• Keine Ergebnisse gefunden

'Rahmenbedingungen in der Vollzeitpflege' Umsetzung der Orientierungshilfe des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) vom Mai 2018

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "'Rahmenbedingungen in der Vollzeitpflege' Umsetzung der Orientierungshilfe des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) vom Mai 2018"

Copied!
11
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Sitzungsvorlage JHA/SA/14/2018

'Rahmenbedingungen in der Vollzeitpflege'

Umsetzung der Orientierungshilfe des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) vom Mai 2018

TOP Gremium Sitzung am Öffentlichkeitsstatus

4 Jugendhilfe- und Sozialausschuss 18.06.2018 öffentlich

5 Anlagen

1. Rahmenbedingungen in der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII - Eine Orientierungshilfe mit Empfehlungen für Baden-Württemberg vom Mai 2018

2. Gemeinsames Rundschreiben des Landkreistages, Städtetages und des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) vom 05.10.2017

3. Arbeitshilfe "Erhöhtes Pfegegeld für entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche in Vollzeitpflege" vom 01.07.2016

4. Leistungsvergleich ausgewählter Stadt- und Landkreise, auch mit der Orientierunshilfe des KVJS für Hilfen für Pflegekinder nach § 33 SGB VIII

5. "Kinder brauchen ein Zuhause", eine aktuelle Broschüre des Jugendamtes für potentielle Pflegeeltern

Beschlussvorschlag

Der Jugendhilfe- und Sozialausschuss stimmt

1. der Umsetzung der Orientierungshilfe „Rahmenbedingungen in der Vollzeitpflege“

vom Mai 2018 für den Landkreis Karlsruhe mit Wirkung vom 01.08.2018 zu.

2. der über die Orientierungshilfe hinausgehenden Erhöhung der Kosten der Pflege und Erziehung im Rahmen des pauschalierten Pflegegeldes mit Wirkung vom 01.08.2018 zu.

I.Sachverhalt

Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII ist von je her eine bedeutende Form der Hilfe zur Erziehung außerhalb des Elternhauses. Für ein gutes Gelingen einer Unterbringung ist es erforderlich, dass die Pflegefamilie, ihr entwicklungsförderndes Lebens- und Lernfeld

(2)

und die professionellen Hilfe- und Unterstützungssysteme vertrauensvoll und reflektie- rend zusammenwirken (vgl. Anlage 1 - Einleitung).

Da Pflegekinder sehr individuelle Bedarfe haben, braucht es entsprechend im Angebot der Pflegefamilien eine größtmögliche Vielfalt an Pflege-, Eltern- und Familienkonstella- tionen, bezogen auf ihre Lebensformen, ihre kulturelle und religiöse Alltagsgestaltung sowie auf ihre individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen.

In den vergangenen Jahren hatte die Vollzeitpflege in Deutschland einen Anteil von et- wa 44 % an allen Hilfen zur Erziehung über Tag und Nacht. Im Landkreis Karlsruhe lag der Anteil der durch das Jugendamt betreuten Pflegefamilien bei ca. 48% an allen stati- onären Hilfen (ohne Unbegleitete Minderjährige Ausländer (UMA)).

Grundlage für die Gewährung finanzieller Leistungen für Pflegekinder ist § 39 SGB VIII.

Pflegegeld soll den gesamten wiederkehrenden Bedarf durch laufende Leistungen de- cken, sodass der notwendige Unterhalt des Kindes bzw. Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt ist. Der Bedarf umfasst die Kosten für die Pflege und Erzie- hung des Kindes bzw. Jugendlichen und die Kosten für den Sachaufwand (§ 39 Abs. 1 SGB VIII). Darüber hinaus werden den Pflegepersonen Leistungen zur Unfallversiche- rung und Altersvorsorge gewährt. Über die monatlichen Pauschalbeträge hinaus sind einmalige Beihilfen und Zuschüsse bedarfsgerecht zu gewähren.

Für eine Heimunterbringung nach § 34 SGB VIII wurden im Landkreis Karlsruhe im Jahr 2016 im Durchschnitt ca. 37.000 € pro Fall aufgewendet, für ein Pflegekind im Rahmen der Vollzeitpflege entstanden im Jahr 2016 durchschnittliche Kosten von ca. 10.000 € pro Betreuung.

