine weitere Erhebungsalternative aus der Qualitativen Sozialforschung stellt die o.g. Fokusgruppe dar, die sich auch in der Entwicklung von Fragebögen als fruchtbar erwiesen hat: „Qualitative methods of interviewing, such as focus groups, are useful for in-depth examination of issues with user representatives as an adjunct to comprehensive surveys“ (BROWN & LLOYD, 2001, S. 352).

Dimensionalität

Für die Definition von Patientenzufriedenheit wurden verschiedene Komponenten oder Dimensionen herangezogen und überprüft, in welchem Zusammenhang die Zufriedenheit mit verschiedenen Einzelaspekten der Versorgung zur Gesamtzufriedenheit stehen: „Die Ergebnisse sind uneinheitlich und sprechen insgesamt nicht dafür, dass Patienten in ihre Gesamtbeurteilung verschiedene Aspekte mit unterschiedlicher Gewichtung einfließen lassen“ (JACOB & BENGEL, 2000, S. 283). GARMAN et al. (2004) beschreiben als empirisch gewonnene Zufriedenheitsindikatoren einen Globalfaktor, die Zufriedenheit mit Aufnahme und Entlassung, mit der Verpflegung, den Ärzten und Schwestern, dem Stationsklima sowie mit technischen und anderen Diensten. Im Vergleich verschiedener Behandlungssettings wie z.B. Allgemeinarzt, Krankenhaus und Zahnarzt bestätigten WILLIAMS & CALNAN (1991) die Qualität der Arzt-Patient-Beziehung und das medizinische Können als die wichtigsten Dimensionen aus der Sicht der Patienten (vgl. ERZBERGER et al., 1989). MÖLLER-LEIMKÜHLER & DUNKEL (2003) konnten faktorenanalytisch die Dimensionen Arzt-Patient-Beziehung, Stationsklima und Verhaltensmerkmale des Pflegepersonals abgrenzen, wobei Merkmale der Arzt-Patient-Beziehung 38% der Gesamtvarianz erklärten. Ausgehend von der Patientensicht idealer psychiatrischer Versorgungsbedingungen konstruierten ELBECK & FECTEAU (1990) einen Fragebogen, dessen Faktorenstruktur zwei Hauptdimensionen aufwies: Verhaltensautonomie (Selbststeuerung von Alltagsaktivitäten) und Qualität der Beziehung zum (v.a. ärztlichen) Personal. Ebenfalls von den Nutzern ausgehend entwickelten SPIESSL et al. (1999) einen 39-Items-Fragebogen, der wesentlich vier Dimensionen – therapeutische Beziehung und stationäre Therapie, Stationsklima, fachliche Kompetenz des Personals, Privatsphäre – umfasste.

(23)

Psychometrische Analysen der in der Literatur bekannten, wiederholt eingesetzten Instrumente weisen jedoch überwiegend einen eindimensionalen Zufriedenheitsfaktor auf. Globale Maße bilden in der Regel eine höhere Zufriedenheit ab als Fragebögen, die einzelne Aspekte der Versorgung thematisieren, und Ad-hoc-Fragebögen erzielen signifikant höhere Werte als testtheoretisch fundierte Instrumente (JACOB & BENGEL, 2000).

Validität und Soziale Erwünschtheit

Die Validität von Zufriedenheitsmessungen bei Patienten ist gerade vor dem Hintergrund ihrer spezifischen „Konsumbedingungen“ in Frage gestellt worden (z.B. WILLIAMS & WILKINSON, 1995; HANNÖVER et al., 2000; GUTKNECHT, 2005). Per definitionem ist der „Kunde“ psychiatrischer Patient nur begrenzt souverän in der Wahl seiner Behandlung, schwach und durch die Erkrankung bedürftig. Als Einzelner steht er einer mächtigen, patriarchalischen Institution gegenüber, erwartet von Ärzten und Therapeuten Hilfe, die ihm an Wissen und sozialem Status überlegen sind. Diese Asymmetrie wird sozial erwünschte Antworten begünstigen: Der Patient wird eine Kritik an seiner Versorgung „nicht als angebracht empfinden und deshalb unabhängig von der Qualität der erhaltenen Behandlung stets hohe Zufriedenheit berichten“ (JACOB & BENGEL, 2000, S. 296). Die meisten Patienten werden, „solange während ihres Krankenhausaufenthaltes nicht extrem Negatives geschieht“, hohe Zufriedenheit bekunden (SIEGRIST et al., 2002). In der Diskussion der Prozesse, die für eine positive Einschätzung verantwortlich sein mögen, unterscheiden WILLIAMS et al. (1998) zwischen Zufriedenheitsurteil und „Bewertung“ – dessen, der z.B. für die Erbringung einer Leistung als persönlich verantwortlich gesehen wird. Darüber hinaus fehlen anerkannte Kriterien, wie hoch die Zufriedenheitsrate oder ein Mittelwert hinsichtlich bestimmter Eigenschaften der Behandlung eigentlich sein sollten (RICHTER & FLEER, 2004).

