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Gericht. Entscheidungsdatum. Geschäftszahl. Spruch. Text BVwG W W /24E IM NAMEN DER REPUBLIK!

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Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 08.10.2019

Geschäftszahl W256 2191557-1

Spruch

W256 2191557-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. Februar 2018, Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird der Beschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, stellte am 19. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Im Zuge der am 21. Juni 2015 erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen befragt Folgendes (wörtlich auf Rechtschreibfehler bereinigt wiedergegeben) an: "Ich gehöre einer Minderheit an, aus diesem Grund wurde ich von den Angehörigen meines Mannes verfolgt und bedroht. Sie waren mit unserer Beziehung nicht einverstanden. Mein Mann gehört dem Stamm der Ogaden und ich den Madhibaan an."

Die Beschwerdeführerin wurde am 26. September 2017 durch ein Organ der belangten Behörde einvernommen.

Dabei wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Fluchtvorbringen. Ergänzend führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie mittlerweile von ihrem Ehemann geschieden worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Somalia zulässig sei. Begründend führte die

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belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Auch sei nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin einem Minderheitenclan angehöre, weil ihr dazu essentielles Wissen gefehlt habe. Eine Rückkehr nach Somalia sei ihr zuzumuten und auch zulässig. Die Beschwerdeführerin könne durch ihre Verwandten in Somalia unterstützt werden. Hinzu komme, dass sie bereits über Berufserfahrung verfüge, weshalb es ihr zumutbar sei, sich selbst zu versorgen. Auch könne sie Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin verweist die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf ihr Fluchtvorbringen und auf die prekäre Sicherheits- und Menschenrechtssituation, insbesondere für Angehörige der Madhibaan in Somalia.

Mit E-Mails vom 20. März 2019 und vom 9. Mai 2019 legte die Beschwerdeführerin ergänzende Integrationsunterlagen vor, darunter u. a. einen Ausdruck aus einem Mutter-Kind-Pass betreffend eine Schwangerschaft der Beschwerdeführerin.

Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2019 wurde den Parteien das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 12. Jänner 2018, zuletzt geändert am 17. September 2018 (im Folgenden: LIB alt) zum Parteiengehör übermittelt.

Mit am 1. August 2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangter verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juli 2019, Fr 2019/01/0019-2, wurde dem Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, binnen drei Monaten eine Entscheidung zu erlassen.

In ihrer Stellungnahme vom 7. August 2019 verwies die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf ihre Behandlungsbedürftigkeit infolge einer Brust Operation 2009.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 4. September 2019 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Dabei wurden der Beschwerdeführerin diverse Länderberichte, darunter eine Länderanalyse des Staatssekretariats für Migration der Schweizer Eidgenossenschaft "FOCUS Somalia" vom 31. Mai 2017 (im Folgenden: FOCUS Somalia) und der Bericht FSNAU-Food Security & Nutrition 4/2019 zum Parteiengehör ausgehändigt. Ergänzend brachte die Beschwerdeführerin u.a. vor, dass sie in Österreich mittlerweile erneut geheiratet habe. Ihr Ehemann sei in Österreich asylberechtigt und Vater ihres ungeborenen Kindes.

In ihrer Stellungnahme vom 18. September 2019 führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei in Mogadischu geboren, verfüge dort aber über keine Familie. Insofern habe sie keine Möglichkeit ihre Existenz abzusichern. In Lagern bestehe für alleinstehende Frauen jedoch eine asylrelevante Gefährdung. Sie habe mit ihrer Familie keinen Kontakt und sei diese wohl aus Mogadischu weggezogen. Insofern sei darauf Bedacht zu nehmen, dass die Beschwerdeführerin eine alleinstehende Frau sei und diese insofern kaum Arbeit und Unterkunft finden würde. Es sei auch nicht zu erwarten, dass ihr nunmehriger Lebensgefährte ("Islamisch angetraute Ehemann") diese in Somalia unterstützen werde. Vielmehr sei zu befürchten, dass er sich im Falle einer Rückkehr eine andere Ehefrau suchen werde und sich von ihr scheiden lassen werde. Der Lebensgefährte habe mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Juni 2017, XXXX den Status eines Asylberechtigten erhalten.

Dazu hat sich die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs nicht geäußert.

Mit Schreiben vom 30. September 2019 wurde den Parteien das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17. September 2019 (im Folgenden: LIB) zum Parteiengehör übermittelt.

Mit E-Mail vom 3. Oktober 2019 teilte die Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht über Aufforderung mit, dass sie sich seit 2017 wegen ihrer Operation nicht mehr in Behandlung befinde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person

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Die - im Spruch genannte - Beschwerdeführerin besitzt die somalische Staatsangehörigkeit (Verhandlungsschrift Seite 5).

