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Archiv "Die „Wirtschaftlichkeit" in der Arzneimitteltherapie" (28.12.1981)

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Mehr und bessere Informationen für den einzelnen Arzt, ebenso aber globale Orientierungsdaten, sind notwendig, um es dem Kas- senarzt zu ermöglichen, eine wirt- schaftliche Arzneimitteltherapie zu betreiben. Dies war wohl über- einstimmend die Meinung aller Beteiligten an einem Symposium

„Arzneitherapie in der Praxis", das die Kassenärztliche Bundes- vereinigung im Rahmen der Düs- seldorfer „Medica 81" veranstalte- te. KBV-Hauptgeschäftsführer Dr.

Eckart Fiedler, der die Veranstal- tung leitete, erinnerte an die viel- fältigen Bemühungen in dieser Richtung, die von der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung und den Kassenärztlichen Vereinigun- gen, der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und auch von der Pharma-Industrie unternommen werden, und kün- digte weitere Veröffentlichungen an. Angesichts der aktuellen ge- sundheitspolitischen Diskussion warnte Dr. Fiedler aber auch vor der Gefahr, daß Aufrufe zum Spa- ren beim Arzneimittelverbrauch in einzelnen Bereichen zur Unterver- sorgung Kranker führen könnten.

Diese Mahnung stützte Professor Dr. Hans Friebel, Heidelberg (bis vor kurzem Vorsitzender der Arz- neimittelkommission), mit ersten Ergebnissen einer noch unvoll- ständigen Vergleichsstudie über den Arzneimittelverbrauch in zehn europäischen Ländern. Legt man die Zahl der verbrauchten Tages- dosen pro tausend Einwohner in sieben Indikationsbereichen (Psy- choleptika, Herzglykoside, Anti- diabetika, Antibiotika, Antiepilepti- ka, Glukokortikoide, Sulfonamide

— diese Gruppen zusammen stel- len etwa 20 Prozent der über Apo- theken abgegebenen Arzneimittel dar) zugrunde, so nimmt die Bun-

desrepublik Deutschland eine Spitzenstellung ein; dieses Bild ändert sich aber schon beträcht- lich, wenn man die Gruppe der Herzglykoside aus dem Vergleich herausnimmt. Zudem gibt es selbst zwischen den Regionen ein- zelner Staaten erhebliche Unter- schiede im Verbrauch, ebenso wie zwischen einzelnen Arzneimitteln des gleichen Indikationsberei- ches.

Nach Friebel kann man über die Ursachen dafür nur Spekulationen anstellen. Zunächst einmal fehlt es so gut wie überall an nationalen Morbiditätsstatistiken, so daß man keinen direkten statistischen Zu- sammenhang zwischen der Morbi- dität und dem Arzneimittelver- brauch feststellen kann. Darüber hinaus können eine Rolle spielen die ärztliche Ausbildung (je nach- dem, welche Arzneimittel in den

„Schulen" bevorzugt wurden, aus denen die verordnenden Ärzte kommen) und Fortbildung, unter- schiedliche Handhabung der Zu- lassungen von Arzneimitteln, un- terschiedliche Regelungen der Rezeptgebühren und der Selbst- beteiligung (was sich auch in Ost- europa auswirken kann), die Ver- kaufsbemühungen der pharma- zeutischen Industrie, die wirt- schaftliche Stärke und Struktur der Länder und Regionen, die Al- tersstruktur der Bevölkerung oder der verschreibenden Ärzte, Ver- ordnungs- und Einnahmegewohn- heiten (Compliance), sogar der Standard der Diätberatung.

Jedenfalls meinte Friebel, man müsse soldhe Studien weiterfüh- ren, bevor der Schluß zulässig werde, ob ein als „hoch" bewerte- ter Arzneimittelverbrauch einer Bevölkerung wirtschaftlich ver- nünftig und medizinisch notwen-

dig sei — wenn man, wie es die Bundesregierung getan habe, oh- ne solche Analysen und nur auf Grund der statistischen Verbrau- cherzahlen Sparmaßnahmen ver- hänge, könne es zur Gefahr der Unterversorgung kommen oder dazu, daß mehr Patienten als nötig ins Krankenhaus „abgeschoben"

würden.