„Given the highly subjective nature of patient perception of, response to, and recollection of the experience of care, patients‘ evaluations of care must be interpreted in light of what they are – subjective evaluations (ie, satisfaction), not accurate reports of care processes“ (PRESS, 2004, S. 208). Diese persönliche Erfahrung von Versorgung kann Compliance, Vertrauen und andere Reaktionen mindestens einer laufenden Behandlung gegenüber beeinflussen.

Erhebungszeitpunkt

Die meisten Studien erheben die Patientenmeinung im (weniger aufwendigen) Querschnitt, ohne den Erhebungszeitpunkt – ob am Anfang, Ende oder nach Abschluss der Behandlung – und damit individuelle Veränderungen über die Zeit angemessen einzubeziehen. In der Folge sind

(24)

Fragen nach möglichen situativen Einflüssen auf die Bewertung zurzeit nicht bzw. nicht eindeutig zu beantworten (GRUYTERS & PRIEBE, 1994; LÄNGLE et al., 2002). Empirische Befunde begründen die Annahme, dass eine Behandlung zu deren Ende zunehmend positiv bewertet wird (KALLERT, 1991). Ähnlich argumentiert PRESS (2004), dass zuverlässige Daten erst nach Entlassung gewonnen werden können: „Moreover, for accurate, useful satisfaction data, patients must be contacted no more than a week or two after their hospital experience. Otherwise, recollections may be vague and misleading“ (S. 208).

Weitere Einflussfaktoren

Hierbei sind Behandlungsmerkmale (Art der Behandlung, Rahmenbedingungen, Dauer, vorangegangene stationäre Aufenthalte), Patientenvariablen (Art der Erkrankung, soziodemo-graphische Merkmale) und die Güte der therapeutischen Beziehung zu berücksichtigen.

Die Untersuchung des Zusammenhanges solcher Einflüsse mit der Zufriedenheit der Patienten erbrachte widersprüchliche Ergebnisse oder belegte eher schwache Zusammenhänge. So scheinen z.B. ältere, weibliche und solche mit höherem Bildungsniveau zufriedener mit ihrer psychiatrischen Behandlung zu sein. Die nosologische Zuordnung erlaubt keinen eindeutigen Schluss, da z.B. nur in der globalen Zufriedenheit (anders als bei einzelnen Therapiebestandteilen) Suchtpatienten ein negativeres Urteil abgeben und depressiv Erkrankte sich zufriedener äußern (z.B. SWOBODA et al., 2000). Welche Faktoren die Bewertung in positiver oder negativer Richtung beeinflussen, ist noch immer nicht zuverlässig zu beantworten (RENTROP et al., 1999; LÄNGLE et al., 2002; HÄRTER et al., 2004; RUGGERI et al., 2007). Positive und zu katamnestischen Zeitpunkten stabile Zusammenhänge scheinen zwischen Patientenzufriedenheit und der selbst- wie fremdeingeschätzten Qualität der therapeutischen Beziehung zu bestehen. Eine höhere Unzufriedenheit geht mit einer negativen Bewertung verschiedener Aspekte der Arbeitsbeziehung einher: „Zweifel, vom Therapeuten verstanden zu werden, oder an seiner Verlässlichkeit sind ebenso mit einer starken Erhöhung der Unzufriedenheitsquote verbunden wie Zweifel, inwieweit die gleichen Ziele verfolgt und gemeinsam an ihnen gearbeitet wird“ (HANNÖVER et al., 2000, S. 299). Relativ gut gesichert ist auch der Zusammenhang zwischen Patientenzufriedenheit und Kontinuität der Versorgung: ein Arztwechsel im Laufe einer Behandlung geht mit niedrigerer Zufriedenheit einher, wie auch umgekehrt unzufriedene Patienten mit höherer Wahrscheinlichkeit als zufriedene den (niedergelassenen) Arzt wechseln (JACOB & BENGEL, 2000).

