Basiskonzepte Kompetenzen
Herausgeber: Dr. Lutz Stäudel, Leipzig; Prof. Dr. Ilka Parchmann, Kiel
Sammelband, Februar 2014
Zu diesem Heft 1
Inhaltsverzeichnis 2
Impressum 129
KOMPETENZ- 4
ENTWICKLUNG
Manfred Prenzel und Ilka Parchmann
Kompetenz entwickeln 6
Vom naturwissenschaftlichen Arbeiten zum naturwissenschaftlichen Denken Ilka Parchmann und Helmut Kaufmann
Kompetenzen entwickeln 11
Wie Bildungsstandards zu einer Chance für Schulentwicklung werden können Uwe Klinger und Wolfgang Bünder Kompetenzorientierte
Unterrichtsplanung 17
Die Entwicklung einer Kompetenzmatrix auf der Grundlage der Bildungsstandards Uwe Klinger
Wie fragt man nach Kompetenzen? 23 Vom Anspruch der Kompetenzentwicklung zu ihrer Überprüfung im Rahmen einfacher Lernstandkontrollen
FACHWISSEN 28
STOFF – TEILCHEN
Janina A. Bindernagel und Ingo Eilks
Lehr(er)wege zu Teilchen und Atomen 30 Vielfalt der Modelle versus konsistente Konzeptentwicklung
Silke Mikelskis-Seifert und Manfred Euler
Eine Reise in die Mikrowelt 36 Einführung in die Modellierung
submikroskopischer Phänomene STRUKTUR – EIGENSCHAFTEN
Lutz Stäudel und Heinz Schmidkunz und Tobias Rau Von linear bis hochvernetzt 42 Struktur-Eigenschafts-Beziehungen
am Beispiel Kunststoffe CHEMISCHE REAKTION
Ilka Parchmann, Julia Freienberg und Marco Beeken Experimente und chemische Reaktion 47 Eine experimentelle Lehrlinie
Heinz Schmidkunz
Chemische Reaktionen hin und zurück 52 Aufbau eines grundlegenden
Konzeptverständnisses ENERGIE
Heinz Schmidkunz und Ilka Parchmann
Basiskonzept Energie 58
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UNTERRICHT CHEMIE
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Basiskonzepte & Kompetenzen
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Naturwissenschaften im
Unterricht
Chemie
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88
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen Noch bis in die beginnende Neuzeit hinein gab es in den
Naturwissenschaften eine scharfe Trennung zwischen Einge- weihten, den Adepten,
auf der einen Seite und Unkundigen auf der anderen Seite. Alchemistische
aber auch frühe wis- senschaftliche
Werke wie Agricolas
„De Re Metallica Libri“
(1556) erschienen
in Latein, in der Sprache der wenigen, die Zugang zur Bildung hatten. Aber die Zeiten änderten sich rasch: Wegen der unverkennbaren
Relevanz und praktischen Bedeutung wurde das „Berckwerck Buch“ bereits ein Jahr später in deutscher Sprache veröffentlicht [1].
Heute gelten die Naturwissenschaften im Allgemeinen und die Chemie im Besonderen als umfassend
prägend für Gesellschaft, Technik und Wirtschaft, wie auch für das Leben der Einzelnen. Naturwissenschaftliche
Grundbildung für alle ist daher eine selbstverständliche
Forderung, sowohl von Seiten der Wirtschaft,
um über hinreichend gebildete Arbeitskräfte verfügen zu können, wie auch für den Einzelnen als Grundlage einer aktiven politischen
Teilhabe und für refl ektierte, ganz praktische Entscheidungen im Alltag.
Seit der Veröffentlichung
der Befunde von PISA 2000 [2], die deutschen Schülerinnen
und Schülern nur mittelmäßige Kompetenzen bescheinigte,
stehen auch die Förderung der Lesefähigkeit und – mit Blick auf die Fächer – die Entwicklung der domänenspezifi schen Lesefähigkeit auf der Tagesordnung.
Schließlich müssen Inhalte zunächst einmal sinnerschlie-
ßend wahrgenommen
werden, in der Mehrzahl der Fälle aus gedruckten oder digitalen Medien, bevor sie zum Aufbau von Grundbildung
beitragen oder kritisch analysiert werden können.
Mit der Akzentuierung einer domänen-
oder bereichsspe- zifi schen Lesefähigkeit, die sich an charakteristischen Inhalten und Darstellungsformen eines Fachs entwickeln muss, hat die Diskussion tatsächlich eine neue Qualität bekommen.
