tung von bis zu 30 Prozent. „Aber das ist derzeit nicht durchsetzbar“, bedauerte Köhler. Als weitere Forderungen an die Politik nannte er unter anderem:
– eine klare Rechtsgrundlage für die Arbeit der Dienstleistungsgesellschaf- ten der KVen und der KBV zu schaffen;
– die Vergütung der Vertragsärzte in den neuen Bundesländern an die in den alten Ländern anzugleichen;
– bei der Praxisgebühr Klinikambu- lanzen stärker in die Pflicht zu nehmen, zehn Euro tatsächlich zu kassieren und zahlungsunwillige Versicherte am Ende mit den gesamten Kosten eines Mahn- verfahrens zu belasten.
Die KBV kämpft zudem nach wie vor um fairere Rahmenbedingungen bei den Integrationsverträgen. Die „Klein- staaterei“ der Verträge nach § 140 SGB V sei keine Zukunftsoption, kriti- sierte Köhler. Er erneuerte seinen Vor- schlag, es KVen und KBV über die Ein- führung eines § 73 d im SGB V zu er- möglichen, gemeinsam mit Kranken- häusern oder anderen Anbietern sek- torübergreifende Verträge zu schließen.
Auch über hausarztzentrierte Angebo- te sollten sie verhandeln dürfen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat zu vielen Punkten eine an- dere Auffassung. Allerdings kann man in letzter Zeit heraushören, dass ihr die vielen Krankenkassen und KVen lästig sind und sie lieber stärker „durchre- gieren“ würde. KBV-Vorstand Köhler wiederum meint, dass ein wenig mehr Zentralismus unumgänglich ist, wenn KBV und KVen nicht ins politische Ab- seits gedrängt werden wollen. „Als KBV hätten wir gern die Möglichkeit, auf die KVen stärker einzuwirken“, erklärte er bei der Vorlage des Forderungskata- logs. Dass das eine heikle Forderung ist, weiß Köhler. Doch der Druck, etwas zu verändern, erscheint ihm groß. Weder gegenüber Vertragsärzten noch ge- genüber Politikern ließen sich manche Unterschiede zwischen KVen sachlich begründen, sagte Köhler. Als Beispiele nannte er, dass Fallwerte von KV zu KV deutlich schwanken, dass Qua- litätsvorgaben unterschiedlich streng überprüft werden oder dass Kriterien
für Wirtschaftlichkeitsprüfungen von- einander abweichen.
Die Diskussionen um die Zukunft der KBV und der Kassenärztlichen Vereinigungen werden also nicht ab- reißen. Mitdebattieren wird dabei si- cher Horst Seehofer (CSU). Der Ober- bayer ist trotz aller Widerborstigkeit bald wieder in Amt und Würden: Er wird dem neuen Kabinett als Bundes- minister für Landwirtschaft und Ver- braucherschutz angehören.
Dass er sich deshalb aus gesundheits- politischen Debatten heraushält, darf man bezweifeln. Unmittelbar vor Beginn der Koalitionsverhandlungen sprach sich Seehofer für einen „dritten Weg neben Bürgerversicherung und Gesundheits- prämie“ aus. Dazu müssten „überholte Strukturen“ im Gesundheitswesen mo- dernen Gegebenheiten angepasst wer- den. Andere Unions-Politiker, wie der CDU-Sozialexperte Andreas Storm, warnen hingegen vor übereilten Festle- gungen. Es sei „Kaffeesatzleserei“, schon jetzt darüber zu spekulieren, in welche Richtung die neue Regierung gesund- heitspolitisch gehen werde. Zunächst müssten die Ergebnisse der Koalitions- verhandlungen abgewartet werden.
Spätestens vom 24. Oktober an soll die Gesundheitspolitik auf die Tagesord- nung gesetzt werden. Als Verhand- lungspartner für die Themen Gesund- heit und Soziales sitzen sich dann Bun- desgesundheitsministerin Ulla Schmidt sowie der niedersächsische CDU-Mini- sterpräsident Christian Wulff gegen- über. Unterstützt werden beide von ei- nem gemeinsamen Unterausschuss Ge- sundheit, der parallel zu den Koaliti- onsverhandlungen die gesundheitspo- litische Marschrichtung ausloten soll.
Die Unionsdelegation wird von CSU-Fraktionsvize Wolfgang Zöller angeführt, mit im Boot sind neben den Fachpolitikern aus der Bundestagsfrak- tion Andreas Storm, Annette Wid- mann-Mauz und Hildegard Müller (alle CDU), auch Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) sowie der saar- ländische Gesundheitsminister Josef Hecken (CDU). Die Zusammenset- zung der SPD-Verhandlungsgruppe stand zu Beginn der Koalitionsge- spräche noch nicht fest. Dieser Punkt ist beileibe nicht der einzige, der noch offen ist. Samir Rabbata, Sabine Rieser P O L I T I K
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A2830 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 42⏐⏐21. Oktober 2005
Es deutete sich bereits an, als sie von Bundes- kanzler Gerhard Schröder zu den Sondie- rungsgesprächen zwischen SPD und CDU/
CSU gerufen wurde: Ulla Schmidt (SPD) bleibt auch in einer großen Koalition Bundesge- sundheitsministerin. Der Zuschnitt des bis- herigen Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung soll aber geändert werden. Während das Ministerium vermut- lich weiterhin für die gesetzliche Pflegeversi- cherung zuständig ist, wird die Rentenversi- cherung dem Arbeitsministerium zugeordnet.
SPD-Chef Franz Müntefering, der dem Kabi- nett als Vizekanzler beitritt, wird dies selbst leiten.
Finanzminister wird der frühere nordrhein- westfälische Ministerpräsident Peer Stein- brück. Das Außenamt soll der bisherige Kanz- leramtsminister Frank-Walter Steinmeier über- nehmen. Für das Verkehrs- und Bauministeri- um ist der Leipziger Oberbürgermeister Wolf- gang Tiefensee vorgesehen. Umweltminister soll der frühere niedersächsische Ministerprä- sident Sigmar Gabriel werden. Justizministerin Brigitte Zypries und Entwicklungshilfeministe- rin Heidemarie Wieczorek-Zeul führen ihre Ämter weiter. Die SPD-Bundestagsfraktion soll
vom scheidenden Verteidigungsminister Peter Struck geführt werden.
Erst kurz vor Beginn der Koalitionsge- spräche am 17. Oktober gab die CDU-Vorsit- zende und designierte Bundeskanzlerin Ange- la Merkel die Liste der Unionsminister für die neue Bundesregierung bekannt. Demnach wird CSU-Vize Horst Seehofer Bundesminister für Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
CSU-Chef Edmund Stoiber, der dem Kabinett als Wirtschaftsminister angehören wird, hatte den ehemaligen Bundesgesundheitsminister gegen den Willen Merkels durchgesetzt.
Niedersachsens Gesundheitsministerin Ur- sula von der Leyen soll das Ressort Familie lei- ten, der hessische CDU-Fraktionsvorsitzende Franz Josef Jung übernimmt das Verteidi- gungsressort. Neue Bildungsministerin wird die Merkel-Vertraute und ehemalige Kultus- ministerin von Baden-Württemberg, Annette Schavan. Der frühere CDU-Vorsitzende Wolf- gang Schäuble ist als Innenminister vorgese- hen. Neuer Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag wird der bisherige CDU-Generalse- kretär Volker Kauder.Als Chef des Kanzleramtes hat Merkel den bisherigen sächsischen Innen- minister Thomas de Maizière nominiert. SR