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Das läßt ein ziemlich buntes Vokalbild in der ersten Silbe der betreffen¬ den Wörter entstehen

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(1)

Von Milan Adamoviö, Göttingen

In der Behandlung des anlautenden o weicht das Tschuwaschische

von der Mehrheit der Türksprachen stark ab. Wo die anderen Türkspra¬

chen ein o- aufweisen, steht im Tschuwaschischen gegenwärtig die kon¬

sonantisch-vokalische Verbindung vä-. Allerdings begegnen wir im

modernen Tschuwaschischen und seinen Dialekten auch den Verbin¬

dungen vu-, vo-, vi-, va- als Alternativen zu dem nieistverbreiteten vä-.

Das läßt ein ziemlich buntes Vokalbild in der ersten Silbe der betreffen¬

den Wörter entstehen.

ol öuv. val, u, vu, vo er

oyun väjä, vujä Spiel

oita välta Angelhaken

otuz vätär dreißig

orta väta Mitte

olaq välak, vulak, valak Rinne

oban- väran- aufwachen

obat- värat- wecken

oyri värä, vurä Dieb

omi värä Graben

oyurla- värla- stehlen

öbur väpär, vupär Vampir

orman värman, verman Wald

oä väs, vos da!

öt vät, vut, vot Feuer

ön vunnä, vonnä zehn

ööaq vu6ax, voöax, voöak Feuerstelle

ötun vutä, votä Holz

orun virän Ort

or- vir-, vur- ernten

Orus viräs, vuräs Russe

or- var- eingraben

* Abkürzungen: öuv. = tschuwaschisch; syr. = syrjänisch; tü. = allgemein-tür¬

kisch; wotj. = wotjakiscb.

(2)

Der Wandel von o zu vä im Tschuwaschischen 61

Die innere Struktur der Verbindungen vä, vu, vo, vi, va sowie das laut¬

historische Verhältnis dieser Verbindungen zu dem urtürkischen *o sind

nicht ganz transparent. Nimmt man das anlautende v als Prothese und

das darauffolgende ä, u, o, i, a als Nachfolgevokal von *o an, wie es in

der einschlägigen Fachliteratur gewöhnlich getan wird, so ist das tschu¬

waschische Phänomen damit nicht in seinem vollen Umfang zufrieden¬

stellend erklärt. Eine Prothese ist dem türkischen Sprachtypus von

Haus aus fremd, ebenso wie die bekannt gewordenen Substratsprachen

des Tschuwaschischen keine lautgesetzlich auftretende w-Prothese auf¬

weisen. Andererseits lassen sich die tschuwaschischen Korrespondenz¬

vokale ä, u, o, i, a nicht in ihrer Gesamtheit auf *o zurückführen, insbe¬

sondere wenn man Korrespondenzfalle mit a wie var- „eingraben" < or-

id. bedenkt und noch die weiter unten zu behandelnden Parallelbei¬

spiele vat „Galle" < ot id., väkär „Ochse" < öküz id., vale „Teil" < ülüg id. u.dgl. mitberücksichtigt.

Die Schwierigkeiten, mit denen die Erklärung der tschuwaschischen

Sonderentwicklung o -* vä u.dgl. verknüpft ist, lassen sich zumindest

teilweise überwinden, werm man die tschuwaschischen Verhältnisse mit

denen der finnisch-ugrischen Sprachen in einen Zusammenhang bringt.

Die Hoffnung, mit Hilfe der finnisch-ugrischen Nachbarsprachen eine

sei es nur partielle Lösung des tschuwaschischen Problems herbei¬

führen zu können, wird umso berechtigter, als ein Lautgesetz von der

Art des tschuwaschischen o vä einstmals auch in den permischen

Sprachen gewirkt hat. Dabei sind die Verhältnisse des permischen

Wandels etwas transparenter als diejenigen des tschuwaschischen und

daher auch in dieser Hinsicht geeignet, in das tschuwaschische Problem

mehr Licht zu bringen. Vor langem haben die Fiimougristen erschlos¬

sen, daß die permische Ursprache neben dem normalen o der ersten

Silbe auch ein o besaß, das sich in der darauffolgenden Phase divergent

entwickelte: teils wandelte es sich zu u, teils erzeugte es ein protheti-

sches u vor sich und brachte zusammen mit dem letzteren den Diph¬

thong uo zustande. Im nächsten Stadium ergab der neue Diphthong auf

syrjätüschem Sprachboden vq, auf wotjakischem ua.