Sie wurde in Mogadischu geboren und ist sie dort auch aufgewachsen. Zwischen ungefähr 2001 bis ungefähr November 2008 hat sie gemeinsam mit ihrer Tante im Jemen gelebt (AS 53; Verhandlungsschrift Seite 5ff, AS 115).

Anschließend ist sie wieder nach Mogadischu zurückgekehrt und hat sie dort gemeinsam mit ihrer Familie bis zu ihrer Ausreise im März 2009 gelebt (Verhandlungsschrift Seite 5 und Seite 8).

Die Familie der Beschwerdeführerin besteht aus ihren Eltern, ihren zwei Schwestern und ihrem Bruder (Verhandlungsschrift Seite 9). Diese lebt nach wie vor in Mogadischu und zwar leben die Eltern der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Onkel der Beschwerdeführerin im Haus des Onkels (AS 5, AS 53, siehe dazu auch die Beweiswürdigung).

Der Vater der Beschwerdeführerin sitzt mittlerweile im Rollstuhl und wird von der Mutter gepflegt. Beide gehen keiner Erwerbstätigkeit mehr nach, sondern werden von den Angehörigen unterstützt (AS 53 und Verhandlungsschrift Seite 9).

Der Bruder der Beschwerdeführerin arbeitet als Schuhmacher und Schmied gemeinsam mit seinem Onkel und einem Dritten (AS 53). Eine Schwester der Beschwerdeführerin arbeitet als Reinigungskraft (AS 53).

Die Beschwerdeführer gehört - wie auch ihre Familie - dem Minderheitenclan der Madhibaan an (siehe Beweiswürdigung).

Sie hat in Somalia keine Schule, sondern nur die Koranschule besucht. Sie kann lesen und schreiben (Verhandlungsschrift Seite 8). Die Beschwerdeführerin spricht Somalisch (Verhandlungsschrift Seite 10).

Die Beschwerdeführerin hat im Jemen vier Jahre als Haushälterin gearbeitet (Verhandlungsschrift Seite 8).

Sie hat im März 2009 ihre Heimat verlassen und hat sie bis Mai 2015 in Griechenland und anschließend für ein paar Monate in Serbien gelebt. Am 19. Juni 2015 ist sie in Österreich eingereist (AS 3).

Die Beschwerdeführerin ist gesund. Derzeit ist die Beschwerdeführerin schwanger (AS 53 und Verhandlungsschrift Seite 4, siehe dazu auch die Beweiswürdigung).

Die Beschwerdeführerin hat den Vater des ungeborenen Kindes, XXXX in Österreich nach islamischen Recht geheiratet (Verhandlungsschrift Seite 7).

Diesem wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2017 zur Zl. XXXX rechtskräftig der Status eines Asylberechtigten zuerkannt (Verhandlungsschrift Seite 7, Stellungnahme vom 18. September 2019 sowie Einsichtnahme in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts).

Im Falle einer Rückkehr nach Mogadischu kann die Beschwerdeführerin nicht mit finanzieller Unterstützung durch ihre Familie rechnen (siehe die Beweiswürdigung).

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterabfrage vom 3. September 2019).

Sie wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (Auszug aus dem Grundversorgungssystem vom 3.

September 2019).

2. zur Lage in Somalia

Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in a) die somalischen Bundesstaaten und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird, aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert (LIB, Seite 8).

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Die Sicherheitslage bleibt instabil und unvorhersagbar. Zwar ist es im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 zu weniger sicherheitsrelevanten Zwischenfällen und auch zu einer geringeren Zahl an Todesopfern gekommen, doch ist die Sicherheitslage schlecht. Sie ist vom bewaffneten Konflikt zwischen AMISOM (African Union Mission in Soamlia), somalischer Armee und alliierten Kräften auf der einen und Al Shabaab auf der anderen Seite geprägt. Wer sich in Somalia aufhält, muss sich der Gefährdung durch Terroranschläge, Kampfhandlungen, Piraterie sowie kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. Auch der Konflikt um Ressourcen führt regelmäßig zu Gewalt (LIB, Seite 14).

Die Regierung und die Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben (LIB, Seite 15).

Mogadischu:

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche Mogadishu Stabilization Mission (MSM) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt.

Nach wie vor reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (LIB, Seite 28ff).

Für Al Shabaab bietet die Stadt schon allein aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele. Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. De Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebietes Anschläge durchzuführen (LIB, Seite 29).

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werde (LIB, Seite 29).

Insgesamt verlegt sich Al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität. Dabei sucht die Al Shabaab ihre Ziele vor allem im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko eines Eingriffs in die körperliche Integrität oder Lebensgefahr ausgesetzt wäre (LIB Seite 29).

Es besteht zwar kein Risiko allein wegen der Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB Seite 30).

zur Lage der Frauen

Auch wenn Gewalt gegen Frauen laut Verfassung verboten ist, bleiben häusliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem. Bezüglich Gewalt in der Ehe - darunter auch Vergewaltigung - gibt es keine speziellen Gesetze (LIB, Seite 89).