Im Folgenden werden nach einer Bestandsaufnahme, der Darstellung der Situation und der Bedingungen für Pflegekinder im Landkreis Karlsruhe die Konsequenzen der An- wendung der neuen Orientierungshilfe (Anlage 1) aufgezeigt.

1. Pflegekinder und Pflegeeltern im Landkreis Karlsruhe

Im Jahr 2017 erhielten insgesamt 391 Pflegekinder Pflegegeld auf der Grundlage von § 33 SGB VIII, davon waren 47 UMA, die in Gastfamilien untergebracht waren. Hierfür hatte der Landkreis Ausgaben in Höhe von 3.834.000 €. Ca. 1/3 der Pflegekinder (ohne UMA) sind in der Zuständigkeit anderer Jugendämter im hiesigen Landkreis unterge- bracht, müssen aber aufgrund einer Sonderregelung zur örtlichen Zuständigkeit für Pflegekinder (§ 86,6 SGB VIII) in der Zuständigkeit des hiesigen Jugendamts betreut werden. Der Landkreis erhält in diesen Fällen Kostenerstattung. Dem gegenüber stehen 59 Pflegekinder, für die der Landkreis im Jahr 2017 die Kosten an andere Jugendämter erstatten musste.

Zum Stichtag 30.04.2018 wurden 343 laufende Pflegeverhältnisse im Landkreis Karls- ruhe betreut (ohne UMA). Davon waren

 jeweils ca. die Hälfte männlich, die Hälfte weiblich

 für 90 Pflegekinder andere Jugendämter kostenerstattungspflichtig

(3)

 65 privatrechtlich untergebracht (keine finanziellen Leistungen) oder erhielten Eingliederungshilfe nach dem SGB XII (für diese muss der Kinderschutz sichergestellt werden, weshalb neben dem bestehenden Beratungsangebot mindestens jährlich ein Hausbesuch erfolgt)

 60 durch freie Trägern ergänzend betreut (z. B. Schloss Stutensee, Villa Kunterbunt, Zefie)

 11 nach § 33, 2 SGB VIII in einer Sonderpflegestelle untergebracht

 9 Hilfeempfänger nach § 41 SGB VIII, Hilfe für junge Volljährige

Leistungen zum Unterhalt (Pflegegeld) für Kinder und Jugendliche in Vollzeitpfle- ge nach dem SGB VIII im Landkreis Karlsruhe

Der Deutsche Verein überprüft regelmäßig die Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege für die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Kosten für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen und passt diese einer eventuellen Steigerung der Lebenshal- tungskosten der privaten Haushalte an. Zudem prüft er, ob Änderungen der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung bzw. der Rentenversicherung erfolgt sind, die zu einer Anpassung seiner Empfehlungen führen.

Dementsprechend wurde mit gemeinsamem Rundschreiben des Landkreistages, Städ- tetages und Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) vom 05.10.2017 für das Jahr 2018 den Stadt- und Landkreisen und kreisangehörigen Städten mit einem Jugendamt in Baden-Württemberg folgende aktuellen Sätze zur Anwendung empfohlen (Anlage 2):

Alter des Pflegekindes (von … bis unter … Jahren)

Kosten für den Sach- aufwand

(€)

Kosten für die Pflege und Erziehung (€)

Pflegegeld (€)

0 - 6 522 272 794

6 - 12 592 272 864

12 - 18 676 272 948

Für die Unfallversicherung und Alterssicherung gibt das Rundschreiben folgende Emp- fehlungen:

● 160,23 € pro Jahr für die Erstattung von Beiträgen zur freiwilligen Unfallversicherung von Pflegeeltern

● 42,53 € pro Monat für die hälftige Erstattung von Beiträgen für eine angemessene Alterssicherung

Diese Empfehlungen werden von der Mehrzahl der Jugendämter in Baden- Württemberg umgesetzt.

Auch im Landkreis Karlsruhe wurde durch Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 02.07.2009 auf der Grundlage von Empfehlungen des KVJS von 2009 der Umset-

(4)

zung und jährlichen Fortschreibung des Pflegegeldes und der Pauschalbeträge für die Unfallversicherung und Alterssicherung im Landkreis Karlsruhe zugestimmt.

