A3250 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 4723. November 2007 KLINISCHE UNTERSUCHUNG
Alltagserfahrungen für Auswanderer
Immer mehr deutsche Ärzte zieht es ins Ausland, sei es, um zusätzliches Geld über das Wochenende in Groß- britannien zu verdienen, sei es vorübergehend oder per- manent, zum Beispiel nach Skandi- navien. Zur Einarbeitung in die an- gloamerikanische Medizin ist dieses Buch aus dem University of Dublin Trinity College, einer der ältesten Universitäten Europas, hervorragend geeignet.
Untersuchungstechniken, Unter- suchungsbefunde und differenzial- diagnostische Überlegungen stehen im Mittelpunkt des Taschenbuchs, das auf wenig mehr als 100 Seiten das wiedergibt, was wir unseren Medizinstudenten im klinischen Untersuchungskurs beizubringen versuchen. Die Medizin ist zwar international, doch gibt es nicht wenige länderspezifische Kriterien und Merkmale, die für den engli- schen Sprachraum mehr oder weni- ger spezifisch sind (Beevor’s sign, Gunn’s pupil, Pemberton’s sign, Pardee’s sign). So kann der erfahre- ne Kliniker wie der praktizierende Arzt mit diesem Buch Alltagserfah- rungen im englischen Medizinbe- trieb wiederfinden oder auffrischen.
Auf der anderen Seite lernt er Fach-
begriffe aus einem Kulturkreis, in dem er jetzt zu arbeiten hat und in den er sich noch einarbeiten muss.
Asghar Qasim kam aus Pakistan zu Colm O’Morain und spricht so- mit aus eigener Erfahrung, Miriam Schwartz aus Los Angeles hat das Werk für den Gebrauch in den USA revidiert. Eine empfehlenswerte Anschaffung für Auswanderer oder solche Kollegen, die sich mit ent- sprechenden Gedanken tragen.
Wolfgang Rösch
GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Klare Hilfestellung
Als Verantwortlicher für das Quer- schnittsfach „Prävention und Ge- sundheitsförderung“ im Medizin- studium erlebt man täglich, dass Stu- dierende die Gesundheitsförderung nicht als ärztliche Aufgabe betrachten, sie als medizin- fremd erleben. Ganz Ähn- liches gilt für ärztliche Wei- ter- und Fortbildungen. Hier schafft das Buch auf der Grundlage eines empiri-
schen Modellprojekts einen wichti- gen Ansatzpunkt zum Umdenken vor allem in der Hausarztpraxis. Ziel des Modellprojekts war es, die Möglich- keiten einer salutogenen Orientie- rung in Hausarztpraxen zu erproben.
Dazu wurden Sprechstundenge- spräche videodokumentiert, psycho- dynamisch analysiert und zur Basis einer Qualitätszirkelarbeit gemacht.
Der Gewinn, den der Leser aus dem Band ziehen kann, gründet in den ausführlich dokumentierten Fallbei- spielen und lebensgeschichtlichen Fallanalysen chronisch Kranker. Hier werden die vielfältigen Möglichkei- ten einer salutogenen Arbeit von Pati- ent und Hausarzt offenkundig, die Fallbeispiele machen aber auch man- che verpasste Chance einer Umset- zung salutogener Ziele deutlich. Be- sonders interessant ist hier die Ein- führung eines „Beziehungsdialogs“
durch den Hausarzt, wobei außerhalb der Alltagsroutine der Einzelverlauf einer chronischen Erkrankung reflek- tiert wird, Entwicklungsprozesse un- ter Beachtung der salutogenen Chan- cen und Misserfolge nachvollzogen und gemeinsam von Arzt und Patient Bilanz gezogen wird. Das Buch gibt dem Hausarzt einerseits klare Hilfe- stellungen für eine salutogene Orien- tierung im praktischen Alltag, ande- rerseits gibt der Band Anstöße für die intensivierte wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Gesundheitsförde-
rung. Jochen Haisch
KRANKENHAUSMARKT
Eine Bestandsaufnahme
Die stationäre Gesundheitsversorgung ist in einem grundlegenden Wandel begriffen. Wie die Krankenhauslandschaft in 20 Jahren im Rah- men der Wertschöpfungs- und Versorgungskette aussehen wird, ist gegenwärtig kaum absehbar.
Klar ist hingegen, dass Kosten gesenkt, Betten abgebaut, Verweildauern gesenkt und die Durchlässigkeit zwischen ambulantem und sta- tionärem Bereich verbessert werden müssen.
Da ist es überaus verdienstvoll, dass drei ausgewiesene Kenner des Fachs eine Be- standsaufnahme durchführen und fundiert die verschiedenen Faktoren diskutieren, welche die weitere Entwicklung beeinflussen werden.
In sieben Kapiteln mit vielen Tabellen und Ab-
bildungen bieten sie ein wichtiges Nachschla- gewerk, das auch bei den sich schnell ändern- den statistischen Daten seinen Wert hat.
Ein apologetischer Tenor im gesamten Buch mindert allerdings die vorgestellten Informatio- nen und Argumente. Die Studie verdankt sich einer (im Buch nicht vermerkten) Anregung der RHÖN-Kliniken AG und beschäftigt sich mit der Frage, ob auf dem Krankenhausmarkt überhaupt ein Wettbewerb stattfindet, der ein Einschreiten des Bundeskartellamts im Rahmen der Fusi- onskontrolle rechtfertigt. Anlass ist die dem RHÖN-Konzern in zwei Fällen untersagte Fusion mit kommunalen Krankenhäusern wegen der zu erwartenden marktbeherrschenden Stellung.
Die Autoren urteilen, dass im regulierten GKV-System von einem echten Wettbewerb souveräner Marktteilnehmer nicht gesprochen
werden könne, also auch die Fusionskontrolle nicht zur Anwendung kommen dürfe. Da außerdem deutsche Sozialpolitik und europä- isches Wettbewerbsrecht einen Umbau der Krankenhäuser zu rentablen Unternehmen unvermeidbar machten, werde es nötig sein, Kooperationen und Fusionen zuzulassen – nicht zuletzt, um die Versorgungssicherheit in der Fläche zu gewährleisten. Das Argument ist diskutabel, aber nicht zwingend. Eine breitere Diskussion der sozialpolitischen Optionen wäre hier nötig. Wünschenswert wäre zudem ein Lektorat gewesen, das Redundanzen und Fehler getilgt hätte. Arne Manzeschke
Ernst Bruckenberger, Siegfried Klaue, Hans-Peter Schwintowski: Krankenhausmärkte zwischen Regulierung und Wettbewerb.Springer, Berlin, 2006, 232 Seiten, gebunden, 89,95 Euro
Asghar Qasim, Colm O’Morain: Pocket Guide to Physical Examination in Clinical Medicine.
Normed, Bad Homburg, 2007, 117 Seiten, 19,90 Euro
M E D I E N
Ottomar Bahrs, Peter F. Matthiessen (Hrsg.): Gesundheitsfördernde Praxen. Die Chancen einer saluto- genetischen Orientierung in der haus- ärztlichen Praxis. Huber, Bern, 2007, 400 Seiten, kartoniert 39,95 Euro