Transparenz des Literaten Horst Bienek
„Jedenfalls las er lieber in den Bildern von Bacon, de Kooning, Motherwell und Salorn& als in den Büchern von Mailer und Bel- low, Lenz und Grass. Da war noch eine andere Dimension, die er in der Literatur vermißte." Die- ses Bekenntnis schreibt einer der großen deutschen Erzähler und Lyriker der Gegenwart, Horst Bienek, in seinem neue- sten Werk, in dem er sich zum er- sten Mal auch als bildender Künstler der Öffentlichkeit vor- stellt.
Horst Bienek (Foto links) arbeitet als freier Schrift- steller in München; die oben abgebildete Gouache mit dem literarischen Titel
„Gauguin sieht dem flie- henden van Gogh nach"
malte er für Signatur, für das Medium doppelbegab- ter Künstler, herausge- bracht von Hans Theo Rommerskirchen
Rommerski
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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Modernes Möbeldesign FEUILLETON
aber exklusiv, polemisch selbst- gefällig ... geistig ambiva- lent ... eklektizistischer Zynis- mus statt bürgerlicher Ge- schmackskultur" (Rouli Lecatsa im Katalogbuch). Nicht zurück- haltendes Neutraldesign ä la Hochschule für Gestaltung in Ulm, sondern eher kritische Stel- lungnahmen von Künstlern zum
„offiziellen" Industriedesign, Objekte, die in ihrer disparaten Formgebung, in ihren Material- vergewaltigungen und in ihren unbekümmerten Stilmischun- gen zu heftigen affektiven Reak- tionen herausfordern — „Ge- fühlscollagen" eben. Adorno hat Collage und Montage einmal als Ausdruck der unbegriffenen und prinzipiell auch unbegreifbaren modernen Realität gedeutet. Das Wissen, vielleicht auch nur das dumpfe Gefühl, daß es immer schwieriger geworden ist, sinn- stiftend in diese Welt einzugrei- fen, daß die einem sozialen Hu- manismus verpflichteten Ganz- heitsentwürfe von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, hat diese jungen deutschen De- signer zu Anarchisten des De- sign werden lassen. Sie leben sich in der Freiheit des Experi- mentes, der Entfesselung der Phantasie aus, ohne sich darum zu scheren, ob und wie diese
Formexperimente eines Tages den Alltag des Wohnens beein- flussen oder neu definieren könnten. „Wohnen von Sinnen"
lautet doppeldeutig der Unterti- tel dieser Ausstellung. In der Tat, sie appelliert nicht nur an die Sinne und das Gefühl, sondern sie strapaziert diese bis zum Äu- ßersten und noch darüber hin- aus. Ob sie praktikable Modelle für ein „neues Wohnen" enthält, wird erst die Zukunft erweisen.
Zur Ausstellung im Düsseldorfer Kunst- museum ist im DuMont Buchverlag, Köln, „Gefühlscollagen — Wohnen von Sinnen", herausgegeben von Volker Al- bus u. a., erschienen
Prof. Dr. phil. Rainer Wick Tränkerhofstraße 43 5303 Bornheim 4
Der Verlag Rommerskirchen in Remagen-Rolandseck präsen- tiert in der vierten Ausgabe von Signatur, nach den „dichtenden Malern" Arik Brauer, Bele Ba- chem (Signatur 1 und 2) und dem Zeichner Horst Jansen (Si- gnatur 3), erstmals einen Schrift- steller mit seiner Doppelbega- bung: den mit zahlreichen Lite- raturpreisen ausgezeichneten Autor Horst Bienek, der als Zeichner und Bildhauer bisher nur seinem engsten Freundes- kreis bekannt war. Für Signatur hat er eine Serie von Collagen zum Thema „Torso" aus Silber- und Goldfolie auf farbigem Pa- pier geschaffen sowie Zeichnun-
gen und Gouachen. Schon auf dem Titelpassepartout leuchtet dem Betrachter ein solch deko- rativer Torso aus Silberfolie ent- gegen, den der Maler-Autodidakt Bienek neunhundertneunzig Mal signiert hat, gemäß dem Konzept von Signatur. Ergänzt hat der Schriftsteller Bienek seine Colla- gen und Zeichnungen mit einem autobiographischen und be- kenntnisreichen Prosa-Text und zwei Gedichten.
Auskünfte für interessierte Sammler beim Verlag Rommers- kirchen, Rolandshof, 5480 Re- magen-Rolandseck, Telefon 0 22 28/6 00 10. Chr 1966 (68) Heft 27 vom 2. Juli 1986 83. Jahrgang Ausgabe A