Wie die beiden permischen Sprachen in dieser Hinsicht zueinander

und zu dem Urpermischen stehen, ergibt sich annähernd aus der nach¬

stehenden Vergleichstabelle.

Im Anlaut

syr. o syr. vo

vgdzir

wotj. ua- iiazer

Jahr Hauer

(3)

gl- vgl- yal- Rentierfell

omen vgmen uamen quer

grop vgrop varyp Stiel

göa vgöa uadä gegenüber

gz vgi uajji, vai Deichsel

gdz vgdz uaz früh

Nach k

kgla kuala Waldhütte

kgmin kuamin dreißig

kgner kuaner arm

kgr kuar Blatt

kgs kuas Schlägerei

Das Syrjänische ist hier mit zwei Dialekten vertreten, einem, der

keine Prothese kennt und damit der urpermischen Stufe (o) nahesteht,

sowie einem anderen, der die sekundäre Stufe [vo] widerspiegelt. So

muß für das Syrjänische die Entwicklung p *ug vg angenommen

werden.

Im Wotjakischen verlief die Entwicklung *g ->■ *uo -> uu mit einer

markanten Vokalentlabialisierung bei ua. Eine weitere Besonderheit

des Wotjakischen liegt darin, daß seine Diphthongierung nicht nur das

anlautende p, sondern auch das anlautende kg erfaßt, wobei für letzte¬

ren Fall eine Entwicklung *kg *kug -» kua angenommen wird'.

Bislang konnte allerdings nicht eindeutig geklärt werden, warum sich

das permiche *p bei bestimmten Wörtern der Diphthongierung ent¬

zogen und (später) zu u gewandelt hat. Itkonen sieht darin eine Ein¬

wirkung der Vokalquantität, indem das lange o diphthongiert worden

sein, das kurze p sich zu u geschlossen haben soll. Eine Einvrirkung des

Akzents schließt er dagegen aus, da seiner Ansicht nach das p der

ersten Silbe im Urpermischen immer betont gewesen sein solF.

Wie sehr der permische Diphthong, insbesondere aber das wotja¬

kische ua, mit dem Tschuwaschischen zusammenhängt, zeigen die wol-

gabolgarischen Inschriften. Die darin vorkommenden Belege >j vatur

' T. E. UoTiLA: Zur Geschichte des Konsonantismus in den permischen Spra¬

chen. Helsinki 1933. (Mfemoires de la Socifetfe Finno-Ougrienne. 65.), S. 14-16, 63-70; E. Itkonen: Zur Geschichte des Vokalismus der ersten Silbe im Tscheremis¬

sischen urtd in den permischen Sprachen. Helsinki 1953-1954. (Finnisch-ugrische Forschungen. 31.), S. 273-284.

' Itkonen, S. 282.

(4)

Der Wandel von o zu vä im Tschuwaschischen 63

„dreißig" (< otuz), ~ J> van „zehn" (< ön), jt/ kvan „Tag" (< kün),

^^fkvalö- „hinüberwechseln" (< köd-),^\y tvattim „vier" (< tört),J} val-

„sterben" (< öl-) beweisen auf das deutlichste, daß der wotjakische

Diphthong noch vor dem 13. Jahrhundert ins Bolgarische eingedrungen

und dort seine Wirkung in der Lautform va fortgesetzt hat, weil das Bol¬

garische kein u kannte. Danach wurde die konsonantisch-vokalische

Verbindung va vom Bulgarischen an das Tschuwaschische vererbt, wo

sie später an den dort stattgefundenen Verschiebungen des urtürki¬

schen a beteiligt war. Parallel zu *a o -> «fand m -<• vo ^ vu, paral¬

lel zu *a i fand va ->■ vi, parallel zu *a o ->• e äfand t)a ->■ vo vQ ^ vä statt.