Sexuelle Gewalt ist v.a. für weibliche IDPs eine Gefahr. Auch weibliche Angehörige von Minderheiten sind häufig unter den Opfern von Vergewaltigungen. Die Regierung tut wenig, um sich der Probleme der sexuellen Gewalt anzunehmen. Bestehende Gesetze werden nicht effektiv umgesetzt (LIB, Seite 89).

Die Ehe ist in Somalia extrem wichtig. Es ist in der somalischen Gesellschaft geradezu undenkbar, dass eine junge Person unverheiratet bleibt (LIB, Seite 92).

Durch eine Scheidung wird eine Frau nicht stigmatisiert. Scheidungen sind in Somalia nicht unüblich. Bei einer Scheidung bleiben die Kinder üblicher Weise bei der Frau, diese kann wieder heiraten oder die Kinder alleine großziehen. Bei der Auswahl eines Ehepartners sind Geschiedene in der Regel freier als bei der ersten Eheschließung (LIB, Seite 93).

In Somalia gibt es keine Tradition sogenannter Ehrenmorde im Sinne einer akzeptierten Tötung von Frauen, welche bestimmte soziale Normen überschritten haben - z.B. Geburt eines unehelichen Kindes. Ein uneheliches Kind wird allerdings als Schande für die ganze Familie der Frau erachtet. Mutter und Kind werden stigmatisiert, im schlimmsten Fall werden sie von der Familie verstoßen (LIB, Seite 93).

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Für verheiratete oder geschiedene Frauen gibt es keinen Grund, eine Jungfräulichkeit vorzugeben. Aus diesem Grund verliert die Frage einer Reinfibulation (Wiederherstellung einer Beschneidung, Wiederzunähen) nach einer Eheschließung generell an Bedeutung (LIB, Seite 99).

Minderheiten und Clans

Die somalische Kultur und Sprache ist in der Bundesrepublik Somalia einschließlich des de facto unabhängigen Somaliland sowie in Teilen von Kenia, Äthiopien und Djibouti heimisch (FOCUS Somalia Seite 8).

Die somalische Nation ist in Clans bzw. Stämme aufgeteilt. Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für sämtliche Angehörige der somalischen Nation (Somalis). Die Clans sind in sich weiter hierarchisch aufgegliedert in Clanfamilie, Clan, Sub-Clan, Sub-Sub-Clan (FOCUS Somalia Seite 8).

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identitätsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clanssystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB Seite 82).

Dabei gelten als "noble" Clanfamilien die traditionell nomadischen Hawiye, Darod, Dir und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil/Mirifle stellen wohl je 20-25% der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Alle Mehrheitsclans sowie ein Teil der ethnischen Minderheiten - nicht aber die berufsständischen Gruppen - verfügen über ihr eigenes Territorium (LIB Seite 82ff).

Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die

"noblen" Mehrheitsclans sind. Dazu gehören Gruppen mit nichtsomalischer ethnischer Abstammung, Gruppen, die traditionell als unrein angesehene Berufe ausüben sowie Angehörige "nobler Clans", die nicht auf dem Territorium ihres Clans leben oder zahlenmäßig klein sind (LIB Seite 83).

Berufsständische Minderheiten unterscheiden sich hinsichtlich Sprache, Abstammung und Kultur nicht von der Mehrheitsbevölkerung. Anders als die "noblen" Clans wird ihnen aber nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Prophet Mohammed zurückverfolgen zu können. Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet. Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraumes, mehrheitlich aber in Städten. Ein vor allem im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (LIB Seite 85).

Angehörige dieser Gruppen arbeiten traditionell als Friseure, Schmiede, Metallarbeiter, Färber, Schuhmacher und Töpfer (FOCUS Somalia Seite 14).

Die Madhibaan sind ursprünglich Jäger, heute aber als Färber, Gerber, Schuhmacher und in anderen Berufen tätig. Sie leben im ganzen somalischen Kulturraum (FOCUS Somalia Seite 14).

Insgesamt ist die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Hinzu kommt, dass diese Minderheiten zumeist weniger gut organisiert sind und tendenziell schlechtere Kenntnisse des Rechtssystems haben. Der Zugang berufsständischer Gruppen zu Bildung ist erschwert, weil an ihren Wohnorten häufig die Schulen fehlen. Hinzu kommt, dass sich viele Eltern die Schulgebühr nicht leisten können. Die meisten Angehörigen berufsständischer Gruppen haben keinen Sekundar-Abschluss. Sie verlassen die Schule früher, um zu arbeiten. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Familien auf derartige Einkommen angewiesen sind. Die schlechtere Bildung benachteiligte wiederum bei der Arbeitssuche, bei der ohnehin schon die Clanzugehörigkeit zu Benachteiligungen führen kann (FOCUS Somalia Seite 47).