Erhöhtes Pflegegeld

Bereits seit ca. 10 Jahren wird im Landkreis in Anlehnung an eine Regelung in der Stadt Karlsruhe erhöhtes Pflegegeld für entwicklungsbeeinträchtigte Pflegekinder bei beson- ders ausgeprägtem Bedarf aufgrund der Besonderheit des Einzelfalles gewährt. Hier- durch kann sich das Pflegegeld um bis zu 300 € im Monat erhöhen, zuzüglich einem bei Bedarf bestehenden Kostenersatz für Sachaufwendungen. Eine entsprechende Ar- beitshilfe mit Datum vom 01.07.2016 findet Anwendung (Anlage 3).

Sonderpflege gemäß § 33 Satz 2 SGB VIII

Gemäß § 33 S.2 SGB VIII sind für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen. Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber die Möglichkeit gegeben, ein qualifiziertes Angebot für Kinder und Jugendliche mit einem besonderen pädagogischen Bedarf zur Verfügung zu stellen. Sonderpflegefamilien unterscheiden sich von anderen Pflegefami- lien insbesondere durch die Qualifikation einer Pflegeperson als Fachkraft oder mit Er- fahrungswissen, die diese befähigt, besonders beeinträchtigte Kinder und Jugendliche in den eigenen Haushalt aufzunehmen. Derzeit sind 11 Pflegekinder in dieser Form der Familienpflege untergebracht. In dieser Unterbringungsform werden die Leistungen mit dem 2,5 fachen Betrag für Pflege und Erziehung honoriert (Zuschlag 400,50 €/Monat).

Ein vergleichbares Konzept ist uns aus den in Anlage 4 verglichenen Kommunen nicht bekannt.

Bereitschaftspflege/Notfallpflege

Derzeit gibt es im Landkreis Karlsruhe 11 Pflegefamilien (insgesamt 13 Plätze), die kurzfristig und notfallmäßig für begrenzte Zeit ein Pflegekind aufnehmen. Diese Pflege- familien sind nahezu dauerhaft belegt. Aktuelle Anzeigen in der Tagespresse zur Suche neuer Bereitschaftspflegefamilien bleiben ohne nennenswerte Resonanz. Empfehlun- gen zur Bereitschaftspflege sind in der neuen Orientierungshilfe nicht enthalten. Hierzu werden wir in einer der nächsten Sitzungen des Jungendhilfe- und Sozialausschusses berichten und eine überarbeitete Konzeption für den Landkreis Karlsruhe vorlegen.

Gastfamilien für unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)

Ende 2015 konnte kurzfristig in gemeinsamer Anstrengung mit der Jugendhilfeeinrich- tung Villa Kunterbunt in Bruchsal-Büchenau eine große Zahl von Gastfamilien für UMA vorbereitet und belegt werden. Es konnte ein als gelungen zu bezeichnendes Konzept gemeinsam mit dem freien Träger entwickelt werden, durch das insbesondere die Ver- netzung der Betroffenen und der Gastfamilien gefördert werden konnte. Derzeit leben noch 31 UMA in Familienpflege. Davon werden 24 Pflegeverhältnisse durch freie Träger

(5)

betreut. 7 befinden sich in Verwandtenpflege. Lediglich 3 davon sind weiblich, 13 sind bereits volljährig.

Fortbildungen/Veranstaltungen

Das Jugendamt bietet regelmäßig Fortbildungen mit hochkarätigen Referenten für Pfle- geeltern an. In den vergangenen Jahren war dies zu Themen wie bspw. zur Anstren- gungsverweigerung, die als eine der häufigsten Folgen einer Frühtraumatisierung be- schrieben wird, zur Frage der Bindungsstärkung von Pflegekindern oder z. B. ein Ange- bot zur Stärkung von Pflegeeltern und Strategien der Selbstfürsorge. Angebote gab es auch zu Themen wie FASD (fetales Alkoholsyndrom), Biographiearbeit und leibliche Kinder in Pflegefamilien. Diese Veranstaltungen stoßen bei Pflegefamilien auf große Resonanz. Darüber hinaus können Pflegeeltern ein Supervisionsangebot der Psycholo- gischen Beratungsstellen wahrnehmen.

