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Koalitionsvertrag: Medienpolitik im Nebulösen

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November 2009

Koalitionsvertrag: Medienpolitik im Nebulösen

Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und FDP auch medienpolitische Vorhaben vereinbart, die jedoch vielfach im Nebulösen bleiben. Die um- strittenen Internetsperren gegen Kinderpornographie will die Koalition für ein Jahr auf Eis legen und setzt stattdessen auf die Löschung dieser widerwärtigen Inhalte. Für ein solches Vorgehen hatten sich auch Kritiker ausgesprochen, mit der Argumentation, dass gesperrte Inhalte auch weiterhin mit einigem technischen Know-how auffindbar seien. Die Ge- werkschaft der Polizei hat kritisiert, die uneinheitliche internationale Rechtslage könne nicht so schnell harmonisiert werden, um eine Lö- schung auch wirklich umfassend durchzuziehen. Nun sollte die Bundes- regierung alles daran setzen, auch wirklich die Voraussetzungen zu schaffen, um das Ziel zu erreichen. Sonst geht das Vorhaben ins Leere und es droht ein Rechtsvakuum zugunsten der Täter und zu Lasten der Opfer.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist es sicher, Journalistinnen und Journalisten nicht mehr wegen Beihilfe zur Verletzung von Dienstge- heimnissen zu verfolgen, wenn sie Material veröffentlichen, das ihnen vertraulich zugeleitet worden ist. Gleichzeitig bleibt unklar, wie mit dem Zeugnisverweigerungsrecht umgegangen werden soll. Denn immer noch werden Journalistinnen und Journalisten anders bewertet als zum Bei- spiel Verteidigerinnen, Abgeordnete oder Priester. Das ist eine Gefähr- dung für den investigativen Journalismus, der im Sinne von Presse- und Rundfunkfreiheit und einer umfassenden politischen Meinungsbildung für unsere Demokratie notwendig ist. Journalistinnen und Journalisten müs- sen deshalb ebenso zur Zeugnisverweigerung berechtigt werden wie andere Berufsgruppen.

Auch bei Medienkonzentration und Pressefusionen scheut sich die Koali- tion klare Absichten festzuschreiben. Die Regelungen sollen überprüft werden, um die Meinungs- und Pressevielfalt zu erhalten, wie es heißt.

In welche Richtung es gehen soll, darüber herrscht Schweigen. Zu be- fürchten sind eher Verschlechterungen. Im Raum steht zum Beispiel die Verlegerforderung, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen so zu ändern, das Nachbarschaftsfusionen zwischen Verlagen erlaubt sind, wenn diese zehn Jahre nicht miteinander konkurriert haben. Das wäre einer weiteren Monopolisierung zuträglich, der Pressevielfalt jedoch ab- träglich. Dazu sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund eindeutig: Hände weg. Es bleibt das unbefriedigende Fazit: Dieser Koalitionsvertrag ist medienpolitisch in weiten Teilen nach dem Motto geschrieben: Verschie- ben wir’s auf morgen.

Michael Sommer

Themen:

DGB zu DLR-Online 2

Verdi zu Finanzierung 2

13. RÄStV 3

KEK-Jahresbericht 4

Themendienste BA 5

TV-Lernsender NRW 5

Online-Bürgerrechte 6

Beihilfeverfahren ORF 6 Europas Pressefreiheit 7 WDR: Experten gefragt 8 ZDF-Gutachter 8

VPRT-Kritik ZDFneo 9

ZDFmediathek neu 9

Netzeitung stirbt 10

Otto-Brenner-Preis 11

Endlich: FemTV 12

Lesetipps 12

Veranstaltungen 13

Impressum 13

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November 2009 Seite 2/13

DGB: Stellungnahme Telemedienkonzept DLR

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat in einer Stellungnahme zum Telemedienkonzept des Deutschlandradios erneut seine grundsätz- liche Kritik an den Restriktionen geäußert, die den öffentlich-rechtlichen Sendern im Onlinebereich auferlegt wurden. Die öffentlich-rechtlichen Sender dürften nicht von der zukünftigen publizistischen und crossme- dialen Entwicklung abgekoppelt werden, „im Interesse der Zuschauerin- nen, Zuhörer und Internetnutzer, die mit ihren Gebühren das Recht auf einen Qualitätsrundfunk erwerben, egal über welche technischen Wege sie ihn empfangen“, heißt es in dem Anfang November veröffentlichten Papier. Als nationales Hörfunkangebot verfüge Deutschlandradio über ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Radiolandschaft. „Mit dem vorliegenden Telemedienkonzept werden dessen Stärken in der Erfül- lung seines Auftrags zu Information, Bildung, Kultur aber auch der Un- terhaltung adäquat in die neuen Medien übertragen“, lobt der DGB das Konzept. Positiv seien außerdem die Möglichkeiten zur Partizipation der Nutzerinnen und Nutzer, gerade auch mit Blick auf die junge Generation.