Aufgrund der wahrgenommenen Bevorzugung der berufsständischen Gruppen im Asylver- fahren in westlichen Staaten sollen gemäss mehreren Gesprächspartnern der Fact-Finding Mission auch andere Somalis dazu übergegangen, sich als solche auszugeben. Da letztere aber im Durchschnitt gebildeter sind als die Angehörigen berufsständischer Gruppen, sind sie nach Angaben des deutschen Somalia-Experten Markus Höhne in der Lage, sich mehr Wissen über die berufsständischen Gruppen anzueignen, als diese selbst haben. Dies habe dazu

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geführt, dass tatsächliche Angehörige solcher Gruppen aufgrund vergleichsweise mangelhafter Kenntnisse nicht als solche anerkannt würden (FOCUS Somalia Seite 25).

zu den Mischehen

In dieser Frage kommt es weiterhin zu gesellschaftlichen Diskriminierungen, da Mehrheitsclans Mischehen mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch. In Mogadischu sind Mischehen möglich (LIB, Seite 86).

Eine Mischehe führt so gut wie nie zu Gewalt oder gar zu Tötungen. Hingegen kommt es häufig zur Verstoßung des aus einem "noblen" Clan stammenden Teils der Eheleute durch die eigene Familie. Letztere besuchen das Paar nicht mehr, kümmern sich nicht mehr um dessen Kinder oder brechen den Kontakt ganz ab; es kommt zu sozialem Druck (LIB, Seite 86).

zur Versorgungslage

Die humanitäre Krise in Somalia bleibt eine der komplexesten und am längsten dauernden weltweit. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist in weiten Teilen nicht gewährleistet. Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia zum Land mit dem fünftgrößten Bedarf an internationaler Nothilfe weltweit (LIB, Seite 122).

Große Teile der Bevölkerung sind hinsichtlich Armut und Nahrungsversorgung vulnerabel. Eine Schätzung besagt, dass rund 77 % der Bevölkerung mit weniger als 1,9 US Dollar pro Tag auskommen müssen und daher als extrem arm gelten - insbesondere in ländlichen Gebieten und IDP Lagern. Nach anderen Angaben leben 69 % der Bevölkerung in Armut. Dabei finden sich die höchsten Raten bei IDPs, in ländlichen Gebieten und Nomaden. Es gibt viele IDPs und Kinder, die auf der Straße leben und arbeiten. Die ländliche Bevölkerung und IDPs verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wett zu machen (LIB, Seite 122).

60 % der Somali leben zum größten Teil von der Viehzucht. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben die Frequenzen und Dauer von Dürre zugenommen. Deswegen wurden auch die Kapazitäten der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenanzahl in einem Haushalt die Vulnerabilität im Fall einer Katastrophe. Bereits 2016/2017 wurden im zuge der Dürre fast eine Million Somali vertrieben. Nur aufgrund groß angelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot vermieden (LIB, Seite 122).

Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt.

Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert - nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle (LIB, Seite 123).

Somalia steht nunmehr wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu- Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre- Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs verbessert. Trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal (LIB, Seite 123).

Die Stadt Mogadischu wird als IPC-2 Kategorie (IPC-Kategorie 2 wird wie folgt definiert: "Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer:

Sie haben gerade ausreichend Lebensmittel, können sich aber keine sonstigen Ausgaben leisten ohne unwiderrufliche Bewältigungsstrategien einschalten zu müssen") eingestuft (FSNAU-Food Security & Nutrition 4/2019, Seite 14, LIB, Seite 124).

Es gibt kein nationales Mindesteinkommen. Zugang zu Bildung und Arbeit stellt in vielen Gebieten eine Herausforderung dar, auch wenn in Puntland und Teilen Südsomalias, insbesondere Mogadischu, der tertiäre

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Bildungsbereich boomt. Der Wirtschaft ist es nicht gelungen, ausreichend Beschäftigung zu schaffen, vor allem für Frauen und Junge (LIB, Seite 115).

Die Arbeitsmöglichkeiten für Rückkehrer sind limitiert. Eine Arbeit zu finden ist mitunter schwierig, verfügbare Jobs werden vor allem über Clan-Netzwerke vergeben (LIB, Seite 116).

Rückkehrer:

UNHCR gewährt finanzielle Unterstützung und bietet temporäre Unterkünfte. Ein ohne Bedingungen ausgegebenes Rückkehrpaket seitens UNHCR beinhaltet: ein aus Sachgütern bestehendes Paket (etwa: Decken, Seife, Planen, Kanister tec.) eine einmalige Wiedereinglierungshilfe von 200 Dollar pro Person, eine auf sechs Monate begrenzte Reintegrationshilfe von 200 Dollar pro Haushalt, eine zusätzliche auf sechs Monate begrenzte Unterstützung von Essensration, eine Bildungsunterstützung, auf neun Monate begrenzt und - bei Auswahl - bis zu 1000 Dollar für eine Unterkunft sowie die Aufnahme in Selbsterhaltungsprojekte. In Programmen aufgenommenen Rückkehrern gewährt UNHCR einmalige Wiedereingliederungshilfen und für sechs Monate Reintegrationshilfe. Im November 2017 wurden solche Gelder an knapp 27.000 Rückkehrer ausbezahlt. Andere profitierten von sogenannten cash-for-work Programmen oder erhielten eine Ausbildung. Die EU Unterstützt zahlreiche Reintegrationsprojekte für Rückkehrer in Somalia mit mehr als 33 Millionen Euro. Außerdem hat UNHCR im Zeitraum 1.-11-2017 1.306 Unterkünfte und 409 Latrinen für Rückkehrer gebaut (LIB alt, Seite 132).

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u.

a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B.

Großfamilie) (LIB, Seite 130).

Für Rückkehrer ohne Netzwerk oder Geld gestaltet sich die Situation schwierig. Im herausfordernden Umfeld von Mogadischu sind entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig, um ein Auslangen zu finden (LIB, Seite 130).

Eine schwache Person mit wenigen Ressourcen ist auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt. Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen, wobei dies im Fall von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird. Eine übersiedelnde Person wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt, noch auf Remissen zurückgreifen kann. Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für eine Rückkehr insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (LIB alt, Seite 133f).

Mogadischu verfügt über einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken. Die medizinische Versorgung in Somalia ist mangelhaft, diese ist in Somaliland und Mogadischu am besten. In Mogadischu wurden seit 2014 einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken neu eingerichtet. In Somalia gibt es fünf Zentren zur Betreuung psychischer Erkrankungen. Diese befinden sich in Berbera, Bossaso, Garoowe, Hargeysa und Mogadischu. Allerdings arbeiten insgesamt nur drei Psychiater an diesen Einrichtungen (LIB Seite 133ff).

Grundlegende Medikamente sind verfügbar, darunter solche gegen die meisten üblichen Krankheiten sowie jene zur Behandlung von Diabetes, Bluthochdruck, Epilepsie und von Geschwüren. Auch Schmerzstiller sind verfügbar (LIB, Seite 133).

2. Beweiswürdigung:

zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde, in der Beschwerde, und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität der

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Beschwerdeführerin (Name und Geburtsdatum) getroffen werden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin, ihrer Herkunft, ihrer Schulbildung, ihrer Erwerbstätigkeit und ihrer derzeitigen Ehe ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen - Angaben zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren eigenen Angaben im Verfahren. Die Beschwerdeführerin führte vor der belangten Behörde aus, dass es ihr gut gehe und sie nicht in Therapie sei. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie gesund sei. Die im Rahmen der Stellungnahme vom 7. August 2019 aufgestellte Behauptung, sie sei aufgrund einer Operation an der Brust im Jahr 2013 nach wie vor behandlungsbedürftig, wurde von der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung, aber auch in ihrer Stellungnahme vom 3. Oktober 2019 nicht weiter aufrechterhalten.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

zur behaupteten Verfolgung der Beschwerdeführerin in Somalia:

Die Beschwerdeführerin behauptet eine Verfolgung in Somalia, weil sie einen Mann eines Mehrheitsclans heimlich geheiratet und insofern von dessen Familie bedroht worden sei. Außerdem drohe ihr auch durch jenen Mann Verfolgung, dem sie eigentlich versprochen gewesen sei. In ihrer Stellungnahme vom 18. September 2019 behauptet die Beschwerdeführer überdies eine Verfolgung aufgrund ihrer Eigenschaft als alleinstehende Frau.

Diesem Fluchtvorbringen kann die nötige Plausibilität und damit Glaubhaftigkeit nicht zuerkannt werden.

Laut ihrem eigenen Vorbringen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung hat sich die Beschwerdeführerin zwischenzeitig vom heimlich angetrauten Ehemann scheiden lassen, weshalb eine Verfolgung aufgrund einer Mischehe - wie von der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung auch dargetan - schon aus diesem Grund in Somalia nicht (mehr) zu erwarten ist (AS 53, Verhandlungsschrift Seite 6).

Davon abgesehen kann den Feststellungen ohnedies entnommen werden, dass Mischehen in Mogadischu keine

"große Sache" seien und es im Übrigen lediglich im umgekehrten Fall einer Ehe einer Mehrheitsfrau mit einem Minderheitenmann zu Problemen kommen könne.

In Bezug auf die Verfolgung durch jenen Mann, dem die Beschwerdeführerin versprochen gewesen sei, ist anzumerken, dass dieser die Familie der Beschwerdeführerin nach ihrer Flucht aufgesucht und auch verletzt haben soll. Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin sei dabei aber nichts "Großes" passiert.