Ebenso werden die Begegnungsmöglichkeiten bei den alljährlichen Sommer- und Herbstfesten geschätzt. In zwangloser Atmosphäre beim Grillen oder Kaffee und Ku- chen, untermalt durch ein attraktives Angebot für die Kinder (Theatervorstellungen, rei- ten, klettern usw.) begegnen sich Pflegefamilien und Mitarbeiter des Jugendamtes.

Auch für Kinder und Jugendliche gibt es jedes Jahr Begegnungsmöglichkeiten, sei es bei GATE (Großer Abenteuerturm Ettlingen), Kanufahren oder bei einem Angebot der Psychologischen Beratungsstelle zur Identitätsfindung und -entwicklung von Pflegekin- dern im Grundschulalter.

Im Rahmen des Landesprogramms STÄRKE findet in diesem Jahr eine fünftägige Bil- dungsfreizeit für Pflegefamilien statt. Neben den genannten Angeboten des Jugendam- tes können Pflegeeltern auf Antrag Zuschüsse zum Besuch externer Anbieter wie bspw.

PFAD (Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e. V.) oder der Pflegeeltern- schule Baden-Württemberg erhalten.

Delegierung an freie Träger

Im Landkreis Karlsruhe wurden Aufgaben der Pflegekinderhilfe zur Qualitätssteigerung und zur Entlastung des Personals auf freie Träger der Jugendhilfe delegiert (Schloss Stutensee, Villa Kunterbunt, Zefie). Dabei ist zu differenzieren in hoheitliche Aufgaben, die beim Jugendamt verbleiben (Hilfeplanung, Wahrnehmung des Schutzauftrags, Vermittlung eines bestimmten Kindes) und andere Aufgaben, die an die freien Träger delegiert werden können. Hierzu gehören insbesondere die Werbung von potentiellen Pflegefamilien, die Vorbereitung und Schulung von Pflegefamilien, die Entscheidung über die grundsätzliche Geeignetheit von Pflegefamilien in Kooperation mit dem örtlich zuständigen Jugendamt und die Beratung und Begleitung von Pflegefamilien nach Zu- standekommen eines Pflegeverhältnisses.

(6)

Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung

Das Jugendamt des Landkreises hat sich aktuell gemeinsam mit der Stadt Stuttgart und der Villa Kunterbunt beim KVJS für ein Modellprojekt beworben. Hierbei geht es um ein über einen Zeitraum von drei Jahren angelegtes Praxismodellprojekt zur Einbe- ziehung der leiblichen Eltern in der Pflegekinderhilfe. Der Einbezug der Herkunftsfamilie im Rahmen von Pflegeverhältnissen nach § 33 SGB VIII wird in den Fachkreisen als unzureichend wahrgenommen und gilt als entwicklungsbedürftig. Neben strukturellen Rahmenbedingungen fehlen oft auch aktivierende, beratend-unterstützende Erzie- hungskompetenzen, erweiternde sowie lebenspraktische Angebote für leibliche Eltern, deren Kinder in einer Pflegefamilie aufwachsen. Der Projektausschuss des KVJS hat das Projekt befürwortet. Die Entscheidung des Landesjugendhilfeausschusses (LJHA) steht noch aus.

2. Finanzielle Leistungen für Pflegekinder und Änderungen durch die neue Orientierungshilfe

Mit Schreiben vom 30.04.2018 haben sich sechs Vollzeitpflegemütter im Landkreis Karlsruhe an die Fraktionsvorsitzenden des Kreistages mit der Forderung um eine fi- nanzielle Verbesserung der Leistungen im Bereich der Vollzeitpflege für die Pflegemüt- ter im Landkreis Karlsruhe, insbesondere im Bereich der Alterssicherung, gewandt und auf die besseren Bedingungen in der Stadt Karlsruhe, dem Enzkreis und der Stadt Pforzheim hingewiesen. Dort werden zu den o. g. Empfehlungen der kommunalen Spit- zenverbände in Höhe von mtl. 42,53 € zusätzlich monatlich 120 € an die Pflegemütter oder Pflegeväter gewährt, wenn diese glaubhaft machen können, dass sie diesen Be- trag auch aufbringen können, wenn sie kein Pflegekind haben.