Die Weiterentwicklung des wotjakischen Diphthongs auf tschuwa¬

schischem Sprachboden erschöpfte sich aber nicht in der Anpassung

seiner phonetischen Gestalt an das neue Lautsystem. Nach seiner Über¬

nahme ins Tschuwaschische fand das wotjakische ua auf tschuwaschi¬

schem Sprachboden viel breitere Anwendung als im Wotjakischen

selbst.

Während im Wotjakischen nur das p diphthongiert vdrd, greift im

Tschuwaschischen der entsprechende Prozeß auch auf dessen palatales

Gegenstück ö über. Das wurde vor allem durch Wirkung der Analogie

ermöglicht.

Zt öuv. vat Galle

öz var Mark

öküz väkär Ochse

tort tävattä vier

veöe Rache

organ veren Bindfaden

ölür- veler- töten

orlük verlek Stange

ögrän- veren- lernen

67- vil- sterben

ört virt Steppenbrand

ötkür viter scharf

ötün- viten- bitten

öt- vit- durchdringen

ört- vit- abdecken

Ö16- viS- messen

•a

or vir Spitze

Auf dem Analogiewege hat die wotjakische Diphthongierung femer

(5)

die türkischen u- und ü- erfaßt, so daß schließhch alle anlautenden

Labialvokale des Tschuwaschischen in va, vä, ve, vi usw. umgewandelt

wurden.

tü. utan öuv. vätan- sich schämen

üruS- väräs- sich schlagen

üruS vär4ä Schlägerei

urluq värläx Klan

uzun väräm lang

uzaq värax lang

ür- vär- werfen

üö ves Ende

u6- ves- fliegen

uöa veöe

. 3

Hüftbecken

ülej velle Bienenkorb

ülüg vale Teil

ülää- vales - teilen

üslät- väslat-, veslet-, eslet- aufhetzen

m

ur- ver- bellen

üt- vet- versengen

ürkü6 verkeö Blasebalg

uratja verene Ahorn

ürä, üyrä vir Hirse

üö viä drei

Da kün „Tag" in den bolgarischen Grabinschriften als kvan erscheint,

muß diese Gültigkeitserweiterung des wotjakischen Lautgesetzes auf u

und ü schon in der Epoche des Bolgarischen Reichs stattgefunden

haben.

Im Wotjakischen erfaßt die Diphthongierung, wie schon gesagt, das

anlautende o und ausnahmsweise das auf das anlautende k folgende o.

Für letzteren Fall wird eine Entwicklung *ko- ->■ *kuo- -> kua- ange¬

nommen. Wie die bolgarischen Belege kvan „Tag" und kvalö- „hinüber¬

wechseln" beweisen, war auch dieses Sondergesetz des Wotjakischen

bereits während des 13. Jahrhunderts im Bolgarischen wirksam. Die

beiden Wörter kvan und kvalö- büßten später ihr v ein, weil die Türk¬

sprachen keine Doppelkonsonanz im Anlaut dulden, während ihr a der

üblichen tschuwaschischen Labialisierung zu o unterlag, so daß der Ver¬

lauf der Entwicklung prinzipiell *kvan ->■ *kvon kon — kun bzw.

' Hier steht e statt ä infolge der palatalisierenden Wirkung von ("!,s und dem russischen l.

(6)

Der Wandel von o zu vä im Tseliuwaseliisclien 65

*kvcLÖ- *kvos- -> koS- ->■ kus- war. Unter denselben phonetischen

Voraussetzungen sind die tschuwaschischen Wörter kol-/kul- „lachen",

kon-/kun- „sich aufrichten", kujlan- „leiden", kun- „einverstanden sein", kor-/kur- „sehen", kos/bus „Auge" , kot/kut „der Hintere", kotana/hitana

„After" aus den älteren Formen *kval-, *kvan-, *kvajden-, *kvan-,

*kvar-, *kvaz, *kvat, *kvaten hervorgegangen. Von den Wörtern dieses

Typs sind wiederum käk „Wurzel" (< kök), käpäk „Schaum" (< köpäk), käkär „Brust" (< kögüz), kämäl „Herz" (< köyül), kämräk „Kohle" (<

kömür), käntär „Mittag" (< kündüz) schwer zu trennen, da ihr ä auf das

reduzierte o (e) zurückzugehen scheint und z. B. die Annahme einer Ent¬

vricklung kök *kvak *kvok -+ *kok *kek -> käk nahelegt.