Eine die Beschwerdeführerin treffende Verfolgung kann daher schon aus diesem Grund nicht nachvollzogen werden, zumal es der Familie selbst nach diesem Vorfall möglich gewesen ist, in Somalia zu verbleiben. Damit konfrontiert, führte die Beschwerdeführerin im Übrigen selbst aus, dass diese Auseinandersetzung bereits geklärt und insofern ein Verbleib der Familie in Somalia möglich gewesen sei (Verhandlungsschrift Seite 14).

Auch eine Verfolgung aufgrund ihrer Eigenschaft als alleinstehende Frau erweist sich als nicht zutreffend, weil - wie den Feststellungen zu entnehmen ist - die Beschwerdeführerin in Mogadischu sehr wohl über Familie verfügt. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin - wie von ihr behauptet - in ein IDP-Lager müsste, da diese jedenfalls bei ihrer Familie Unterkunft vorfindet.

Insgesamt kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Somalia einer Bedrohung ausgesetzt wäre, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten. Sonstige Anhaltspunkte für eine konkret die Person der Beschwerdeführerin treffende Verfolgung sind nicht hervorgekommen und wurden solche im Übrigen von der Beschwerdeführerin auch gar nicht behauptet.

zur Clanzugehörigkeit der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin führte im Verfahren konstant aus, dass sie dem Minderheitenclan der Madhibaan angehöre. Dies wurde von der belangten Behörde insofern nicht anerkannt, als es der Beschwerdeführerin an essentiellem Wissen über den Clan mangle. So habe diese zwar als für den Clan typisch, die Berufe

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Schuhmacher, Schweißer und alle anderen schlechten Arbeiten angeführt, nicht jedoch die "markanteste Tätigkeit der Madhibaan, nämlich die Beschneidung.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, kann gerade Wissen über den Clan, nicht geeignet Aufschluss über die Clanzugehörigkeit geben. Insbesondere Angehörige eines berufsständischen Minderheitenclans verfügen - aufgrund ihres erschwerten Zugangs zu Bildung - über mangelhafte Schulbildung und dementsprechend über weniger Möglichkeiten, sich Wissen über den (eigenen) Clan anzueignen. Lückenloses Wissen über den Clan - wie von der belangten Behörde gefordert - kann und darf daher nicht von einem Angehörigen eines berufsständischen Minderheitenclans erwartet werden.

Die von der belangten Behörde geäußerten diesbezüglichen Bedenken können daher vom erkennenden Gericht nicht mitgetragen werden.

Dies umso mehr, als die Beschwerdeführerin - entsprechend einem Angehörigen der Madhibaan - auch tatsächlich nie eine (gewöhnliche) Schule besucht hat und ihre Familie überdies einem Berufsstand der Madhibaan, nämlich jenem der Schuhmacher zuzuordnen ist.

Angesichts dieser Übereinstimmungen bestehen daher von Seiten des erkennenden Gerichts keine Bedenken, die von der Beschwerdeführerin angeführte Clanzugehörigkeit in Zweifel zu ziehen.

zum Kontakt mit der Familie:

Die Beschwerdeführerin führte vor der belangten Behörde am 26. September 2017 aus, dass sie mit ihrer Familie in Kontakt stehe (AS 54: "F: Haben Sie Kontakt mit Ihren Verwandten im Heimatland? Wann war der letzte Kontakt? Wie gestaltet sich der Kontakt zu Ihrer Familie? Kommunizieren Sie auch über soziale Netzwerke und neue Medien? A: Ja. Meine Mutter hat mich vor drei Monaten angerufen, in der Zeit des Ramadan. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Mutter kein eigenes Telefon hat, aber der Mann meiner Schwester hat ein Telefon.

Meine Mutter ruft mich über einen Internetshop an. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nur mit meiner Mutter Kontakt habe. Nachgefragt gebe ich an, dass es meiner Familie gut geht.") und diese nach vor in Mogadischu und zwar ihre Eltern im Haus des Onkels leben würden (AS 53: "A: .. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Eltern und mein Onkel gemeinsam in einem Haus leben. Er arbeitet mit meinem Bruder und mit einem weiteren Mann zusammen.

...").

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht führte die Beschwerdeführerin damit in Widerspruch plötzlich aus, sie habe das letzte Mal in Griechenland mit ihrer Familie Kontakt gehabt und wisse sie nicht, wo sich diese derzeit befinden würde. Ihre Mutter habe ihr beim letzten Kontakt nämlich mitgeteilt, dass die Familie vielleicht aufgrund der schwierigen Lage aus Mogadischu wegziehen werde.

Erst nach Vorhalt durch das erkennende Gericht korrigierte die Beschwerdeführerin ihre Angabe insofern, als ihr letzter Kontakt mit der Familie - entsprechend ihren Angaben vor der belangten Behörde - doch in Österreich und zwar drei Monate vor der Befragung vor der belangten Behörde gewesen sei (Verhandlungsschrift Seite 9:

"Wo lebt Ihre Familie derzeit? BF: Zuletzt wohnten sie in Mogadischu. Derzeit weiß ich nicht, wo sie wohnen.