Muss aber wirklich
„jede Stunde eine Deutschstunde“
sein, wie ein Slogan schon vor Jahrzehnten forderte? Oder ist die Entwicklung angemessener mündlicher
und schriftlicher Kommunikation nicht doch Aufgabe des Deutschunterrichts?
Damit diese Frage beantwortet werden kann, sind einige Klärungen von Nöten:
• betreffend das Veund bereichsbezogener Lesefähigkeit im Besonderen;rhältnis von Lesefähigkeit im Allgemeinen
• betreffend das Vstandards entfaltet wurde;Kompetenzbereich Kerhältnis dieser Lesommunikation, der vefähigkeit und dem on den Bildungs-
• schließlich was es heutzutage
bedeutet, sich unter verän- derten Bedingungen bei der Schülerschaft auf die Förderung von Lesefähigkeit und Kommunikation einzulassen.
Wer an Chemieunterricht
denkt, dem fallen unmittelbar For- meln ein, ob verstandene
oder unverstandene. Lesefähigkeit im Fach kann daher nicht nur bedeuten, naturwissenschaft- Von Lutz Stäudel, Gudrun Franke-Braun und Ilka Parchmann
Sprache, Kommunikation und Wissenserwerb im Chemieunterricht
© dpa
Aus: UC 19 (2008), Nr . 106/107, S. 4–9
ERKENNTNISGEWINNUNG 64
Andrea Gerdes
Experimente entwickeln 66
Die Erhaltung der Masse Lutz Stäudel
Messen und Auswerten 68
Die Spannungsreihe der Metalle Lutz Stäudel, Peter Pfeifer und Katrin Sommer In Standardsituationen des Unterrichts das Wesen der Naturwissenschaften
erkennen 72
Heinz Schmidkunz
Woraus besteht Katzenstreu 81 Schüler ermitteln die Zusammensetzung eines Alltagsproduktes durch die Planung und Durchführung von Experimenten
KOMMUNIKATION 86
Lutz Stäudel, Gudrun Franke-Braun und Ilka Parchmann
Sprache, Kommunikation und Wissenserwerb
im Chemieunterricht 88
Mika Nashan und Ilka Parchmann
Fachtext versus Geschichte 93 Kommunikation in den Naturwissenschaften als Zugang zu einem Verständnis
für die Natur der Naturwissenschaften Thomas Grüß-Niehaus, Sarah Hundertmark und Sascha Schanze
Computerbasiertes Concept Mapping 98 Inhaltliche Zusammenhänge erkennen und darstellen
Daniela Roth
Experimentelle Ergebnisse
präsentieren 104
BEWERTUNG 108
Jürgen Menthe
Bewertungskompetenz mit Methode 110 Entscheidungsplanspiele zur Förderung des Urteilens und Bewertens
André Schuhmann, Adrian Russek, Katrin Sommer Wie viel Wasser ist im Hamburger? 114 Eine Unterrichtseinheit zum Thema
„Virtuelles Wasser“
Sascha Schanze, Bernhard Sieve, Ulf Saballus Zu viel Salz in der Werra 118 Eine webbasierte Lernumgebung
zur Förderung der Bewertungskompetenz im Chemieunterricht
Ralf Marks, Ingo Eilks
Sollen kommunale Wasserwerke
privatisiert werden? 124
Eine strukturierte Kontroverse im Chemieunterricht
114 Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen
114 KLASSENSTUFE: Sekundarstufe I
THEMA: Wassernutzung; Konzept des virtuellen Wassers METHODE: Schülerexperiment
MEDIEN: Film „Wasser im Hamburger“ (s. [11])
Ob für das Betätigen der Toilettenspü- lung, das morgendliche Duschen oder die alltägliche Körperpfl ege – für all diese Aktivitäten wird Wasser benötigt:
Rund 120 –125 Liter Wasser gebraucht der deutsche Durchschnittsbürger am Tag [1]. Doch das ist nur ein (kleiner) Teil der Wahrheit. Der tatsächliche Wasser- gebrauch beläuft sich auf ein Vielfaches – etwa 4.000 – 5.500 Liter Wasser pro Per- son und Tag werden in Deutschland
„virtuell“ genutzt [2, 3]. Das entspricht der riesigen Wassermenge von mehr als zwanzig randvoll gefüllten Badewannen.
Der Begriff des „virtuellen Wassers“
wurde zu Beginn der 1990er-Jahre durch den britischen Geographen J. A. Allan eingeführt und bezeichnet das Wasser-
gebraucht [2]. Da allein für die Futtermit- telproduktion ca. 300.000 Liter Wasser benötigt werden, fällt der „Wasserfußab- druck“ für ein verzehrfertiges Kilogramm Rindfl eisch so negativ aus [3].
