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Archiv "Prostatakarzinom und Krebsvorsorgeuntersuchung: Ergebnisse aus dem Saarland 1971/72" (16.01.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Prostatakarzinom

und Krebsvorsorgeuntersuchung

Ergebnisse aus dem Saarland 1971/72

Georg Dhom und Karl Otto Wirth

Aus dem Pathologischen Institut

(Direktor: Professor Dr. med. Georg Dhom) der Universität des Saarlandes Homburg

Mit der Vorsorgeuntersu- chung beim Mann ist fast im- mer nur ein verdächtiger, kaum aber jemals ein siche- rer Krebsbefund an Rektum und Prostata zu erheben. Mit einer, auf den saarländischen Raum begrenzten Studie, sollte festgestellt werden, welcher Wert der Vorsorge- untersuchung beim Mann zu- kommt. Das Ergebnis war weit besser als erwartet:

Etwa jedes fünfte Prostata- karzinom wurde anläßlich ei- ner Vorsorgeuntersuchung entdeckt.

Die Änderung der Reichsversiche- rungsordnung, die eine Untersu- chung zur Früherkennung von Krebserkrankungen bei Frauen ab dem 30. Lebensjahr und bei Män- nern ab dem 45. Lebensjahr als Leistung der Krankenversicherung ermöglichte, trat am 1. Juli 1971 in Kraft. Damit waren Bemühungen der Bundesärztekammer und ihres Wissenschaftlichen Beirates sowie der Kassenärztlichen Vereinigun- gen um den Ausbau der präventi- ven Medizin erfolgreich. Während 1972 im Bundesdurchschnitt die Beteiligung der anspruchsberech- tigten Frauen mit 26,5 Prozent rela- tiv hoch war, betrug die der Män- ner nur 10,78 Prozent. 1972 haben sich im Saarland 27 360 (17,2 Pro- zent) der anspruchsberechtigten Männer einer Krebsvorsorgeunter- suchung unterzogen. Obwohl das Untersuchungsprogramm nur weni- ge einfache Maßnahmen enthält, sind Arbeitsaufwand und Kosten- belastung erheblich. Um so wichti- ger erscheint es, die Ergebnisse beständig zu kontrollieren.

Dies geschieht zunächst durch Auswertung der von den beteilig- ten Ärzten eingereichten Befund- formulare. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland ist zusammen mit dem Batteile-In- stitut Frankfurt zur Zeit dabei, die- se Vorsorgebefunde für das Jahr 1972 detailliert auszuwerten').

Beim Mann ist mit der Vorsorgeun- tersuchung fast immer nur ein ver- dächtiger, kaum jemals ein siche- rer Krebsbefund an Rektum und Prostata zu erheben; er bedarf in jedem Falle der bioptisch-histolo- gischen Bestätigung. Für die Er- gebniskontrolle reicht es also nicht aus, die Befundformulare auszu- werten. Um feststellen zu können, wie viele Karzinome durch die Vor- sorgeuntersuchung tatsächlich ent- deckt worden sind, bedarf es ei- nes leistungsfähigen allgemeinen Krebsregisters; ein solches steht im Saarland zur Verfügung 2).

Untersuchungsgut und Methodik Das Saarländische Krebsregister ist eine von Bund und Land getra- gene Einrichtung, die seit 1967 be- steht und methodisch insbesonde- re den skandinavischen Krebsregi- stern angeglichen ist. Die Meldun- gen an das Register erfolgen von allen Arztgruppen und Kranken- häusern auf freiwilliger Basis. Auch alle pathologischen Institute mel- den ihre bioptisch und autoptisch geklärten Krebsfälle. Die Registrie- rung erfaßt die saarländische Wohnbevölkerung; Krebsfälle aus benachbarten Regionen werden getrennt registriert.

