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Warburg-Plan und Plebiszit-Vorschlag

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N u m m e r 8 / V e r l a g s o r t G ü t t i n g e n M ä r z 1953 Einzelpreis 0,35 D M / 4. Jahrgang

Warburg-Plan und Plebiszit-Vorschlag

Dio Meldung des Korrespondenten des

„Prt'sst'ilifnstes der Heimdtvertriebenen" in Washington, wonach g e g e n w ä r t i g in m a ß g e b - lichen politischen Kreisen der amerikanischen Bundeshauptstadt zwei . K o m p r o m i ß v o r s c h l ä g e * zur Lösung der Frage der O d e r - N e i ß e - L i n i e erörtert werden, hat durch die Veröffentlichung des „Warburg-Plans" nicht nur ihre Bestäti- gung, sondern auch ihre besondere Beleuchtung erhalten. Nach der hvp-Meldung werden in Washington g e g e n w ä r t i g zwei Pläne eingehend erörtert:

1. Veranstaltung eines Plebiszits^unter den Vertriebenen in Westdeutschland, 'um zu er- mitteln, wieviele von ihnen überhaupt in ihre Heimat z u r ü c k z u k e h r e n gedenken. Nach den Ergebnissen dieses Plebiszits soll die .Anzahl der Quadratmeilen errechnet" werden, die in deutsche Verwaltung z u r ü c k g e g e b e n werden sollen.

2. „ R ü c k g a b e ' Ostpommerns, Ostbranden- burgs und Niederschlesiens an Deutschland, jedoch Abtretung Oberschlesiens und Ost- p r e u ß e n s an die jetzigen V e r w a l t u n g s m ä c h t e . Das ist der sogenannte .Warburg-Plan", nach dem seitens der U S A eine .Regelung" mit der UdSSR in dieser Frage angestrebt werden soll unter gleichzeitiger .Neutralisierung" Deutsch- lands unter UN-Kontrolle.

Hierzu bemerkt der .Pressedienst der Hei- matvertriebenen", d a ß der Warburg-Plan für die Heimatvertriebenen indiskutabel ist, da er dem Artikel H der Atlantik-Charta ebenso widerspricht wie er dem V i e r - M ä c h t e - A b k o m ? men vom 5. Juni 1945 strikt zuwiderläuft, wo- nach die Grenzen Deutschlands die vom Jahre 1937 sind und keine anderen.

Eine aufmerksame Beachtung dagegen ver- dient der sogenannte Plebiszit-Plan, der vor allem auch von jenen politischen Kreisen Washingtons aufs ernsteste erörtert wird, die in den vergangenen Jahren wiederholt sich für die Menschenrechte der Heimatvertriebenen eingesetzt haben und insbesondere unter Mit- wirkung von Senatoren und K o n g r e ß a b g e o r d - neten oder zum mindesten eine Reihe von Ein- gaben an den K o n g r e ß das deutsche Vertrie- benenproblem in seiner ganzen Bedeutung den verantwortlichen Politikern der U S A vor Augen führten. Eine bloße Ablehnung des Plebiszit-Plans von deutscher Seite erscheint schon deshalb nicht angebracht, weil er gerade von den Kreisen vertreten wird, die sich wirk- lich darum m ü h e n , eine .gangbare Lösung" zu erarbeiten und die entsprechenden V o r s c h l ä g e dann bei der Exekutive zum Tragen zu bringen.

Es ist daher für die Organisation der Vertrie- benen und ihre g e w ä h l t e n und verantwortlichen Leiter und A u s s c h ü s s e von Bedeutung, folgen- des in Betracht zu ziehen:

1. W ä h r e n d des letzten Präsidentschaftswahl- kampfes hat. die Republikanische Parteileitung erklärt, daß für die L ö s u n g der deutschen G:enzfragen ein Verfahren nach Art. II der Atlantik-Charta zugrundegelegt werden soil, wonach keinerlei G r e n z v e r ä n d e r u n q e n im Widerspruch zu den frei zum Ausdruck ge- b n Willen der betroffenen B e v ö l k e r u n g erl 'gen sollen.

2. Her Plebiszit-Plan hat an sich eine lange Geschichte, wurde doch bereits vor einigen Jahren vor, best;mm?en politischen Kreisen der Vereinigten Staaten mit exilpolnischen Ver- tretern darüber verhandelt, daß eine Volks- abstimmung uber die Zukunft der O d e r - N e i ß e - Gebiete stattfinden solle, jedoch allein eine Abstimmung unter der neuangesetzten polni- schen B e v ö l k e r u n g und unter A u s s c h l u ß der Heimatvertriebenen. Diese Meldung der kana- dischen Presse war damals z u n ä c h s t zweimal dementiert worden, wurde dann aber in einer HICOG-Verlautbarung aus Frankfurt als im wesentlichen zutreffend bestätigt.

3. Gegen diesen Plan haben sich damals dieselben amerikanischen Kreise gewandt, die jetzt die Frage eines Plebiszits unter den Ver- triebenen erörtern.

4. Dieser Plebiszit-Vorschlag geht insbeson- dere auf das exil- bzw. amerikapolnische Vor- bringen zurück, wonach

a) nur ein kleiner Teil der Vertriebenen in die Heimat z u r ü c k z u k e h r e n gedenke, da es ihnen im Westen bereits .wesentlich besser gehe" als in ihren Heimatgebieten jenseits der O d e r - N e i ß e , die schon immer nichts als e:n .Ballast" des Reiches gewesen seien,

b) die .Gefahr" einer .neuen Austreibung"

der inzwischen jenseits der Oder neu ange- setzten polnischen B e v ö l k e r u n g begegnet wer- den m ü s s e .

5. Das Plebiszit soll nur im Westen statt- finden, weil es hier allein stattfinden kann. Die Vertriebenen in Westdeutschland sollen a'so für ihre Landsleute und Schicksalsgefährten in der Sowjetzone und in den Heimatgebieten sowie in Osterreich zugleich .stellvertretend"

abstimmen.

6. Es besteht noch keine Klarheit darüber, wer .abstimmungsberechtigt" sein 6oll, ob s ä m t l i c h e Vertriebenen oder nur diejenigen Reichsdeutschen, die von jenseits der Oder und N e i ß e gekommen sind.

7. Weder die M o d a l i t ä t e n des Plebiszits,

noch die Richtlinien für die .Auswertung" sind bisher ausgearbeitet, doch scheint es, daß — analog dem Warburg-Plan für das Saargebiet — an eine Abstimmung unter UN-Kontrolle ge- dacht wird. — Werden diese Punkte in Über- sicht betrachtet, so ergibt sich, daß noch eine ganze Reihe von Fragen vorzuklären sind, be- vor eine e n d g ü l t i g e Stellungnahme von seiten der deutschen Heimatvertriebenen erfolgen kann. Es ist aber festzustellen, daß dieser Plebiszit-Plan auch bei den Heimatvertriebenen eine ernste Beachtung findet, wobei jedoch so- gleich hinzugefügt werden m u ß , daß die Frage einer Realisierung der Ergebnisse eines Ple- biszits durchaus nicht allein von den USA ab- hängt, auch nicht vom Westen überhaupt ein- schließlich der exilpolnischen Vertretungen, sondern allein von einem .Deal" mit der So- wjetunion, über dessen Aussicht man mit Recht

pessimistischer Ansicht 6ein kann. Aber für die Auflockerung der Haltung des Westens und besonders Washingtons in dieser Fraqe k ö n n t e dieses Plebiszit zweifelsfrei von großer Bedeu- tung sein, um so mehr, als mit dem Vorschlag

eT6te Anzeichen für den Versuch gegeben sind, überhaupt konstruktive Losungen ins Aug« zu fassen und vorzubereiten. Unter diesen Ge- sichtspunkten sind die beiden Vorschläge zu betrachten, was bedeutet, daß es gänzlich ver- fehlt w ä r e , wenn irgendwelche Vertnebenen- kreise überoptimistische Schlußfolgerungen ziehen w ü r d e n .