Wünschenswert wäre allerdings eine längere Verweildauer für die kind- gerechten Nachrichten von kakadu.de: „Drei Monate erscheinen doch recht kurz, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sicher auch Lehre- rinnen und Lehrer auf dieses Material gut zurückgreifen können.“

ver.di: Öffentlich-rechtliche ausreichend finanzieren

Die ausreichende Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkan- stalten muss nach Ansicht der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) bei der geplanten Überarbeitung des Rundfunkgebührensystems oberste medienpolitische Priorität erhalten. „Die Ministerpräsidenten müssen sich bei ihren anstehenden Verhandlungen über ein neues Ge- bührenmodell auch dem Problem der zunehmenden Gebührenausfälle beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk stellen“, erklärte Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender Ende Oktober mit Blick auf die Ver- handlungen der Länder. Mit Sorge betrachte ver.di die negative Entwick- lung bei den Gebühreneinnahmen einiger ARD-Anstalten. Die abneh- mende Zahl von Gebührenzahlerinnen und -zahlern aufgrund der demo- grafischen Entwicklung sowie der zunehmenden Befreiungen in Folge sinkender Einkommen und steigender Arbeitslosigkeit in einigen Regio- nen führe zu massiven Gebührenrückgängen. Diese könne der öffent- lich-rechtliche Rundfunk allein kaum noch ausgleichen. Hinzu komme ein immer weniger funktionierender Finanzausgleich innerhalb der ARD.

Die chronische Unterfinanzierung einiger ARD-Anstalten hat nach An- sicht von ver.di bereits dazu geführt, dass diese Anstalten ihrem regiona- len, identitätsstiftenden Programmauftrag nicht mehr ausreichend nach- kommen können. Programmzulieferungen von anderen ARD-Sendern

Stellungnahme als PDF:

http://tinyurl.com/y86bhx9

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könnten keine Dauerlösung für unterfinanzierte Anstalten sein. ver.di bewertet die im September getroffene Einigung innerhalb der ARD, Ra- dio Bremen und den Saarländischen Rundfunk stärker zu unterstützen, als einen ersten richtigen Schritt. Wenn der öffentlich-rechtliche Rund- funk seinem gesetzlichen Auftrag in vollem Umfang nachkommen will, müsse darüber hinaus endlich ein funktionierender Finanzausgleich in- nerhalb der ARD geschaffen werden, so Werneke.

Der rheinlandpfälzische Ministerpräsident und Vorsitzende der Rund- funkkommission der Länder Kurt Beck sagte nach der Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten dazu: „Die Möglichkeiten der Anstalten, Gebüh- renpotenziale zu erschließen, sind erschöpft. Die wirtschaftliche Krise hat zu weiteren Ausfällen geführt, die Befreiungsquote steigt. Gleichzei- tig sinkt die Akzeptanz der Gebühr. Die Konvergenz wird tatsächlich erlebbar, d.h. immer mehr Geräte können auch Rundfunk empfangen, obwohl sie hauptsächlich einem anderen Zweck dienen. Bleibt alles wie es ist, rechnen wir bis 2020 mit bis zu einer Milliarde Euro Minderein- nahmen.“

Die Länder haben zwei Modelle ausgearbeitet, die derzeit einer näheren Prüfung unterzogen werden: Einerseits eine fortgeschriebene Rundfunk- gebühr, andererseits eine so genannte Haushalts- und Betriebsstätten- abgabe. „Es handelt sich hier nicht um politisch bereits entschiedene Modelle“, so Beck. Vielmehr seien es „reine Referenzmodelle“, auf deren Grundlage die politische Ausgestaltung vorgenommen werden könne und auf deren Grundlage „wir die finanziellen Auswirkungen politischer Entscheidungen berechnen können“. All dies führe dazu, dass die Minis- terpräsidenten noch Zeit benötigen. Eine mögliche Entscheidung wollen die Ministerpräsidenten bis zum Sommer 2010 treffen. In diesem Zu- sammenhang soll auch geprüft werden, inwieweit Werbung und Sponso- ring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch weiter eingeschränkt wer- den kann.

13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnet

Die Ministerpräsidenten haben am 30. Oktober 2009 in Mainz auf ihrer Jahreskonferenz den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) unterzeichnet. Mit dem Staatsvertrag wird die EU-Richtlinie über Audio- visuelle Mediendienste in nationales Rundfunkrecht umgesetzt. Er soll nach der Ratifizierung durch die Länderparlamente am 1. April 2010 in Kraft treten. Kurt Beck, Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz und der Rundfunkkommission der Länder sagte: „Der 13. Rundfunkände- rungsstaatsvertrag stellt die Regelungen zur Rundfunkwerbung auf eine neue Grundlage. Vor allem für die privaten Veranstalter werden die be- stehenden europäischen Beschränkungen für die Werbung weitgehend gelockert. Damit schaffen wir optimale Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit für Sender und Dienste der Informationsgesellschaft.“

Die öffentlich-rechtlichen Sender bleiben wie bisher auch an Sonn- und Feiertagen und nach 20.00 Uhr werbefrei.

Produktplatzierung bleibt grundsätzlich verboten. Sowohl für den priva- ten als auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es allerdings Ausnahmen. Während im privaten Rundfunk in Filmen, Unterhaltungs-

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sendungen und im Sport in Eigen- und Fremdproduktionen Produkte gegen Entgelt platziert werden dürfen, ist dies im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur bei angekauften Formaten erlaubt. Unentgeltliche Pro- duktplatzierungen (sog. Produktbeistellungen) sind im privat- kommerziellen wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen und in Ratgeber- und Verbrauchersendungen verboten. Stets unzulässig ist Produktplatzierung darüber hinaus in Kindersendungen. Diese dürfen auch nach wie vor nicht durch Werbung unterbrochen werden.