Die vorliegende Studie umfaßt 170 erstmals gemeldete saarländische Patienten mit Prostatakarzinom

(1971 und 1972), 17 von ihnen sind in der Zwischenzeit verstorben. Sie bleiben in dieser Untersuchung un- berücksichtigt, da keine vollständi- ge katamnestische Untersuchung mehr möglich war. Von den ver- bliebenen 153 lebenden Kranken mit Prostatakarzinom wurden die Krankengeschichten und Karteikar- ten der behandelnden und der überweisenden Ärzte auf folgende Fragen überprüft:

O Wurde eine Vorsorgeuntersu- chung durchgeführt?

O Klagte der Patient zum Zeit- punkt der Erstuntersuchung über

Beschwerden? Wenn ja, können sie mit einem Prostataleiden in Zusammenhang gebracht werden?

O Welcher Befund wurde bei der ersten rektalen Untersuchung er- hoben?

O Zeitpunkt der histologischen Si- cherung des Prostatakarzinoms so- wie klinische und histologische Klassifizierung des Karzinoms.

1) Wir danken dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung für die Er- laubnis, Zahlen aus dem vorläufigen Berichtsentwurf hier wiedergeben zu dürfen.

2) Für die ausgezeichnete Kooperation danken wir dem Präsidenten des Stati- stischen Amtes des Saarlandes, Herrn Dr. Götz, und den Damen und Herren des Saarländischen Krebsregisters.

148 Heft 3 vom 16. Januar 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Tabelle 1: Motivation zur Vorsorgeuntersuchung

n — 32 Patienten mit Prostätakarzinom

• Der Patient ist völlig beschwerdefrei und geht spon-

tan zur Vorsorgeuntersuchung 16 Fälle

O Der Patient steht in ärztlicher Behandlung oder Be- obachtung wegen Beschwerden, die nicht auf ein Pro-

stataleiden hinweisen 6 Fälle

• Der Patient klagt über Beschwerden, die mit einem Prostataleiden im Zusammenhang stehen können, und

deshalb wird eine Vorsorgeuntersuchung durchgeführt 10 Fälle Tabelle 2: Altersverteilung der Patienten mit Prostatakarzinomen (1971/72)

Alter der Registrierte Patienten Patienten mit Patienten insgesamt Vorsorgebefundschein

45 bis 50 2 2

51 bis 55 5 2

56 bis 60 17 5

61 bis 65 25 9

66 bis 70 37 7

71 bis 75 40 6

über 75 27 1

Gesamt 153 32

Tabelle 3: Klinisches Stadium des Prostatakarzinoms n = 32 Patienten

Stadium A

(isolierter Knoten in einem Prostatalappen) 6 Fälle Stadium B

(Ausbreitung des Karzinoms in einem oder beiden Lap-

pen, jedoch noch innerhalb der Organgrenzen) 9 Fälle Stadium C

(Übergreifen des Karzinoms auf die Nachbarorgane) 16 Fälle Stadium D

(Nachweis von Metastasen) 1 Fall

Prostatakarzinom

Soweit die ärztlichen Untersuchun- gen kein ausreichend klares Bild ergaben, wurden die Patienten auf- gesucht und befragt.

Ergebnisse

Bei 32 der 153 Patienten war von den beteiligten Ärzten ein Vorsor- gebefundschein ausgefüllt worden (20,91 Prozent). 1971 waren es zwölf (17,91 Prozent), im folgenden Jahr 20 (23,25 Prozent) der jeweils gemeldeten Prostatakrebsfälle.

Die Vorsorgeuntersuchung wurde bei diesen 32 Patienten von folgen- den Arztgruppen durchgeführt:

Allgemeinärzte 20

Urologen 7

Internisten 4

Dermatologen 1

Im Bundesdurchschnitt werden Vorsorgeuntersuchungen beim Mann (1972) zu 56 Prozent von All- gemeinärzten, zu 22 Prozent von Internisten und zu 13 Prozent von Urologen vorgenommen. Auch bei unserer kleinen Gruppe gesicher- ter Prostatakarzinomfälle überwie- gen also die Allgemeinärzte. Da es jedoch wesentlich weniger Urolo- gen als Allgemeinärzte gibt, ist der relative Anteil der Urologen natür- lich hoch.

Die Motivation zur Vorsorgeunter- suchung geht aus Tabelle 1 hervor.