Wolfsschanze jetzt Russenhauptquartier

Wie aus Stockholm gemeldet wird, ist das ehemalige .Führerhauptquartier' bei R a s t e n - b u r g von sowjetischen und polnischen Mili- tärbehörden wieder in Betrieb genommen worden.

Die „ W o l f s s c h a n z e " fiel nach dem deutschen Rückzug 1945 den Sowjets unzerstört in die Hände. Damals erstreckten sich die unterirdi- schen Anlagen des ehemaligen F H Q über einen Raum von 38 km Länge und 3—5 km Breite . Ostpreußen wird im Augenblick zu einer unerhörten Militärbasis ausgebaut. Im sowjetischen Teil herrscht seit kurzem starke militärische Tätigkeit. Es werden häufige Ü b u n g e n von F a l l s c h i r m j ä g e r e i n h e i t e n und Ü b u n g s e i n s ä t z e von D ü s e n j ä g e r n gemeldet.

Die Wolfsschanze wird von sowjetischen und polnischen Truppen gesichert. Es hat den A n - schein, als wenn die Zusammenarbeit der sowjetischen und polnischen Militärs ver- stärkt worden ist. Die Streitkräfte dieses Ge- bietes unterstehen einem gemeinsamen Kom- mando und die sowjetisch-polnische Grenze besteht praktisch in diesem Gebiet nicht mehr.

Bisher lag die Wolfsschanze auf sowjetischem, die Stadt Rastenburg auf polnischem Gebiet.

Es wird vermutet, daß die Sowjets das Ge- biet zum Kern einer großen Militärbasis ma- chen wollen. Hohe sowjetische Offiziere und der Oberbefehlshaber der polnischen Streit- kräfte, Marschall R o k o s o w s k i , haben das ostpreußische Gebiet inspiziert Die militäri- schen Planungen dürften seit langem bestan- den haben, da bereits seit 1946 die plan- m ä ß i g e Zerstörung einer Reihe von Orten und Kleinstädten in diesem Kerngebiet ge- meldet wurden, nach gewissen Nachrichten aber die Kasernen verschont blieben und so- gar weiter ausgebaut wurden.

Polen lebt vom deutschen Osten

Erstmals veröffentlicht die in Warschau er- scheinende Zeitschrift „Zycie Slowianskie" ge- nauere Ziffern über den Anteil der unter pol- nischer Verwaltung stehenden deutschen Ost- gebiete an der polnischen Gesamtproauktion.

Danach beträgt ihr Anteil an der industriellen Erzeugung nach dem Stande von 1951/52 rd.

24 v. H . , wobei vor allem die schlesische In- dustrie im Vordergrund steht. Bei der land- wirtschaftlichen Erzeugunq ist der Anteil der O d e r - N e i ß e - G e b i e t e folgender: Getreide 37 •/•, Kartoffeln 34%, Fleisch 28,5% und Milch so- wie Milchprodukte 32,5%.

Nach einem Bericht der Warschauer Zeit- schrift „ N o w o Drogi" betrugen beispielsweise in der gesamten „ W o j e w o d s c h a f t Danzig" im Jahre 1951 die durchschnittlichen Hektar-Er- träge: Für Roggen 12,5 Zentner, für Weizen 13 Ztr. und für Gerste 12,5 Ztr. Diese Ziffern enthüllten eindeutig das außerordentliche A b - sinken der Hektar-Erträge unter polnischer Verwaltung. Denn im gesamten deutschen Osten jenseits der Oder und N e i ß e betrugen im Durchschnitt der Jahre 1933;39 die Erträrje je Hektar: A n Winter-Roggen 16,7 Ztr., an Weizen 21,3 Ztr., an Wietergerste 24 Ztr. und bei Sommergerste 20,9 Ztr. Dabei ist vor einem Vergleich mit dem jetzt für die „ W o j e w o d - schaft Danzig" angegebenen Erträge zu berück- sichtigen, daß es sich um ein besonders fruchtbares Gebiet handelt, dessen Erträge da- mals weit über den angegebenen Dur'h- srhnittswerten lag, die, wie gesagt, den gan-

zen deutschen Osten betreffen.

„Berlin lieat in Os|r>rrMßen"

Der Kölner Buchhändler L u d w i g w ä h l t e Mitte Februar zum Thema des Aussprache- abends („116. M i t t w o c h g e s p r ä c h e s " ) im über- füllten Berliner Titan:apalast die Fraqe: „Leben sich Berlin und Westdeutschland auseinan- der?" Ein Diskussionsredner stellte dabei fest, daß 75% der von ihm befragten Jugendlichen Berlin nach O s t p r e u ß e n - Schlesien-Pom- mern oder Osterreich verlegt hätten.

Sowjetisch-polnische Demarkationslinie

Durch eine Untersuchung des Amtes für Landeskunde (Zentralarchiv für Landeskunde von Deutschland) in Remagen ist es erstmals gelungen, eine genaue Ubersicht über den Grenzverlauf zwischen dem sowjetischen und dem polnischen Verwaltungsgebiet in Ost- p r e u ß e n zu gewinnen. Auf Grund einer ein- gehenden Auswertung polnischer Quellen — vor allem des im Auftrag der Polnischen Geo- graphischen Gesellschaft herausgegebenen W ö r t e r b u c h s der Ortsnamen in den unter pol- nischer Verwaltung stehenden deutschen Ost- gebieten — ergibt sich folgender Verlauf der sowjetisch-polnischen Demarkationslinie in O s t p r e u ß e n :

Auf der Frischen Nehrung liegt die Grenze zwischen den Ortschaften Nannein und Neu- krug; von hier erreicht sie die W e s t k ü s t e Ost- p r e u ß e n s unmittelbar nördlich der Försterei Wachbude. Weiter verläuft die Grenze so, daß entlang ihres Verlaufs vom Westen nach Osten folgende auf der Topographischen Über- sichtskarte des Deutschen Reiches 1:200 000 Verwaltung stehen:

1. Kreis Heiligenbeil: Gerlachsdorf, Grünau, Einigkeit, Birkenau, Waltersdorf, Eisenberg, Kahlwalde, Lauterbach, Pellen, Vorwerk, M ü h - lenhof, Montitten.

2. Kreis Pr. Eylau: Gallingen, Gut Sodehnen, Schwad Iken, Schwewecken, Grünhöf chen, Warschkeiten, Mollwitten, Walkeschken, Poschloschen.

3. Kreis Bartenstein: Hirschwalde, Perkan, Trosienen, Rettauen, K l . Poninken, Klingen- berg, Amalienberg.

4. Kreis Gerdauen: Lindenau, Meleden, Brat- kin, Arnsdorf, Kanoten, Korklack, Dogen, As- saunen, Schiffus, Birkenfeld, Ottoshof Aarau, Räude, Reuschenfeld.

5. Kreis Darkehmen (Angerapp): Waldkerme, Wehrwalde, Angerau, K l . Sobrost, Ramberg, Medunen, Blinkersee, Roßkamp, Almental, Oberhofen.

6. Kreis Goldapp: Birkendorf, Kräuterwiese, Schäferberg, Spechtsboden, Heidensee, Mittel Holzeck, Wehrkirchen, Langenfließ, Praßlau, Serteck.