Virtuelles Wasser steckt jedoch nicht nur in Lebensmitteln: Auch für die Her- stellung anderer Güter werden teilwei- se große Mengen Wasser benötigt. So werden bei der Herstellung einer Jeans durchschnittlich 11.000 Liter an virtuel- lem Wasser genutzt. Während rund 85 Prozent dieser Wassermenge allein für die Baumwollproduktion aufgewendet werden müssen, entfallen die restlichen 15 Prozent auf alle verbleibenden Pro- duktionsschritte [2].
Die Werte zwischen dem virtuel- len Wasser und dem tatsächlich mess- baren Wassergehalt können erheblich schwanken, da das Konzept des virtuel- len Wassers den während des gesamten Produktionsprozesses benötigten Was- serverbrauch mit einbezieht (vgl. Abb. 1).
Das (virtuelle) Wasser wurde also tat- sächlich für die Herstellung des Produk- tes gebraucht, ist jedoch im Endprodukt experimentell nicht mehr nachweisbar.
Chemieunterricht und Nachhaltigkeit Doch warum sollte man sich im Che- mieunterricht überhaupt dem Konzept des virtuellen Wassers widmen? Ei- ne Antwort auf diese Frage liefert der Kernlehrplan für das Fach Chemie: Der Chemieunterricht soll Schülerinnen und Schüler für eine „nachhaltige Nutzung von Ressourcen sensibilisieren“ und so zur Ressourcenschonung beitragen [6].
Das Wissen über den tatsächlichen, das virtuelle Wasser mit berücksichtigenden, Wassergehalt der von uns benutzten Gü- ter ist die Grundlage für ein ökologisches Handeln der Akteure im Sinne der Nach- haltigkeit (vgl. Info 1).
volumen, das für den gesamten Erzeu- gungsprozess eines Industrie- oder Ag- rarproduktes benötigt wird [4]. So geht in die Berechnung dieses Wasservolumens neben dem genutzten Frischwasser auch das während der Produktion verdunstete und verschmutzte Wasser ein [5].
Besonders deutlich wird das Kon- zept des virtuellen Wassers durch einen Vergleich: Ein Kilogramm Rindfl eisch enthält ein messbares, physisches Was- servolumen, welches sich durch Trock- nen und Wägen ermitteln lässt, von nur 0,37 Litern. Die Menge des virtuellen Wassers beträgt jedoch rund 15.000 Li- ter pro Kilogramm, ist also mehr als 40.000 mal so hoch wie das im Expe- riment messbare Wasservolumen. Die- ser hohe Gehalt an virtuellem Wasser resultiert aus der praktizierten Form der Rinderhaltung: Bei einer angenommenen Intensivhaltung, bei der die Tiere nach ungefähr drei Jahren ihr Schlachtgewicht erreichen, hat ein Rind ca. 7,2 Tonnen Raufutter (z. B. Heu und Silage), 1,3 Ton- nen Kraftfutter (hauptsächlich Getreide), sowie 24.000 Liter Wasser zum Tränken
1 | Unterschied zwischen dem „Wassergehalt“ und dem „virtuellem Wasser“ eines Produktes
Von André Schuhmann, Adrian Russek und Katrin Sommer
Wie viel Wasser ist im Hamburger?
Eine Unterrichtseinheit zum Thema „Virtuelles Wasser“
Messbarer Wassergehalt
Virtuelles Wasser
Tomate Bewässerung
Weizenbrötchen Bewässerung
Rindfleisch Futter 0,1 l
2.450 l
Aus: UC 22 (2011), Nr. 122, S. 18–21
KLASSENSTUFE: Sekundarstufe I THEMA: Wassernutzung; Konzept des virtuellen
Wassers METHODE: Schülerexperiment
MEDIEN: Film „Wasser im Hamburger“ (s. [11])
Ob für das Betätigen der Toilettenspü- lung, das morgendliche Duschen oder die alltägliche Körperpfl ege – für all diese Aktivitäten wird Wasser benötigt:
Rund 120 –125 Liter Wasser gebraucht der deutsche Durchschnittsbürger am Tag [1]. Doch das ist nur ein (kleiner) Teil der Wahrheit. Der tatsächliche Wasser- gebrauch beläuft sich auf ein Vielfaches – etwa 4.000 – 5.500 Liter Wasser pro Per- son und Tag werden in Deutschland
„virtuell“
der riesigen Wassermenge von mehr als zwanzig randvoll gefüllten Badewannen.
