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Archiv "Pflegende Angehörige: Den Fokus verschieben" (04.08.2014)

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A 1352 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 31–32

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4. August 2014

N

ach ihnen selbst wird selten gefragt: „Wie geht es ihr/

ihm?“ Diese Frage hören pflegende Angehörige stattdessen meist von Ärzten und medizinischen Betreu- ern. Quasi automatisch steht in un- serer Gesellschaft das Wohlergehen des Pflegebedürftigen im Mittel- punkt – und das oftmals jahrelang und meist auch, ohne dass Pflegen- de sich beklagen oder eigene Be- dürfnisse äußern. Doch die psy- chische und auch physische Belas- tung hinterlässt bei ihnen Spuren, denen ernsthafte Erkrankungen fol- gen können.

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung (KBV) möchte künftig pflegende Angehörige stärker in den Fokus zu rücken, auch von den betreuenden Ärztinnen und Ärzten.

Sie sollen in die Lage versetzt wer- den, erste Anzeichen der Überlas- tung bei pflegenden Angehörigen besser zu erkennen und ihnen dann gezielt Unterstützung anzubieten.

Helfen soll dabei ein neues Ver- sorgungskonzept für pflegende An- gehörige, das die KBV im Rahmen ihrer Vertragswerkstatt auf Grund- lage des § 73c SGB V entwickelt hat. Bei der Erstellung unterstützt wurde sie von der Deutschen Ge-

sellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und dem Angehörigenverband „wir pflegen e.V.“. Ärzte, die daran teil- nehmen möchten, benötigen die Zusatzqualifikation „psychosomati- schen Grundversorgung“; die Leis- tungen sollen mit 85 Euro im Jahr extrabudgetär vergütet werden.

Der Hausarzt ist oft der erste Ansprechpartner

„Wir müssen auch auf die Men- schen achtgeben, die ihr eigenes Wohl hinter das einer ihnen nahe- stehenden Person stellen“, betonte Regina Feldmann, Vorstand der KBV, bei der Vorstellung des Ver- sorgungsvertrags Anfang Juli in Berlin. „Jetzt liegt es an den Kran- kenkassen, diesen Faden aufzuneh- men und das Angebot ihren Versi- cherten anzubieten.“

Der Bedarf ist groß: Die Gesell- schaft für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass mehr als 4,7 Millionen Deutsche von ihren Angehörigen betreut werden. „Die Zahl der pflegenden Angehörigen ist nicht bekannt“, sagte Dr. phil.

Hanneli Döhner vom Angehörigen- verband „wir pflegen“. „Die ganze

Gesellschaft kann betroffen sein:

Partner im höheren Lebensalter, aber auch Kinder und Jugendliche.“

Hauptsächlich seien es Frauen, die pflegen. 86 Prozent der Hauptpfle- gepersonen seien älter als 40 Jahre, erläuterte Prof. Dr. med. Adelheid Kuhlmey, Wissenschaftliche Direk- torin des Zentrums für Human- und Gesundheitswissenschaften der Charité Berlin.

Auch der Sachverständigenrat stellte in seinem jüngsten Gutach- ten fest, dass künftig pflegende An- gehörige vermehrt in einem hohen Lebensalter sein werden. „Dazu braucht es Konzepte“, sagte Feld- mann und verwies auf eine Versi- chertenbefragung der KBV vom Mai diesen Jahres, deren Ergebnis- se Ende Juli vorgestellt werden sol- len. Eine Erkenntnis nannte sie vor- ab: „70 Prozent derer, die selbst pflegen, geben an, sich emotional stark belastet zu fühlen. Nur 50 Prozent haben darüber einmal mit ihrem Hausarzt gesprochen.“ Dies zeige, dass pflegende Angehörige eine schwer erreichbare Zielgruppe seien, konstatierte Feldmann. „Die- se Menschen neigen oft dazu, das eigene Wohl unterzuordnen.“

„Um ein Gesundheitsrisiko, das durch die Pflege eines Angehörigen ausgeht, zu erkennen, bedarf es der Kenntnis der häuslichen Situation und des Umfelds“, bestätigte Prof.

Dr. med. Thomas Lichte, Mitglied des DEGAM-Vorstands und Haus- arzt in der Lüneburger Heide. Fer- ner sollten auch Medizinische Fachangestellte in der Praxis einbe- zogen werden, die mit der persönli- chen Situation der Betroffenen oft- mals noch besser vertraut sind.

Unterstützung erhielt das Ange- bot bereits vom Patientenbeauftra- gen der Bundesregierung sowie Be- vollmächtigten für Pflege, Staatsse- kretär Karl-Josef Laumann (CDU).

Das Augenmerk nicht nur auf die Pflegebedürftigen, sondern auch auf die pflegenden Angehörigen zu richten, sei angesichts des großen Bedarfs an häuslicher Pflege uner- lässlich, bestätigte er bei der Vor- stellung des Vertrags. Das KBV- Konzept könne da einen wichtigen

Beitrag leisten.

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

Den Fokus verschieben

Während in der Pflegediskussion die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen im Mittelpunkt stehen, bleiben die psychischen und physischen

Belastungen von pflegenden Angehörigen oft unbeachtet. Die KBV möchte das ändern.

Foto: Photothek

P O L I T I K

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