Die Stadt Nordenburg, übeT deren verwal- t u n g s m ä ß i g e Z u g e h ö r i g k e i t bisher Zweifel be- standen, steht unter s o w j e t i s c h e r Ver- waltung.

Der Grenzverlauf zwischen dem sowjetischen und dem polnischen Verwaltungsgebiet ist also nicht so g r a d l i n i g , wie bisher allge- mein angenommen wurde.

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Echte Eingliederung ist billiger und richtiger..

Das Problem der Auswanderung Vertriebener

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Als im Jahre 1949 nicht nur in Deutschland, sondern insbesondere in politischen Kreisen der Vereinigten Staaten die Frage erörtert wurde, ob nicht das Vertriebenenproblem durch eine „ u m f a s s e n d e A u s w a n d e - r u n g " nach Ubersee gedöst werden k ö n n t e — bekanntlich schlug der Report der sogen. Wal-

ter-Kommission des U S - R e p r ä s e n t a n t e n h a u s e s die Auswanderung von rd. 1 Million deutscher Heimatvertriebener vor — da wurde gerade von seiten der Vertriebenen mit allem Nach- druck auf die Gefahren hingewiesen, welche eine solche Maßnahme mit sich bringen w ü r d e , wenn sie sich überhaupt als durchführbar er- weisen sollte. „Der Göttinger Arbeitskreis"

heimatvertriebener Wissenschaftler hat da- mals in einer in deutscher und englischer Sprache erschienenen Denkschrift: „Die Aus- wanderung — ein Mittel zur Lösung der deut- schen Frage?" (Emigration — A Means of Sol- ving the German Problem?) kurz die Beden- ken zusammengefaßt, die gegen eine umfas- sende Auswanderung bestehen:

Vor allem in der Hinsicht, daß die Einwan- derungsländer nur an einem Zustrom j u n - g e r , tüchtiger und vor allem bereits b e r u f - l i c h a u s g e b i l d e t e r Menschen ein In- teresse haben, was wiederum in Deutschland nur die relative Zunahme des „sozialen Ge- päcks" bedingen würde, also der Soziallasten zur Versorgung der g ä n z l i c h oder teilweise Erwerbsfähigen, die jeder Arbeitende zu tra- gen hat

Der ständig wachsende Zustrom von Flücht- lingen aus der Sowjetzone und die dadurch nicht nur für West-Berlin, sondern auch für die Bundesrepublik entstehenden Belastungen haben erneut die Frage aufgeworfen, ob nicht durch Auswanderung wenigstens eines Teils dieser Flüchtlinge die Lage erleichtert werden könnte. So hat auch der Bundeskanzler bei sei- nem Aufenthalt in Berlin von der M ö g l i c h - keit gesprochen, aus der Sowjetzone geflüch- tete deutsche Bauern nach Kanada zu brin- gen. Dort w ü r d e n sie in ihrem Beruf weiterhin tätig sein k ö n n e n , entgingen der Gefahr der Verstädterung und w ü r d e n bei einer W i e - d e r b e s i e d l u n g der uns z. Z noch ver- schlossenen deutschen Ostgebiete wertvolle Dienste leisten k ö n n e n .

Von zuständiger Seite in Ottowa (Kanada) wird dazu bemerkt, daß Kanada ein Interesse daran habe, tüchtige Landwirte auf bisher noch nicht erschlossenen Ländereien anzu- setzen, jedoch k ö n n e die kanadische Regie- rung weder den Ankauf von Land noch die Beschaffung von Maschinen finanzieren.

Bestenfalls w ü r d e n die Einwanderer — denen man keine Schwierigkeiten bei der Einreise in den Weg legen wolle — ein Darlehn zur Bezahlung der Uberfahrt erhalten.

Diese Tatsachen lassen erkennen, daß für die mittellosen S o w j e t z o n e n f l ü c h t l i n g e der Weg nach Kanada kaum gangbar sein dürfte, es sei denn, von dritter Seite w ü r d e n diese erheblichen Summen zur Finanzierung dieser Auswanderung zur V e r f ü g u n g gestellt.

Bei der Auswanderungskonferenz in Genf im April 1950 schätzte die Weltbank die durch- schnittlichen Einrichtungskosten einer Sied- 'erstelle auf bereits erschlossenem Boden in Südamerika auf mindestens 7 b i s 1 0 0 0 0 D o l l a r . D e m g e g e n ü b e r hält man für die Schaffung eines Arbeitsplatzes in Europa eine Investition von etwa 5 bis 8000 D M für aus-

pichend. Damit ist erwiesen, daß mit der glei- chen Summe, die dafür erforderlich w ä r e , eine

'eutsche Flüchtlingsfamilie nach Ubersee zu rchaffen und ihr dort eine neue Existenz zu ("-möglichen, 3 bis 5 gleichartige Familien in

"Westdeutschland in den Wirtschaftsorganis- mus befriedigend eingegliedert werden k ö n n e n . Werfen wir einen Uberblick auf die bisherige

nntwick1ung der Auswanderungsfrage. Unmit- 'elbar nach dem Zusammenbruch war der Weg

ns Ausland für deutsche Menschen grundsätz- lich versperrt. Ausnahmen wurden nur ge- macht für Personen, an denen das Ausland

>?lbst ein Interesse hatte (Spezialisten usw.).

Has Bestreben der z u s t ä n d i g e n deutschen

•""'eilen mußte daher darauf gerichtet sein, zu- r irhst einmal diese Diskriminierung zu besei- t e n und jedem Deutschen das gleiche Recht

- T Auswanderung zu erkämpfen, wie jedem r Tieren Europäer.

Nach Uberwindung erheblicher 'Schwierig- keiten ist diese Aufgabe gelungen. Im Zuge I - -"r Entwicklung setzte sich im Ausland y "Mach die Uberzeugung durch, daß das (kutsche Vertriebenenproblem in ähnlicher Weise durch Auswanderung g e l ö s t werden I -ne wie das Problem der DP's, die nicht in ihre ursprüngliche Heimat jenseits des eiser- nen Vorhangs zurückkehren konnten oder wollten. Ein sehr großer Teil dieser DP's hat in der Tat in ü b e r s e e i s c h e n Ländern eine neue Heimat gefunden.

Die Bundesregierung hat dem Problem der Auswanderung Deutscher g e g e n ü b e r folgende grundsätzliche Stellung vertreten: Niemand kann zur Auswanderung g e z w u n g e n wer- den, andererseits darf aber auch niemand M der Auswanderung gehindert werden, wenn er sich freiwillig dazu entschließt und wenn die finanziellen und sonstigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. In diesem Fall haben die zuständigen deutschen Stellen nur die Auf- gabe, dem Auswanderungswilligen im Rah- men des M ö g l i c h e n behilflich zu sein und ihn vor u n n ö t i g e n Enttäuschungen und Rückschlä- gen zu bewahren.

Von dieser Grundauffassunq ausgehend, ha- b e n die deutschen Delegationen auf inter- nationalen Konferenzen, die sich mit dem Fl'"--htlingsproblem befaßten, den Vertretern der in Frage kommenden Einwanderungslän-

der folgendes klarzumachen versucht: Die Auswanderung kann nur in sehr geringem Maße zur Lösung des Vertriebenenproblems beitragen. Sie kommt in Frage in erster Linie für Volksdeutsche vertriebene Landwirte, so- fern ausreichende Mittel für ihre Neusiedlung zu beschaffen sind und geschlossene Familien an den neuen Wohnsitz überführt werden k ö n n e n . Als Aufnahmeländer kommen haupt- s ä c h l i c h die USA und die britischen Domi- nions in Frage, in zweiter Linie erst S ü d a m e - rika. Facharbeiter, die das Ausland haben wolle, w ü r d e n in Deutschland selbst dringend gebraucht; diP Bundesrepublik habe gerade aus diesem Grunde keinen Anlaß, die Aus- wanderung besonders zu fördern.