Die Erleichterung der Konsonantengruppe kv zu k blieb allerdings

aus, wenn der darauffolgende Labialvokal lang war. In diesem Falle

\ wurde kv durch Einfügung eines epenthetischen ä (< u) voneinander

getrennt, um die Doppelkonsonanz zu tilgen, woraus sich die modemen

tschuwaschischen Formen kävak „blau" (< *kväk < kök), kävar „glü¬

hende Kohle" (< *kvär < qör), tävar „Salz" (< tvär < tüz), tävattä

„vier" (< *tvärt < tört), kävapa „Nabel" (< *kväbak < köbäk) ergaben.

Das ä wurde gekürzt, blieb aber unlabialisiert, weil es nicht mehr in der

ersten Silbe stand. Entsprechend wurde mit dem anlautenden tv verfah¬

ren, wenn ein Langvokal folgte. Hier liegt gleichzeitig eine der ganz sel¬

tenen tschuwaschischen Lauterscheinungen vor, bei der sich Reflexe

der urtürkischen Vokalquantität nachweisen lassen. Demzufolge mü߬

ten die urtürkischen Vokallängen erst nach der Epoche der bolgari¬

schen Inschriften und nach dem Wechsel der Tschuwaschen in ihre heu¬

tige Heimat gekürzt worden sein."

Wenn sich eines der ältesten tschuwaschischen Lautgesetze als wot-

jakisches Lehnelement erweist, so ist das ein Faktum, dessen Bedeu¬

tung weit über die Grenzen der Sprachgeschichte hinausgeht. Da die

Entlehnung von Lautgesetzen gmndsätzlich ethnische Verschmelzung

Da der wotjakische Diphthong von den Turkologen verkannt wurde, läßt

ihre Behandlung des tschuwaschischen va manches zu wünschen übrig. So

trennt Ramstedt: Zur Frage nach der Stellung des Tschuwaschischen. In: Journal de la Socifetfe Finno-Ougrienne 38 (1922/23), § 25 das Wort <ämr von den übri¬

gen Wörtern dieses Typs und nimmt zu dessen lauthistorischer Erklärung den

unmöglichen Entwicklungsweg < *tujur < *tuir < tuz an. Benzing in: Philolo¬

giae lürcicae Fundamenta. 1. Wiesbaden 1957, S. 607, führt das tschuwa¬

schische tävar auf ein nichtexistierendes türkisches *tabuz zurück, das mit dem

mongolischen daia-SMm zusammenhängen soll. Soweit es sich um Wörter mit va

handelt, sind auch die bisherigen Ausgaben der wolgabolgarischen Inschriften korrekturbedürftig.

5 ZDMG 135/1

(7)

oder zumindest ein langes Nebeneinander der betreffenden Völker vor¬

aussetzt, muß man auch im vorliegenden Falle davon ausgehen, daß es

zwischen den Bolgaren und den Wotjaken einen alten und längeren

Kontakt gegeben hat. Die frühesten nachweisbaren Weideplätze der

Bolgaren nach ihrem Einzug in das Gebiet der Mittleren Wolga befan¬

den sich südlich des Unterlaufs der Kama, wo ihr Herrscher unter ande¬

rem im Jahre 922 den Gesandten des Chalifen von Bagdad empfing. Die

bolgarischen Grabinschriften des 13.-14. Jahrhunderts, die bekannt¬

lich in ihrer überwiegenden Zahl südlich der Kama auf dem Gebiet der

heutigen Tatarischen ASSR gefunden wurden, bestätigen diesen Stan¬

dort. Ibn Fadlän, der als Mitglied der erwähnten arabischen Gesandt¬

schaft im Jahre 922 bei den Bolgaren weilte, hielt in seinen Reiseerinne¬

rungen fest, daß im Reich der Bolgaren Weizen und Gerste reichlich

vorhanden waren, wobei jeder, der sie anbaute, den gesamten Ertrag

behielt, ohne etwas an den Herrscher abzugeben. Der Herrscher trieb

nur Zobelfelle ein und verlangte einen Anteil an der Raubbeute'. Ibn

Fadläns Ausführungen lassen deutlich zwei soziale Schichten des Bol¬

garischen Reiches erkennen, eine herrschende, die immer noch das

Nomadenleben führt, in Zelten wohnt, sich überwiegend mit Fleisch

ernährt und ihre Untertanen mit nomadischem Steuerwesen belegt,

sowie eine ackerbauende, deren Erzeugnisse der Herrscher noch nicht

zu verwerten gewohnt ist, so daß er auf ihre Eintreibung verzichtet.

