Für Patienten, die einer oralen Dauerantikoagulation bedür- fen, wie beispielsweise nach Implantation einer mechani- schen Herzklappe, hat es er- hebliche Vorteile, wenn sie ih- re INR-Werte (International Normalized Ratio) selbst mes- sen und die Medikamenten- dosis eigenständig anpassen.
Denn ihre Chance, dass die Gerinnungswerte im therapeu- tischen Bereich liegen, ist hö- her als beim Monitoring in der Hausarztpraxis (80 versus 62 Prozent). Als Konsequenz las- sen sich die Phenprocoumon/
Warfarin-Dosen (zum Bei- spiel Marcumar®/Coumadin®) senken und damit auch das Komplikationsrisiko. Dies ist die Quintessenz der beiden unter dem Akronym ESCAT (Early Self Controlled Antico- agulation Trial I/II) durchge- führten Multicenterstudien mit mehr als 3 000 randomisierten Teilnehmern.
Bei der Niedrigdosis-An- tikoagulation (INR 1,8 bis 2,8 bei Aortenklappen- bezie- hungsweise INR 2,5 bis 3,5 bei Mitralklappenersatz) in Eigenverantwortung der Pa- tienten sei die Inzidenz von Blutungen pro Patientenjahr etwa fünfmal (0,6 versus 3,0 Prozent) und von Thrombo- embolien sogar um den Fak- tor 14 (0,2 versus 2,8 Prozent) niedriger gewesen als unter der konventionellen Vorge- hensweise (INR 2,5 bis 4,5/
Kontrolle beim Hausarzt), fasste Studienleiter Dr. med.
Heinrich Körtke (Bad Oeyn- hausen) die Daten beider Studien zusammen.
Doch noch immer nutzen – oder erhalten – viel zu wenig Patienten die Möglich- keit zum Gerinnungsselbstma- nagement. Der Anteil bei den Langzeitantikoagulierten be- trägt nur etwa 15 Prozent. Das liegt nach Aussage von Kört- ke unter anderem auch daran,
dass Ärzte häufig Probleme hätten, „medizinische Teilver- antwortung“ abzugeben. Auf der anderen Seite kenne er nur sehr wenige Patienten, die – nach obligatorischer Schulung – nicht mit dieser
„Teilverantwortung“ umgehen könnten. Gabriele Blaeser-Kiel
Pressegespräch „Lebenlange Antikoagu- lation – Fluch oder Segen? 10 Jahre Ge- rinnungsselbstmanagement“ der „Inter- national Self-Monitoring Association of Oral Anticoagulated Patients“ beim Euro- päischen Kardiologenkongress in Mün- chen
Hochreines Immunglobulin G – Das Paul-Ehrlich-Institut hat Biotest die Zulassung für Intratect®, einen neuen in- travenösen Immunglobulin G, erteilt. Intratect wird durch ein spezielles säulenchroma- tographisches Verfahren her- gestellt, das erstmals zur Auf- reinigung von Immunglobu- lin-Präparaten in der industri- ellen Produktion eingesetzt wird. Die hohe proteinchemi- sche Reinheit sorgt nach Fir- menangabe für eine gute Verträglichkeit und klinische Wirksamkeit. Die IgG-Sub- klassenverteilung entspricht der des natürlichen Serums.
Unerwünschte Begleitstoffe sind nicht vorhanden. Intra- tect enthält keine Zucker-Zu- satzstoffe, die bei manchen Anwendungen zu Unverträg- lichkeiten führen können. EB
Pravastatin – Hochrisikopa- tienten profitieren von einer Statin-Therapie am meisten.
Für die Stratifizierung ist nach Ansicht von Prof. Winfried März (Graz) der PROCAM- Score (Prospektive Cardio- vaskuläre Münster) als Gold- standard anzusehen. Wie der Pharmakologe bei einer Ver- anstaltung der Firma ratio-
pharm in Frankfurt/Main aus- führte, müssen Typ-2-Diabeti- ker wie Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit be- handelt werden. Die Statin- therapie sei dafür am breite- sten abgesichert, wobei Prava- statin als einziger Wirkstoff bei Hochbetagten bewertet wurde und auch für Kinder ab acht Jahren zugelassen ist. Der Wirkstoff senkt nachweislich die Rate kardiovaskulärer Er- eignisse bei Risiko-Patienten und ist langfristig auch in der Prävention bei Schlaganfall- Patienten wirksam. Die gute Verträglichkeit gehe auf die fehlende Interaktion mit dem Cytochrom-P-450-3A4 zurück, was auch durch eine vermin- derte Medikamenten-Interak- tion belegt sei. Le
Atomoxetin und ADHS-Lang- zeittherapie – Da die Auf- merksamkeitsdefizit-/Hyper- aktivitätsstörung (ADHS) ei- nen chronischen Charakter hat, sind Therapie-Langzeit- daten von besonderer Bedeu- tung. Diese liegen jetzt für Atomoxetin vor. Wie auf dem Kongress der American Aca-
demy of Child & Adolescence Psychiatry in Washington vor- gestellt wurde, ist der Wirk- stoff auch in der Langzeitthe- rapie sicher und wirksam.
Atomoxetin gehört aufgrund seines neuartigen Wirkmecha- nismus nicht zur Gruppe der Psychostimulanzien und fällt nicht unter das Betäubungs- mittelgesetz.
Die Wirksamkeit von Ato- moxetin auf die Reduzie- rung der ADHS-Kernsympto- me Hyperaktivität, Impulsi- vität und Aufmerksamkeits- störung konnte bereits in meh- reren randomisierten, placebo- kontrollierten Doppelblind- studien gezeigt werden. Ko- morbide Störungen wie Tics, Angststörungen oder oppo- sitionelles Verhalten stellen keine Kontraindikation für die Substanz dar. Auch gibt es Hinweise darauf, dass der Wirkstoff bei Einmalgabe am Morgen zu einer kontinuierli- chen Symptomkontrolle bis zum nächsten Morgen beitra- gen kann; dadurch können Rebound-Effekte am Nach- mittag und Abend kontrol-
liert werden. EB
V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4826. November 2004 AA3285
Gerinnungsselbstmanagement
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