Der gleiche Standpunkt ist auch von der amerikanisch-deutschen S a c h v e r s t ä n d i g e n k o m - mission unter Führung von Mr. H . C, S o r\n e eingenommen worden In dem Bericht dieser Sonne-Kommission an die Bundesregierung ist a u s d r ü c k l i c h hervorgehoben worden, daß die ' E i n g l i e d e r u n g d e r V e r t r i e b e n e n

i n d a s w e s t d e u t s c h e W i r t s c h a f t s - l e b e n d i e w e i t b i l l i g e r e , z w e c k - m ä ß i g e r e u n d v o r d r i n g l i c h e r e A u f g a b e i m V e r g l e i c h z u r A u s w a n - d e r u n g s e i .

Das muß man sich vor Augen halten, wenn sieht jetzt die Frage ergibt, wie den Gefah- ren eines uferlosen Zustroms von F l ü c h t l i n g e n aus der Sowjetzone begegnet werden kann.

Hilfe für die F l ü c h t l i n g e aus der Sowjetzone die unbestritten als Opfer des kalten Krieges anzusehen sind, ist unerläßlich und vordring- lich, weil sonst nicht nur für Berlin, sondern auch für die gesamte Bundesrepublik schwere Erschütterungen des sozialen und wirtschaft- lichen G e f ü g e s drohen.

Die F l ü c h t l i n g e aus der Sowjetzone stellen jedoch nur einen kleinen Teil des noch un- g e l ö s t e n deutschen Vertriebenenproblems dar, das mit deutschen Kräften und Mitteln allein nicht befriedigend g e l ö s t werden kann.

Die wirksame Soforthilfe besteht daher in der G e w ä h r u n g ausreichender Mittel im Sinne des Sonne-Gutachtens zwecks Eingliederung einer m ö g l i c h s t großen Zahl von Vertriebe- nen und F l ü c h t l i n g e n in die westdeutsche Wirtschaft ohne daß der Bundeshaushalt da- durch untragbaren Belastungen ausgesetzt wird. Eine für diesen Zweck gegebene A n - leihe des Auslandes w ä r e gleichzeitig ein überaus wichtiger Beitrag zur S t ä r k u n g der Abwehrkraft Westeuropas gegen die aus dem Osten drohenden Gefahren.

besserungen nun t a t s ä c h l i c h zum g r o ß e n Ärger der ; , F l ü c h t l i n g s s t i m m e " realisiert zu werden scheinen. Weil er mit der Bundestags-Ent- s c h l i e ß u n g zum Deutschland-Vertragswerk einen Schritt auf die friedliche Revision der O d e r - N e i ß e - G r e n z e zu getan hat, — kurz, weil er sich mit Erfolg um die Eingliederung be- müht, und das paßt nicht in das Karlsruher Radikalprogramm des roten „ W e s t d e u t s c h e n F l ü c h t l i n g s k o n g r e s s e s " .

Vorhang zu für Herrn von Cube!

Herr von C u b e , der sattsam bekannte Kommentator des Bayerischen Rundfunks, hat wieder von 6ich reden gemacht. Er bezeichnete die Aufnahme der Ostzonenfitfchtlinge als

„selbstmörderische Humanität", zumal „nur drei Prozent von ihnen echte Flüchtlinge" seien.

Herr von Cube verstieg sich sogar zu der Forderung „Vorhang zu!". Der Fall Cube beginnt nun ein „Fall der Demokratie" zu werden.

Herr von Cube hat schon einmal einen Ent- rüstungssturm gegen seine Art zu kommen- tieren a u s g e l ö s t . Es ist ein offenes Geheimnis, daß die breite Öffentlichkeit Bayerns mit dem bayerischen Rundfunk unzufrieden ist. Die Hei- matvertriebenen k ö n n e n die ö l i g e Stimme des Herrn von Cube nicht a n h ö r e n und erinnern sich weiter seines Freundes Geßner, der einst in München seine Moskauer Parolen über den Sender gehen ließ — die Einheimischen aber schimpfen auf die „baltischen Bayern" und ent- rüsten sich über die Verkitschung einheimi- schen Gedankengutes.

Der Bayerische Landtag beschäftigte sich be- reits einmal mit Herrn von Cube, aber die An- griffe und V o r w ü r f e der Opposition scheinen ledigleich als Theaterdonner gewertet worden zu sein — Herr von Cube kommentierte lustig weiter. Er scheint sich nach wie vor als „Um- erzieher" zu fühlen. Seine letzte Entgleisung aber schlug dem Faß den Boden aus. Herr Geßner hat ihm natürlich sofort ein g r o ß e s Lob im ostzonalen Sender ausgesprochen. Die Z u s a m e n h ä n g e lassen sich mit den H ä n d e n greifen. Bedauerlicherweise haben sich der In- tendant von Scholz und der bayerische M i - nisterpräsident schützend hinter v. Cube ge- stellt. Er bedarf dieses Schutzes, denn aus der Ostzone flattern Briefe der Unterdrückung her- über, die in dem Satz gipfeln: „Pfui Teufel — und s o w a s s p r i c h t d e u t s c h ! " Aber auch westdeutsche m a ß g e b e n d e P e r s ö n l i c h - keiten haben es an Kritik nicht fehlen lassen.

Der Bundesbeauftragte für die Unterbringung der S o w j e t z o n e n f l ü c h t l i n g e , Dr. N a h m , spricht von „maßloser Übertreibung — Anerkennung der deutschen Spaltung und Preisgabe Berlins durch von Cube — Bundesinnenminister L e h r bezeichnete desen Stellungnahme treffend als

„zynische Brutalität" — Der S t a a t s s e k r e t ä r für das F l ü c h t l i n g s w e s e n in Bayern, Prof. Dr. Dr.

O b e r l ä n d e r , aber schreibt dem Herrn ins Stammbuch: „Es gibt Menschen mit Verstand und ohne Herz, aber hier scheint Verstand und Herz zu fehlen, oder Herr von Cube wollte sich b e w u ß t von der Welt des Abendlandes absetzen.

„Das gesamte deutsche Volk hat eindeutig auf diese unverantwortlichen Ä u ß e r u n g e n re- agiert. Aber wir alle, die wir die Vertreibung hinter uns haben, und das ganze deutsche Volk, das in diesen Tagen im Bundesvertrie- benengesetz das U n g l ü c k von Jalta und Pots-

dam, das hauptsächlich jene östliche Diktatur verschuldet hat, wenn der Westen auch die volle Verantwortung mitträgt, in ein Aktivum für den Westen abzuwandeln sucht, fühlen, d a ß

•in einem solchen Augenblick Menschen, die sich in die Not und Schicksaisgemeinschaft Deutschlands nicht einpassen, nicht geeignet sind, Sprecher am Rundfunk zu sein.

Das hat mit der Freiheit des Rundfunks nichts zu tun, im Gegenteil, es ist bedauerlich, daß eine V e r h ö h n u n g der Menschheit im Rund- funk im Jahre 1953 überhaupt g e ä u ß e r t werden werden konnte, und es w ü r d e auch eine Ver- h ö h n u n g bleiben, wenn Herr v. Cube weiterhin uns mit derartig unmenschlichen V o r s c h l ä g e n kommen w ü r d e , nachdem gerade der Westen allen Grund hätte, das Gesetz der Menschlich- keit in allen Formen zu achten."