Auf zulässige Produktplatzierung müsse immer eindeutig hingewiesen werden, sagte Beck. Sie sei zu Beginn und zum Ende einer Sendung und nach jeder Werbeunterbrechung angemessen zu kennzeichnen.

Dies gelte auch für Kaufproduktionen, wenn die Produktplatzierung mit zumutbarem Aufwand ermittelbar ist. Die gravierenden ökonomischen Einbrüche auch in der Medienlandschaft, die Abwanderung von Wer- bung ins Internet und die jetzigen ständigen Verstöße gegen die Rege- lungen zur Schleichwerbung hätten neue Vorgaben mit klarer Transpa- renz nötig gemacht.

KEK stellt Jahresbericht vor

Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hat Mitte Oktober in Potsdam ihren 12. Jahresbericht vorgestellt.

Dokumentiert wird die Tätigkeit im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 30.

Juni 2009. Der Bericht enthält neben Übersichten zur Beteiligungsstruk- tur der bundesweiten privat-kommerziellen Fernsehveranstalter und der Regional- und Drittfensterveranstalter auch Informationen zu Angeboten von IPTV und Web-TV. Des Weiteren umfasst der Bericht Angaben zu digitalen Paketangeboten von Plattformbetreibern sowie Übersichten zu den von den Landesmedienanstalten lizenzierten bundesweiten Fern- sehprogrammen und zu nicht genutzten Sendelizenzen.

Die von der KEK bereits früher aufgezeigten Defizite bei der Bestimmung der Zuschaueranteile hielten auch im Berichtsjahr an. Die Zuschaueran- teile sind ein wesentliches Indiz bei der Beurteilung vorherrschender Meinungsmacht. Die KEK verfügt, trotz ihres gesetzlichen Auftrags, über keine vollständige Datenbasis bei den Zuschaueranteilen. Schwach- punkte bei den von der AGF/GfKFernsehforschung erhobenen Daten sind nach wie vor die fehlende Abbildung der Fernsehnutzung von Nicht- EU-Ausländern und vor allem der Außer-Haus-Nutzung in öffentlichen Einrichtungen. Ferner werden weder von der AGF der Fernsehkonsum (IPTV, Streaming Media) noch die Fernsehnutzung über mobile Endge- räte (Handy-TV) und PC/TV-Tuner-Karten gemessen.

KEK-Jahresbericht als PDF:

http://tinyurl.com/yl3ed3t 13. RÄStV als PDF:

http://tinyurl.com/ybhfw35

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Kritik an Themendiensten der BA

Der Deutsche Journalisten-Verband hat der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgeworfen, die immer dünner werdende Personaldecke in den Redaktionen für ihre Zwecke auszunutzen. Die Arbeitsagentur bietet Radiosendern einen Audiodienst mit sendefähigen Hörfunkbeiträgen und seit wenigen Tagen einen Themendienst Print mit Artikeln und Interviews sowie Fotos an. Bedingung für den kostenfreien Abdruck des Text- und Fotomaterials ist, dass die Redaktionen die Texte ohne Bearbeitungen und Änderungen übernehmen. Kürzungen sind nur in beschränktem Umfang zugelassen, Ergänzungen unzulässig. In den Allgemeinen Be- nutzungsbedingungen auf der Homepage der BA heißt es:

„Die Artikel sind in den vorgegebenen Längen (kurze oder lange Version) zu nutzen. Lediglich aus redaktionellen Gründen darf der Text eines Artikels maximal um 20% der Zeilenanzahl gekürzt werden; bei dieser Kürzung darf der Artikel in Inhalt und Aussage nicht verändert oder ent- stellt werden. Beinhaltet ein Artikel neben dem Text auch Foto(s), dürfen Text und Foto(s) weder voneinander getrennt werden, noch getrennt voneinander veröffentlicht werden, sondern sind zusammen auf einer Seite abzubilden. Die Artikel und ihre Bestandteile (Text, Textteile, Fo- tos) dürfen nicht bearbeitet werden, insbesondere dürfen keine eigenen Texte, Fotos oder sonstige Ergänzungen hinzugefügt werden. Original- aussagen von Protagonisten /interviewten Personen dürfen nicht gekürzt oder verändert werden.“

Zu kritischem Journalismus gehöre die Recherche unverzichtbar dazu, erklärte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Er appellierte an die Journalistinnen und Journalisten, „das von der Arbeitsagentur angebote- ne Material links liegen zu lassen.“ Wer diese Texte, Fotos und Radio- beiträge zu den Bedingungen des Bundesagentur verwende, ohne deut- lich zu machen, dass es sich um interessengeleitete Beiträge handele, verstoße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Er forderte die Bun- desagentur für Arbeit auf, die Themendienste in dieser Form unverzüg- lich einzustellen und die journalistische Unabhängigkeit zukünftig zu respektieren. „Von einer staatlichen Einrichtung erwarten wir die strikte Beachtung medienethischer Grundregeln“, sagte Konken.

