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Wahlprüfungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - Anerkennung einer Wählervereinigung vom 19.11.2007

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Wahlprüfungsgericht

der Freien Hansestadt Bremen

- Wahlprüfungsgericht -

Freie

Hansestadt Bremen

Niedergelegt in unvoll- ständiger Fassung auf der Geschäftsstelle am 20.11.2007, 10:00 Uhr gez. Schelske

als Urkundsbeamtin der Ge- schäftsstelle

Az: W K 1818/07

Kr

Beschluss

In der Wahlprüfungssache

der

Einspruchsführerin,

w e i t e r e B e t e i l i g t e :

1. der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Herr Christian Weber, Haus der Bürgerschaft, Am Markt 20, 28195 Bremen,

2. der Landeswahlleiter, Herr Jürgen Dinse, An der Weide 14 - 18, 28195 Bremen,

Prozessbevollmächtigter zu 2.:

Rechtsanwälte,

hat das Wahlprüfungsgericht der Freien Hansestadt Bremen durch den Präsidenten des Ver- waltungsgerichts Eiberle-Herm und den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Kramer sowie die ehrenamtlichen Richter Bürgerschaftsabgeordnete Frehe, Grotheer, Marken,

Perschau und Winther am 19.11.2007 beschlossen:

Der Einspruch wird zurückgewiesen.

gez. Eiberle-Herm gez. Kramer

(2)

...

G r ü n d e

I.

Die Einspruchsführerin ficht als Wählervereinigung die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) am 13.05.2007 an.

Mit Schreiben vom 07.02.2007 zeigte die Einspruchsführerin dem Landeswahlleiter an, dass sie sich an den Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft und zur Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bremerhaven am 13.05.2007 beteilige. Ihre Satzung in der Fassung vom Dezember 2002 fügte die Einspruchsführerin bei.

Der Landeswahlausschuss hat auf seiner Sitzung am 16.03.2007 der Einspruchsführerin die Anerkennung als Wählervereinigung zur Bürgerschaftswahl (Landtagswahl) verweigert, nicht jedoch die Anerkennung für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung.

Demzufolge konnte die Einspruchsführerin keine Wahlvorschläge zur Bürgerschaftswahl am 13.05.2007 einreichen.

Die Bekanntmachung des endgültigen Ergebnisses der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) durch den Landeswahlleiter erfolgte am 08.06.2007 (Brem.ABl. S. 611). Am 27.06.2007 legte die Einspruchsführerin beim Landeswahlleiter Einspruch gemäß § 38 BremWahlG ein. Der Einspruch wurde dem Wahlprüfungsgericht durch den Landeswahlleiter am 11.07.2007 vorgelegt.

Zur Begründung trägt die Einspruchsführerin vor: Sie sei einspruchsberechtigt, da sie sich durch die Beteiligungsanzeige an der Wahl beteiligt habe. Zur Wahl gehöre das gesamte Ver- fahren von der Beteiligungsanzeige über die Einreichung von Wahlvorschlägen bis hin zum Abstimmungsvorgang. Die Zurückweisung der Beteiligungsanzeige für die Wahl zur Bremi- schen Bürgerschaft durch den Landeswahlausschuss habe keine rechtliche Grundlage. Die Einspruchsführerin trete für die Belange der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bremerhaven ein. Die Satzung der Einspruchsführerin schließe mit der Möglichkeit einer Gastmitgliedschaft ausdrücklich niemanden von der Willensbildung innerhalb der Wählervereinigung aus. Gleich- zeitig stelle die Satzung jedoch sicher, dass die Grundsätze der Einspruchsführerin nicht durch Fremdbestimmung verwässert werden könnten. Ihre Satzung stehe weder im Wider- spruch zu allgemeinen Demokratiegrundsätzen noch zur Landesverfassung oder zu dem Bremischen Wahlgesetz. Ablehnungsgründe hätten sich ausschließlich auf nicht eingehaltene

(3)

...

formale Kriterien zu beziehen. Die Nichtzulassung durch den Landeswahlausschuss sei poli- tisch motiviert und willkürlich. Eine Prüfung der Satzung einer Wählervereinigung dahinge- hend, ob sie eine demokratische Grundlage für etwaige Wahlvorschläge im gesamten Wahl- gebiet gewährleiste, sei in § 16 BremWahlG nicht vorgesehen. Die Entscheidung des Lan- deswahlausschusses vereitele überdies das durch Artikel 75 BremLVerf geschützte Recht, sich als Partei oder Wählervereinigung nur in einem der beiden Wahlbereiche politisch zu be- tätigen.