KLASSENSTUFE:
THEMA:
Wassers METHODE:
MEDIEN:
72
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen Implizit erfahren, was die Natur der
Naturwissenschaften ausmacht, kön- nen Schülerinnen und Schüler auch in Zusammenhängen, wo das gezielte na- turwissenschaftliche Arbeiten im Zen- trum steht. In solcher Absicht werden in diesem Teil des Heftes drei Aspekte naturwissenschaftlichen Arbeitens ent- faltet, zunächst betreffend ihres Poten- zials, das sie für ein Verständnis der Na- turwissenschaft besitzen, dann jeweils konkretisiert an einem unterrichtsprak-
tischen Beispiel: Es handelt sich um das Messen und Wiegen, die Bedeutung von Blindproben sowie das Interpretieren von Daten und das Infragestellen von Phänomenen. Über die Naturwissen- schaften lernen können die Schüler dabei allerdings nur dann, wenn das Vorgehen ausdrücklich thematisiert und refl ektiert wird. Die Beispiele sind insofern auch Aufforderung an die Lehrkräfte, diese Refl ektion anzustoßen und nach Kräften zu unterstützen
A. Messen und Wiegen
Das Messen von Größen, die Quantifi - zierung von Eigenschaften, ist ein We- sensmerkmal der Naturwissenschaften von Anfang an. Nicht zufällig heißt ein Bestseller der letzten Jahre, der sich mit der Ver(natur)wissenschaftlichung der Gesellschaft auseinandersetzt „Die Ver- messung der Welt“ [1]. Demgegenüber spielt das Messen im Chemieunterricht der Mittelstufe keine besondere Rol- le: Gemessen werden gelegentlich die Temperatur bzw. deren Veränderung, ein pH-Wert oder das elektrochemische Potenzial von Galvanischen Zellen.
An den genannten Beispielen, bei denen es um die Feststellung der Aus- prägung einer Qualität geht – höhere oder niedrigere Temperatur, größere oder kleinere Konzentration einer Säure bzw. von Ionen in Lösung – kann aber zumindest ein Aspekt des wissenschaft- lichen Messens thematisiert und auch erfahrbar gemacht werden, nämlich die Frage des „wahren Wertes“. So ist die Temperatur einer Lösung nur im ideal homogenen Fall eindeutig bestimmbar;
die Messung von pH-Werten ist nur bei vergleichsweise hohen Ionenkonzen- trationen stabil, bei niedrigen bedeutet jede Messung einen merklichen Eingriff und die Veränderung der Ergebnisses (auch pH-Papier „verbraucht“ Portionen der untersuchten Säure oder Lauge); bei Messungen an kombinierten Halbzellen schließlich lassen sich weitere Einfl uss- faktoren ausmachen, kontrollierbare wie Größe der Oberfl ächen und weniger gut kontrollierbare wie die Oberfl ächenbe- schaffenheit von Elektroden, innere Wi- derstände, Überspannungen usw.
Komplizierter ist die Situation beim Messen anderer Art, nämlich beim Be- stimmen von Massen. Aufforderungen
In Standardsituationen des Unterrichts das Wesen der Naturwissenschaften erkennen
Von Lutz Stäudel, Peter Pfeifer und Katrin Sommer
Naturwissenschaftlich arbeiten: Messen und Wiegen
Aus: UC 21 (2010), Nr . 118/119, S. 41–49
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen Noch bis in die beginnende Neuzeit hinein gab es in den
Naturwissenschaften eine scharfe Trennung zwischen Einge- weihten, den Adepten,
auf der einen Seite und Unkundigen ßend wahrgenommen werden, in der Mehrzahl
der Fälle aus gedruckten oder digitalen Medien, bevor sie zum Aufbau von Grundbildung
beitragen oder kritisch analysiert werden Mit der Akzentuierung
einer domänen- oder bereichsspe- zifi schen Lesefähigkeit, die sich an charakteristischen Inhalten und Darstellungsformen eines Fachs entwickeln muss, hat die Diskussion tatsächlich eine neue Qualität bekommen.
Muss aber wirklich
„jede Stunde eine Deutschstunde“
sein, wie ein Slogan schon vor Jahrzehnten forderte? Oder ist die Entwicklung angemessener mündlicher
und schriftlicher Kommunikation nicht doch Aufgabe des Deutschunterrichts?