In einem weiteren Schreiben der Pflegeeltern vom 12.05.2018 an die Amtsleiterin des Jugendamtes wurde neben der Forderung einer Verbesserung im Bereich der Alterssi- cherung insbesondere auch eine Anpassung der Kosten der Erziehung analog dem Ju- gendamt Enzkreis und der Stadt Pforzheim gefordert. Beide Jugendämter gewähren seit dem Jahr 2016 nach Forderungen der dortigen Vollpflegeeltern im Bereich der Kos- ten der Pflege und Erziehung monatlich 310 €, anstelle der aktuell von den kommuna- len Spitzenverbände empfohlenen 272 € mtl. (siehe Tabelle in Anlage 4)

Dies entspricht im Wesentlichen der seit etlichen Jahren von vielen Fachkräften in den Jugendämtern und von Interessensverbänden geforderten Anpassung der Leistungen, auch um die bisher eher als ehrenamtlich eingeordnete wertvolle Tätigkeit angemesse- ner zu honorieren. Der KVJS hat diese Forderungen nun in einer Orientierungshilfe zu- sammengefasst und den Stadt- und Landkreisen zur Umsetzung empfohlen. Auch das Jugendamt des Landkreises Karlsruhe hat seit geraumer Zeit Anpassungen angestrebt, die konkrete Umsetzung allerdings im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Orientie- rungshilfe zurückgestellt. In Erwartung der nun verabschiedeten Orientierungshilfe wur- den aber bereits Mittel für Mehrausgaben im Haushalt 2018 bereitgestellt.

Die notwendige Überarbeitung und Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen liegt nun in Form der Orientierungshilfe „Rahmenbedingungen in der Vollzeitpflege“ mit Emp- fehlungen nach Verabschiedung am 18.04.2018 durch den Landesjugendhilfeaus-

(7)

schuss vor. Die neue Orientierungshilfe, die seit 2014 durch eine Arbeitsgruppe aus der Praxis der Jugendämter unter Federführung des KVJS erarbeitet wurde und die insbe- sondere auch strukturelle Verbesserungen enthält, soll sicherstellen, dass Pflegefami- lien, egal wo sie in Baden-Württemberg leben, mit vergleichbaren Leistungen in Umfang und Intensität für ihre Pflegekinder rechnen können und beinhaltet fachliche und finan- zielle Empfehlungen.

Neben den Änderungen der finanziellen Rahmenbedingungen beinhaltet die Orientie- rungshilfe auch Empfehlungen zu

 unterschiedlichen Formen der Vollzeitpflege

 Beratung, Begleitung und Qualifizierung von Pflegeeltern

 Arbeit mit der Herkunftsfamilie des Kindes und Rückführung

 Personalausstattung der Jugendämter im Bereich der Pflegekinderhilfe

3. Umsetzung und finanzielle Konsequenzen der Orientierungshilfe

Die derzeitige unterschiedliche Gewährungspraxis der Leistungen für Pflegekinder und Pflegefamilien einzelner Jugendämter ergibt sich aus einer Umfrage bei ausgewählten Stadt- und Landkreisen (Anlage 4).

Um die Zielsetzungen der Orientierungshilfe (Schaffung vergleichbarer Bedingungen in allen Stadt- und Landkreisen in Baden Württemberg) zu erreichen, muss die Orientie- rungshilfe Anwendung auf breiter Linie finden. Aufgrund örtlich unterschiedlicher Ent- wicklungen und Konzepte ist allerdings eine Gleichbehandlung in allen Jugendamtsbe- reichen für alle Formen der Pflegefamilienbetreuung nur bedingt möglich.

Für den Landkreis Karlsruhe ergeben sich durch die Anwendung der Orientierungshilfe mit Empfehlungen vom Mai 2018 insbesondere folgende finanzielle Konsequenzen, die auf der Grundlage der aktuellen Fallzahlen kalkuliert sind:

Erhöhtes Pflegegeld für entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche

Das im Landkreis bereits entwickelte Konzept zum erhöhten Pflegegeld entspricht den neuen Empfehlungen. Es ist hier nur eine geringfügige Aktualisierung erforderlich, die keine erheblichen Mehrausgaben verursachen wird.

