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Neue Klimaszenarien für die Schweiz | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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KLIMAWANDEL

16 Die Volkswirtschaft   11 / 2018

es heute nur noch etwa halb so viel wie in den Siebzigerjahren.

Der Klimawandel ist primär vom Men- schen verursacht. Ein Grossteil der seit Mitte des 19. Jahrhunderts beobachteten Erwärmung ist auf den menschengemachten Ausstoss von Treibhausgasen zurückzuführen. Die weite- re Entwicklung der Klimaänderung hängt vom künftigen globalen Treibhausgasausstoss ab, welcher wiederum direkt mit den Klimaschutz- bemühungen verbunden ist. Für ein Szenario ohne globalen Klimaschutz sagen die Klima- szenarien aus dem Jahr 2011 gegenüber der Re- ferenzperiode 1981–2010 einen Temperatur- anstieg bis Ende Jahrhundert von etwa 2,5 bis 5 Grad Celsius voraus.

Klar ist: Die Schweiz muss sich auf eine Fort- setzung der Klimaänderung einstellen. Denn selbst bei starken globalen Klimaschutzan- strengungen muss die Schweiz mit einer wei- teren Erwärmung um 2 Grad Celsius rechnen.

Um die damit verbundenen Herausforderun- gen in Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft optimal anzugehen, sind bereits heute Mass- nahmen gefragt. Strategien zur Anpassung an den Klimawandel müssen in verschiedensten Sektoren – wie beispielsweise Landwirtschaft, Gesundheit, Raumplanung oder Tourismus – erarbeitet werden.

K

limawandel fi ndet statt. Eine Reihe von In- dikatoren zeigt: Die Jahresdurchschnitts- temperatur der Schweiz ist seit 1864 um rund 2°C angestiegen. Damit ist der Anstieg in der Schweiz gut doppelt so gross wie derjenige der mittleren globalen Temperatur. Seit rund 30  Jahren war kein Jahr in der Schweiz mehr kühler als der Durchschnittswert der Jahre 1961 bis 1990 (siehe Abbildung). Eine Folge der Er- wärmung sind häufi gere und intensivere Hitze- perioden, wie wir sie im Sommer 2018 erlebt ha- ben. Gleichzeitig hat sowohl die Stärke wie auch die Häufi gkeit von Starkregen in den letzten 100 Jahren deutlich zugenommen.

Ein weiterer Indikator sind die Alpenglet- scher. Deren Volumen ist seit Mitte des 19. Jahr- hunderts um rund 60 Prozent zurückgegangen.

Ebenso nimmt die Anzahl Schneefalltage ab:

Unterhalb von 800 Metern über Meer schneit

Neue Klimaszenarien für die Schweiz

Die neusten Klimaszenarien für die Schweiz bilden eine Entscheidungsgrundlage für Wirtschaft und Politik. Dabei gilt es die Veränderung auch als Chance zu betrachten.   

David Bresch , Andreas Fischer , Angela Michiko Hama

Abstract    Die aktuellsten Schweizer Klimaszenarien erlauben einen de- taillierten Einblick in die mögliche Zukunft des Klimas und erläutern, wo und wie der Klimawandel die Schweiz trifft . In Kombination mit sozioöko- nomischen Daten liefern die Szenarien eine Entscheidungsgrundlage für Politik und Wirtschaft . Dank Kenntnis der Klimaentwicklung können ziel- gerichtete Massnahmen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz erarbeitet werden. Für diese gesellschaft lich höchst relevante Heraus forderung bedarf es einer engen Kooperation zwischen einer Viel- zahl von Akteuren aus Wirtschaft , Verwaltung, Forschung und Politik.

Das National Centre for Climate Services (NCCS)

Das National Centre for Climate Services (NCCS) ist das Netzwerk des Bundes für Klimadienstleistungen.

Als nationale Wissensdrehscheibe unterstützt es klimakompatible Ent- scheidungsfi ndungen, welche zum Ziel haben, die Risiken zu minimieren, die Chancen zu maximieren und die Kosten zu optimieren. Das NCCS ko- ordiniert die gemeinsame Entwicklung und Bereitstellung von Klimadienst-

leistungen und fördert den Dialog zwischen den beteiligten Akteuren.

Mit der Lancierung des NCCS Ende 2015 folgte der Bund den Empfehlun- gen der World Meteorological Organi- zation (WMO) . Das NCCS ist im Sinne eines virtuellen Zentrums organisiert und besteht derzeit aus acht Verwal- tungseinheiten des Bundes: Bundes- amt für Meteorologie und Klima- tologie (Meteo Schweiz), Bundesamt

für Umwelt (Bafu), Bundesamt für Be- völkerungsschutz (Babs), Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bundesamt für Lebens mitt elsicherheit und Veteri- närwesen (BLV) sowie ETH Zürich und Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).

Weitere Partner sind Agroscope, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl), das Forum for Global

and Climate Change (Proclim) und die Universität Bern. Die Geschäft s stelle ist bei Meteo Schweiz angesiedelt.