Damit diese Frage beantwortet werden kann, sind einige
• betreffend das Veund bereichsbezogener Lesefähigkeit im Besonderen;rhältnis von Lesefähigkeit im Allgemeinen
• betreffend das Vstandards entfaltet wurde;Kompetenzbereich Kerhältnis dieser Lesommunikation, der vefähigkeit und dem on den Bildungs-
• schließlich was es heutzutage
bedeutet, sich unter verän- derten Bedingungen bei der Schülerschaft auf die Förderung von Lesefähigkeit und Kommunikation einzulassen.
Wer an Chemieunterricht
denkt, dem fallen unmittelbar For- meln ein, ob verstandene
oder unverstandene.
Lesefähigkeit im Fach kann daher nicht nur bedeuten, naturwissenschaft- tes gebraucht, ist jedoch im Endprodukt
experimentell nicht mehr nachweisbar.
experimentell nicht mehr nachweisbar.
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen Noch bis in die beginnende Neuzeit hinein gab es in den
Naturwissenschaften eine scharfe Trennung zwischen Einge- weihten, den Adepten,
auf der einen Seite und Unkundigen ßend wahrgenommen werden, in der Mehrzahl
der Fälle aus gedruckten oder digitalen Medien, bevor sie zum Aufbau von Grundbildung
beitragen oder kritisch analysiert werden Mit der Akzentuierung
einer domänen- oder bereichsspe- zifi schen Lesefähigkeit, die sich an charakteristischen Inhalten und Darstellungsformen eines Fachs entwickeln muss, hat die Diskussion tatsächlich eine neue Qualität bekommen.
Muss aber wirklich
„jede Stunde eine Deutschstunde“
sein, wie ein Slogan schon vor Jahrzehnten forderte? Oder ist die Entwicklung angemessener mündlicher
und schriftlicher Kommunikation nicht doch Aufgabe des Deutschunterrichts?
Damit diese Frage beantwortet werden kann, sind einige
• betreffend das Veund bereichsbezogener Lesefähigkeit im Besonderen;rhältnis von Lesefähigkeit im Allgemeinen
• betreffend das Vstandards entfaltet wurde;Kompetenzbereich Kerhältnis dieser Lesommunikation, der vefähigkeit und dem on den Bildungs-
• schließlich was es heutzutage
bedeutet, sich unter verän- derten Bedingungen bei der Schülerschaft auf die Förderung von Lesefähigkeit und Kommunikation einzulassen.
Wer an Chemieunterricht
denkt, dem fallen unmittelbar For- meln ein, ob verstandene
oder unverstandene.
Lesefähigkeit im Fach kann daher nicht nur bedeuten, naturwissenschaft-
36
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen KLASSENSTUFE: Jahrgangsstufe 8/9
SCHWERPUNKT: Bedeutung von Modellen zur Erklärung und Vorhersage von Phänomenen METHODE: Werkstattarbeit
Einführung in die Modellierung submikroskopischer Phänomene
Von Silke Mikelskis-Seifert und Manfred EulerEine Reise in die Mikrowelt
Die Mikrowelt (hiermit ist die atomare Struktur der Materie gemeint) zeichnet sich zum einen durch den Verlust an An- schaulichkeit und durch eine prinzipielle Andersartigkeit zu der uns umgebenden Welt aus. Auf der anderen Seite wird zum Verstehen der Teilchenstruktur ein angemessener Umgang mit Modellen benötigt.
Ein Unterrichtserfolg wird dement- sprechend entscheidend davon abhän- gen, inwieweit es gelingt, der Altersstufe angemessene Modellvorstellungen über die Mikrowelt zu entwickeln. Beim Mo- dellieren sind vor allem die aus der Lehr- Lern-Forschung hinlänglich bekannten Probleme im Umgang mit Teilchenmo- dellen zu erwarten (vgl. [3, 4, 5]):
– Die Schüler haben naiv-realistische Vorstellungen von Teilchen, die sie als verkleinerte materielle Objekte der klassischen Erfahrungswelt ansehen (zum Beispiel Kügelchen, Mini-Pla- netensysteme).
– Die Abgrenzung zwischen Modell und Wirklichkeit wird nicht einge- halten bzw. ist den Lernenden häufi g nicht bewusst.
– Makro-Eigenschaften (wie Farbe, Elastizität, Temperaturausdehnung) werden unrefl ektiert auf die Teilchen des Modells übertragen. Teilchen- und Feldaspekte werden im Modell vermischt.