(25)

Die Stichprobenselektion (z.B. hohe Teilnahmeverweigerungsraten und niedrige Belastbarkeit) wirft methodische Probleme auf. Ein Viertel der Patienten eines psychiatrischen Fach-krankenhaus sei, so SPIESSL et al. (1996), schon krankheitsbedingt zur Teilnahme nicht in der Lage – nehmen an solchen Befragungen also wesentlich die Patienten teil, die ohnehin compliant und zur Behandlung positiv eingestellt sind? Die Befundlage ist widersprüchlich (RUGGERI, 1994). HANNÖVER et al. (2000) z.B. bestätigten in Nachuntersuchungen stationärer Psychotherapie-Patienten, dass für unzufriedene Patienten die Teilnahmequoten niedriger waren. Wegen der unzureichenden Repräsentativität des Konsumentenspektrums sollten Schluss-folgerungen aus Studien zur Zufriedenheit mit besonderer Zurückhaltung gezogen werden.

Im Rahmen von Evidenzbasierung auch für die Versorgungsforschung geforderten randomisierten kontrollierte Studien (z.B. GRUYTERS & PRIEBE, 1994) stehen zum einen ausgeprägte Patientenpräferenzen im Wege. Zum anderen können solche Studien wegen der in der Regel komplexen Interventionen für Patienten und Behandler nicht wirklich „blind“ sein, was einer Überschätzung der Effektgrößen den Boden bereite (WEINMANN & GAEBEL, 2005). „Randomised controlled trials involve a range of potential confounding factors such as patient perceptions, experiences and preferences, and the views of carers and how these interact with the patient’s views and social stigma“ (HOWARD & THORNICROFT, 2006, S. 303). Allerdings erwies sich die Stichprobengröße solcher (seltenen) Studien häufig als zu klein, entsprechende Interaktionseffekte zu prüfen.

Resümee

Die dargestellten methodischen Vorbehalte mahnen zur Vorsicht bei der Interpretation und Übertragbarkeit der referierten Untersuchungsergebnisse. Die in der Regel sehr positiven Bewertungen von Versorgungsleistungen durch Patienten hängen offenbar mit grundsätzlichen konzeptuellen Schwächen des Konstrukts Patientenzufriedenheit und seiner vornehmlich quantitativen Erfassung über jeweils eigens entwickelte Fragebögen zusammen. Deren Entwicklung wird gerade mit dem Interesse an einer angebotsspezifischen Rückmeldung der befragten „Kunden“ begründet (z.B. KRÜGER & SCMIDT-MICHEL, 2005). Randomisierte kontrollierte Studien durchzuführen, stößt u.a. angesichts der Heterogenität gemeinde-psychiatrischer Versorgungsangebote, ihrer komplexen Interventionen und Interaktionen auf Widerspruch (KALLERT, 2005; HOWARD & THORNICROFT, 2006).

(26)

Im Sinne der Patientenorientierung gibt es dennoch keine Alternative, sich mit der Patientenperspektive zu beschäftigen – „wegen der damit verbundenen Wertschätzung und der für eine effektive und effiziente Therapie bestehenden Notwendigkeit der Etablierung einer guten Passung zwischen Behandler- und Patientenkonzepten“ (GUTKNECHT, 2005).

(27)

1.3 Ziel der Untersuchung

Seit mehreren Jahren werden die Patienten der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Vivantes Klinikum Neukölln zu ihrer Zufriedenheit mit der Behandlung befragt. Die Ergebnisse dieser Erhebungen u.a. zu Aspekten wie Zwangsmaßnahmen oder Zigarettenrauchen finden sich in verschiedenen Publikationen zusammengefasst (FÄHNDRICH & SMOLKA, 1998; FÄHNDRICH & PIETERS, 2001; FÄHNDRICH & KIESER, 2003; SMOLKA et al., 1997).

