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Das Ende der Privatsphäre? – zum Wettlauf von Recht und Technik oder: Mensch oder Maschine – hat Privatsphäre eine Zukunft?

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Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt Dr. Harald von Bose

Meeting des Rotary Clubs Magdeburg am 23. Januar 2018

Das Ende der Privatsphäre? – zum Wettlauf von Recht und Technik oder: Mensch oder Maschine – hat Privatsphäre eine Zukunft?

Das Private ist öffentlich geworden. Das Internet hat ein neues Raum- und Zeitver- ständnis bei Information und Kommunikation bewirkt. Die Digitalisierung verändert alle Lebensbereiche und enthält vielfältige Chancen; digitale Agenden prägen alle Politikbe- reiche. Heilserwartungen an das Internet sind zwar enttäuscht worden; seine Entwick- lung geht aber weiter.

(Zwischenruf: Wie gelingt eine Teilhabe der in der analogen Welt Bleibenden? Wie wird das Recht auf informationelle Nichtbestimmung umgesetzt?)

Internet der Dinge, Big Data, Industrie 4.0 über Wirtschaft 4.0 bis zur Gesellschaft 4.0, künstliche Intelligenz – diese Entwicklungen bringen informationelle Selbstbestim- mung, Verhaltensfreiheit und Gedankenfreiheit weiter in die Defensive. Tabubrüche tragen dazu bei.

Dabei wirken viele Internetnutzer bei der Entwicklung der Überwachungs-gesellschaft selbst mit. Ihr Verhalten ist widersprüchlich: Obwohl sie nicht überwacht werden wollen und etwa die Videoüberwachung des Nachbarn scharf angreifen und nach dem Staat als Beschützer rufen, geben sie doch stetig Daten von sich preis. Dass sie angeblich nichts zu verbergen haben und es "freiwillig" tun, nutzt dem Staat und den neuen Geschäfts- modellen. Künstliche intelligente Assistenten steuern das Verhalten im Alltag, bis in die Gedankenfreiheit hinein.

Auch der Staat greift als Präventionsstaat – zumal im „Sicherheitskampf“ gegen Terro- rismus und internationale Kriminalität – mit seinen Sicherheits-programmen immer mehr in Freiheitsräume des Bürgers ein.

Daten werden vorsorglich auf Vorrat gesammelt. Analysesysteme werten weit im Vor- feld von Gefahren und Straftaten auch Daten aus sozialen Netzwerken aus. Neue Da- tenpoole vermischen die Zwecke der Datenverarbeitung und lösen das Trennungsprin- zip zwischen Polizei und Geheimdiensten auf. Der „demokratische Überwachungsstaat“

schwächt den Rechtsstaat in seinem Kern.

Vorhersagen dienen dazu, das Verhalten der Verbraucher zu beeinflussen und Bürger zu beobachten. Sind Sorgen und Hinweise auf die Risiken der neuen Geschäftsmodelle be- rechtigt, wenn doch Roboter gewissenlos und gefühllos bleiben und stets Menschen die Systeme programmieren? Doch auch diese Feststellung ist nicht mehr sicher. Zu Eingrif-

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fen in Freiheitsrechte kommen zusätzlich Diskriminierungen infolge algorithmischer Entscheidungen.

Das Recht läuft jedenfalls der Technik hinterher. Dies gilt auch für die ab Mai 2018 an- zuwendende Datenschutz-Grundverordnung der EU, ihre (im 20. Jahrhundert entwi- ckelten) Regeln tun sich schwer mit Big Data-Anwendungen, etwa im Gesundheitsbe- reich. Die Kritik am Datenschutz führt bis zu einer Diskreditierung des Datenschutzes.

Auch läuft die Informationssicherheit und insbesondere die Datensicherheit der Da- tenunsicherheit hinterher. Das schwächt auch die E-Government-Angebote des Staates.

Datenschützer stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Die Aufgaben der Aufsichts- behörden in der EU wachsen; doch ihre Möglichkeiten wirksamer Kontrolle und Gestal- tung sind u.a. abhängig von Haushaltsmitteln.

Greifen aber die bisherigen Prinzipien und Maßstäbe überhaupt bei den Entwicklungen der digitalen Gesellschaft? Muss man anstelle von Politik, Recht, Kontrolle und Technik, auch anstelle von Technikfolgenabschätzungen (auch des Gesetzgebers) und Daten- schutz durch Technik, nun auf Ethik und Datenschutz durch Bildung (Nutzerkompetenz) setzen? Ein neues Verständnis von „Datensouveränität“ betont den ökonomischen Wert von Daten.

Freiheitsrechte wie die informationelle Selbstbestimmung erodieren in der modernen Überwachungsgesellschaft. Gefährdungen des Persönlichkeits-rechts und das Gefühl des Überwachtwerdens machen den einzelnen Menschen zum Objekt. Der Staat schützt und überwacht; der Schutz durch den Staat überlagert den Schutz vor dem Staat. Die Internetkonzerne agieren ähnlich machtvoll.

Doch ist das Verbot der Totalüberwachung und Totalregistrierung Teil der Verfassungsi- dentität. Die Überwachungslogik beschädigt auch das Vertrauen in die Stabilität und Sicherheit des demokratischen Gemeinwesens.

Hat aber diese (deutsche, europäische) Grundrechtsperspektive noch Bestand? Wird sich das Verständnis von Privatsphäre weiter ändern (müssen)? Bedarf es einer neuen Gelassenheit des Menschen gegenüber Transparenz und Digitalisierung? Ist die Frage

„Mensch oder Maschine“ noch zulässig?

Wird ein intelligenter Privatsphäre-Assistent die neue „Datensouveränität“ gewährleis- ten helfen? Im Verhältnis Bürger-Staat würde dies kaum passen.

Die Durchsetzung von Demokratie und Freiheitsrechten lässt sich nicht nur als persönli- che und technische Aufgabe begreifen oder mittels Verweisung auf die Verantwortung

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von Datenschützern umsetzen, sondern muss auch als gesellschaftliche Funktionsbe- dingung verstanden werden.

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