Pilotprojekt TV-Lernsender NRW

Die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) hat das Pilotprojekt „Ausbil- dungs- und Erprobungsfernsehen in NRW“ im Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt. Der „TV-Lernsender.NRW“ läuft im digitalen Kabel von Unity Media. Das Programm wird durch Studierende des Instituts für Journalis- tik der Technischen Universität Dortmund redaktionell betreut. Der Sen- der läuft bereits seit dem 1. Juli 2009 im Testbetrieb. Koordinator ist der ZDF-Journalist Prof. Dr. Michael Steinbrecher. Drei Wege führen zur

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Sendung: Die LfM fördert so genannte „Lern- und Lehrredaktionen“, in denen Studierende und Auszubildende praktische audiovisuelle Medien- kompetenz erwerben können. Außerdem werden Schulungen für inte- ressierte Bürgergruppen von der LfM finanziell gefördert. Schließlich ist der Lernsender auch Plattform für Beiträge, die im Rahmen der professi- onellen Fernsehausbildung an Hochschulen und in Betrieben entstehen.

Diese Einrichtungen sind eingeladen, ihre Produktionen im „TV- Lernsender.NRW“ zu veröffentlichen und vor einem landesweiten Publi- kum zu testen.

Dr. Jürgen Brautmeier, Stellvertreter des LfM-Direktors, sagte dazu: „Mit diesem Projekt kombinieren wir Bürgerbeteiligung mit Professionalisie- rung und Ausbildung in einem kontinuierlichen Sendebetrieb.“ Das sei deutschlandweit einzigartig und biete die Chance, neue Formen der me- dialen Ausbildung und Qualifizierung zu entwickeln und zu testen und die Bürgerbeteiligung auf eine neue Stufe zu stellen. Ab dem Wintersemes- ter 2009/2010 werden Studierende und Auszubildende in neun Lern- und Lehrredaktionen in audiovisueller Produktion sowie Redaktionsarbeit qualifiziert. Für interessierte Bürger bieten Einrichtungen wie z. B. die ehemaligen Offenen Kanäle in NRW Fernsehschulungen an.

EU stärkt Internet-Bürgerrechte

In der EU sollen Sperren von Internetanschlüssen künftig durch klare Vorgaben geregelt sein. Damit stärkt die EU die Bürgerrechte im Netz. In Verhandlungen Anfang November einigten sich Unterhändler von EU- Parlament und europäischen Regierungen darauf, dass betroffenen Nut- zerinnen und Nutzern eine Anhörung zusteht. Wichtig sind die Vereinba- rungen für den Umgang mit Raubkopierern. Ausgangspunkt der Diskus- sion um eine solche Regelung war ein entsprechendes Gesetz in Frank- reich. Dort ist nach einer Verfassungsbeschwerde eine Anschlusssperre nur mit richterlicher Anordnung zulässig. Eine solche, vom EU-Parlament gewünschte, Regelung für ganz Europa war aber nicht möglich, da dies unzulässig in die Rechte der Mitgliedstaaten eingegriffen hätte. Als „E- tappensieg für die Zivilgesellschaft“ wertete die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament den Kompromiss. Ausnahmen soll es bei Terrorverdacht und Kinderpornographie geben. Das Parlament muss Ende November im Rahmen des Telekompaketes über die Vereinbarung abstimmen. Anschließend müssen alle Mitgliedsstaaten zustimmen.

EU-Beihilfeverfahren zum ORF abgeschlossen

Die Europäische Kommission hat dem österreichischen öffentlich- rechtlichen Rundfunk (ORF) grundsätzlich grünes Licht für die Erhebung von Gebühren gegeben, teilte der Sender Ende Oktober mit. Gleichzeitig muss sich die Gebührenfinanzierung des ORF aber "auf das zur Erfül- lung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben erforderliche Maß beschrän-

Zu empfangen ist der Aus- bildungs- und Erprobungs- kanal über das digitale Ka- belnetz von Unity Media auf Kanal 137.

Infos:

Tel. 0231 / 475 415-0 www.tv-lernsender.de

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ken", die kommerziellen Tätigkeiten müssten "strikt" von dessen öffent- lich-rechtlichen Tätigkeiten getrennt werden, erklärte die Kommission.

Eine neu einzurichtende Medienaufsicht soll überwachen, inwieweit der ORF die öffentlich-rechtlichen Aufgaben erfüllt. Die Aufsicht soll eine öffentliche Konsultation durchführen, es können auch Beschwerden bei ihr eingereicht werden.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz betonte, dass auf den ORF nun zusätzliche Aufgaben im Bereich der Qualitätssicherung, der Ex-ante- Prüfung neuer Angebote sowie der Ex-post-Kontrolle der Teilnehmerent- gelte zukommen werden. Entsprechende Vorbereitungen hätten bereits begonnen "und werden mit großer Intensität fortgesetzt", so Wrabetz.

Grundsätzlich werde mit der Einigung im EU-Verfahren und der zwi- schen Österreich und der Kommission getroffenen Vereinbarung "die umfassende Erfüllung des Programmauftrags in den Bereichen Informa- tion, Kultur, Sport und Unterhaltung" anerkannt. Von der Kommission hieß es, die Republik Österreich habe zugesichert, den öffentlich- rechtlichen Auftrag des ORF zu präzisieren und die "Finanzierung des ORF strikt auf das zur Erfüllung dieses Auftrags erforderliche Maß zu beschränken". Vereinbarungen zwischen der österreichischen Regierung und der Kommission beträfen auch die nach der Krise geplante "Rekapi- talisierung" des ORF, die "mit den Beihilfevorschriften in Einklang" ge- bracht werden müssten.