Der Berliner Senator B a c h erklärt: „Die selbstmörderische H u m a n i t ä t ist seit jenem Tage am Werk, an dem der Balte v. Cube die M ö g l i c h k e i t erhielt, über den bayerischen Rundfunk zu nationalen Angelegenheiten des deutschen Volks in so v e r h ä n g n i s v o l l e r Weise Stellung zu nehmen."

Bei dieser Gelegenheit aber wollen wir mit den „Baltischen Briefen" um der Sache willen feststellen, daß die „recht weit z u r ü c k l i e g e n d e baltische Abstammung" des Herrn Kommenta- tors nicht zu solchen g e f ä h r l i c h e n Verallge- meinerungen führen dürfte. Die deutsch-be- w u ß t e Haltung der Deutschbalten läßt nicht den geringsten Zweifel zu.

Der Fall Cube ist Angelegenheit aller Lands- mannschaften geworden. Die Schlesier werden sich mit seiner Person bei dem g r o ß e n Bundes- treffen in Köln befassen, ü b e r diese Schicksals- gemeinschaft hinaus aber hat er sich die Ver- achtung aller d e u t s c h b e w u ß t e n Kreise zuge- zogen. Wir greifen aus den vielen Kommen- taren und Pressestimmen eine heraus, die soldatisch kurz ist und der wir uns vollinhalt- lich anschließen:

In New Yorck wurden Führer der Kommu- nistischen Partei verurteilt. D er Richter stellte ihnen folgende Alternative: entweder sitzen Sie ihre Gefängnisstrafe ab oder wir schieben Sie nach der UdSSR ab. Ergebnis: sie w ä h l t e n e i n m ü t i g die Gefängnisstrafe. Eine Parallele dazu für Herrn von Cube:

F l ü c h t l i n g e rein, Cube raus, Vorhang zu!

Hälfte der Vertriebenen in Arbeit

Die Belastung, die das deutsche Volk durch die Vertreibung deT B e v ö l k e r u n g jenseits der Oder-Neiße-Linie ü b e r n e h m e n mußte, k ö n n e auf rund 28 Milliarden D M g e s c h ä t z t werden.

Diese Zahl gab Bundesvertriebenenminister Lukaschek im Rahmen eines Rechenschafts- berichts über das Flüchtlingsproblem bekannt.

Fast 500 000 Vertriebene seien bisher umgesie- delt worden. Die finanziellen Unterlagen für die Umsiedlung von weiteren 250 000 sind ge- schaffen. Rund 350 000 F l ü c h t l i n g s w o h n u n g e n sind gebaut worden. Etwa ein Viertel der Ver- triebenen befinde sich wieder in einer ähn- lichen Lebenslage wie in der alten Heimat.

Etwa die Hälfte der Vertriebenen stehe wieder in Arbeit, habe aber einen sozialen Abstieg hinnehmen m ü s s e n . Das restliche Viertel lebt noch heute in echter.und in d r ü c k e n d e r Not.

Moskaus Rassenpolitik

Bei Elbing wurde eine Gruppe von griechi- schen M a r k o s - Partisanen angesiedelt, wo die Griechen in der Fischindustrie und beim Bau von Fischkuttern beschäftigt werden.

Die nächst starke Gruppe biiden die C h i - n e s e n . Sie sind h a u p t s ä c h l i c h Seeleute und befinden sich daher vor allem in Stettin und D a n z i g . Es handelt sich dabei um z. T. in Ausbildung befindliche Reservemannschaften,

die für die poplnisch-chinesische Schiffahrt von Rot-China gestellt worden sind.

S c h l i e ß l i c h gibt es in den Gebieten jenseits von Oder und N e i ß e noch kleinere Gruppen von Rot-Spaniern (etwa 100, h a u p t s ä c h l i c h bei Danzig angesetzt) sowie von nordkoreanischen und vietnamesischen Kindern und Jugend- lichen, die sich im Kreise Guhrau aufhalten

Nach neuesten Berichten sind auch N e g e r in P o m m e r n eingetroffen. Sie entstammen h a u p t s ä c h l i c h f r a n z ö s i s c h e n Formationen in Indochina und auch amerikanischen Einheiten in Korea.

„Kather ctarf n'cht BvD.-Yor- sitzencler werden!"

„Kather darf nicht BvD-Vorsitzender wer- den !•• fordert die KPDistische „ W e s t d e u t s c h e Huchthngsstimme". Und weshalb nicht? Die rote „Stimme" aus Frankfurt antwortet und aus Moskau hallt es wieder: Weil er nicht tn w U t m s c^i c h,t u n5 8 a u s g l e i c h gemacht hat, der in Westdeutschland das Oberste zu unterst gekehrt und eine Finanzierung des Verteidi- gungsbeitrages u n m ö g l i c h gemacht h ä t t e ' W e i l er es nicht zuwege gebracht hat, daß alle Ver- triebenen die W e s t v e r t r ä g e ablehnen! Man Kann es auch anders a u s d r ü c k e n : Weil er den Lastenausgleich verbessert hat, und die V e "

Einheitswerte in der Landwirtschaft

Die Bewertung der V e r t r e i b u r g s s c h ä d e n an landwirtschaftlichem V e r m ö g e n wird, sofern der Einheitswert nicht mehr bekannt ist, mit einem

.Ersatz-Einheitswert" erfolgen. Bei der Errech- nung der Ersatz-Einheitswerte wird voraussieht, lieh von den durchschnittlichen Einheitswert- Hektar-Werten des 1. 1. 1935 ausgegangen wer- den Die Einheitswert-Hektar-Durchschnitts- werte für die ostdeutschen (altreichsdeutschen) Kreise waren die folgenden, wobei zu bedenken ist daß diese Werte nur für mittlere Hofgro- ß e n Geltung haben (bei Kleinbetrieben hegt der Durchschnitts-Hektarwert wesentlich h ö h e r), (Werte in RM) „ . . . .

R e g . - B e z . K ö n i g s b e r g : K ö n i g s b e r g - St 1020, Bartenstein 710. Braunsberg 670, Fisch- hausen 860, Gerdauen 730, Heiligenbeil 770, Heilsberg 610. K ö n i g s b e r g - L . 850, Labiau 730, Mohrungen 670, Pr. Eylau 650, Pr. Holland 760, Rastenburg 850, Wehlau 720.

R e g - B e z . G u m b i n n e n : Insterberg-St.

550, Tilsit-St. 1110. Angerapp 710, Angerburg 560, Ebenrode 830, Elchniederung 910, Goldap 500, Gumbinnen 800. Insterburg-L. 670. Schloßberg 580 Tilsit-Ragnit 710, Treuburg 430.

R e g . - B e z . A l l e n s t e i n : Allenstein-St 550 Allenstein-L. 420, Johannisburg 380, Lotzen 490' Lyck 350. Neidenburg 430, Orteisburg 340, Osterode 540, Rößel 630, Sensburg 510.

R e g . - B e z . W e s t p r e u ß e n : Elbing-St.

1030 Elbing-L. 820, Marienburg 1560, Marien- werder 970, Rosenberg 780, Stuhm 960.

Liste der Heimatkreisvertreter

Im Zusammenhang m i t dem Lastenausgleich wurde immer wieder die Frage.laut, an w e l c h e Heimatkreisvertreter sich die Landsleute w e n - den k ö n n t e n , falls weitere Zeugen beschafft werden m ü ß t e n . W i r geben nachstehend d i e ge- w.nschte A n s c h r i f t e n ü b e r s i c h t :

A n g e r a p p ( D a r k e h m e n ) : W i l h e l m H o e g e r t , (22a) D ü s s e l d o r f , F r i t z - R e u t e r - S t r . 31, b e i F r a u F i n k . A n g e r b u r g : E r n s t M i l t h a l e r , G ö t t i n g e n , J e n n e r -

s t r s ß c 131.