Nachdem nun ein ausgesprochen wotjakisches Lautgesetz in der

Sprache der Bolgaren nachgewiesen wurde, kann man kaum daran

zweifeln, daß die den Bolgaren unterworfenen Ackerbauem finnisch-

ugrischer, vor allem wotjakischer Abstammung waren. Daraus geht her¬

vor, daß das von den Wotjaken bewohnte Gebiet zur Zeit der bolgari¬

schen Herrschaft viel weiter nach Süden reichte als heute. Übrigens

setzt auch das Vorkommen des wotjakischen Lautgesetzes o m im

Tatarischen und Baschkirischen, worüber bereits an einer anderen

Stelle gesprochen wurde, die Anwesenheit von Wotjaken südlich der

Kama voraus^. Westlich der Wolga lebten in der Epoche des Bolgari¬

schen Reiches die Tscheremissen und die Mordwinen, wobei sich die

Wohngebiete der Tscheremissen teilweise auf das östliche Wolgaufer

erstreckten und dort mit denen der Wotjaken berülirten. Für die Anwe¬

senheit der Tscheremissen östlich der Wolga zeugt der Flußname

^ Ibn Fa^län's Reisebericht. Übers, von Z. V. Togan. Leipzig 1939. (AKM.

24,3.), S. 60-61.

' M. Adamoviö: Das Tatarische des 18. Jahrhunderts. In: Journal de la Socifetfe Finno-Ougrienne 77 (1981), S. 96-99.

(8)

Der Wandel von o zu vä im Tschuwaschischen 67

CeremSan, den Ibn Fadlän im Jahre 922 als öarmsän, die russischen

Chroniken im Zusammenhang mit den Ereignissen des Jahres 1183 als

Ceremisan, und eine bolgarische Inschrift vom Jahr 1307 als öarimsan

belegen'. Ob es auch eine mordwinische Diaspora östlich der Wolga

gab, ist nicht zu klären. Selbst wenn man auch diese Möglichkeit einbe¬

ziehen sollte, war die Hauptmasse der von den Bolgaren im Gebiet öst¬

lich der Wolga und südlich der Kama vorgefundenen Finnougrier unum¬

stritten wotjakiscb. Dem wotjakischen Substrat verdanken die Bolga¬

ren nicht nur den Met und das Bier („der faule Weizen"), von denen Ibn

Fadlän berichtet, sondern auch das Lautgesetz o va. Wie stark der

wotjakische Spracheinfluß auf die herrschenden Bolgaren eigentlich

war, wird sich erst zeigen, wenn sich die Turkologen einer dahingehen¬

den Erforschung des Bolgarischen und des Tschuwaschischen armeh¬

men. Die bisherigen Arbeiten auf diesem Gebiet sind unzulänglich, da

sie rücht über die paar Lehnwörter und die drei morphologischen Lehn¬

elemente (das Gerundium -sa, die präpositive Negation an, die suffi¬

xale Fragepartikel -a) hinausgehen, die bereits Wichmann im Jahre

1903 als Wotjakismen ermittelt hat*.