Österreich hat zwölf Monate Zeit, die Zusicherungen umzusetzen. Im Detail sieht die Einigung im ORF-Verfahren zwischen Österreich und der EU unter anderem eine Vorabprüfung aller neuen Angebote des ORF vor. Diese müssen von der neu zu konstituierenden Medienbehörde geprüft werden. Der ORF-Prüfung durch die EU-Kommission gingen mehrere Beschwerden über die staatliche Finanzierung des Senders voraus. Beschwert hatten sich im Jahr 2004 der Verband Österreichi- scher Zeitungen (VÖZ) und 2005 der Verband Österreichischer Privat- sender (VÖP) sowie der Privatsender Sky, damals Premiere.

Pressefreiheit: Europas Vorreiterrolle in Gefahr

Mit Sorge betrachtet Reporter ohne Grenzen (ROG) die sukzessive Ver- schlechterung der Situation von Medien und Journalisten in einigen eu- ropäischen Ländern. Anlässlich der Veröffentlichung der neuen ROG- Rangliste zur weltweiten Lage der Pressefreiheit am 20. Oktober warnte die Organisation davor, dass Europa seine langjährige Vorbildfunktion verlieren könnte. So hat Frankreich (43.) im Vergleich zum vergangenen Jahr acht Ränge verloren, Italien (49.) ist um fünf Plätze abgestiegen und die Slowakei (44.) sogar um 37 Plätze abgerutscht. Auch Bulgarien (68.) zeigt einen Abwärtstrend. Dieses Mal ist das südosteuropäische Land um weitere neun Ränge gefallen und bleibt damit Schlusslicht unter den EU-Staaten. Der EU-Beitrittskandidat Türkei sinkt um 20 Plätze im Ranking und steht damit auf Rang 122. In einigen europäischen Ländern sind Medienmitarbeiter auch vor körperlichen Angriffen nicht sicher: In Italien sind mafiöse Gruppen und in Spanien (44., vorher 36.) die ETA für Gewalt und Drohungen gegen Medienvertreter verantwortlich. Auch auf dem Balkan dokumentierte ROG Fälle von Gewalt gegen Journalisten.

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Trotz bedeutender Abwärtsbewegungen besetzen europäische Staaten weiterhin die Mehrheit der ersten 20 Plätze. Deutschland steht in diesem Jahr auf Platz 18 (2008: 20): Als kritisch bewertet wurde unter anderem das im vergangenen Januar in Kraft getretene BKA-Gesetz, das es dem Bundeskriminalamt ermöglicht, Online-Durchsuchungen durchzuführen und die Telekommunikation zu überwachen. Negativ ins Gewicht fielen auch Tendenzen der Pressekonzentration, der immer noch unzureichen- de Zugang zu öffentlichen Informationen sowie vereinzelte Fälle von kör- perlichen Übergriffen auf Journalisten.

WDR: Expertengespräch zu Online-Angeboten

Der WDR-Rundfunkrat hatte für Mitte November zu einem Expertenge- spräch eingeladen, in dem die publizistische Qualität der Internet- Angebote „sportschau.de“, „einsfestival.de“, „wdr.de“ und „WDR Video- text“ erörtern werden sollte. Die Ergebnisse sollen in die Beratungen des Rundfunkrates einfließen. Der Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates Reinhard Grätz erklärte dazu, die bisherige öffentliche Diskussion zum Drei-Stufen-Test habe vor allem Verfahrensfragen und die marktlichen Auswirkungen der Telemedienangebote im Fokus gehabt. Für die Abwä- gungsentscheidung der Rundfunkräte komme jedoch der publizistischen Bewertung eine entscheidende Bedeutung zu. „Statt weitere teure Gut- achten zum publizistischen Wert der Angebote in Auftrag zu geben, ha- ben wir uns für ein Expertengespräch entschieden, bei dem Vertreterin- nen und Vertreter aus Wissenschaft und Publizistik zur Bewertung der publizistischen Qualität Rede und Antwort stehen. Schließlich ist es die Aufgabe der Gremien, die publizistische Bewertung vorzunehmen.“

ZDF-Fernsehrat bestimmt Gutachter

Mit der Erstellung eines Gutachtens über die marktlichen Auswirkungen der Telemedienangebote von ZDF, 3sat und PHOENIX wird die Bieter- gemeinschaft Goldmedia GmbH, Salans LLP und Goldmedia Custom Research GmbH beauftragt. Dies beschloss der ZDF-Fernsehrat am 23.

Oktober in Mainz, nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren.

Das Gutachten soll im Februar vorliegen und im Rahmen des Drei- Stufen-Tests in die Bewertung des Fernsehrats einfließen. Die Kosten der gutachterlichen Bewertung betragen 493.850 Euro. Die Beauftra-

Detaillierte Informationen zur ROG-Rangliste sowie zu einzelnen Regionen:

http://tinyurl.com/ykhrmcl

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gung erfolgt laut den rundfunkstaatsvertraglichen Vorgaben für die Durchführung des Drei-Stufen-Tests. Danach müssen die Gremien bei der Prüfung der Telemedienangebote Gutachter hinzuziehen, um die marktlichen Auswirkungen zu beurteilen.

