Was Führungskräfte über Psychologie wissen sollten
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Aus Astrid Schütz; Christina Köppe; Maike Andresen: Was Führungskräfte über Psychologie wissen sollten (9783456856308) © 2020 Hogrefe Verlag, Bern.
Was Führungskräfte über Psychologie wissen sollten
Astrid Schütz, Christina Köppe, Maike Andresen
Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Psychologie:
Prof. Dr. Guy Bodenmann, Zürich; Prof. Dr. Lutz Jäncke, Zürich; Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen;
Prof. Dr. Astrid Schütz, Bamberg; Prof. Dr. Markus Wirtz, Freiburg i. Br.
Astrid Schütz Christina Köppe Maike Andresen
Was Führungskräfte über Psychologie
wissen sollten
Theorie und Praxis für den Umgang mit Mitarbeitenden
unter Mitarbeit von Theresa Fehn Belinda Seeg
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Prof. Dr. Astrid Schütz
Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psycho
logische Diagnostik
Kompetenzzentrum für Angewandte Personalpsychologie OttoFriedrichUniversität Bamberg
Markusplatz 3, 96047 Bamberg Deutschland
E-Mail: astrid.schuetz@unibamberg.de Dipl.-Psych. Christina Köppe
Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psycho
logische Diagnostik
Kompetenzzentrum für Angewandte Personalpsychologie OttoFriedrichUniversität Bamberg
An der Weberei 5N, 96047 Bamberg Deutschland
E-Mail: christina.koeppe@unibamberg.de
Prof. Dr. Maike Andresen
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb.
Personalmanagement und Organisational Behaviour
OttoFriedrichUniversität Bamberg Feldkirchenstraße 21, 96052 Bamberg Deutschland
E-Mail: maike.andresen@unibamberg.de
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Lektorat: Dr. Susanne Lauri
Bearbeitung: Edeltraud Schönfeldt, Berlin Herstellung: Daniel Berger
Umschlagabbildung: © Andrey Popov, iStockphoto.com Umschlag: Claude Borer, Riehen
Satz: punktgenau GmbH, Bühl
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr s. r. o., Český Těšín Printed in Czech Republic
1. Auflage 2020
© 2020 Hogrefe Verlag, Bern
(E-BookISBN_PDF 978-3-456-95630-5) (E-BookISBN_EPUB 978-3-456-75630-1) ISBN 978-3-456-85630-8
http://doi.org/10.1024/85630-000
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5
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis . . . 9
Einleitung . . . 11
Teil 1: Berufseignung und Berufserfolg – Die Ebene des Individuums . . . . 13
1 Grundlagen individueller Leistungsfähigkeit . . . 15
1.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 15
1.1.1 Was genau ist berufliche Leistung? . . . 15
1.1.2 Einflussgrößen im Bereich beruflicher Leistung . . . 20
1.2 Praktische Anwendung . . . 25
1.2.1 Funktionen und Ebenen der Leistungsbeurteilung . . . . 25
1.2.2 Konkrete Verfahren zur Leistungssteigerung . . . 26
1.3 Handlungsimplikationen . . . 33
1.4 Zusammenfassung . . . 34
1.5 Reflexionsfragen . . . 34
2 Faktoren individueller Leistungsbereitschaft . . . 37
2.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 37
2.1.1 Grundfragen der Motivation . . . 37
2.1.2 Entstehung von Arbeitsmotivation . . . 40
2.1.3 Arbeitszufriedenheit . . . . 48
2.1.4 Emotion und Motivation . . . 50
2.2 Praktische Anwendung . . . 54
2.2.1 Redesign mittels Job Rotation . . . 56
2.2.2 Alternatives Arbeitsarrangement via Home Office . . . 56
2.2.3 Alternatives Arbeitsarrangement via Job Sharing . . . 57
2.2.4 Partizipation . . . . 57
2.2.5 Positiver sozialer und physischer Arbeitskontext . . . . 57
2.2.6 Beeinflussung von Stimmungen . . . 58
2.3 Handlungsimplikationen . . . 58
2.4 Zusammenfassung . . . 59
2.5 Reflexionsfragen . . . 59
6 Inhaltsverzeichnis
3 Stress und Ressourcen im Arbeitskontext . . . . 61
Theresa Fehn 3.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 61
3.1.1 Was ist Stress? . . . 61
3.1.2 Was führt zu Stress? . . . . 65
3.1.3 Folgen von Stress . . . 70
3.1.4 Prävention und Coping . . . 73
3.2 Praktische Anwendung . . . 79
3.2.1 JD-R-Monitor . . . 80
3.2.2 Job Crafting . . . 81
3.3 Handlungsimplikationen . . . 82
3.4 Zusammenfassung . . . 83
3.5 Reflexionsfragen . . . 83
Teil 2: Führung – Die Ebene der Gruppe . . . 85
4 Erfolgreiche Beziehungsgestaltung als Führungsaufgabe . . . 87
4.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 87
4.1.1 Definitionen von Führung . . . . 87
4.1.2 Führungserfolg . . . 89
4.1.3 Eigenschaften der Führungskraft . . . 90
4.1.4 Mitarbeiter- und Aufgaben orientierung im Führungsverhalten und die Rolle der Situation . . . . 92