Die Einspruchsführerin beantragt,

festzustellen, dass die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 13.05.2007 für den Wahlbereich Bremerhaven ungültig ist.

Die Beteiligten zu 1. und zu 2. beantragen, den Einspruch zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1. hat nicht Stellung genommen.

Der Beteiligte zu 2. hält die Entscheidung des Landeswahlausschusses für rechtens. Nach der Satzung der Einspruchsführerin könnten bei ihr ordentliche Mitglieder ausschließlich Personen werden, die ihren ersten Wohnsitz in Bremerhaven hätten. Die Satzung der Einspruchsführe- rin sei nicht mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl vereinbar. Durch die Satzung der Einspruchsführerin sei ein Wahlberechtigter aus dem Wahlbereich Bremen von der Möglichkeit der Einflussnahme und damit der demokratischen Legitimation des Wahl- vorschlages ausgeschlossen. Es läge eine Verletzung des Demokratiegebotes vor. Dadurch, dass der Landeswahlausschuss der Einspruchsführerin zwar die Anerkennung als Wählerver- einigung zur Bürgerschaftswahl (Landtagswahl) verweigert habe, nicht jedoch die Anerken- nung zur Stadtverordnetenversammlung, werde dem Grundsatz der abgestuften Chancen- gleichheit angemessen Rechnung getragen.

Wegen des Vortrags der Beteiligten im Einzelnen und zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

1.

Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig.

(4)

...

Ein Einspruch nach § 38 Abs. 1 BremWahlG kann jede an der Wahl beteiligte Wählervereini- gung einlegen. Die Einspruchsführerin ist eine Wählervereinigung. Sie war auch an der Wahl im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 2 BremWahlG beteiligt. Denn hierfür reicht es aus, dass sie eine schriftliche Beteiligungsanzeige nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BremWahlG abgegeben hatte – unabhängig davon, welche Entscheidung der Landeswahllausschuss im Hinblick auf ihre Teilnahme an der Wahl anschließend getroffen hat.

2.

Der Einspruch ist jedoch nicht begründet.

Der Landeswahlausschuss hat zu Recht gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BremWahlG verbindlich festgestellt, dass die Einspruchsführerin für die Bürgerschaftswahl nicht als Wählervereini- gung anzuerkennen ist. Es geht dabei nicht um die Frage, ob die Einspruchsführerin eine Wählervereinigung ist. Vielmehr muss sich die Anerkennung einer Wählervereinigung nach

§ 16 Abs. 3 BremWahlG auf die jeweilige Wahl beziehen, an der sich die Wählervereinigung beteiligen will. Die Anerkennung als Wählervereinigung erfolgt wahlrechtlich nicht abstrakt, sondern gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BremWahlG „für die Wahl“.

Es war daher zu prüfen, ob die Einspruchsführerin im Hinblick auf die Bürgerschaftswahl die Voraussetzungen einer Wählervereinigung erfüllt. Das war nicht zu bejahen. Die Bürger- schaftswahl für das Land Bremen ist eine Landtagswahl. Eine Wählervereinigung für eine sol- che landesbezogene Wahl liegt nur dann im Sinne des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BremWahlG vor, wenn es sich um eine Vereinigung von Wählern aus dem ganzen Land Bremen handelt, also aus den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven. Eine satzungsmäßig beschränkte Verei- nigung von Wählern nur aus einer Gemeinde ist keine Wählervereinigung, die für die Land- tagswahl anzuerkennen ist.