Bellut: VPRT zeichnet Zerrbild von ZDFneo

Ein Zerrbild des neuen Digitalkanals ZDFneo zeichne der Verband der Privaten Rundfunk und Telkommunikationsunternehmen (VPRT) erklärte ZDF-Programmdirektor Dr. Thomas Bellut zu der Kritik am Konzept des Spartenkanals. Anscheinend fürchte der VPRT einen ernstzunehmenden Wettbewerb um jüngere Zuschauer. Bellut: "Wir werben um ein intelli- gentes, weltoffenes, cleveres Publikum. Das geht nicht mit herkömmli- chen Mustern des Privatfernsehens. Das funktioniert nur mit einer be- sonderen öffentlich-rechtlichen Qualität." Diese Reaktionen bestärkten das ZDF in der Überzeugung, eine Punktlandung geschafft zu haben: ein Programmangebot für junge Familien und die Alterszielgruppe 25 bis 50.

Genau diese Zielrichtung sei mit den Ländern vereinbart und im Rund- funkstaatsvertrag festgeschrieben worden. Der Anteil hochwertiger Do- kumentationen und Reportagen am Programm von ZDFneo betrage nach wie vor über 50 Prozent.

Besonders ärgerlich nannte Bellut "die scheinheilige Kritik", dass der Spartenkanal keine Nachrichten enthalte: "Es waren gerade die Privat- sender, die von der Politik gefordert hatten, ZDFneo dürfe kein Vollpro- gramm werden und deshalb unter anderem keine Nachrichten senden."

Gleiches gelte für Sportsendungen. ZDFneo sei auf Betreiben der Priva- ten aus Angst vor einem neuen öffentlich-rechtlichen Vollprogramm eng auf einen digitalen Spartenkanal eingegrenzt worden. Bellut: "Dass sie uns genau das jetzt zum Vorwurf machen wollen, ist einigermaßen über- raschend." Bei der Behauptung, Sendungen von ZDFneo seien bereits in privaten Programmen zu sehen, unterschlage der VPRT den wichtigen Hinweis, dass er sich hier nur auf ein paar Programm-Rosinen im teuren Pay TV beziehe. "Im frei empfangbaren Fernsehen haben die Privatkol- legen die Finger von der preisgekrönten amerikanischen Serie '30 Rock' oder von den intelligenten Serien der öffentlich-rechtlichen BBC gelas- sen." Die Mutmaßung des VPRT, das Programmschema von ZDFneo könne eine Gebührenerhöhung auslösen, sei eine "Falschmeldung wider besseres Wissen". ARD und ZDF hätten sich nicht nur für die laufende, sondern auch für die Gebührenperiode ab 2013 verpflichtet, keinen zu- sätzlichen Entwicklungsbedarf für diese Kanäle anzumelden. Alle Mittel, die das ZDF in seine drei digitalen Ergänzungskanäle steckt, müssten an anderer Stelle eingespart werden.

ZDFmediathek renoviert

Das ZDF hat seine Mediathek grundlegend überarbeitet. Eine neue Na- vigation sorge für mehr Übersicht und leichtere Bedienbarkeit, teilte der Sender Anfang November mit. Eine Reihe neuer Funktionen mache den Zugriff auf das ZDF-Programm noch komfortabler. Die Hauptnavigation der ZDFmediathek wurde hervorgehoben. Zu den bereits bestehenden

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Sendungs- und Themenkanälen finden Zuschauer unter der Kategorie

"Rubriken" nun zum Beispiel alle Krimis, alle Service-Beiträge oder das volle Kulturprogramm. Mit der Abkehr von der horizontalen Karussell- Navigation hin zu Listen ließen sich deutlich mehr Inhalte auf einen Blick präsentieren, so das ZDF.

Wichtigster Einstiegspunkt in die ZDFmediathek bleibt der elektronische Programmführer "Sendung verpasst?". Hier werden alle abrufbaren Sen- dungen der vergangenen sieben Tage aufgelistet. In der neuen Version startet der Wochenrückblick jetzt mit dem aktuellen Tag und nicht mehr wie zuvor mit dem vorangegangenen. Zu den weiteren Neuerungen ge- hört die "Merkliste": Interessante Beiträge können in einer persönlichen Liste gespeichert werden, die auch bei späteren Besuchen der ZDFme- diathek noch zur Verfügung steht. Diese eigene Favoritensammlung lässt sich per Mausklick auch an andere Nutzerinnen und Nutzer ver- schicken.

Netzeitung wird eingestellt

Die einzige deutsche Internetzeitung wird kurz vor ihrem 10jährigen Be- stehen eingestellt. Wie der Verlag Dumont-Schauberg Anfang November mitteilte, muss die Netzeitung zum 31. Dezember dieses Jahres ihre Tätigkeit einstellen. Allen 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll be- triebsbedingt gekündigt werden. Die Netzeitung sei unwirtschaftlich ge- wesen, erklärte Franz Sommerfeld, Vorstandsmitglied des Verlags, auf dem Mainzer Mediendisput. Das heiße aber nicht, dass das Unterneh- men sich nicht weiter stark im Online-Bereich engagieren wolle. Er nann- te hier beispielsweise die Berliner Zeitung, die online gestärkt werden soll. Bestehende vertragliche Verpflichtungen der Netzeitung sollen noch bis ins erste Quartal 2010 erfüllt werden. Die Internetadresse der Netzei- tung soll künftig als automatisiertes Nachrichtenportal genutzt werden.