In der anschließenden Podiums- diskussion über „Erfordernisse für eine wirtschaftliche Arzneithera- pie in der Praxis" hielten es so- wohl Sanitätsrat Dr. Josef Schmitz-Formes (Zweiter Vorsit- zender der KBV und niedergelas- sener Allgemeinarzt) wie auch Professor Dr. Walter Kreienberg (Präsident der Landesärztekam- mer Rheinland-Pfalz und Internist) und Professor Dr. Rüdiger Vogel (Hauptgeschäftsführer des Bun- desverbandes der Pharmazeuti- schen Industrie) für wahrschein- lich, daß die „Schule" und die ärztliche Fortbildung großen Ein- fluß auf die Verordnungsgewohn- heiten und damit auch auf den Arzneimittelverbrauch haben.

Dr. jur. Franz-Josef Oldiges (Ge- schäftsführer des Bundesverban- des der Ortskrankenkassen) be- zeichnete die vielen Neuentwick- lungen und die Werbung der Phar- ma-Industrie als eine weitere mög- liche Ursache. Dem konnte Profes- sor Vogel entgegenhalten, daß ein direkter Zusammenhang zwischen Pharmawerbung und Arzneimittel- verbrauch mangels Daten nicht nachgewiesen werden könne (so wird ja auch in osteuropäischen Staaten über einen steigenden Arzneimittelverbrauch geklagt). Im übrigen müsse man die Mischkal- kulation in einer forschenden In- dustrie berücksichtigen und Ko- sten/Nutzen-Analysen anstellen.

Zu den Herzglykosiden warf Schmitz-Formes die Frage auf, ob sie vielleicht einerseits in der Bun- desrepublik Deutschland wirklich zuviel verordnet würden oder ob andererseits die ältere Generation in Deutschland auf Grund ihrer Le- bensweise oder ihrer Lebensge-

Die „Wirtschaftlichkeit"

in der Arzneimitteltherapie

Symposium der KBV bei der Düsseldorfer „Medica"

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 52/53 vom 28. Dezember 1981 2471

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

schichte andere Befindensstörun- gen habe als die ältere Generation in anderen Staaten.

Professor Kreienberg meinte, möglicherweise würden manche Indikationsstellungen nicht streng genug gehandhabt. Es könne auch sein, daß in vielen Fällen aus Bequemlichkeit eine Arzneimittel- therapie an die Stelle einer an sich angezeigten Diät trete. Im übrigen empfahl er jedem verordnenden Arzt, sich ab und zu Rechenschaft über die eigene Verordnungswei- se abzulegen, weil man oft schon ohne Zuhilfenahme irgendwelcher

„Listen" selbst darauf kommen könne, wo man über das medizi- nisch Notwendige und Wirtschaft- liche hinausgegangen sei. Was die globalen Richtwerte angehe, so müsse man berücksichtigen, wie viele Arbeitsunfähigkeits- und Krankenhaustage durch eine Arz- neimitteltherapie eingespart wür- den.

Dies ergebe sich schon aus dem Grundsatz „soviel ambulant wie möglich", erklärte Dr. Oldiges;

auch bei einer Überschreitung des Arzneimittelhöchstbetrages sei ja zwischen den Vertragspartnern vereinbart, daß zunächst einmal die Ursachen ergründet werden sollten. Grundsätzlich müßten nach Oldiges alle Ausgaben für die Gesundheit möglichst effektiv sein und sich in einem vernünfti- gen wirtschaftlichen Rahmen hal- ten, und jede Art von Information werde helfen, die dazu beitragen könne.

Dieser Podiumsdiskussion voraus ging ein Symposium über „Medi- kamentöse Langzeittherapie" mit vier Mitgliedern der Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzte- schaft, von Dr. Fiedler mit dem Hinweis eingeleitet, daß die ge- setzliche Krankenversicherung für Rentner im Durchschnitt zweiein- halbmal so hohe Arzneimittelaus- gaben habe wie für aktive Versi- cherte. Schon aus diesem Grunde habe die medikamentöse Lang- zeittherapie erhebliche wirtschaft- liche Bedeutung. gb

Jahr der Behinderten:

Saubere Bilanz mit kleinen Schönheitsfehlern

Die Bundesregierung werde im Frühjahr 1982 die Novelle eines Schwerbehindertengesetzes vor- legen, kündigte Bundesarbeitsmi- nister Ehrenberg anläßlich einer Pressekonferenz zum Abschluß des „Jahres der Behinderten" an.