Es ist klar, daß die Gruppe 3 den Begriff der Vorsorgeuntersuchung im strengen Sinne nicht mehr er- füllt, sondern bereits in den Be- reich der kurativen Medizin reicht.

Altersverteilung der Patienten

Die Altersverteilung der insgesamt registrierten Patienten und derjeni- gen, denen ein Vorsorgebefund- schein ausgestellt wurde, ist Tabel- le 2 zu entnehmen. Gegenüber der Gesamtzahl der gemeldeten Fälle

ist der Anteil der jüngeren Jahr- gänge an den Vorsorgefällen hö- her. Dadurch wurde bis zum 65.

Lebensjahr jedes dritte Prostata- karzinom im Rahmen der Vorsorge entdeckt; dazu gehören auch die beiden Patienten, bei denen diese Tumoren vor dem 50. Lebensjahr auftraten. Jenseits des 70. Lebens- jahres ist die Erfassung des Pro- statakarzinoms ganz überwiegend der kurativen Medizin überlassen.

Der suspekte Befund aller 32 Fälle, die an Vorsorgeuntersuchungen teilnahmen, wurde histologisch durch Stanzbiopsie gesichert. Die Biopsie wurde von den beteiligten Urologen vorgenommen. Sämtliche übrigen beteiligten Arztgruppen überwiesen die Patienten zur wei- teren Abklärung an die Urologen.

Das Zeitintervall zwischen Vorsor- geuntersuchung und histologischer Sicherung betrug:

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 3 vom 16. Januar 1975 149

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Prostatakarzinom

bis zu 1 Monat 16 Fälle bis zu 3 Monaten 4 Fälle bis zu 6 Monaten 3 Fälle

bis 1 Jahr 1 Fall

fehlende Angaben 8 Fälle Das klinische Stadium wurde auf Grund des urologischen Tastbefun- des bei der Biopsie entsprechend dem Schema von Flocks festge- stellt. Die dabei erhobenen Befun- de sind in Tabelle 3 aufgeführt.

Prüft man, wie sich das klinische Stadium zur Motivation zur Vorsor- ge verhält, so ergeben sich zwi- schen Motivationsgruppen schon wegen der kleinen Fallzahl keine signifikanten Differenzen. Von den 16 Fällen, die beschwerdefrei und spontan zur Vorsorge gingen, ge- hörten vier dem Stadium A, drei dem Stadium B und neun schon dem klinischen Stadium C an. Die- ses Ergebnis ist kaum günstiger als dasjenige des großen unausge- lesenen bioptischen Materials un- seres Prostatakarzinomregisters:

Stadium A: neun Prozent, B: 34,7 Prozent, C: 37,14 Prozent. Auch die histologischen Differenzierungs- grade unserer Vorsorgefälle ent- sprechen denen des klinisch mani- festen Karzinoms. Differenzierte und entdifferenzierte Formen sind nebeneinander zu sehen.

Diskussion

Die vorliegende Studie beschränkt sich auf die Vorsorgeuntersuchung beim Mann zur Feststellung eines Prostatakarzinoms. Die erste Ver- dachtsdiagnose ergibt sich allein auf Grund des Tastbefundes.

Um eine umschriebene Verhärtung der Prostata zu tasten, bedarf es zweifellos großer Erfahrung; sie ist aber keineswegs immer vorhanden.

1972 sind in der Bundesrepublik im Rahmen des Vorsorgeprogramms fast 55 000 Knoten in der Prostata getastet worden; 6,32 Prozent der zur Vorsorge erschienenen Männer waren davon betroffen. Die biop-

tisch nachgewiesenen Prostatakar- zinome überschreiten dagegen in der Bundesrepublik schätzungs- weise nicht die Zahl von 10 000 pro Jahr. Der Hauptanteil entfällt aber, wie die Studie zeigt, auf die im Rahmen der kurativen Medizin ent- deckten Karzinome. 1972 wurden im Saarland bei 1742 Männern Knoten getastet; nur bei 20 von ih- nen wurde ein in der Folge nach- gewiesenes Prostatakarzinom dem Krebsregister gemeldet. Selbst wenn man zugesteht, daß einige Fälle nicht gemeldet worden sind, so wurde doch nur ein sehr klei- ner Teil der Knoten als Karzinom verifiziert.