Als völlig unverständlich bezeichnete Renate Giersch die Maßnahme.

Sie ist Vorsitzende des Konzernbetriebsrats der BV Deutsche Zeitungs- holding, die zu Dumont-Schauberg gehört. Während der Konzern einer- seits von Paid-Content rede, werde nun den Kollegen der Netzeitung gekündigt, statt sie mit ihrem Know-How in die Online-Aktivitäten bei der Berliner Zeitung und dem Berliner Kurier einzubinden.

Zur neuen Version der ZDFmediathek gibt es ein Internet-Forum:

www.chatsundforen.zdf.de.

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Kritischer Journalismus - Otto Brenner Preis 2009

Die Otto Brenner Stiftung (OBS) hat die Preisträgerinnen und –träger für Kritischen Journalismus 2009 bekannt gegeben. Prämiert werden her- ausragende journalistische Arbeiten zum Motto „Gründliche Recherchen statt bestellter Wahrheiten“. Aus über 500 Bewerbungen wählte die Jury Preisträger für die Auszeichnung in den Kategorien 1. bis 3. Preis, „Spe- zial“ und Medienprojektpreis aus. Außerdem vergab sie drei Recherche- Stipendien. Das Preisgeld beträgt insgesamt 45.000 Euro. Den 1. Preis erhält Marc Thörner für seine Hörfunk-Reportage „Wir respektieren die Kultur – Im deutsch kontrollierten Norden Afghanistans“ Thörner „entlarvt mit chirurgischer Präzision den von vielen Medien angestimmten ver- meintlichen Kampf der Kulturen zwischen aufgeklärten westlichen De- mokratien und rückständigen dogmatisch-islamischen Traditionalisten als ideologisches Konstrukt“, begründet die Jury ihre Entscheidung. Sei- ne hartnäckige Recherche zum Fall des Todesurteils gegen den Journa- listikstudenten Pervez Kaambaksh belege vielmehr, dass auch in Afgha- nistan religiös-politischer Fanatismus genauso wie schon immer und überall zuallererst von jenen genutzt werde, die Machtmissbrauch und Bereicherung decken. „Eine dringend notwendige und preiswürdige Kor- rektur der Berichterstattung über die wahren Begünstigten der Kämpfe deutscher Soldaten am Hindukusch“, so die Jury.

Der 2. Preis geht an die ZDF-Autoren Ulrike Brödermann und Michael Strompen für ihre Dokumentation „Der gläserne Deutsche – wie wir Bür- ger ausgespäht werden“. In der Begründung der Jury heißt es: „Der Bei- trag macht klar, warum Datenschutz nichts Abstraktes ist, sondern erste Hilfe für die Bürgerrechte im digitalen Zeitalter.“ Der prämierte Film sei, obwohl nicht aus diesem Anlass produziert, einer der besten Beiträge zum 60. Jubiläum des Grundgesetzes. Den 3. Preis erhält Simone Säl- zer von der Passauer Neuen Presse. Sie stellt in einer 14-teiligen Serie

„Leben in Würde“ Menschen aus Deggendorf vor, die mit Problemen der gesellschaftlichen Isolation kämpfen. Die Jury würdigt damit „eine über- aus reife Leistung.“ Diese gelungene und innovative Arbeit eines Nach- wuchstalents sei auch als modernes journalistisches Format interessant.

Den Preis in der Kategorie „Spezial“ erhält der Essayist und Kommenta- tor Christian Semler, der auch als freier Autor für die taz arbeitet. Die Jury zeichnet damit „einen scharfsinnigen journalistischen Streiter für Rechtsstaat und Bürgerrechte und sein journalistisches Werk aus“. Sem- lers Stücke zu Demokratie und zu den Bürgerrechten gehörten zum Bes- ten, was der politische Journalismus in Deutschland zu bieten hat, mein- te die Jury. Der Medienprojektpreis geht an die Macher des „ZEIT“- Plagiats vom 1. Mai 2010. „Ein täuschend echtes Plagiat, nicht unprob- lematisch in einer Welt der Medien-Fakes. Am Ende aber überzeugt die politische Botschaft: Es gibt Wege aus der Krise, eine gerechte Welt muss nicht Fiktion bleiben“, meint die Jury.

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FemTV – darauf haben wir schon gewartet!

Von Sabine Nehls

ProSieben-Sat.1 entdeckt die Frauen. Das ist toll und deshalb freuen wir uns auch schon alle ganz doll auf das nächste Frühjahr und den neuen Frauensender FemTV. Denn da, so sagte Vorstandsmitglied Andreas Bartl dem Spiegel, erwarten uns „Themen rund um Mode, Lifestyle, Beauty, Food und Gesundheit“ und natürlich US-Serien wie „Gossip Girl“. Wow – endlich ein Angebot, wie wir es sonst nirgends finden! Na- türlich ist ProSieben-Sat.1 nicht, wie der Interviewer im Spiegel konsta- tiert, so mutig, ausschließlich um uns Frauen mal was richtig Gutes zu gönnen. Nein, wir hatten es schon geahnt: man(n) sieht eine „echte Chance am Werbemarkt“. So könnten dort Werbekonzepte ausprobiert werden, die auf den großen Sendern keinen Platz hätten, wie etwa „gut erzählte und natürlich klar erkennbare Promotionstorys“, verrät uns Bartl.