Für eine Erhebung zum Zigarettenrauchen als Problem des Zusammenlebens auf psychiatrischen Stationen (FÄHNDRICH & KIESER, 2003) wurde den Patienten zum Ende ihres stationären Aufenthaltes ein selbst entwickelter Fragebogen mit 10 Items vorgelegt. Von Interesse war hierbei, ob sich im Zusammenleben auf der Station die Raucher und Nichtraucher in ihren jeweiligen Bedürfnissen angemessen berücksichtigt fühlen, ob ein Teil der Raucher gerne mit dem Rauchen aufhören und dafür ein gesondertes Therapieangebot erwarten würde.

Abschließend wurden sie gebeten, zu der offenen Frage Stellung zu nehmen, was ihnen gefallen, was sie gestört bzw. geärgert habe. Die Auswertung dieser Antworten steht im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung.

Ziel der Untersuchung ist es, anhand der Auswertung der frei formulierten Antworten auf die offene Frage zu beschreiben, wie allgemeinpsychiatrische Patienten den Umgang mit ihnen und die stationäre Behandlung beurteilen. Es wird der Frage nachgegangen, ob sich Schwerpunkte der Zufriedenheit, typische Mängel der Behandlung, offene Wünsche oder Verbesserungs-vorschläge eingrenzen lassen.

(28)

2 Methodik

Wie unter 1.2 ausgeführt, wird die Patientenzufriedenheit in der Regel quantitativ über Fragebögen als eindimensionales Konstrukt erfasst, was bestimmte methodische und inhaltliche Einschränkungen zur Folge hat. Ein qualitativer Zugang erscheint v.a. dann aufschlussreich, wenn mögliche Schwerpunkte von Kritik im Patientenurteil bzw. spezifische Hinweise auf Verbesserungsvorschläge interessieren. Ein veränderungsorientierter, d.h. auf die Wünsche der Patienten eingehender Fragestil zeigt sich in der Differenziertheit der Patientenurteile einem statusorientierten deutlich überlegen (LÄNGLE et al., 2002). Wie auch MÖLLER-LEIMKÜHLER & DUNKEL (2003) in ihrer Auseinandersetzung mit dem Konstrukt „Patientenzufriedenheit“ hervorheben, sollen gerade offene Fragen die Äußerung von Unzufriedenheit fördern. Für die Auswertung eines „freien Textes“ – die abschließende offene Frage der Erhebung zum Zigarettenrauchen – bietet sich somit ein qualitatives Vorgehen an.

2.1 Qualitative Inhaltsanalyse als Forschungsmethode

Im Gegensatz zu quantitativen Analysen, die auf ordinal-, intervall- oder ratioskalierten Messungen beruhen, kennzeichnet eine qualitative Analyse, dass sie auf nominalskalierten Messungen basiert. Dies schließt quantitative Verrechnungstechniken nicht aus: „So lassen sich Häufigkeiten der Ausprägungen, typische Konfigurationen, Cluster bei nominalskalierten Variablen untersuchen“ (MAYRING, 2003, S. 17).

Inhaltsanalyse als sozialwissenschaftliche Methode will Kommunikation analysieren, dabei systematisch, d.h. regel- und theoriegeleitet vorgehen mit dem Ziel, Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation zu ziehen. Unter die Grundtechniken inhaltsanalytischer Verfahren fallen Intensitäts-, Kontingenz- und Häufigkeitsanalysen. „Die einfachste Art inhaltsanalytischen Arbeitens besteht darin, bestimmte Elemente des Materials auszuzählen und in ihrer Häufigkeit mit dem Auftreten anderer Elemente zu vergleichen“ (MAYRING, 2003, S. 13).

Mit der Qualitativen Inhaltsanalyse können Texte aller Art auf bestimmte inhaltliche Kategorien hin analysiert werden. Sie ist ein theorie- und regelgeleitetes Verfahren, das auch quantitative Methoden einbeziehen kann. Es geht darum, einen Text so zu analysieren, dass er auf die Informationen reduziert wird, die für die Fragestellung relevant sind (LISCH & KRIZ, 1978). Hierbei kommen drei grundsätzliche Vorgehensweisen – Zusammenfassen, Explikation oder Strukturierung – zum Einsatz:

(29)

· Bei der Zusammenfassung kommt man durch Auswählen, Bündeln und Abstrahieren von Aussagen zu paraphrasierten Daten.