Nach § 3 der Satzung der Einspruchsführerin kann ordentliches Mitglied bei ihr nur werden, wer seinen ersten Wohnsitz in der Stadt Bremerhaven hat. Andere Personen können nur Gastmitglieder werden, die ohne Stimmrecht sind und nicht in den Vorstand der Einspruchs- führerin gewählt werden dürfen. Gastmitglieder können nach § 3 der Satzung weder Kandida- ten für Wahllisten werden noch können sie Funktionen bekleiden, die eine Wahl der Mitglie- derversammlung voraussetzt.

Auf Grund dieser Satzungsbestimmungen der Einspruchsführerin wird Wählern aus der Stadt Bremen bewusst der gleichberechtigte Zugang verwehrt.

(5)

...

Soweit sich die Einspruchsführerin nur an Wahlen für die Stadtverordnetenversammlung Bre- merhaven beteiligt, ist eine solche Beschränkung der Mitgliedschaft unbedenklich. Will sie sich jedoch an Landtagswahlen beteiligen, muss sie eine Vereinigung von Wählern aus dem ganzen Land Bremen sein. Sie hat dann auch Wählern aus der Stadt Bremen den Zugang zu ihr mit voller Stimmberechtigung und gleichen Mitwirkungsrechten zu ermöglichen. Das folgt schon aus dem Demokratieprinzip.

Bei Parteien, deren innere Ordnung gemäß Artikel 21 Abs. 1 Satz 3 GG demokratischen Grundsätzen entsprechen muss, bedeutet die Bindung an das Demokratieprinzip, dass nicht nur die Gleichheit und Teilhabe der Mitglieder gewährleistet sein muss, sondern dass auch der Zugang von Wahlberechtigten zu den Parteien zu eröffnen ist (Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 9. Auflage, zu Artikel 21, Rdnr. 23).

Für Wählervereinigungen, die an Wahlen teilnehmen wollen, kann insoweit nichts anderes gelten. Im Hinblick auf die Aufstellung der Wahlvorschläge unterwirft § 19 Abs. 7 BremWahlG Wählervereinigungen ausdrücklich den für Parteien geltenden Regelungen (Schreiber, Kom- mentar zum BWahlG, 7. Auflage, zu § 21 Rdnr. 1). Auch im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Anerkennung als Partei oder Wählervereinigung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BremWahlG ist hier nicht zwischen Parteien und Wählervereinigungen zu differenzieren.

Eine Wählervereinigung, die satzungsmäßig nur aus stimmberechtigten Mitgliedern aus Bre- merhaven besteht, ist demnach keine Wählervereinigung für die Bürgerschaftswahl (Land- tagswahl), weil sie keine Wähler aus dem ganzen Land Bremen mit gleichen demokratischen Teilhaberechten vereinigt. Fehlt ihr die Qualität einer Wählervereinigung „für die Wahl“, hier für die Landtagswahl, konnte sie vom Landeswahlausschuss nicht anerkannt werden.

Auf Artikel 75 BremLVerf kann sich die Einspruchsführerin nicht berufen. Wäre sie eine Wäh- lervereinigung von Mitgliedern aus den Städten Bremen und Bremerhaven, hätte sie sich oh- ne weiteres auf eine Beteiligung an der Bürgerschaftswahl nur für den Wahlbereich Bremer- haven beschränken können. Artikel 75 BremLVerf legitimiert aber keinen Ausschluss von Wahlberechtigten aus der Stadt Bremen hinsichtlich der Teilhabe- und Zugangsmöglichkeiten bei Wählervereinigungen, die bei der Landtagswahl antreten wollen.

Eine Kostenentscheidung entfällt, da das Verfahren vor dem Wahlprüfungsgericht gemäß § 38 Abs. 5 BremWahlG gebührenfrei ist und Auslagen der Beteiligten nicht erstattet werden.

(6)

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss kann mittels schriftlicher Beschwerde der Staatsgerichtshof angeru- fen werden.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim

Wahlprüfungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Am Wall 201, 28195 Bremen,

einzulegen. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung das Grundgesetz, die Landesverfassung oder das Bremische Wahlgesetz verletzt habe.

gez. Eiberle-Herm gez. Kramer

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