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„Offener Brief“ der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin

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„Offener Brief“

der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin

Kleinstaaterei in Deutschland!

Im Freistaat Sachsen will man einen Hausarzt, spaltet aber die Gruppe mittels Richtgrößen im KV-System auf. Ein Fehler mit Fol- gen.

Eine Trennung der Arzneimittel- und Heilmittelrichtgrößen in die Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin/

Praktische Ärzte und die der haus- ärztlich tätigen Internisten halten wir aus folgenden Gründen für unzuläs- sig (Zahlen siehe Kasten).

1. Fachärzte für Allgemeinmedizin und hausärztlich tätige Internisten haben den identischen Patientenver- sorgungsauftrag, somit ist es nicht nachvollziehbar, weshalb eine Tren- nung der Arzneimittelrichtgrößen erfolgt. Auch die Argumentation, hausärztlich tätige Internisten wür- den ein größeres Spektrum an Diag- nostik und Therapiemöglichkeiten anbieten, trifft so nicht mehr zu. Die jüngere Generation der Fachärzte für Allgemeinmedizin hat ebenfalls eine fundierte und moderne internisti- sche Ausbildung genossen und bie- tet nunmehr zum Beispiel Sonogra- phiediagnostik, LZ-RR, LZ-EKG, Ergo- metrie und Dopplerdiagnostik an und leitet konsekutiv eine leitlinien- gerechte medikamentöse Therapie ein. Ganz im Gegenteil haben gut weitergebildete Fachärzte für Allge- meinmedizin ein wesentlich größeres Spektrum als die Innere Medizin.

2. Weiterhin ist festzustellen, dass es sich um eine eindeutige Wettbe- werbsverzerrung handelt, wenn hausärztlich tätige Internisten auf- grund der höheren Arzneimittelricht- größe vielfältigere Medikamenten- verschreibungsmöglichkeiten besit- zen.

Ein wichtiges Argument gegen den Schritt in die Selbständigkeit einer Landarztpraxis ist die Angst vor einem Regress. Ein Internist geht mit einem viel größeren Sicherheitspaket in die Niederlassung.

Sollte der Anteil zukünftiger Haus- ärzte durch solche Anreize haupt- sächlich der hausärztlich tätige Inter- nist sein, dann fördert man in erster Linie die Versorgung in Städten und Ballungszentren. Hier sollte man bedenken, dass man als hausärztlich niedergelassener Internist auch rein fachinternistisch arbeiten kann, bei- spielsweise schwerpunktmäßig kar- diologisch, pulmologisch oder gast- roenterologisch. Das sollte kritisch überdacht werden. Auf dem Lande braucht man auf alle Fälle den allum- fassend ausgebildeten Allgemeinarzt und keinen Subspezialisten.

3. Eine Recherche im Auftrag der Sächsischen Landesärztekammer zeigt, dass es in Deutschland in sie- ben von 17 deutschen KV-Bereichen eine einheitliche Richtgröße für die Hausärzte gibt, auch in unserem Nachbarbundesland Sachsen-Anhalt ist dieser wichtige Schritt geschafft.

4. Bedingt durch die Weiterbildungs- ordnung wird die Hausarztweiterbil- dung ohne bestehendes Rotations- system an Kliniken und ohne Ver- bundweiterbildung meist zugunsten einer rein internistischen Weiterbil- dung verschoben. Für Allgemeinme- diziner ist aber unumstritten neben der internistischen praktischen Erfah- rung auch die chirurgische, pädiatri- sche, orthopädische und möglichst psychosomatische von großem Vor- teil für die spätere Hausarzttätigkeit.

Dies ist besonders bei der unmittel- baren Patientenversorgung auf dem Lande von Bedeutung. In einer Land- arztpraxis müssen Patienten jeden Lebensalters und jeglichen Bera- tungsanlasses behandelt werden, das sogenannte unausgelesene Pati- entengut. Demzufolge ist eine inter- disziplinäre allgemeinmedizinische Ausbildung extrem wichtig. In Zeiten des unumstrittenen Landärzteman- gels ist es folglich sehr wichtig, Stu- denten und Assistenzärzte für das Fachgebiet Allgemeinmedizin zu motivieren. Eine Trennung der Arz- neimittelrichtgröße wirkt dem ent- schieden entgegen.

Somit ist festzustellen, dass eine Trennung der Richtgrößen für die Hausarztgruppe eine Wettbewerbs- verzerrung darstellt, falsche Anreize in Zeiten des Landarztmangels setzt

und den Nachwuchs von bestens für die ländliche Einzelpraxis ausgebilde- ten Fachärzte für Allgemeinmedizin gefährdet. Europaweit strebt man die Schaffung eines einheitlichen Hausarztes an, wie kann man da weiter an einer Aufsplittung festhal- ten!

Die SGAM fordert eine Erhöhung der Arzneimittelrichtgröße für Allge- meinärzte auf das Niveau der haus- ärztlichen Internisten.

Die unsinnige Trennung der an der hausärztlichen Versorgung teilneh- menden Arztgruppen (Allgemeinme- diziner und Praktische Ärzte/haus- ärztliche Internisten) muss aufgege- ben werden zugunsten einer einheit- lichen Hausarztgruppe.

Richtgrößen 2012

(Euro pro Quartal) in Sachsen:

für Arznei- und Verbandmittel einschließlich Sprechstundenbe- darf (Bruttowerte)

Hausärztliche Internisten M/F 77,39 € R 168,33 €

Allgemeinmediziner/Praktische Ärzte M/F 41,70 € R 135,46 € Das sind für Hausärzte bei (M/F) pro Patient 35,69 € weniger, mit anderen Worten fast nur die Hälfte der Internisten-Richtgröße, weniger klafft die Spanne bei Rentnern (R) mit 32,87 €.

Überschlägt man dies orientie- rend an einer Hausarztpraxis mit 1000 Scheinen/Quartal, dann ist das Sicherheitspaket der Allge- meinmediziner pro Quartal ca.

34.000 € kleiner. Anders ausge- drückt müsste ein Allgemeinmedi- ziner für 34.000 € in der Lage sein, weitere 815 M/F mit Arznei- und Verbandmittel zu versorgen oder weitere 251 R.

26. April 2012 Präsidium der Sächsischen Gesellschaft für

Allgemeinmedizin (SGAM) e.V.

Berufspolitik

362 Ärzteblatt Sachsen 9 / 2012

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