Sonderpflegestellen

Mit dem Konzept für Sonderpflegestellen sind wir qualitativ anderen Landkreisen vo- raus. Diese Form der fachlich qualifizierten Pflegestellen soll aufrechterhalten werden.

Eine moderate Erhöhung der Plätze wird angestrebt. Die Mehrausgaben hierfür sind überschaubar.

(8)

Entlastungsangebot

Entlastungsangebote wurden bisher nur in Ausnahmefällen gewährt. Entsprechend der Orientierungshilfe soll zukünftig ein Entlastungsbudget für Babysitter, Kinderbetreuung, Hausaufgabenhilfe in Höhe von 300,- € für das 1. Pflegekind und 150 € für weitere Pfle- gekinder jährlich auf Antrag gewährt werden.

Mehrausgaben pro Jahr: ca. 15.000 €

Betreuungsgeld

Die Orientierungshilfe sieht vor, dass Pflegeeltern, die ein unter 3-jähriges Kind ohne Inanspruchnahme einer Tagesbetreuung (Kita, Tagespflege) selbst betreuen, ein mo- natliches Betreuungsgeld in Höhe von 300 € / 3.600 € pro Jahr erhalten.

Mehrausgaben pro Jahr: 23 Kinder U3 x 3.600 € = 82.800 €.

Einmalige Beihilfen und Zuschüsse

Einmalige Beihilfen und Zuschüsse werden nach Bedarf gewährt. Es können hier nicht die Kosten übernommen werden, die bereits im Sachaufwand enthalten sind. Im Fol- genden werden die Beihilfen aufgelistet, die in Anwendung der Orientierungshilfe Mehr- ausgeben verursachen.

a) Erstausstattung und Investitionshilfe Bisher 1.200 €, neu 1.800 €

Mehrausgaben: 35 Neuvermittlungen x 600 € = 21.000 €

Hinzu können noch Zuschüsse für einen notwendigen Umzug oder behinder- tengerechten Umbau kommen.

b) Erstausstattung Bekleidung Bisher ca. 300 €, neu 600 €

Mehrausgaben: 35 Neuvermittlungen x 300 € = 10.500 € c) Urlaubszuschuss

Bisher 10 € pro Tag für max. 21 Tage pro Jahr, nur auf Antrag und Ausgaben- nachweis für Urlaubsfahrt.

Neu 30 € pro Tag für 21 Tage, ohne Antrag und Ausgabennachweis

Mehrausgaben: 300 Kinder x 630 € = 189.000 € abzgl. 24.000 € (Auszahlungsbetrag auf der Grundlage der bisherigen Regelungen) = 165.000 €

(9)

d) Förderung von Begabungen, Interessen und Fähigkeiten

Bisher auf Antrag, max. 310 € pro Jahr für Bildungsmaßnahmen und Vereins- beiträge, in seltenen Einzelfällen Zuschuss für die Anschaffung eines Musikinstru- mentes

Neu mtl. Pauschalbetrag von 90 €, pro Jahr 1.080 €, antragsunabhängig.

Mehrausgaben: 300 Kinder x 1.080 € = 324.000 € abzgl. 18.000 € (Auszahlungsbetrag auf der Grundlage der bisherigen Regelungen) = 306.000 € e) Scool-Card

Unter Verweis auf den Sachaufwand wurden bisher die Kosten für die Scool-Card nicht übernommen. Ab dem kommenden Schuljahr sollen nun die Kosten für Scoolcard nach Abzug der vorrangigen Leistungen (Karlsruher Kinderpass, Über- nahme durch das Schulamt) übernommen werden. Hierdurch sollen die Pflegekinder im Landkreis mit den Pflegekindern der umliegenden Jugendämter gleichgestellt werden. Voraussichtliche zusätzliche Jahreskosten ca. 5.000 €

f) Lernmittel

Hier wurden bisher keine Kosten übernommen. In Anwendung der Orientierungshilfe sollen künftig die tatsächlichen Kosten für Schulbücher, Taschenrechner etc. über- nommen, für einen PC/Laptop soll ein einmaliger Zuschuss von 300 € ge- währt werden. Voraussichtliche zusätzliche Jahreskosten ca. 10.000 €

Rentenversicherung/Altersvorsorge

Bisher wurden auf Nachweis 42,53 € mtl. entsprechend den Empfehlungen der kom- munalen Spitzenverbände pro Pflegekind ausbezahlt.