· Bei der Explikation, die der Erweiterung des Verständnisses einzelner Textstellen dient, wird der Kontext der zu untersuchenden Textstelle berücksichtigt. Der Kontext im engeren Sinne ist die jeweilige vorausgegangene und nachfolgende Textstelle; im weiteren Sinne bezeichnet er über den Text hinausgehende Informationen (Interview-teilnehmer, zeitlicher und örtlicher Rahmen usw.).

· Bei der Strukturierung wird ein im Vorfeld gebildetes Kategoriensystem dazu verwendet, Textstellen den passenden Kategorien zuzuordnen.

2.2 Zusammenfassende Inhaltsanalyse

Das Grundprinzip einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse (MAYRING, 2003) besteht darin, in mehreren Arbeitsschritten das Textmaterial durch Verarbeitungsprozesse bzw. unter Einsatz sog. „Makrooperatoren“ – Auslassen, Generalisation, Konstruktion, Integration, Selektion, Bündelung – zu transformieren. Eine mehrstufige Abfolge von Analyseschritten, die in Abhängigkeit vom Datenmaterial auch zusammengezogen werden können, ermöglicht hierbei die „sukzessive Verdichtung“ von umfangreichem Datenmaterial (BOHNSACK et al., 2003). Als zentrales Merkmal von Inhaltsanalyse heben RITSERT (1972) und MAYRING (2003) hervor, möglichst trennscharfe Kategorien zu entwerfen, unter die sich Inhalte subsumieren lassen; diese begründen die Intersubjektivität des Vorgehens und somit das Nachvollziehen der Analyse für andere.

Anspruch dieses Verfahrens ist also, ein umfangreiches Datenmaterial – d.h. die teilweise sehr ausführlichen, komplexen und mitunter als Folge z.B. formaler Denkstörungen nicht unmittelbar sich erschließenden Aussagen der Patienten – systematisch auf ihre wesentlichen Inhalte zu reduzieren. Innerhalb eines induktiven Verallgemeinerungsprozesses erfolgt eine Reduktion des Ausgangsmaterials durch Generalisierung und Abstraktion der Aussagen, Streichen bedeutungs-gleicher Aussagen, Selektion zentraler Aussagen sowie Bündelung inhaltsähnlicher Aussagen. Die so erfolgte Reduktion mündet in die (wiederholt revidierte) Konstruktion globaler Aussagen, die zu Kategorien zusammengefasst werden (vgl. MAYRING, 2003, S. 75). Anschließend kann eine Quantifizierung mit dem Ziel vorgenommen werden, die so gewonnenen globalen Aussagen bzw. Kategorien in eine Rangfolge nach der Häufigkeit ihrer Nennung zu bringen.

(30)

2.3 Auswertung der offenen Frage zur Patientenzufriedenheit

Am Entlassungstag erhielten die Patienten den Fragebogen zum Zigarettenrauchen und wurden gebeten, ihn vor dem Verlassen der Klinik ausgefüllt beim Personal abzugeben. Die Pflegekraft schrieb mit Bleistift den Namen des Patienten auf den Bogen, der im Sekretariat durch eine Patienten-Nummer ersetzt wurde, die identisch war mit der Nummer seines Belegs der Basisdokumentation.

Zur Auswertung der Antworten auf die abschließende Frage: Was hat Ihnen gefallen, was störte Sie oder worüber haben Sie sich geärgert? wird in dieser Arbeit die vorbeschriebene zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse herangezogen.

Ein erstes Zwischenergebnis der Auswertung besteht somit in der Konstruktion globaler Aussagen bzw. von Globalaussagen. Diese werden in einem nächsten Schritt einer Reihe von Kategorien zugeordnet. Die anschließende Quantifizierung gewichtet die globalen Aussagen und die Kategorien nach der Häufigkeit ihres Auftretens.