A l l e n s t e i n - S t a d t : F o r s t m s t r . H a n s L u d w i g L o e f f k e , L ü n e b u r g , G a r t e n s t r a ß e 51.

A l l e n s t e i n - L a n d : E g b e r t O t t o , (20a) H a n n o v e r , A n - n e n s t r a ß e 13.

B a r t e n s t e i n : B ü r g e r m e i s t e r a. D . Z e i ß , C e l l e , H a n - n o v e r s c h e S t r a ß e 2.

B r a u n s b e r g : F e r d i n a n d F e d e r a u , B a d K r i p p ( R h e i n ) , H a u p t s t r a ß e 79.

E b e n r o d e ( S t a l l u p ö n e n ) : R u d o l f d e l a C h a u x , (24b) M ö g l i n ( H o l s t e i n ) b e i B r e d e n b e k , K r e i s R e n d s - b u r g .

E l c h n i e d e r u n g : P a u l N ö t z e l , (24b) B r ü g g e ( H o l s t e i n ) V ü b e r N e u m ü n s t e r .

F i s c h h a u s e n : H e i n r i c h L u k a s (24b) G r . - Q u e r n , K r . F l e n s b u r g .

G e r d a u e n : E r i c h P a a p , (20a) S t e l l e ( H a n n o v e r ) ü b e r B u r g d o r f .

G o l d a p : J o h a n n e s M i g n a t , (23) L e e r ( O s t f r i e s l a n d ) , R e i m e r s s t r a ß e 5.

G u m b i n n e n : H a n s K u n t z e , H a m b u r g - B e r - g e d o r f , K u p f e r h o f 4.

H e i l igen b e l l : K a r l G u s t a v K n o r r , H u s u m ( N o r d s e e ) , S c h l o ß .

H e i l s b e r g : R o b e r t P a r s c h a u , A h r b r ü c k , P o s t B r ü c k ( A h r ) .

I n s t e r b u r g - S t a d t : D r . G e r t W a n d e r , O l d e n b u r g i n O l d b g . , A m s e l w e g 4.

I n u t e r b u r g - L a n d : F r i t z N a u j o k s , L ä g e r d o r l ( H o l - s t e i n ) , R o s e n s t r a ß e 4.

J o h a n n i s b u r g : F r i t z W a l t e r K a u t z , B ü n d e ( W e 3 t f . ) , H a n g b a u m s t r a ß e 2-4.

• K ö n i g s b e r g - S t a d t : K o n s u l H e l l m u t h B i e s k e , H a m - b u r g 1. C h i l e h a u s A ; R e g l e r u n g s r a t a. D . S t e c h , (24b) K i e l , A l t e L ü b e c k e r C h a u s s e e 16; P a s t o r H u g o L i n c k . H a m b u r g 13, M i t t e l w e g 110.

K ö n i g s b e r g - L a n d : F r i t z T e i c h e r t , (20b) H e l m s t e d t , G a r t e n f r e i h e i t 17/1.

L a b i a u : L a n d w i r t s c h a f t s r a t W a l t e r G e r n h ö f e r , L a m - s t e d t ( N i e d e r e l b e ) .

L o t z e n : W e r n e r G u i l l a u m e , H a m b u r g 21, A v e r h o f f - s t r a ß e 8 H .

L y c k : O t t o S k i b o w s k i , T r e y s a , B e z i r k K a s s e l . M e m e l - S t a d t : A r n o J a h n , B a d O l d e s l o e T r a v e n -

h ö h e 31.

M e m e l - L a n d : K a r l S t r a u ß , (24b) E c k e r n f ö r d e ( H o l - s t e i n ) , L i n d e n w e g 17.

H e y d e k r u g : W a l t e r Buttkereit, (24b) E c k e r n f ö r d e . L i n d e m v e g 13.

P o g e g e n : H e i n r i c h v o n S c h i e n t h e r , (20b) G e l l i e - h a u s e n 66 ü b e r G ö t t i n g e n .

M o h r u n g e n : R e i n h o l d K a u f m a n n , B r e m e n . S c h i e r -

k e r S t r a ß e 8. ™ N e i d e n b u r g : B ü r g e r m e i s t e r a. D . P a u l W a g n e T (13b)

L a n d s h u t ( B a y e r n ) II, P o s t f a c h 2.

O r t e l s b u r g : G e r h a r d B a h r , B r o c k z e t e l ü b e r A u r i c h . O s t f r i e s l a n d .

O S1 w e r r a )RK ll 1l krh o fV O n Negenborn' <16> W a n f r i e d P r . - E y l a u : ' K a r l v . E i e r n , B r e n k e n , K r e i s Büren,

Westfalen.

P r . - H o l l a n d : C a r l K r o l l , (24b) P e l n e r h o f b e i P i n n e - b e r g , H o l s t e i n .

R a s t e n b u r g : H e i n r i c h H i l g e n d o r f f , F l e h n , P o s t Klet- k a m p ü b e r L ü t j e n b u r g .

R ö ß e l : P a u l W e r m t e r . (24b) K r e m p e , H o l s t e i n ,

N e u e n b r o o k e r S t r a ß e 26. « « « a i e i n , S e n s b u r g : A l b e r t v o n K e t e l h o d t , B r e i t e n f e l d e ü b e r

M ö l l n , L a u e n b u r g .

S c h l o ß b e r g ( P i l l k a l l e n ) : D r . E r i c h W a l l s t (24a) Wen- n e r s t o r f ü b e r B u c h h o l z . w e n - P o s t ä £ EmSt St8dle" Wesselbure n , H o l s t e i n ,

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W e ¥ S t e S ? Ä 2 t Werner Potredt' Hambur* * O s t p r e u ß e n - W a r t e

Heimatblatt aller Ost- und W e s t p r e u ß e n Herausgeber

und verantwortlich für den Gesamtinhalt H e l l m u t h K u r t W a n d e r

T h ^ e r s t rE^a n D d- ye r l a9 ' K"G" Göttingen, S t ä d t u * c ' ,P°S t f- 5 2 Z Bankverbindungen:

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F a i h n Ä ? » r Wude5 ' wenn Rü c k p o - t o beiliegt In DiudT- G ö m m p r nW a* °der S t ö r u n8 E.sat7aniprudi

* • G o , t ," y .e f i Druckerei- u Verl5nq.gesrli,*alt m b H . B ö t t i n g e n , Masdiinühlenwefl 8/10.

(3)

Nummer 3

O s t p r e u ß e n - W a r t e Seite 3

« I T

S t a d l i m W i e t c n f a i t d e

Im Jahre 1926 erstreckte sich das Tilsit war einst ,die Stadt zwischen zwei Brücken'

Stadtgebiet über eine Strecke von 13,5 Kilometern, wobei der bebaute Teil sich in einer Länge von o,5 km am linken Vier der Memel hinzog. Das ausgesprochene Geschäftsviertel mit den beiden Hauptstraßen, der .Deutschen Straße" und der „Hohen Straße" und den 1,5 km langen Uicranlagen bildeten den alten Stadtkern, der nach Osten und Westen durch Industrieanlagen iongesetzt wurde. Die verhältnismüßig große Längenausdehnung der Stadt erklärt sich z. T.

auch daraus, daß im Jahre 1919 mit der Stadt je zwei östliche und westliche Vororte vereint w u r d e n , die alle an der großen Landstraße Ragnit—Kaukehmen lagen. Außerdem bot ja die Weite des Stromlandes Raum genug iür eine städtebauliche Ausweitung.