Hauptzielgruppen des NCCS sind die nationale bis kommunale Verwaltung und Politik, die Wirtschaft und for- schungsorientierte Anwender sowie internationale Akteure im Bereich der Klimadienstleistungen.

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FOKUS

Die Volkswirtschaft  11 / 2018 17 Der Bundesrat will die Chancen nutzen, die

sich aufgrund des Klimawandels ergeben. Dies ist ein erster zentraler Punkt seiner «Strategie zur Anpassung an den Klimawandel» aus dem Jahr 2012. Zweitens geht es darum, die Risiken zu minimieren und insbesondere die Bevölke- rung, Sachwerte und natürliche Lebensgrundla- gen zu schützen. Drittens will der Bundesrat die Anpassungsfähigkeit von Gesellschaft, Wirt- schaft und Umwelt steigern. Die Anpassung an den Klimawandel betrifft alle Sektoren und Staatsebenen – vom Kleinbetrieb bis zum inter- national tätigen Konzern sowie vom Bund bis zu den Gemeinden.

Präzisere Klimaszenarien

Die Basis für mögliche Anpassungsstrategien der Schweiz bilden regionale und lokale Klima- szenarien. Seit 2014 hat das Bundesamt für Me- teorologie und Klimatologie (Meteo Schweiz)

das Mandat des Bundesrats, nationale Klima- szenarien in regelmässigen Abständen zu er- stellen und auf die Bedürfnisse der Nutzer aus- zurichten.

Die aktuellsten Schweizer Klimaszenarien (CH2018) werden am 13. November 2018 veröf- fentlicht. Sie bilden einen Themenschwerpunkt des National Centre for Climate Services (NCCS;

siehe Kasten). Der Zeitpunkt der Veröffentli- chung ist so abgestimmt, dass die Erkenntnisse in den zweiten Aktionsplan zur «Strategie An- passung an den Klimawandel in der Schweiz»

einfliessen. Die Modelle weisen gegenüber den bisherigen Szenarien aus dem Jahr 2011 einen höheren räumlichen Detaillierungsgrad auf und berücksichtigen die Erkenntnisse aus dem fünf- ten Sachstandsbericht des UNO-Weltklimarats von 2013.

Der vergangene Hitzesommer 2018 offenbart ein recht typisches Bild der erwarteten Zukunft.

Die Klimaszenarien zeigen, dass zusammen mit

KEYSTONE

Wir müssen uns auf trockene Sommer einstellen. Lac des Brenets im Neuen- burger Jura Mitte September.

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KLIMAWANDEL

18 Die Volkswirtschaft  11 / 2018

2003

  Jahre über dem Durchschnitt 1961–1990         Jahre unter dem Durchschnitt 1960–1990         Linearer Trend 1864–2018        Durchschnitt 1981–2010 6 Abweichung in °C

4

2

0

–2 5

3

1

–1

–3

1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000

der weiteren Temperaturzunahme die Verduns- tung steigt. Auch ohne Niederschlagsänderung ist in den nächsten Jahrzehnten entsprechend häufiger mit Sommertrockenheit zu rechnen.

Dies wird ab 2050 durch die gleichzeitige Ab- nahme der Sommerregenmenge weiter akzen- tuiert. Im Sommer 2018 wurden beispielsweise an der Messstation Locarno-Monti 18 Tropen- nächte registriert. In solchen Nächten sinkt die Temperatur nicht unter 20 Grad Celsius. Nor- mal für diese Station sind 8 bis 9 Tropennäch- te pro Jahr. Die Anzahl Tropennächte für 2018 entspricht somit in etwa dem, was wir aufgrund der Klimamodelle für die Zukunft um 2035 ohne Klimaschutzmassnahmen erwarten. Um die Mitte des 21. Jahrhunderts dürften in Locarno während mehr als eines Drittels des Sommers Tropennächte vorherrschen – was sich auf das Wohlbefinden und die Produktivität auswirkt.

Auch die Winter sind vom Klimawandel be- troffen. Die Nullgradgrenze hat sich seit den 1960er-Jahren in der Schweiz um etwa 300 bis 400 Meter nach oben verschoben. Damit fällt vermehrt Niederschlag als Regen statt Schnee – mit entsprechenden Konsequenzen für die Win- tersportorte. Diese Tendenz wird sich in Zu-

kunft weiter fortsetzen, wobei das Ausmass vom künftigen Verlauf der globalen Treibhaus- gasemissionen abhängt. Ohne Gegenmassnah- men zum Klimaschutz wird Ende des Jahrhun- derts an tief gelegenen Orten des Mittellandes wie beispielsweise dem st.-gallischen Buchs oder in Genf, wenn überhaupt, nur noch eine Handvoll Tage Schneefall registriert werden.