2.3.1 Liste der Kategorien und Globalaussagen

Inhaltlich ließen sich die 2718 Aussagen der Patienten zu 55 globalen Aussagen zusammenfassen und 6 Kategorien zuordnen:

Liste der Kategorien

Globale Zufriedenheit Globale Unzufriedenheit Umgang und Behandlung

Klinikgestaltung und Ausstattung Zusammenleben der Patienten Reste

Unter der Kategorie „Reste“ (N = 112) wurde im wesentlichen Nicht-Zuordnenbares bzw. Paralogisches wie z.B. die alleinige Aussage: „Kein legales Cannabis!“ [Pat. 02-0112] oder „so gesehen hat mich nicht besonders viel gestört“ [02-1837] bzw. „bin mit allem klargekommen“ [01-1644] subsumiert.

(31)

Überschneidung von Globalaussagen: Die Zuordnung zu den einzelnen Globalaussagen fiel nicht durchweg leicht. So gab es etwa innerhalb der Kategorie „Umgang und Behandlung“ Interpretationsspielräume dergestalt, dass z.B. unter Lob Pflegepersonal eine Äußerung zu seinem freundlichen Umgang dann kodiert wurde, wenn sie sich explizit auf die Schwestern und Pfleger (und nicht die Mitarbeiter allgemein) bezog. Dem Umgangston wurde eine Äußerung zugeordnet, wenn am Personal generell sein freundlicher Umgang gelobt war – wenn auch davon auszugehen ist, dass Patienten auf einer Station am häufigsten mit Pflegepersonal Erfahrungen sammeln; ebenso wurde bei der Kodierung Gesprächsbereitschaft verfahren. Manche Aussagen zur Globalaussage Heterogenität könnten teilweise auch unter der Globalaussage Angst vor Mitpatienten (Kategorie „Zusammenleben der Patienten“) aufgeführt werden – wenngleich „Angst“ nicht explizit benannt wurde. Die folgende Zuordnung liegt der Ergebnisdarstellung (vgl. Kap. 3) zu Grunde:

Tab. 1: Liste der Globalaussagen

Globale Zufriedenheit Allgemeine Zufriedenheit Betreuung Personal Schutz/Geborgenheit Anregung/Perspektive anderes

Umgang und Behandlung

Lob Pflegepersonal Lob Arzt Kritik Therapieprogramm Kritik Pflegepersonal Lob Therapieprogramm Kritik Arzt Kritik Stationsordnung Lob Umgangston Kritik Heterogenität Kritik Ausgangsregelung Lob Gesprächsbereitschaft Kritik Gesprächsbereitschaft Lob Ergotherapie Lob Sozialarbeit Kritik an Überwachung Kritik Ergotherapie Lob Teamgeist Kritik an Zwangsmaßnahmen Lob des Psychologen

(32)

Kritik der Sportangebote Kritik der Pharmakotherapie Lob der Ausgangsregelung Kritik an Visite

Kritik Sozialarbeit

Lob der Pharmakotherapie Lob der Heterogenität

Klinikgestaltung und Ausstattung

Lob Verpflegung Kritik Verpflegung Kritik Ausstattung Kritik Freizeitangebot Lob Ausstattung Kritik Raucherraum Kritik Rückzugsmöglichkeit Kritik Mehrbettzimmer Lob Sauberkeit Kritik Sauberkeit Kritik Rauchverbot Kritik Belüftung

Kritik sanitäre Ausstattung Lob sanitäre Ausstattung Lob Rückzugsmöglichkeiten

Zusammenleben der Patienten

Kritik Mitpatienten Lob Mitpatienten Passivrauchen Diebstahl Lärmbelästigung Streit

Störung durch Musik Angst vor Mitpatienten

2.4 Beschreibung der Untersuchungsgruppe

Das Vivantes Klinikum Neukölln verfügte zum Zeitpunkt der Untersuchung über 22 medizinische Fachabteilungen, darunter die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik mit 158 allgemeinpsychiatrischen Betten, 12 Betten für Krisenintervention und 40 tagesklinischen Behandlungsplätzen. Alle Stationen sind grundsätzlich offen und werden nur im Notfall geschlossen (pro Jahr ist zwischen 5 und 8% der Tage eine Stationstür vollständig