A l t e G e m ä l d e u n d Stiche geben K u n d e v o n e i n e m festen O r d e n s h a u s , u m das h e r u m ßich d i e erste A n s i e d l u n g e n t w i c k e l t e . D e r O r d e n n ü t z t e d i e n a t ü r l i c h e G r e n z s c h e i d e der b r e i t e n M e m e l , u m seine V e r t e i d i g u n g s l i n i e n a c h O s t e n mehr und mehr-zu festigen. Z u A n - fang des 15. J a h r h u n d e r t s erstreckte s i c h hier eine ganze Kette v o n befestigten B l o c k h ä u s e r n und festen Burgen u n d v o n O b e r e i s s e i n bis z u m heutigen T i l s i t k o n n t e n derer a l l e i n 14 g e z ä h l t w e r d e n . D i e L i t a u e r haben e t l i c h e v o n i h n e n i n s c h w e r e n K ä m p f e n z e r s t ö r t u n d a u c h jene sagenhafte B u r g „ K a u s t r i t t e n " , d i e auf dem T i l - siter S c h l o ß b e r g gestanden haben d ü r f t e , w i r d w a h r s c h e i n l i c h 1365 v e r n i c h t e t w o r d e n 6ein.

Jedenfalls k o n n t e n b e i G r a b u n g e n i m Jahre 1939 n o c h F u n d a m e n t e aufgefunden w e r d e n . Das T i l s i t e r O r d e n s h a u s w u r d e i m J a h r 1402 e r r i c h - tet. Es unterstand einem Pfleger, d a der K o m t u r s e i n e n festen Sitz auf B u r g R a g n i t hatte.

Im J a h r e 1552 w u r d e der M a r k t f l e c k e n T i l s i t z u r Stadt erhoben. H e r z o g A I b r e c h t v e r l i e h i h r aus diesem A n l a ß e i n W a p p e n , das i n s i l - b e r n e m G r u n d e eine W e h r a n l a g e darstellte, u n t e r der W a s s e r (Die M e m e l ? ) floß. M i t Bezug auf d e n V e r l e i h e r dieses W a p p e n s w u r d e der mit einem K e g e l d a c h versehene T u r m der Z e i c h - n u n g m i t d e m H o h e n z o l l e r n s c h e n H a u s s c h i l d v e r z i e r t .

Eine Stadt mit Tradition.

L e i d e r v e r f i e l das alte O r d e n s s c h l o ß bis auf e i n i g e k ü m m e r l i c h e M a u e r r e s t e u n d so w a r der S c h l o ß p l a t z alles andere a l s e i n l a d e n d oder a n - m u t i g , bis auf j e n e n k l e i n e n W i n k e l m i t dem s c h l i c h t e n H a u s e i m Schutze d e r alten S c h l o ß - m ü h l e , das i m U n g l ü c k l i c h e n K r i e g e v o n dem p r e u ß i s c h e n K ö n i g s p a a r e b e w o h n t w u r d e . H i e r hat a u c h d i e h i s t o r i s c h e B e g e g n u n g der K ö n i g i n L u i s e m i t N a p o l e o n stattgefunden.- D i e D e u t - s c h e K i r c h e , d i e alte O r d e n s k i r c h e aus d e n J a h r e n 1598—1610 gab der g a n z e n Stadt das G e - p r ä g e . D e r k r a f t v o l l e T u r m h e l m hat auch d e n z w e i t e n W e l t k r i e g ü b e r s t a n d e n . Das b a r o c k e R a t h a u s w u r d e i n d e n J a h r e n 1753—55 er- richtet. I h m g e g e n ü b e r s t a n d das D e n k m a l des g r ö ß t e n S o h n e s ' der Stadt, G o t t l o b F e r d i n a n d M a x i m i l i a n s v o n S c h e n k e n d o r f f .

R ü c k e r t n a n n t e i h n einst d e n „ K a i s e r h e r o l d "

u n d die v o m S c h ö p f e r des D e n k m a l s , des T i l s i - ter B i l d h a u e r s E n g e l k e i n E r z gegossenen D i c h - terworte h a b e n bis auf den h e u t i g e n T a g i h r e n K l a n g behalten:

„ I c h w i l l m e i n W o r t n i c h t b r e c h e n w i l l p r e d i g e n u n d s p r e c h e n v o m K a i s e r u n d v o m R e i c h " .

Schenkendorff w u r d e a m 11. Dezember 1783 als S o h n eines f r i d e r i z i a n i s c h e n Offiziers i n der H o h e n S t r a ß e 39 geboren. Seine Lieder w u r d e n einst v o n einer deutschen J u g e n d gesungen, d i e g l ä u b i g e n H e r z e n s den K a m p f u m die Befreiung v o n f e i n d l i c h e m J o c h aufnahm. Das L i e d „ F r e i - heit, d i e i c h m e i n e " ist j a sogar i n unseren T a - gen n o c h e r n s t l i c h i n d i e engere W a h l gezogen w o r d e n . Schenkendorff — e i n F r e u n d des be- k a n n t e n J o u r n a l i s t e n G ö r r e s vertrat eine A n g l e i c h u n g z w i s c h e n b e i d e n g r o ß e n christ-

l i c h e n Bekenntnissen i n Deutschland. V i e l zu früh — er starb mit 34 J a h r e n — r i ß i h n der T o d aus seinem Schaffen.

Das T i l s i t e r G r e n z l a n d m u s e u m barg v i e l e w e r t v o l l e S t ü c k e e h r w ü r d i g e r Stadtge- schichte, kostbare Fahnen der alten Zünfte, G e - m ä l d e u n d Stiche — aber auch Waffen, G r ä b e r - funde u n d e n d l i c h S t ü c k e alter W o h n k u l t u r und Beweise bester H a n d w e r k s k u n s t , w i e A r b e i t e n der Z i n n - u n d G e l b g i e ß e r .

Diese Zeugnisse echten k u l t u r e l l e n Lebens w ä r e n u n v o l l s t ä n d i g , w ü r d e nicht auch der Son- d e r s t e l l u n g T i l s i t s als Grenzstadt, nach der A b - trennung deutscher Gebiete durch d e n Versair- ler V e r t r a g gedacht. In dieser Zeit wandelten sich W i e s e n w e i t e n mehr und mehr i n wunder- s c h ö n e P a r k a n l a g e n . Promenadenwege a n der Tilse, die S c h w i m m b ä d e r ' , die Sportanlagen, das s c h ö n e u n d gepflegte J a k o b s r u h , a u c h das alles . g e h ö r t e z u jenem T i l s i t , das nicht n u r die Ost-

p r e u ß e n als gastgebende Stadt n o c h i n E r i n n e - r u n g haben d ü r f t e n .

Der T i l s i t e r M u s i k d i r e k t o r Peter W i l h e l m W o 1 f f w a r Leiter des T i l s i t e r K o n s e r v a t o r i u m s und Initiator eines b l ü h e n d e n M u s i k l e b e n s , be- kannt als D i r i g e n t w i e auch g l e i c h e r w e i s e als M u s i k e r z i e h e r und G r ü n d e r des „ O r a t o r i e n v e r - eines". U n t e r seiner S t a b f ü h r u n g w u r d e sogar

h ö h e n . Daher stand b e i T i l s i t die erste feste Brücke i n F o r m einer Schiffsbrücke bereits i m Jahre 1767. 1807 w u r d e sie verbrannt, um den n a c h r ü c k e n d e n K o r s e n die V e r f o l g u n g der preu- ß i s c h e n und russischen T r u p p e n z u erschweren.