Künftig sind auf weiteren Nachweis zusätzlich bis zu 120 € im Monat / 1.440 € pro Jahr zu bewilligen. Die Pflegeperson muss jedoch die zusätzlichen freiwilligen Beiträge der zusätzlichen Rentenversicherung auch bei Beendigung des Pflegeverhältnisses selbst tragen können.

Derzeit werden vom Jugendamt für 115 Vollzeitpflegekinder 4.668 € monatlich bzw. ca.

56.000 € jährlich ausbezahlt. Unter der Annahme, dass künftig von 115 Pflegeeltern die zusätzlichen Altersvorsorgebeiträge von 1.440 €/Jahr in Anspruch genommen werden ergeben sich folgende Mehrausgaben: 115 (Pflegeeltern) x 1.440 € = 165.600 €

4. Erhöhung der Leistung für Pflege und Erziehung

Die vorliegende Orientierungshilfe sieht keine weitergehende Erhöhung der Kosten für Pflege und Erziehung als ein Teil des Pflegegeldes vor, sondern nimmt Bezug auf die jährlichen Empfehlungen zur Fortschreibung des Pflegegeldes der kommunalen Spit- zenverbände auf der Grundlage der Empfehlungen des Deutschen Vereins. Die Kosten für Pflege und Erziehung sind der Teil des Pflegegeldes, der den Pflegeeltern direkt

(10)

zusteht, um ihre Leistung zu honorieren. Alle weiteren Leistungen dienen den Bedarfen des Pflegekindes.

Der Enzkreis sowie die Stadt Pforzheim gewähren bereits heute über die Empfehlungen der Orientierungshilfe hinaus erhöhte Leistungen für die Pflege und Erziehung. Dort werden statt der empfohlenen 272 Euro pro Kind 310 Euro gewährt. In Anpassung an die erhöhten Leistungen des Jugendamtes Enzkreis und der Stadt Pforzheim empfiehlt die Verwaltung auch im Landkreis Karlsruhe im Zuge der Umsetzung der Orientie- rungshilfe zum 01.08.2018 die Kosten der Pflege und Erziehung entsprechend zu erhö- hen. Damit würde den Pflegeeltern eine besondere Form der Wertschätzung ihrer ver- antwortungsvollen und oft mit größtem Engagement geleisteten Arbeit zuteilwerden.

Auch würde dies dem vielfach aus der Mitte des Kreistages geäußerten Wunsch Rech- nung tragen, wonach die finanzielle Ausstattung an die Praxis umliegender Stadt – und Landkreise angepasst werden soll.

Da der Betrag für die Leistungen für Pflege und Erziehung jährlich auf Grundlage der Empfehlung des KVJS angepasst wird, schlägt die Verwaltung eine Erhöhung um einen Festbetrag von 38 € vor. Bei durchschnittlich 300 Pflegekindern entspricht dies 136.800 € jährlich.

5. Homepage

In einem weiteren Schritt wird das Jugendamt die Homepage im Bereich Vollpflege neu überarbeiten und professioneller gestalten. Sie soll zukünftig neben Informationen zum Thema auch als Plattform für Werbung von Pflegeeltern genutzt werden. Vorab wurde bereits eine aktualisierte Informationsbroschüre für interessierte Eltern, Paare und Al- leinstehende zum Thema Vollzeitpflegeeltern eingestellt (Anlage 5).

II. Finanzielle / Personelle Auswirkungen

Im Jahr 2017 beliefen sich die Ausgaben für die Leistungen im Bereich der Vollzeitpfle- ge auf insgesamt 3.834.000 €.