(33)

geschlossen). Die Klinik hat die Versorgungsverpflichtung für den Berliner Stadtbezirk Neukölln mit 315000 Einwohnern bei einem Ausländeranteil von 21%. In der Institutsambulanz wurden pro Quartal ca. 170 Patienten behandelt. Bei 3249 Aufnahmen, 2046 behandelten Patienten und einer durchschnittlichen Liegedauer von 20,8 Tagen waren 12,7% aller Patienten irgendwann gegen ihren Willen untergebracht und bei 71 Patienten kam es 143-mal zu Fixierungen.Im Untersuchungszeitraum von 2001 und 2002 haben von den insgesamt 3422 Patienten bei insgesamt 5763 Aufnahmen 2211 (38,4% der Aufnahmen) den Fragebogen zum Zigarettenrauchen ausgefüllt. Hiervon nahmen 1229 (55,6%) zur offenen Frage Stellung.

1.3.1 Soziodemografische Daten

Tab. 2: Soziodemografische Daten, Hauptdiagnosen und Liegedauer der Untersuchungs- und Vergleichsgruppe

Untersuchungsgruppe Vergleichsgruppe Aufnahmen 1227 4536 Geschlecht Männlich Weiblich 680 (55,4%) 547 (44,6%)* 2691 (59,3%) 1845 (40,7%) Alter M/SD (in Jahren) 46,2/± 14,6 46,1/± 16,4 Nationalität Deutschland Migrationshintergrund 1099 (88,8%) 128 (11,2%) 3805 (83,9%) 731 (16,1%) Diagnosen F0 F1 F2 F3 F4 F6 F7 39 (3,2%) 493 (40,2%) 341 (27,8%) 189 (15,4%) 127 (10,3%) 36 (2,9%) 1 (0,1%)** 317 (7,0%) 1635 (36,0%) 1441 (31,8%) 436 (9,6%) 471 (10,4%) 216 (4,8%) 9 (0,2%) Aufenthaltsdauer M/SD (in Tagen) 26,5/± 25,9** 18,2/ ± 26,0 * 5% -Signifikanz-Niveau, ** 1% -Signifikanz-Niveau

Erwartungsgemäß repräsentierten die Teilnehmer der Befragung in einigen Variablen die Gesamtheit der im Untersuchungszeitraum aufgenommenen Patienten. Wie Tab. 2 zu entnehmen ist, befanden sich die teilnehmenden Patienten allerdings im Durchschnitt eine Woche länger in der Klinik (p<0,001) und wiesen einen höheren Anteil von Frauen auf (p<0,05). Zugleich finden sich unter ihnen weniger Patienten mit Migrationshintergrund (p<0,000), die wahrscheinlich vor

(34)

dem Hintergrund eingeschränkter Kenntnisse der deutschen Sprache die Teilnahme abgelehnt haben.

2.4.2 Verteilung nach Diagnosen

Auch in der Verteilung der Haupt- bzw. Erstdiagnosen unterschieden sich die Untersuchungsgruppe und das Gesamt der aufgenommenen Patienten signifikant voneinander. So finden sich Patienten mit alkoholbezogenen Störungen und mit affektiven Erkrankungen mit 40,2% bzw. 15,4% in der Untersuchungsgruppe überrepräsentiert, während Patienten mit dementiellen Erkrankungen die offene Frage seltener beantwortet haben (p<0,000).

2.5 Auswertung der Ergebnisse

Für die Textanalyse – die qualitative Analyse der Antworten auf die offene Frage – wurde das computergestützte Datenanalyse-Programm WINMAX 97 (KUCKARTZ, 1997) verwendet. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgte mit Hilfe der deskriptiven Statistik (SPSS) in Form von Tabellen. Eine Quantifizierung wurde durchgeführt, um die globalen Aussagen bzw. Kategorien zu gewichten.

Unterschiede zwischen der Untersuchungs- und der Vergleichsgruppe wurden mit Hilfe des t-Testes (Mittelwerte) oder ÷²-Test (Häufigkeiten) gegen den Zufall geprüft.

(35)

3

Ergebnisse

An der Abschlussbefragung nahmen 2211 Patienten (incl. Wiederaufnahmen) teil, was einer Quote von 38,4 % entspricht. Von den 2211 Patienten, die den Fragebogen ausgefüllt haben, äußerten sich 1229 Patienten (55,6%) zu der offenen Frage, was ihnen gefallen, was sie gestört bzw. geärgert hat. Von diesen unterschrieben 136 Patienten unaufgefordert mit Namen.