Im Jahre 1808 w u r d e die B r ü c k e w i e d e r aufge- baut u n d zwar w u r d e n z u diesem Z w e c k e für den n ö r d l i c h e n T e i l Pfähle getrieben. Der untere T e i l der B r ü c k e m u ß t e ausschwenkbar bleiben,

Lied der Bäume

Vier alte Bäume stehn am Rhein, Und wenn die stille Mondnacht spinnt, Drei stehn am Memelstrom, Rauschen die vier am Rhein,

Dazwischen wölbt sich hehr und rein Und die am Memeluier sind, Des Vaterlandes Dom. , Fallen im Chor mit ein.

Wer dieses hört, vergißt es nicht, Es zieht ihn himmelwärts,

Er weiß, die deutsche Seele spricht, Und selig lauscht sein Herz.

( A u s : N a u j o k , „ D J e g e r e t t e t e n G e d i c h t e " )

die „ M i s s a s o l e m n i s " ganz ausgezeichnet ge- bracht. A u c h als Theaterstadt g e n o ß T i l s i t einen guten Ruf. Das Theater hatte a m N o r d - rand des A n g e r s einen s c h ö n e n Platz gefunden und w a r bekannt w e g e n seiner Leistungen, aber auch v i e l e r ausgezeichneter G a s t s p i e l a u f f ü h - rungen,

Die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt.

W i e bereits z u Beginn gesagt, w a r die T i l s i t eine „ S t a d t der B r ü c k e n " . Gerade h i e r w a r e n die Ü b e r g ä n g e ü b e r den Strom leichter z u be- w ä l t i g e n , als e t w a b e i den Ragniter D a u b a s -

u m n i c h t i m F r ü h j a h r durch das Eistreiben ge- f ä h r d e t z u sein. Erst i m Jahre 1907 trat a n die Stelle der alten S c h i f f s b r ü c k e die bekannte L u i - s e n b r ü c k e m i t einer G e s a m t l ä n g e v o n 416 M e - tern, die a n L ä n g e n u r v o n der g r o ß e n Eisen- b a h n b r ü c k e (536 Meter!) ü b e r t r o f f e n wurde.

Bildete die Stadt also v e r k e h r s m ä ß i g einen w e s e n t l i c h e n Knotenpunkt, so k a m dies auch zum A u s d r u c k i m Wirtschaftsleben der Stadt.

Z u M i c h a e l i s stand die Stadt v ö l l i g i m Zeichen des g r o ß e n Jahrmarktes, der seine v i e r W o c h e n dauerte u n d eine g r o ß e A n z i e h u n g s k r a f t bis weit hinauf nach K u r l a n d a u s ü b t e . In der Haupt- sache w a r e n es agrarische Erzeugnisse oder E r - t r ä g n i s s e des Fischfanges, die hier getauscht und verkauft w u r d e n . Fremde Kaufleute brach- ten Felle und kostbare Pelze, aber auch d i e Töpfer, Z i n n g i e ß e r , L a k e n - und T u c h h ä n d l e r , die K ö n i n s b e r n e r S e i d e n h ä n d l e r , die Schuhmacher, die Z u c k e r b ä c k e r hatten hier ihre festen S t ä n d e . N a t ü r l i c h v e r l o r der J a h r m a r k t i n unseren T a - gen v i e l seiner u r s p r ü n g l i c h e n Bedeutung, aber er hielt sich dennoch, w e n n er auch statt v i e r W o c h e n nunmehr l e d i g l i c h 8 Tage dauerte.

N i c h t minder bekannt und besucht w a r auch der

„ T i l s i t e r Pferdemarkt".

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts w i r k t e i n T i l - sit der A p o t h e k e r J o h a n n W ä c h t e r , ein M a n n mit einer ungeheuren Energie, der den ersten A n s t o ß für eine b o d e n s t ä n d i g e Industrie gab. W ä c h t e r baute eine Zuckersiederei, es ent- standen nacheinander eine Essigfabrik, eine Ö l - m ü h l e , eine K n o c h e n m ü h l e , eine F a b r i k a n l a g e mit einem Riesenspeicher, a n den s i c h z w e i k l e i n e H ä u s e r schmiegten und anlehnten. V o r einem dieser k l e i n e n H ä u s e r schwang s i c h e i n Torbogen h i n ü b e r z u dem grauen F a b r i k g e - b ä u d e . Er trug e i n k l e i n e s N a m e n s s c h i l d

„Emilienhof" zu E h r e n der G a t t i n jenes t ü c h - tigen A p o t h e k e r s .

Die bestimmendste Rolle allerdings sollte die holzverarbeitende Industrie spielen. A u s den W e i t e n R u ß l a n d s k a m e n durch T i l s i t u n d i n der Hauptsache nach T i l s i t die „ D z i m k e n " , lieferten hier das H o l z ab u n d kehrten dann nach R u ß l a n d z u r ü c k . Im Jahre 1913 w a r e n es noch ü b e r 2 M i l - lionen Festmeter, dann fiel nach dem ersten W e l t k r i e g e — infolge Besetzung des W i l n a g e - bietes und der dadurch a u s g e l ö s t e n M a ß n a h m e n Litauens die Z a h l der F l ö ß e und somit der Fest- meterzahl mehr u n d mehr auf 34 0C0 oder 35 000 Festmeter i m Jahre 1930. um dann wieder leich!

anzusteigen (1934: 97 900 Festmeter).

Handels- u n d Industriekammer, s o w i e ein H o l z m e ß a m t kennzeichneten nach a u ß e n h i n die Bedeutung der Stadt, i n deren Bereich eine der g r ö ß t e n Zellstoff-Fabriken Deutschlands mit

ü b e r 1500 M a n n Belegschaft, M a s c h i n e n - , S e i - fen-, Lederfabriken, an die 40 S ä g e w e r k e , Bren- nereien, Brauereien, M e h l m ü h l e n , T a b a k f a b r i - ken usw. verzeichnet werden konnten. O h n e die Katastrophe des zweiten W e l t k r i e g e s w ä r e der wirtschaftliche A u f s c h w u n g Tilsits w o h l erst so richtig angelaufen.

A l s Tilsit i m ersten W e l t k r i e g v o n den Russen genommen w i n d e , da haben die B ü r g e r der Stadt Unterlagen, Plakate, Fotos und V e r l a u t b a r u n g e n der Besatzungsmacht zusammengetragen, die s p ä t e r i n F a k s i m i l i w i e d e r g a b e n zu einem ausge- zeichneten Erinnerungsband zusammengestellt wurden. W e r schreibt w o h l heute i n ä h n l i c h e r F o r m d i e Geschichte dieser Stadt?

„Gefallen sind Dächer und Türme die Heimat ist kalt und leer, die Stadt steht arm und verloren sie hat ihre Kinder nicht mehr.

— Oft, in dunklen Nächten weckt uns vertrauter Ton — ruft die geliebte Heimat?

Ruft uns der Memelstrom?

A u s einem Gedicht von Charlotte K e y s e i

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Zu unseren Bildern:

Der „Stadtplan" soll unseren Lesern die Mög- lichkeit zu kleinen Eintragungen geben. Links unten: Weit schweift der Blick über die Dächer der „Stadt im Wiesenlande", über Acker, Felder und Wiesen. Unsere Aufnahme ver- mittelt nur einen schwachen Eindruck von der Tiefe des Raumes und dem Spiel der Farben und des Lichtes, obwohl es dem ne'annten Lichtbildner Harro Schumacher zweiiehn'me ge- lang, ein selten schönes Foto zu schallen. — Rechts unten- Der kraftvolle Turm der Deutsch-Ordenskirche ist und bleibt das Wahr- zeichen der Stadt.

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