Nach dem Mongoleneinfall in das Gebiet der Mittleren Wolga (1236)

zogen die Bolgaren bzw. der größte Teil von ihnen in die Gebiete west¬

lich der Wolga. Das wotjakische Lautgesetz o va hat zusammen mit

den anderen wotjakischen Lehnelementen im Bolgarischen den

Gebietswechsel des bolgarischen Volkes überstanden und seine Wir¬

kung in der tschuwaschischen Sprache fortgesetzt, wo es unter anderem

die tatarischen und russischen Lehnwörter (vgl. velle „Bienenkorb" <

russ. wZej id.) erfaßte. Im tschuwaschischen Medium hat das Gesetz fer¬

ner seine Wirkung auf die türkischen Vokale ö, u, ü ausgedehnt, was im

Endergebnis zur Umbildung aller Labialvokale des Anlauts in va, vä,

vu, vo, vi, ve, vi führte. Wie diese Umbildung im einzelnen vor sich ging,

darüber läßt sich mangels entsprechenden Quellenmaterials nichts Ver¬

bindliches ausführen. Man darf allerdings vermuten, daß die lautgesetz¬

liche Entwicklung von der Grundform va zu den modemen Varianten

vä, vu, vo, vi, ve, vi in den meisten Fällen über vermittelnde Lautformen

gegangen ist, die heute schwer oder gar nicht zu rekonstruieren sind.

' Ibn Fadlän, S. 37; A. P. Smirnov: Voli.skie bulgary. Moskva 1951, S. 45; F.

S. Chakimzjanov: Jazyk epitafij voliskich bulgar. Moskva 1978, S. 104-105.

* Y. Wichmann : Die tschuwaschischen Lehnwörter in den permischen Sprachen.

Helsinki 1903. (Mfemoires de la Socifetfe Finno-Ougrienne. 21.), S. 148-154.

(9)

und tibetischer Schrift (Teil II)

Von Dieter Matte und Klaus Röhrborn, Gießen

E. Kommentar

(Z. 1) (hdrim., sih., 'ar-hrin.) und (zih-sar.) inZ. 2 stehen vielleicht

im Zusammenhang mit unvokalisierten uig. Schreibungen drm,

snks'r, ''"rqnt, '*snk, welche unser Schreiber in tib. Schrift nicht

unvokalisiert schreiben konnte und die deshalb mit einem Sproß vokal

versehen wurden, drm ist häufig, snks'r wenigstens einmal in TT VI,

Z. 220, belegt. Soll man bei ('ar-hrin.) und (sih.) an sogd. Vorbilder

denken (vgl. man.-sogd. (rhnd) und buddh.-sogd. (snk))?

(Z. 2) (löm.): Das anlautende [1] ist hier als Allophon des Phonems

/n/ zu betrachten, das im Anlaut von Fremdwörtern mit [n] fluktuiert

(„gebundene Fluktuation"). Noch ergibt sich kein zusammenhängendes

Bild. Es sei aber darauf verwiesen, daß im Atü. Zund w miteinander alli¬

terieren können"^.

(Z. 2) (dyor. dog-mag.) ist auch belegt in TT V A 35-36. Üblicher

ist tört tugum. Verwendet ist hier — wie auch bei den folgenden 'fünf Exi¬

stenzbereichen' — ein Versatzstück, das sich wie eine verkürzte Fas¬

sung von Majjhima-Nikäya (ed. Trenckner. London 1888) I 73,3ff.

liest.

(Z. 2) ('ar-hrin.) mit ungewöhnlicher Vokalisierung der zweiten

Silbe wie in U II 7949 (vgl. aucho. Kommentar zu (hdrim.) usw. inZ. 1).

Zum hypertrophen (r) vergleiche man Abschnitt B in Teil I dieser Stu¬

die. Ein solches (r) ist übrigens keine Besonderheit unserer Hand¬

schrift" \

'"In Strophe 18 des „alphabetischen Gedichts" in ETS 106 ff. Hier sei auf zwei weitere Wörter aus dem zentral asiatischen Areal hingewiesen, die in 2 Varian¬

ten, mit /- und mit n-, auftreten: tü. la/m/mo. naün (vgl. TMEN IV 11-14) und die geographische Bezeichnung Lop (in Lopnor) , die im Atü. als nop belegt ist (vgl.

Ht IV 15 a 15). Zu Letzterem vgl. besonders P. Pelliot: Notes on Marco Polo.

Bd. 2. Paris 1959, S. 770.

Vgl. ein weiteres Beispiel bei Ratchnbvski in: Asiatica. Festschrift

Friedrich Weller. Leipzig 1954, S. 495 Anm. 51.

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