In der Novelle soll der Begriff der Schwerbehinderung neu definiert werden; außerdem soll versucht werden, den Anteil der Schwerbe- hinderten im Arbeitsleben zu erhö- hen. Es sind zwar eine Million Schwerbehinderte „in das Arbeits- leben eingegliedert" (Ehrenberg), mit 95 000 arbeitslosen Schwerbe- hinderten ist aber die Arbeitslo- senquote relativ hoch. Ehrenberg wandte sich auch gegen das Dik- tum: „Wir sind ein Volk der Schwerbehinderten". Der Anteil der Schwerbehinderten an der Be- völkerung liege bei 6,7 Prozent.

Vergleichbare Industriestaaten rechneten mit 10 Prozent.

Die ministerielle Bilanz zum Jahr der Behinderten sieht erfreulich aus: Selten zuvor habe ein von den Vereinten Nationen ausgeru- fenes Jahr so viel an Informatio- nen und Verständnis gebracht wie dieses Jahr der Behinderten. Als besonders positiv wertete Ehren- berg einen Wandel in der Einstel- lung der Bevölkerung. Dieser las- se sich an zwei Umfragen zu Be- ginn und zum Ende dieses Jahres ablesen. Hatten bei der ersten Um- frage nur 32 Prozent der Befragten angegeben, persönliche Kontakte mit Behinderten zu haben, so bei der zweiten bereits 40 Prozent.

Nur noch 19 Prozent (gegenüber 32 Prozent) äußerten sich offen di- stanziert zu Behindertenproble- men. Angesichts solch schöner Ergebnisse (die durch Auflistung von Millionen verteilter Broschü-

ren, Plakate und Aufkleber noch ergänzt werden könnten) sind zwei Ereignisse, zu Beginn und zum Ende des Jahres der Behin- derten, wohl eher als Schönheits- fehler auf dem ansonsten makello-

sen Bild zu werten: Die offizielle Eröffnung des Jahres der Behin- derten in der Dortmunder Westfa- lenhalle wurde von Behinderten massiv gestört, und das Ende die- ses UNO-Jahres steht im Zeichen der Bonner Spargesetze, die auch die Behinderten nicht ausnehmen.

Eugen Glombig, der nicht nur im Vermittlungsausschuß sitzt, son- dern auch der „Koordinierungs- gruppe der nationalen Kommis- sion für das internationale Jahr der Behinderten" vorsitzt, versi- cherte allerdings, daß es keine gravierenden Belastungen für die wirklich Betroffenen geben würde.

Ehrenberg wies anhand der Aus- gaben der Bundesanstalt für Ar- beit nach, daß weiterhin viel getan wird. 1974 hatte die Nürnberger Anstalt für die Rehabilitation von Behinderten erst 393 Millionen DM ausgegeben, 1980 bereits 1,65 Mil- liarden DM, 1981 1,9 Milliar- den DM, und für 1982 beträgt der Haushaltsansatz 1,83 Milliar- den DM.

Eugen Glombig und der Behinder- tenbeauftragte des Bundes, Ehrenbergs parlamentarischer Staatssekretär Hermann Busch- fort (der sich zum Abschluß des UNO-Jahres in dieser Eigenschaft in Erinnerung brachte), mahnten übereinstimmend, die Behinder- tenarbeit als ständige Aufgabe an- zusehen. Und Glombig gab sich trotz der frohgemuten offiziellen Bilanz nicht sonderlich überzeugt, daß die vielfachen Empfehlungen der „Nationalen Kommission"

auch in den Alltag umgesetzt wer- den. Er habe Verständnis für die Unruhe unter den Behinderten.

Aus eigenem Erleben (Glombig ist selbst schwerbehindert) berichte- te er vor der Presse von Sonder- toiletten für Behinderte, zu denen Rollstuhlfahrer erst mühsam nach dem Schlüssel fahnden müssen, von verschlossenen Behinderten- aufzügen oder dem Berliner Reichstagsgebäude, dessen Stu- fen für Behinderte kaum erklimm- bar seien (und trotz Mahnungen bisher nicht erklimmbar gemacht wurden). NJ 2472 Heft 52/53 vom 28. Dezember 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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