Bei Anwendung der Orientierungshilfe des KVJS sind jährliche Mehraufwendungen für den Landkreis Karlsruhe in Höhe von insgesamt ca. 800.000 € pro Jahr zu erwarten.

Bei einer Zustimmung zur Erhöhung der Leistung für Pflege und Erziehung kommen weitere 136.000 € hinzu. Für 2018 wären somit zusätzliche Mittel in Höhe 390.000 € erforderlich.

Bereits im Zuge der Haushaltsplanung 2018 hat sich das Jugendamt intensiv mit der damals bereits weitgehend fertig und für 2018 in Aussicht gestellten Orientierungshilfe und den finanziellen Auswirkungen im Zuge einer Umsetzung im Landkreis Karlsruhe im Verlauf des Jahres 2018 auseinandergesetzt. Entsprechend wurden die für die Um- setzung notwendigen Mittel bereits 2017 für den Haushalt 2018 eingeplant. Aus haus- haltstechnischer Sicht stehen damit die finanziellen Mittel für eine Umsetzung der Ori-

(11)

entierungshilfe und einer Erhöhung der Kosten der Erziehung von bisher 272 € auf 310 € mtl. zum 01.08.2018 zur Verfügung.

Zur Personalausstattung im Bereich der Pflegekinderhilfe empfiehlt die Orientierungs- hilfe eine Fallbelastung von 25 - 35 Pflegeverhältnissen je Vollzeitkraft. Derzeit werden durch die Kolleginnen im Pflegekinderdienst durchschnittlich 53 Pflegekinder betreut.

Ausgehend vom Durchschnittswert ergibt sich damit ein Personalmehrbedarf von bis zu 4 neuen Stellen, die sukzessive bis 2020 einzurichten sind. Die personellen Mehrkos- ten belaufen sich damit bis zum Jahr 2020 auf insgesamt bis zu 260.000 € jährlich.

Für 2018 wären somit zusätzliche Mittel in Höhe 390.000 € (incl. Erhöhung der Leistung für Pflege und Erziehung) erforderlich, die im Hinblick auf die erwartete Orientierungs- hilfe im Haushaltsansatz von insgesamt 4,5 Mio. € bereits enthalten sind.

In Anwendung der Orientierungshilfe ist eine Personalneubemessung erforderlich und angestrebt.

Für das Haushaltsjahr 2019 ist, abhängig von der Kinderzahl, ein Ansatz bis zu 5,0 Mio. € zu erwarten.

III. Zuständigkeit

Nach § 4 Abs. 3 der Hauptsatzung ist die Zuständigkeit des Jugendhilfe- und Sozial- ausschusses gegeben.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Seit dem Jahr 2005 bietet der KVJS interessier- ten Stadt- und Landkreisen an, sie beim Erstellen so genannter Teilhabepläne für Menschen mit geistiger Behinderung und..

„Da fast alle Senioren weiterhin in ihrer vertrauten Wohnung bleiben wollen, die wenigsten Wohnun- gen aber barrierefrei sind, besteht hier zukünftig ein hoher Bedarf – auch für die

Seit August 2013 haben Eltern das Recht auf einen Krippenplatz für ihre Sprösslin- ge, wenn diese unter drei Jahre alt sind. Die Kommunen arbeiten gegenwärtig mit Hochdruck am

Ob Gesundheitsschutz, Baurecht, Brandschutz, Unfallversicherung oder Lebensmittelhygiene: Trä- ger von Kindertageseinrichtungen haben einige Vorschriften zu beachten, die nicht

Damit folgte die Verbands- versammlung dem Votum der Stadt- und Landkreise, die sich bei einer Umfrage mehrheitlich dafür ausgesprochen hatten, die Finanzierung der

rens unterstützt Familien, ihre Probleme aktiv anzugehen und eigenständige Lösungen zu finden: Der Familienrat wird organisiert, um die Entscheidung über die passende Hilfe

Das Konzept entspricht dem neuen Fachkonzept der Agentur für Arbeit für Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen, das die WfbM –

Imposant präsentierte sich die neue Werkstatt in Markgröningen beim Richtfest: Bis zur Er- öffnung in rund einem Jahr werden hier 90 Arbeitsplätze und 24 Plätze im Förder- und