– Es besteht die Vorstellung, dass sich zwischen den Teilchen eines Stoffes
1: Poster zur Unterscheidung von Erfahrungs- und Modellwelt derselbe Stoff in kontinuierlicher Form oder Luft befi ndet.
– Die Bewegung der Teilchen wird mit Reibung verbunden und hört somit nach gewisser Zeit von selbst auf.
Hält man sich diese Vorstellungen vor Augen, dann wird deutlich, dass die Schüler im Bereich der Teilchen und Atome das vollziehen, was in den Natur- wissenschaften immer dann getan wird, wenn der direkte Zugang fehlt. Sie ver- wenden Analogien, um Bekanntes mit dem noch Unbekannten zu verknüpfen.
Der lernfördernde Aspekt von Analogie- bildungen wirkt sich hier jedoch eher hinderlich aus, denn Fehlvorstellungen können sich entwickeln und dominieren dann die Schülerargumentationen.
Die Modellbildungswerkstatt:
Schlüsselideen und Struktur Ein möglicher Ausweg aus dem zuvor be- schriebenen Dilemma kann darin liegen, dass zwei Welten – die Erfahrungs- und die Modellwelt (s. Abb. 1) – unterschie- den werden (s. [8]). Um das Verstehen zu unterstützen und die prinzipielle Anders- artigkeit der Mikrowelt zu verdeutlichen,
bietet sich eine aktive Auseinanderset- zung mit diesen beiden Welten an.
Zur begriffl ichen Klärung wird unter der Erfahrungswelt die Erlebniswelt und unter der Modellwelt die physikalische Welt verstanden. Die Schüler sollen ein Bewusstsein sowohl für die Existenz der beiden Welten als auch für deren Cha- rakteristika und Unterschiede aufbauen.
Das Nachdenken über das Vorgehen bei der Untersuchung von Phänomenen, die der Teilchstruktur der Materie zuzuord- nen sind, und das Refl ektieren über die Natur der verwendeten Modelle können als Schlüssel für den Unterrichtserfolg angesehen werden.
In diesem Sinne ist es für das Lehren über die Teilchenmodelle zentral, be- wusst und dauerhaft Erfahrungs- und Modellwelt zu unterscheiden. Des Weiteren soll der hypothetische Cha- rakter der konstruierten Modelle betont werden. Durch die Entwicklung eines angemessenen Modelldenkens begeg- net man den oben genannten Risiken der Veranschaulichung von Mikroob- jekten sowie den Verständnisdefi ziten.
Es wird nicht davon ausgegangen, dass der alleinige Verzicht auf problematische Modellierungen zu dem erwünschten Aus: UC 20 (2009), Nr
. 114, S. 16–21 Der Begriff des „virtuellen Wassers“
wurde zu Beginn der 1990er-Jahre durch den britischen Geographen J. A. Allan eingeführt und bezeichnet das Wasser-
serverbrauch mit einbezieht (vgl.
Das (virtuelle) Wasser wurde also tat- sächlich für die Herstellung des Produk- tes gebraucht, ist jedoch im Endprodukt erreichen, hat ein Rind ca. 7,2 Tonnen
Raufutter (z. B. Heu und Silage), 1,3 Ton- nen Kraftfutter (hauptsächlich Getreide), sowie 24.000 Liter Wasser zum Tränken
Unterschied zwischen dem „Wassergehalt“ und dem „virtuellem Wasser“ eines Produktes Messbarer
Wassergehalt
Virtuelles Wasser
Tomate Bewässerung
Weizenbrötchen Bewässerung
Rindfleisch Futter
2.450 l
114 114 114
zwanzig randvoll gefüllten Badewannen.
Der Begriff des „virtuellen Wassers“
wurde zu Beginn der 1990er-Jahre durch den britischen Geographen J. A. Allan eingeführt und bezeichnet das Wasser-
1 | Unterschied zwischen dem „Wassergehalt“ und dem „virtuellem Wasser“ eines Produktes 0,1 l
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen von Daten und das Infragestellen von
Phänomenen. Über die Naturwissen- schaften lernen können die Schüler dabei allerdings nur dann, wenn das Vorgehen ausdrücklich thematisiert und refl ektiert wird. Die Beispiele sind insofern auch Aufforderung an die Lehrkräfte, diese Refl ektion anzustoßen und nach Kräften
zierung von Eigenschaften, ist ein We- sensmerkmal der Naturwissenschaften von Anfang an. Nicht zufällig heißt ein Bestseller der letzten Jahre, der sich mit der Ver(natur)wissenschaftlichung der Gesellschaft auseinandersetzt „Die Ver- messung der Welt“ [1]. Demgegenüber spielt das Messen im Chemieunterricht der Mittelstufe keine besondere Rol- le: Gemessen werden gelegentlich die Temperatur bzw. deren Veränderung, ein pH-Wert oder das elektrochemische Potenzial von Galvanischen Zellen.