Die Patienten äußerten sich unterschiedlich ausführlich: sie bedankten sich („Vielen Dank für alles“ bis einfach „zufrieden“), sahen keinen Anlass für Unzufriedenheit („Es war alles in bester Ordnung“ [01-0033]); oder sie nahmen zu mehreren Aspekten Stellung: „Ich möchte mich recht herzlich bedanken bei allen Schwestern und Pflegern für die aufopfernde Arbeit, die sie mir haben zuteil werden lassen. Auch die sonstigen Sachen, wie die halbe Stunde Sport oder die große Runde, die jeden Tag gebildet wurde, haben den Mut steigen lassen, um vom Teufel, welcher Art, loszukommen. Deshalb wünsche ich allen, die dieser Abteilung angehören, viel Glück und Erfolg“ [01-1283]. Manche Aussagen waren persönlich gehalten: „Das Personal war oft sehr nett zu mir. In wenigen Ausnahmen habe ich mich unter Druck gesetzt gefühlt. Für mich ist es eine ungewohnte Situation mit so vielen Menschen zusammen zu leben; das ist der einzige Grund, warum ich entlassen werden möchte. Die Therapieangebote waren gut, mir persönlich aber zu wenig, denn aus Erfahrung dieser Zeiten ist es für mich sehr langweilig, das liegt aber an mir. Ich möchte mich herzlich bedanken für all die Bemühungen ihrerseits“ [01-2764]. Nur ausnahmsweise wurde eine emotionale Färbung deutlich: „Erst hatte ich Angst vor der Station, doch ohne Zank, Beleidigung und Hohn waren die Stunden zeitweise sogar lustig und nett. Wir konnten manchmal viel lachen und wunderschöne Dinge bei der Ergotherapie machen“ [01-1950].

Da die hier ausgewertete offene Frage im Rahmen einer Erhebung zum Zigarettenrauchen (vgl.

1.3) gestellt wurde, mag das Thema Rauchen in den einzelnen Globalaussagen häufiger als in

anderen Studien zur Patientenzufriedenheit angeführt sein.

Bezogen auf das Gesamt der 2606 Aussagen (2718 Äußerungen abzüglich 112 „Reste“), waren die Antworten der Befragten überwiegend positiv. Inhaltlich bezogen sie sich wesentlich auf Aspekte der Behandlung: Die 1848 Aussagen der Kategorien „Umgang und Behandlung“ sowie „Globale Zufriedenheit“ und „Globale Unzufriedenheit“ umfassen mit 70,9% über 2/3 aller Aussagen – die 1300 Aussagen der Kategorie „Umgang und Behandlung“ alleine 49,9%.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn Sie 24 Stunden bei Ihrem Kind verbringen, haben Sie Anrecht auf eine Gratis-Mahlzeit pro Tag.. Ansonsten gelten fol-

Ist das für den Arzt erkennbar zweifelhaft, muß er nach Treu und Glauben den Patienten darauf hinweisen, daß ein von ihm vorge- schlagener Krankenhausaufent- halt möglicherweise

1. Bleiben Sie aktiv. Kehren Sie zu Ihren gewohnten Aktivitäten zurück. Aufklärung über die Art der Erkrankung und Prognose. Beruhigung und Information über den Verlauf der

Für Pflegefachpersonen der psychiatrischen Pflege ist es nicht einfach, sich bezüglich dem, was gute psychiatrische Pflege beinhalten sollte, zu orientie- ren.. Aktuelle

Sie erhalten Ihre persönlichen An- reise-und Abreiseinformationen mit unserem Einladungsschreiben, weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite

Ländern wird der Fokus auf die ambulante Versorgung gesetzt, kann jedoch (noch) nicht immer befriedigend umgesetzt werden, sodass die stationäre Versorgung nach wie vor eine

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Einer Ih- rer Patienten macht auf dem Klageweg Scha- densersatzansprüche wegen eines Behandlungs- fehlers gegen Sie geltend – und dabei

Einen neuen Rekord vermelden die Krankenhäuser beim Betriebs- mittelverbrauch und Budgeteinsatz für die Krankenverpflegung im sta- tionären Bereich: So wurde im ver- gangenen Jahr