R: Weshalb wissen Sie nicht, wo Ihre Familie derzeit lebt? BF: Als ich zuletzt Kontakt mit meiner Familie hatte, war ich in Griechenland. Die Mutter sagte, dass sie vielleicht wegziehen, weil sie ein schwieriges Leben haben.

Jetzt weiß ich nicht, wo sie sich befinden. R: Vor der belangten Behörde hatten Sie noch Kontakt zu Ihrer Familie. Was sagen Sie dazu? BF:

Drei Monate vorher hatte ich noch Kontakt. 2017 war das Interview und drei Monate davor hatte ich Kontakt mit meiner Familie. R:

Vorher haben Sie angegeben, dass Sie in Griechenland den letzten Kontakt hatten. Wie passt das zusammen?

BF: Ich hatte Kontakt, als ich in Österreich war. Der letzte Kontakt war drei Monate vor dem Interview. Ich hatte aber nie viel Kontakt.").

Der Kontakt mit ihrer Familie sei deshalb abgebrochen, weil ihre Telefonanrufe nicht angenommen worden seien. Bei ihrem letzten Kontakt habe ihr - laut ihrem Vorbringen im Zuge der weiteren Befragung vor dem erkennenden Gericht - anders als zu Beginn der Befragung (oben dargestellt) nicht die Mutter, sondern plötzlich der Schwager mitgeteilt, dass sie vielleicht weggehen würden (Verhandlungsschrift Seite 9: "R: Weshalb haben Sie seither keinen Kontakt mehr zu Ihrer Familie? BF: Ich habe die Telefonnummer angerufen. Es hebt aber keiner ab. Ich habe mit meinem Schwager gesprochen und als ich das letzte Mal mit meinem Schwager gesprochen habe, hat er gesagt, dass sie vielleicht weggehen wollen.").

(10)

Dazu befragt, weshalb sie vor der belangten Behörde ausgesagt habe, dass es ihrer Familie gut ginge und mit keinem Wort die Absichten der Familie, wegzuziehen, entgegnete die Beschwerdeführerin, dass sie die Dolmetscherin nicht gut verstanden habe (Verhandlungsschrift Seite 9: "R: Vor der belangten Behörde haben Sie ausgesagt, dass es Ihrer Familie gut ginge. Warum haben Sie damals nichts davon gesagt, dass Ihre Familie weggehen wollte bzw. sie keinen Kontakt haben? BF:

Ich habe schon gesagt, dass es ihnen nicht gut geht. Ich habe die Dolmetscherin nicht gut verstanden. Ich habe gesagt, dass mein Vater im Rollstuhl sitzt. Ich habe dort auch gesagt, dass sie Probleme haben.").

Dazu ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin Verständigungsschwierigkeiten mit der Dolmetscherin vor der belangten Behörde laut dem von ihr auch unterschriebenen Einvernahme-Protokoll dezidiert ausgeschlossen hat (AS 59).

Die gehäuften widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin zum Verbleib ihrer Familie können daher in keiner Weise nachvollzogen werden. Vielmehr erweckte die Beschwerdeführerin vor dem erkennenden Gericht den Eindruck, sie sei aus asyltaktischen Gründen bemüht, jeglichen Kontakt mit ihrer Familie auszuschließen.

Es bestehen daher von Seiten des Gerichts keine Gründe daran zu zweifeln, dass die Familie der Beschwerdeführerin nach wie vor in Mogadischu im Haus des Onkels lebt und es der Beschwerdeführerin zumindest möglich ist, mit diesen in Kontakt zu treten.

zu den Unterstützungsmöglichkeiten durch die Familie

Die Beschwerdeführerin verwies im Verfahren wiederholt auf die schlechte finanzielle Situation ihrer Familie.

Es bestehen keine Gründe, an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben zu zweifeln, zumal diese mit den Länderfeststellungen, wonach die finanzielle Situation von Angehörigen eines Minderheitenclans prinzipiell schlecht seien, auch in Einklang gebracht werden können.

Hinzu kommt, dass die Eltern der Beschwerdeführerin über kein Vermögen und angesichts der zwischenzeitigen Pflegebedürftigkeit des Vaters auch über kein Einkommen verfügen, sondern vielmehr selbst auf die Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen sind. Dass die Schwester der Beschwerdeführerin, die als Reinigungskraft arbeitet und der Bruder und der Onkel, die als Schuhmacher arbeiten, zusätzlich für die Beschwerdeführerin aufkommen werden können, ist - auch angesichts der schlechten finanziellen Ausgangslage der Familie - nicht zu erwarten (AS 53 und Verhandlungsschrift Seite 9). Dabei darf insbesondere auch nicht vergessen werden, dass eine finanzielle Unterstützung der Beschwerdeführerin schon im Zeitpunkt ihrer Ausreise nach Europa durch die Familie nicht möglich gewesen ist (Verhandlungsschrift Seite 9).

Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin von ihrem in Österreich asylberechtigten Ehemann in Somalia finanziell unterstützt werden könnte, liegen nicht vor und wurden solche auch nicht behauptet.

2.3. zu den Feststellungen zur Lage in Somalia

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal die Beschwerdeführerin dazu auch gar nichts Gegenteiliges zumindest substantiiert vorgebracht hat. Dass die Sicherheits- und Versorgungslage insgesamt in Somalia angespannt ist, kann mit den oben getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht in Widerspruch gebracht werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2019/53 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft

(11)

ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht.

Flüchtling iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl bspw VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074 uva).

§ 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 der Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl 1958/210 idF BGBl III 2018/139 (im Folgenden: EMRK) keine Abweichung zulässig ist.

Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).

Im vorliegenden Fall ist eine konkret gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgung- wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargestellt - nicht hervorgekommen. Aber auch eine die Beschwerdeführerin treffende Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften kann nicht erkannt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung nämlich nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden.

Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu zuletzt VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089 uvm).

Wie den Feststellungen zwar zu entnehmen ist, unterliegen Angehörige der Volksgruppe der Madhibaan in Somalia zwar zweifelsohne nach wie vor gesellschaftlichen Diskriminierungen und Schikanen, deren Lage hat sich allerdings insgesamt verbessert.

Von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligungen und damit von einer asylrechtlichen (Gruppen)Verfolgung im oben beschriebenen Sinn kann daher nicht ausgegangen werden.

Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht, weshalb der Beschwerdeführerin der Status einer Asylberechtigten nicht zuzuerkennen war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach Abs 3 dieser Bestimmung sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

(12)

§ 11 Abs 1 AsylG 2005 ordnet an, dass Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ra 2019/19/0006-3 ausgesprochen, dass aus dem Wortlaut des § 8 Abs 1 AsylG ableitbar ist, dass für die Gewährung subsidiären Schutzes bereits jegliche Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 3 EMRK an sich, und zwar unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Für den hier in Rede stehenden Herkunftsstaat Somalia ist die allgemeine Situation in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage - wie den Feststellungen zu entnehmen ist - nicht so gelagert ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

Allerdings handelt es sich im vorliegenden Fall um eine schwangere Frau, die einem Minderheitenclan zugehörig ist und auch über keine Schulbildung verfügt.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, ist die Versorgungslage in Somalia angesichts der Dürresituation allgemein sehr angespannt. Dementsprechend gestaltet sich auch die Arbeitsfindung in Somalia für Rückkehrer generell schwierig; für Frauen und Angehörige eines Minderheitenclans jedoch noch schwieriger. Die Beschwerdeführerin ist daher bei der Arbeitssuche schon allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Frau und Angehörige eines Minderheitenclans mehrfach benachteiligt, wobei in ihrem Fall zusätzlich erschwerend hinzukommt, dass sie schwanger und auch nicht gebildet ist.

Die Beschwerdeführerin wird daher im Falle einer Rückkehr nach Somalia aufgrund ihrer persönlichen Umstände und der festgestellten Lage in Somalia nicht in der Lage sein, für sich aus eigenem zu sorgen.

Auch insofern erforderliche Unterstützung Dritter ist im Fall der Beschwerdeführerin nicht anzunehmen. Zwar wird sie hilfsweise bei ihrem Onkel im Haus eine Unterkunft finden, sonstige (vor allem finanzielle) Unterstützung kann angesichts der schlechten finanziellen Ausgangslage der Familie und auch der festgestellten angespannten allgemeinen Versorgungslage jedoch nicht angenommen werden. Dass die Beschwerdeführerin von ihrem in Österreich asylberechtigten Ehemann in Somalia finanziell unterstützt werden könnte, kann ebenfalls - wie festgestellt - nicht angenommen werden.

Auch ist Hilfe durch ihren berufsständischen Minderheitenclan - wie den Länderfeststellungen zu entnehmen ist - nicht zu erwarten und könnte allein damit - ebenso wie mit vorübergehenden Rückkehrhilfen, ohnedies keine ausreichende Grundlage für eine dauerhafte Überlebenssicherung im Fall der Beschwerdeführerin gewährleistet werden.

Daraus folgt aber, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Somalia die reale Gefahr einer ausweglosen Situation und damit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohen würde, weshalb ihre Abschiebung eine Verletzung in ihren Rechten nach Art. 3 EMRK darstellen würde.

Ausschlussgründe nach § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil sie einerseits nicht hervorgekommen sind (§ 9 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG 2005) und die Beschwerdeführerin andererseits unbescholten ist (Z 3 leg.cit.).

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 war der Beschwerdeführerin daher der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und damit eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr zu erteilen.

zu Spruchpunkt B)

(13)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2019:W256.2191557.1.00

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