An den genannten Beispielen, bei denen es um die Feststellung der Aus- prägung einer Qualität geht – höhere oder niedrigere Temperatur, größere oder kleinere Konzentration einer Säure bzw. von Ionen in Lösung – kann aber zumindest ein Aspekt des wissenschaft- lichen Messens thematisiert und auch erfahrbar gemacht werden, nämlich die Frage des „wahren Wertes“. So ist die Temperatur einer Lösung nur im ideal homogenen Fall eindeutig bestimmbar;
die Messung von pH-Werten ist nur bei vergleichsweise hohen Ionenkonzen- trationen stabil, bei niedrigen bedeutet jede Messung einen merklichen Eingriff und die Veränderung der Ergebnisses (auch pH-Papier „verbraucht“ Portionen der untersuchten Säure oder Lauge); bei Messungen an kombinierten Halbzellen schließlich lassen sich weitere Einfl uss- faktoren ausmachen, kontrollierbare wie Größe der Oberfl ächen und weniger gut kontrollierbare wie die Oberfl ächenbe- schaffenheit von Elektroden, innere Wi- derstände, Überspannungen usw.
Komplizierter ist die Situation beim Messen anderer Art, nämlich beim Be- stimmen von Massen. Aufforderungen , S. 41–49), Nr. 118/11921 (2010Aus: UC
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen sächlich für die Herstellung des Produk- tes gebraucht, ist jedoch im Endprodukt experimentell nicht mehr nachweisbar.
nen Kraftfutter (hauptsächlich Getreide), sowie 24.000 Liter Wasser zum Tränken
Unterschied zwischen dem „Wassergehalt“ und dem „virtuellem Wasser“ eines Produktes Rindfleisch
2.450 l
36 KLASSENSTUFE: Jahrgangsstufe 8/9 SCHWERPUNKT: Bedeutung von Modellen zur Erklärung
und Vorhersage von Phänomenen METHODE: Werkstattarbeit
Einführung in die Modellierung submikroskopischer Phänomene
Von Silke Mikelskis-Seifert und Manfred EulerEine Reise in die Mikrowelt
Die Mikrowelt (hiermit ist die atomare Struktur der Materie gemeint) zeichnet sich zum einen durch den Verlust an An- schaulichkeit und durch eine prinzipielle Andersartigkeit zu der uns umgebenden Welt aus. Auf der anderen Seite wird zum Verstehen der Teilchenstruktur ein angemessener Umgang mit Modellen benötigt.
Ein Unterrichtserfolg wird dement- sprechend entscheidend davon abhän- gen, inwieweit es gelingt, der Altersstufe angemessene Modellvorstellungen über die Mikrowelt zu entwickeln. Beim Mo- dellieren sind vor allem die aus der Lehr- Lern-Forschung hinlänglich bekannten Probleme im Umgang mit Teilchenmo- dellen zu erwarten (vgl. [3, 4, 5]):
– Die Schüler haben naiv-realistische Vorstellungen von Teilchen, die sie als verkleinerte materielle Objekte der klassischen Erfahrungswelt ansehen (zum Beispiel Kügelchen, Mini-Pla- netensysteme).
– Die Abgrenzung zwischen Modell und Wirklichkeit wird nicht einge- halten bzw. ist den Lernenden häufi g nicht bewusst.
– Makro-Eigenschaften (wie Farbe, Elastizität, Temperaturausdehnung) werden unrefl ektiert auf die Teilchen des Modells übertragen. Teilchen- und Feldaspekte werden im Modell vermischt.
– Es besteht die Vorstellung, dass sich zwischen den Teilchen eines Stoffes Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen
tes gebraucht, ist jedoch im Endprodukt experimentell nicht mehr nachweisbar.
Unterschied zwischen dem „Wassergehalt“ und dem „virtuellem Wasser“ eines Produktes KLASSENSTUFE:
SCHWERPUNKT:
und Vorhersage von Phänomenen METHODE:
6
Sammelband Unterricht Chemie: Basiskonzepte & Kompetenzen Im Jahr 2006 werden die Naturwissen-
schaften im Zentrum der dritten PISA- Erhebung stehen. Bei der Testentwick- lung orientiert sich PISA an einer weitgehend akzeptierten Vorstellung von naturwissenschaftlicher Grundbildung.