Es ist zu berücksichtigen, daß auf dem Befundschein zwei Alternati- ven zur Beschaffenheit der Knoten vermerkt sind, deren Wertigkeit sehr unterschiedlich ist:

O Knoten ist weich und glatt;

O Knoten ist hart.

Bekanntlich besteht bei weichen glatten Knoten kein Karzinomver- dacht. Die uns bisher vorliegenden Zahlen differenzieren zwischen die- sen beiden Knotentypen jedoch

noch nicht. Es ist also zu erwarten, daß die Zahl der bei der Vorsorge- untersuchung erhobenen wirklich suspekten Tastbefunde wesentlich geringer ist.

Die Diskrepanz zwischen der Zahl der getasteten Knoten und den daraufhin nachgewiesenen Krebs- fällen spricht also keinesfalls ge- gen den Wert der Vorsorgeun- tersuchung. Mit ihr wurde in den ersten beiden Jahren im Saarland nämlich etwa jedes fünfte Prostata- karzinom entdeckt. Ein Ergebnis in dieser Höhe war von uns nicht er- wartet worden; es spricht eindeutig für die Bemühungen der Ärzte- schaft. Erst einigen Jahren wird man feststellen können, ob von der frühzeitigeren Diagnose auch die Lebenserwartung des Patienten und sein Krankheitsverlauf ent- scheidend beeinflußt werden. Zu- nächst überwiegen in unserem kleinen Kollektiv von 32 Fällen

noch die fortgeschrittenen Stadien, die keiner radikal-operativen The- rapie mehr zugänglich sind.

Die Frage, was mit den Patienten geschieht, bei denen auf dem Vor- sorgeschein zwar ein verdächtiger Befund angegeben wird, die aber später nicht in unserem Krebsregi- ster auftauchen, kann durch die- se Studie nicht beantwortet wer- den.

Aus Erfahrung wissen wir, daß bei einem Teil dieser Männer Biopsien mit negativem Ergebnis durchge- führt werden. Die Zahl der Biop- sien aus der Prostata ist bei allen Pathologen in den vergangenen Jahren rapide angestiegen, was zweifellos auch auf die Vosor- geuntersuchungen zurückzufüh- ren ist.

Bei einem weiteren Teil der Patien- ten mit suspektem Tastbefund wird die fachärztliche Kontrolluntersu- chung den ersten Verdacht nicht bestätigen, eine Biopsie wird un- terlassen. Sicher gibt es aber auch Fälle, bei denen aus dem Tastbe- fund zunächst keine weiteren Kon- sequenzen gezogen werden. Es er- scheint lohnend, an einem unaus- gewählten Kollektiv von verdächti- gen Vorsorgebefunden diesen Fra- gen weiter nachzugehen.

Literatur

Bandmann, H. J., Blaha, H., Maass, E. G., Schmiedt, E., Sewering, H. J., Soost, H. J., Stich, W., Ziffer, D.: Krebsvorsorge und Krebsfrüherkennung, Urban & Schwarzen- berg, München — Berlin — Wien 1974

—Dhom, G., und Kopetzky, C. D.: Ein Jahr Prostata-Carcinom-Register, Urologe A 13 (1974) 96 — Nagel, B.: Gedanken zur Dia- gnostik und Behandlung des Prostatakarzi- noms, Urologe B 12 (1972) 123 — Saarlän- dische Krebsdokumentation 1967-1971, Einzelschriften zur Statistik des Saarlandes Nr. 38, Saarbrücken 1973 — Stockhausen, J.: Programmierte Krankheitsfrüherken- nung, D. Ärzte-Verlag, Köln 1971.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. Georg Dhom Dr. med. Karl Otto Wirth 665 Homburg (Saar)

150 Heft 3 vom 16. Januar 1975 DEUTSCHES ARZTEBLAIT

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