Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 11⏐⏐13. März 2009 A519
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obert Schumann pries ihn als„Mozart des 19. Jahrhun- derts“. Felix Mendelssohn-Bar- tholdy war ein Wunderkind und ein herausragender Pianist. Er refor- mierte das Dirigieren und ist einer der populärsten Komponisten der Musikgeschichte. Dabei ist sein heute bekanntes Werk eher schmal:
die „Italienische Symphonie“, die
„Schottische Symphonie“, die „Re- formations-Symphonie“, das Violin- konzert, die Sommernachtstraum- Ouvertüre, die „Lieder ohne Worte“
und die Oratorien „Elias“ und „Pau- lus“. Die Herausgabe von Italieni- scher und Reformations-Symphonie war von Mendelssohn nicht autori- siert – die erste hat er nicht vollendet, und die zweite hielt er für sein schlechtestes Werk.
Am 3. Februar 1809 wird Felix Mendelssohn-Bartholdy in Ham- burg geboren. Bald siedelt die Fami- lie nach Berlin über. Seine Kindheit
in der wohlhabenden Familie scheint nur auf den ersten Blick glücklich zu sein. Der hohe Anspruch besser zu sein als die anderen, führt immer wieder zu starken Selbstzweifeln.
Mendelssohns Vorbilder sind die großen Klassiker. Während Mozart das Komponieren lernt, indem er Menuette verfasst, lernt Mendels- sohn, indem er Choräle und Fugen niederschreibt. Immer wieder be- ginnt er Werke und vollendet sie nicht, weil er nicht weiter weiß.
1833 scheitert der 24-Jährige bei dem Versuch, seinen Lehrer Carl Friedrich Zelter als Direktor der Berliner Singakademie abzulösen.
Ob die Berliner Honoratioren kei- nen „Judenjungen“ oder schlicht keinen „Star“ an der Spitze des berühmtesten Chors Europas woll- ten, ist nicht eindeutig. Ein Inter- mezzo als Musikdirektor am Düs- seldorfer Theater beendet Mendels- sohn, weil er nicht einsieht, dass er
zusätzlich Intendanzaufgaben wahr- nehmen soll. 1835 wird er Kapell- meister des Leipziger Gewandhau- ses. Zwei Jahre später heiratet er Cé- cile Jeanrenaud.
Wenn Mendelssohn sich in einem Brief humorvoll als „antipubliküm- merlicher Musiker“ bezeichnet, ist das vor dem Hintergrund seiner Konzerterfolge schwer verständ- lich. Doch er meint damit, dass sich hohe künstlerische Moral und das Streben nach Erfolg kaum vereinba- ren lassen. Für Modekomponisten wie Henri Herz hat er nur Verach- tung übrig. Auch sein Verhältnis zum ein Jahr jüngeren Chopin ist zwiespältig. Er bewundert den glän- zenden Pianisten, doch Chopins Kompositionen leiden ihm zufolge an „Pariser Verzweiflungssucht und Leidenschaftssucherei und haben Takt und Ruhe und das recht Musi- kalische oft gar zu sehr aus den Au- gen gelassen“.
1810 hält E. T. A. Hoffmann einen
„allein leitenden Dirigenten“ für nötig. Dem steht Schumanns Dik- tum vom Orchester als Republik ge- genüber, das keinen Höheren über sich dulde. Mendelssohn erfindet die Rolle des modernen Konzertdi- rigenten und macht sie am Gewand- haus zu einer festen Einrichtung. Zu- dem führt er den Dirigentenstab ein.
Mendelssohn ist viel unterwegs, so reist er auch nach England, wo man ihn freundlicher aufnimmt als in Berlin und Düsseldorf. Eine Einla- dung nach New York schlägt er 1845 aus. Als er im August dessel- ben Jahres nach Leipzig zurück- kehrt, ist seine einst „jugendfrische Heiterkeit“ einer „Erdenmüdigkeit“
gewichen. Wenige Monate nach dem Tod seiner geliebten Schwester Fan- ny stirbt Felix Mendelssohn Bar- tholdy mit 38 Jahren, vermutlich an den Folgen eines Schlaganfalls. I Christof Goddemeier
FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY
Von früher Jugend an ein Rastloser
„Jeden Tag ein bisschen komponieren, um in der Übung zu bleiben“,
lautet sein Motto. So sind viele seiner Werke nicht zur Veröffentlichung vorgesehen.
Der Komponist, Dirigent und Pianist Felix Mendelssohn- Bartholdy in einer zeitgenössischen Darstellung
Fotos:Picture-Alliance akg-Images