Im Sinne einer „Scientific literacy“ [vgl.
1] geht es um das naturwissenschaftliche Verständnis, das alle (nicht nur eine klei- ne naturwissenschaftliche
Nachwuchs- gruppe) entwickeln sollten, um an einer durch Naturwissenschaft und Technik geprägten Kultur teilhaben zu können.
Die auf naturwissenschaftliche Grund- bildung abzielende Schule schafft die Basis für eine lebenslange Auseinander- setzung mit Naturwissenschaften, wenn sie anwendbares und anschlussfähiges Wissen aufbaut. Naturwissenschaftliche Grundbildung be ruht auf folgenden ab- grenzbaren Kompetenzbereichen [2]:
• naturwissenschaftliche Begriffe und Prinzipien (Wissen bzw. Verständnis naturwissenschaftlicher K
onzepte),
• naturwissenschaftliche Untersu- chungsmethoden und Denkweisen (Verständnis naturwissenschaftlicher Prozesse),
• Vorstellungen über die Besonderhei- ten der Naturwissenschaften,
eine naturwissenschaftlich geprägte (epistemische, rationale, analytische) Auseinandersetzung mit der Welt zu er- möglichen. Das bedeutet, im Fachunter- richt naturwissenschaftliches Denken anzuregen und zu fördern. Die Schüle- rinnen und Schüler sollen etwa erfahren, welche Fragestellungen welchen natur -
wissenschaftlichen Verfahren zugänglich sind und wie Methoden und Befunde kritisch diskutiert und interpretiert wer- den sollten.
Eine Schlüsselrolle für das Verständ- nis naturwissenschaftlicher Arbeits- und Denkweisen hat das Experiment. Expe- rimente in den Naturwissenschaften setzen begründete Fragestellungen und theo retische Vermutungen voraus, die an Arbeiten anderer Forschungsgruppen, also an vorhandene Theorien und Er- kenntnisse anschließen. Das Planen und Durchführen von Experimenten verlangt komplexe gedankliche Operationen und Fertigkeiten für mehr oder weniger an- spruchsvolle Handlungen. Auch Metho- den, Befunde und Folgerungen aus den Experimenten müssen kritisch reflektiert und vor dem Hintergrund existierender Theorien und Modelle diskutiert werden.
Das Experimentieren repräsentiert damit eine wichtige naturwissenschaftliche Arbeitsweise, die in vielfältiger Weise naturwissenschaftliches Denken ein- schließt.
Dem Experimentieren wird deshalb eine zentrale Funktion im naturwissen- schaftlichen Unterricht zugesprochen. In der allgemeinbildenden
Schule geht es dabei in erster Linie nicht darum, über den Unterricht Kompetenz zu eigener naturwissenschaftlicher Forschung – et- wa in der Chemie – aufzubauen. Viel- mehr sollen alle Schülerinnen und Schü- ler ein grundlegendes Verständnis von naturwissenschaftlichen
Denk- und Ar- beitsweisen entwickeln, um naturwis- senschaftliche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen beurteilen zu kön-
Kompe tenz entwickeln
Vom natur wissenscha ftlichen Ar beiten zum naturwiss enschaftlic hen Denke n
Von Manfred Prenzel und Ilka ParchmannFoto: V. Minkus
An Alltagserfahrungen anknüpfen: Weshalb liefert eine Batterie elektrische Energie?
• Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Naturwissenschaft, Tech- nik, Kultur und Gesellschaft.
Zur naturwissenschaftlichen Grund- bildung zählen neben diesen kognitiven Kompetenzen auch Einstellungen, Wert- orientierungen und Interessen.
Betrachtet man die Ergebnisse aus den vorangegangenen Schulleistungs- untersuchungen (TIMSS und PISA), dann zeichnet sich ab, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland insbesondere Schwierigkeiten mit Aufgaben haben, die
naturwissenschaftliche Denk- und Ar- beitsweisen betreffen. Aus diesem Grund wollen wir im Folgenden die Aufmerk- samkeit auf diesen Kompetenzbereich richten. Wir werden ihn zunächst näher umreißen und dann der Frage nachge- hen, wie im Chemieunterricht das natur- wissenschaftliche Arbeiten und Denken sys tematisch gefördert werden kann.
Von naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen zum naturwissen- schaftlichen Denken
Generell zielt der Unterricht aller natur- wissenschaftlichen Fächer darauf ab,
Aus: UC 14 (2003), Nr . 76/77, S. 15–19