Super auch, dass sich seiner Meinung nach Frauen den Kopf darüber zerbrechen sollen, wie so ein Sender aussehen sollte. Und deshalb wird auch eine Frau Senderchefin. Die weiß ja bestimmt, was so bei uns an- kommt.

Mensch, ProSieben-Sat.1, das ist prima. Denn welche Frau interessiert sich schon für Politik, Wirtschaft oder das ganze andere Gedöns?! Nee, lieber noch ein paar mehr Werbefilmchen, Promigeschwätz, Modelge- seiere und Schlankheitstipps. So wird sich bestimmt auch der erhoffte Gewinn einstellen, den Ihr in zwei Jahren damit machen wollt. Wenn das mal nicht schief geht.

Lesetipps für Medieninteressierte

Meinungsmache leicht gemacht

„Durch gezielte Meinungsmache beherrschen heutzutage große Interes- sen mit teilweise feudalem Charakter das gesellschaftliche und politische Geschehen“, konstatiert Albrecht Müller in seinem neuen Buch zum Thema. Meinungsmache und Manipulation seien seit Jahrhunderten geläufige Erscheinungen. In jüngster Zeit jedoch entfalteten diese Kam- pagnen eine zerstörerische Wirkung. Dies belegt der Autor mit zahlrei- chen Beispielen: Die Auslieferung der Universitäten an die Wirtschaft, die Zerstörung des Vertrauens in die Sozialsysteme, die Kommerzialisie- rung und Privatisierung der Medien, der Verkehrssysteme und kommu- naler Versorgungseinrichtungen. „Deutschland im Ausverkauf“, stellt Müller fest und folgert: „Auch die Unfähigkeit zu einer wirksamen Wirt- schafts- und Beschäftigungspolitik folgt aus der systematischen Irrefüh- rung des Publikums.“

Vieles von dem, was Müller schreibt ist nicht neu, so zum Beispiel zum Zustand der Medien: Die Medien „sollten als grundgesetzlich verbriefte Stützen einer sachlichen Meinungsbildung fungieren, doch über weite Strecken sind sie selbst zu einem Teil der Propaganda geworden. Viele Journalisten stehen unter massivem Druck, denn die Kommerzialisierung vor allem des Fernsehens und des Hörfunks und der Konzentrationspro- zess in den Medien werden von den Medienkonzernen und den Sendern dazu benutzt, die personelle Ausstattung der Redaktionen immer weiter

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November 2009 Seite 13/13

herunterzufahren und gleichzeitig nur noch Gefälliges zu bieten.“ Den- noch ist sein Band mit der Fülle an Informationen zu einzelnen Themen und der scharfen Analyse ein sehr lesenswertes Kompendium.

Zudem belässt er es nicht bei der Zustandsanalyse, und so kennt man ihn auch von seinen „Nachdenkseiten“ im Internet: Im letzten Kapitel zeigt er Wege und strategische Ansätze für eine Gegenöffentlichkeit auf.

Ein wichtiges Medium für die Gegenöffentlichkeit ist für ihn der Mensch:

„In dem aufkeimenden politischen Interesse der Menschen liegt ein be- achtliches Potenzial.“ Und das Internet gilt ihm als das Instrument, auf dem die große Hoffnung ruht. Er nennt beispielhaft einige Seiten, die schon heute nützliche Informationsquellen sind, darunter auch die von Hans-Böckler-Stiftung und verdi.wirtschaftspolitik. Insgesamt ein unbe- dingt lesenswertes Buch, das für alle, die kritisch auf die Manipulation der Meinung schauen, eine Fülle an Informationen und Hinweisen bietet.

Veranstaltungstipps

Identität Krieger? Junge Männer in mediatisierten Lebenswelten

Veranstalter: Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedien- anstalten und Evangelische Kirche in Deutschland

1. Dezember 2009, 10.00 bis 17.00 Uhr

Tagungszentrum am Hauptbahnhof, Lehrter Str. 68, 10557 Berlin

Schwerpunkte der interdisziplinär angelegten Fachtagung bilden Refera- te zu Männlichkeitsbildern in den Medien aus soziologischer, historischer und pädagogischer Perspektive. In drei Arbeitsgruppen am Nachmittag können praktische Erfahrungen aus der Medienarbeit mit Jungen, dem gesetzlichen Jugendmedienschutz und Erkenntnisse der Wissenschaft gesammelt und diskutiert werden. Die Fachtagung richtet sich besonders an Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit, Pädagogen und ausdrück- lich auch an die interessierte Öffentlichkeit.

Herausgeber:

DGB-Bundesvorstand, Referat Medienpolitik, Henriette-Herz- Platz 2, 10178 Berlin.

Redaktion:

Dr. Sabine Nehls

Tel: 02129-959644 SabineNehls@aol.com

Der medien-newsletter kann abonniert werden über:

www.dgb.de/mediennewsletter/

Albrecht Müller: Meinungs- mache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wol- len. Droemer. München 2009

Einladung als PDF:

http://tinyurl.com/yffs8ju

Referenzen

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