Die jüngsten Klimaszenarien liefern eine Fülle an Daten und Informationen zum zukünf- tigen Klima. Diese wurden benutzergerecht aufbereitet und stehen ab Mitte November auf der Website Nccs.ch frei zugänglich zur Verfü- gung. Dort finden sich unter anderem Grafiken in Form eines Web-Atlas sowie Zusatzinforma- tionen wie Datensätze. Zudem lassen sich die Resultate nach Wetterereignissen oder nach Grossregionen ordnen.

Szenarien als Analysegrundlage

Die Klimaszenarien stellen den Ausgangspunkt einer ganzen Wertschöpfungskette dar. Sie hel- fen Behörden, Politik und Wirtschaft, klima- kompatible Entscheidungen zu treffen und da- mit die gesellschaftliche und wirtschaftliche

Sommertemperaturen in der Schweiz (1864–2018): Abweichungen vom Durchschnitt der Jahre 1961–1990

METEOSCHWEIZ / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Durchschnittstemperaturen der Monate Juni, Juli, August. Informationen zum zukünftigen Verlauf sind ab 13. November unter www.nccs.ch abrufbar.

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FOKUS

Die Volkswirtschaft   11 / 2018 19

David Bresch

Professor für We er- und Klimarisiken, Institut für Umweltentscheidungen ETH Zürich / Meteo- Schweiz

Andreas Fischer Dr. sc., Leiter Klimasze- narien CH2018, Bundes- amt für Meteorologie und Klima tologie MeteoSchweiz, Zürich

Angela Michiko Hama Dr. rer. nat., Geschä sfüh- rerin National Centre for Climate Services, Bundes- amt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, Zürich

Resilienz zu stärken. Bereits in Arbeit sind eine Reihe von Folgeprojekten wie beispielsweise zur Wasserverfügbarkeit, zum Gletscherschwund oder zu den Folgen für die Land- und Forstwirt- schaft und den Schutz vor Hochwassern. Eben- so bilden die Klimaszenarien eine Grundlage im Pilotprogramm «Anpassung an den Klimawan- del» des Bundesamtes für Umwelt (Bafu).

Eine Klimadienstleistung geht von natur- wissenschaftlichen Daten und Aussagen über das vergangene, das heutige und das zukünfti- ge Klima aus, bezieht jedoch die Kopplung mit sozioökonomischen Informationen mit ein.

Nur so können auch Aussagen zu den Folgen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft getrof- fen werden. Erst dank der sozioökonomischen Verknüpfung wird Klimainformation in Ent- scheidungsprozessen im Klimaschutz und der Klimaanpassung direkt nutzbar. Nur mithilfe von Klimadienstleistungen können Behörden, Politik und Wirtschaft gezielt Massnahmen entwickeln und umsetzen. So tragen Klima- dienstleistungen zur nötigen gesellschaftlichen Transformation im Hinblick auf eine nachhal- tige Entwicklung direkt bei. Das gesamte Spek- trum von Klimadienstleistungen reicht von Klimaszenarien über sektorspezifi sche Vulne- rabilitäten bis hin zur Bewusstseinsbildung, dem Aufzeigen von Handlungsoptionen und dem Aufbau von Kapazitäten. Zentrale Fragen von Entscheidungsträgern lauten deshalb:

– Was ist der mögliche Einfl uss von Wetter und Klima auf unsere Volkswirtschaft und ihre Akteure heute und in den kommenden Dekaden?

– Wie können wir mit den damit verbundenen Chancen und Risiken vorausschauend um- gehen, welche Massnahmen bieten sich an?

– Welche Investitionen sind nötig – und: Über- wiegt der Nutzen im Vergleich zu den Kosten?

Zur Beantwortung dieser Fragen ist ein inten- siver Dialog zwischen den Anbietern und Nut-

zern von Klimadienstleistungen nötig. Neben den Entscheidungsträgern aus der kommuna- len bis nationalen Politik und Verwaltung und Akteuren aus der Wirtschaft schliesst dies ins- besondere auch Zwischennutzer wie beispiels- weise Berufs- und Interessenverbände mit ein.

Diese bereiten die Informationen zur Klimazu- kunft – in enger Zusammenarbeit mit den Pro- duzenten und Kommunikationsexperten – sek- tor- und branchenspezifi sch auf und vermitteln sie. Relevante Stakeholder wurden bereits von Anfang an bei der Entwicklung der Klimaszena- rien konsultiert.

Austausch verstärken

Dieser Dialog muss in den kommenden Jahren intensiviert werden. Mit der Etablierung des Na- tional Centre for Climate Services bestehen die nötigen institutionellen Strukturen. Ab nächs- tem Jahr startet ein breit angelegter Prozess mit Stakeholdern aus Wirtschaft, Verbänden, Bund, Kantonen und Gemeinden, um die Bedürfnisse an Klimadienstleistungen genauer zu eruieren.

Darauf aufbauend, wird das NCCS die nutzer- spezifi sche Entwicklung von Klimadienstleis- tungen für eine resiliente Schweiz vorantrei- ben  – wozu es auf die aktive Mitwirkung aller Akteure angewiesen ist.

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