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P4P – ein Kampfbegriff?

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Bayerisches Ärzteblatt 3/2014

75 Leitartikel

Zahlen im OECD-Vergleich wird unfair geführt. Stimmt, in kaum einem anderen Land werden Patienten so oft im Kran- kenhaus behandelt wie in Deutschland.

240 Klinikaufenthalte pro 1.000 Einwoh- ner verzeichnet die Statistik. Der OECD- Durchschnitt liegt bei nur 155. Behandeln wir nun hier in Deutschland zu viele Pati- enten stationär oder die anderen Länder zu wenige? Führend ist die Bundesrepu- blik bei der stationären Therapie von Herz- Kreislauf-Krankheiten und bei Implantati- onen von Hüft-Endoprothesen. Auch bei den Krebstherapien im Krankenhaus liegt Deutschland weit vor anderen vergleichba- ren Industrieländern. Doch die Daten des Landes A lassen sich nicht ohne weiteres mit dem Zahlenmaterial des Landes B vergleichen. So werden beispielsweise in manchen Ländern bei der Anzahl der künstlichen Hüft-Operationen nicht nur die OPs nach Verschleiß, sondern auch dieje- nigen nach Frakturen oder Infektionen und ebenso der Prothesenwechsel gerechnet, was das Ergebnis natürlich grob verzerrt.

Mit dem Kampfbegriff „P4P“ wird also viel- mehr das Vertrauen in uns Ärzte beschä- digt. Wir Ärztinnen und Ärzte arbeiten nach wie vor mit dem Ziel, Fehler zu vermeiden.

Unsere Krankenhäuser und Praxen be- treiben ein konsequentes Fehlermanage- ment und führen auch eine transparente Dokumentation durch. Moderne Medizin kann glücklicherweise mehr helfen, auch der wachsenden Gruppe der älteren und multimorbideren Menschen. Auf der Basis von Daten über den Behandlungserfolg künftig bezahlt zu werden, ist jedenfalls ein gefährlicher Gedanke und fest steht al- lemal: So dürfen unsere Vertragspartner, die Krankenkassen, nicht mit den Kliniken und uns Ärztinnen und Ärzten umgehen!

kung der Qualität […] wird für vier vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausge- wählte planbare Leistungen den Kranken- kassen in den Jahren 2015 bis 2018 die Möglichkeit gegeben, modellhaft Quali- tätsverträge mit einzelnen Krankenhäu- sern abzuschließen.“

Dabei wird P4P definiert mit „Berück- sichtigung des Risikos bei der Perfor- mance-Messung und in der Unterneh- mensbewertung“. Risikoadjustierung von Qualitätsindikatoren bedeutet, dass der Einfluss von patientenindividuellen Risiken (Risikofaktoren) und von unterschiedlichen Verteilungen dieser Risiken zwischen den Leistungserbringern (Patientenmix) bei der Berechnung von Qualitätsindikatoren berücksichtigt wird. Experten sind sich einig, dass risikoadjustierte Ergebnisindi- katoren nicht allein stehen dürfen und ein ausgewogenes Indikatorenset erforderlich ist – dennoch wird das Problem der mög- lichen Risikoselektion bleiben. Dabei stel- len sich grundlegende Fragen: Wo könnte P4P die Steuerung der Versorgung echt verbessern? Welche eigentlichen Ziele werden mit P4P verfolgt? Gibt es verläss- liche Messinstrumente? Wird die Risiko- adjustierung nicht zur Risikoselektion?

Welches könnten die passenden Anreize sein? Wie groß sind Aufwand und Nutzen?

Ich bin fest davon überzeugt, dass das deutsche Gesundheitswesen eines der sichersten und besten weltweit ist. Bei uns werden im Gegensatz zu anderen Ländern Patientinnen und Patienten mit akuten Krankheitsbildern – egal ob sie ge- setzlich oder privat versichert sind – ohne lange Wartelisten behandelt. Die ganze (Facharzt-)Wartezeitendebatte ist absurd.

Doch natürlich ist kein System perfekt.

So gibt es auch bei uns durchaus Ver- besserungspotenziale, beispielsweise bei der Fehlerkultur. Es muss möglich sein, dass Fehler wertfrei und ohne Sanktio- nen diskutiert werden können. Durch die Etablierung von Riskmanagement und von Berichtssystemen zur anonymisierten Meldung kritischer Ereignisse, wie dem Critical Incident Reporting System (CIRS), sind wir hier bereits auf einem guten Weg.

Der AOK-Report konterkariert unsere An- strengungen für mehr Transparenz. Auch die Diskussion um die angeblich unnöti- gen Operationen bzw. um die hohen OP-

P4P – ein Kampfbegriff?

Dr. Max Kaplan, Präsident der BLÄK

Autor

Der Krankenhaus-Report, den die AOK Mitte Januar veröffentlicht hat, stößt bei vielen auf massive Kritik. „Tendenziös“,

„unwissenschaftlich“, „nicht belegt“ lau- ten nur einige der Vorwürfe, die Kliniken, Krankenhausgesellschaften aber auch Ärzteverbände geäußert haben. Die Reak- tionen auf den AOK-Krankenhaus-Report, insbesondere auf die Aussagen über die Todesfälle, die angeblich durch Behand- lungsfehler verursacht werden, sind heftig.

In ihrem Bericht hatte das Wissenschaftli- che Institut der AOK (WIdO) veröffentlicht, dass es pro Jahr in Deutschland 19.000 Tote durch Behandlungsfehler in Kliniken gebe. Die AOK geht bei rund 19 Millionen Klinikfällen im Jahr von einem Prozent Be- handlungsfehler und 0,1 Prozent Todesfäl- len, die auf Fehler zurückgehen, aus. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft rech- net dagegen, dass Ärztekammern und der Medizinische Dienst der Krankenversiche- rung (MDK) 4.862 Behandlungsfehler gut- achtlich festgestellt haben, was bei einem Anteil von 3,6 Prozent an Todesfällen nach Behandlungsfehlern 122 Todesfälle (2012) ausmacht. Soviel zu Zahlen und Statistik!

Unfair ist die Diskussion auch deshalb, weil viele Probleme im Gesundheitswesen durch dessen Komplexität und die immer stärkere Ökonomisierung der Medizin der vergangenen Jahre verursacht sind – und dies durch eben diejenigen, die nun dage- gen zu Felde ziehen: die Krankenkassen und Teile der Politik. Zu knapp kalkulierte DRGs, ärztlicher und pflegerischer Fach- kräftemangel, unzureichende Finanzie- rung, gnadenlose Absenkung der Verweil- dauer, konsequenter Bettenabbau, Druck auf die Ärzte, Geräte und Operationssäle rund um die Uhr auszulasten – die Liste ist lang. Zudem sehen zahlreiche Chefarzt- Verträge vor, dass ein Teil der Vergütung vom wirtschaftlichen Erfolg der Abteilung gemacht wird. Stattdessen wird aber wei- ter der Pseudophilosophie des „pay for performance“ (P4P) das Wort geredet – mit Rückenwind aus der Bundesregierung.

So heißt es im Vertrag der Großen Koali- tion: „Die sektorübergreifende Qualitätssi- cherung mit Routinedaten wird ausgebaut.

Die gesetzlichen Krankenkassen werden verpflichtet, dem Institut geeignete pseu- donymisierte Routinedaten zur Verfügung zu stellen“. Und weiter: „Zur weiteren Stär-

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