4.1.5 Führung als Austauschbeziehung zwischen Führungsperson und Geführten . . . . 93
4.1.6 Implizite Führungstheorien der Geführten . . . 98
4.2 Praktische Anwendung . . . 100
4.2.1 Vertrauen und Führung . . . 100
4.2.2 Kommunikation der Mitarbeitenden . . . . 102
4.3 Handlungsimplikationen . . . 105
4.4 Zusammenfassung . . . 107
4.5 Reflexionsfragen . . . 107
5 Konfliktmanagement als Führungsaufgabe . . . . 109
5.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 109
5.1.1 Konfliktarten . . . 109
5.1.2 Konfliktentstehung und Konfliktverlauf . . . . 112
5.1.3 Folgen von Konflikten . . . 114
5.1.4 Verhalten in Konfliktsituationen . . . 116
5.1.5 Konfliktmanagement als Führungsaufgabe . . . 117
5.2 Praktische Anwendung . . . 121
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Inhaltsverzeichnis 7
5.3 Handlungsimplikationen . . . 124
5.4 Zusammenfassung . . . 125
5.5 Reflexionsfragen . . . 126
Teil 3: Personalmanagement – Die Ebene der Organisation . . . 127
6 Methoden und Verfahren der Personalauswahl . . . 129
6.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 129
6.1.1 Anforderungsanalyse . . . 129
6.1.2 Verfahren der Personalauswahl . . . . 136
6.1.3 Aktuelle Trends der Personalauswahl . . . 145
6.2 Praktische Anwendung . . . 148
6.3 Handlungsimplikationen . . . 152
6.4 Zusammenfassung . . . 153
6.5 Reflexionsfragen . . . 154
7 Nachhaltige Personalentwicklung . . . 157
Belinda Seeg 7.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 157
7.1.1 Gegenstand der Personalentwicklung . . . . 158
7.1.2 Häufig eingesetzte Verfahren . . . 161
7.1.3 Transferfaktoren formeller Personalentwicklungsmaßnahmen . . . . 165
7.2 Praktische Anwendung . . . 174
7.2.1 Personalentwicklung 4.0 . . . 174
7.2.2 Systematisches Transfermanagement für nachhaltige Trainings . . . . . 176
7.2.3 Nachhaltige Coachings durch den Bamberger Coachingansatz . . . . 179
7.3 Handlungsimplikationen . . . 181
7.4 Zusammenfassung . . . 182
7.5 Reflexionsfragen . . . 183
8 Talent Management . . . 185
8.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 185
8.1.1 Was sind Talente? . . . 185
8.1.2 Sind Talente entwickelbar? . . . . 186
8.1.3 Worum geht es beim Management von Talenten? . . . 189
8.1.4 Flexibilisierte Talentförderung durch idiosynkratische Vereinbarungen . . 193 8.2 Praktische Anwendung . . . 196
8.2.1 A-Player-Ansatz . . . 196
8.2.2 A-Position-Ansatz . . . 199
8.2.3 Gestaltung von Maßnahmen zur Talententwicklung . . . 201
8 Inhaltsverzeichnis
8.3 Handlungsimplikationen . . . 202
8.4 Zusammenfassung . . . 203
8.5 Reflexionsfragen . . . 204
9 Karriere und Karriereentwicklung . . . 205
9.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 205
9.1.1 Karriereparadigmen im Wandel . . . . 205
9.1.2 Koexistenz verschiedener Karriereparadigmen in der heutigen Arbeitswelt . . . 208
9.1.3 Individuelle Karriereentwicklung . . . 212
9.2 Praktische Anwendung . . . 217
9.2.1 Frühe Karriere . . . . 217
9.2.2 Mittlere Karriere . . . 218
9.2.3 Späte Karriere und Ausstieg . . . . 219
9.2.4 Individuelle Karriereentwicklung – Die Bedeutung der organisationalen Unterstützung . . . . 220
9.3 Handlungsimplikationen . . . 220
9.4 Zusammenfassung . . . 222
9.5 Reflexionsfragen . . . 223
10 Personalbindung . . . 225
10.1 Wissenschaftliche Basis . . . . 225
10.1.1 Fluktuationsraten und -trends . . . 225
10.1.2 Kosten in Verbindung mit der Fluktuation . . . 227
10.1.3 Gründe für Fluktuation . . . 230
10.2 Praktische Anwendung . . . 234
10.2.1 Maßnahmen zur Personalbindung . . . 236
10.2.2 Entlohnung . . . 239
10.2.3 Management von Erwartungen . . . 239
10.2.4 Weiterbildung . . . 240
10.2.5 Verbessern der Personalführung . . . 240
10.2.6 Grenzen der Personalbindung . . . . 241
10.3 Handlungsimplikationen . . . 242
10.4 Zusammenfassung . . . 244
10.5 Reflexionsfragen . . . 246
Anhang . . . 247
Literaturverzeichnis . . . . 249
Die Autorinnen . . . 283
Sachwortverzeichnis . . . 285
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9
Abkürzungsverzeichnis
AC Assessment Center
AVEM Arbeitsbezogenes Verhaltens und Erlebensmuster BARS Behaviorally Anchored Rating Scale
BIP Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung BOS Behavior Observation Scale
CIT Critical Incident Technique
CSE Core SelfEvaluations (zentrale Selbstbewertungen) CWB Counterproductive Work Behavior
CWB-I Counterproductive Work Behavior Individual CWB-O Counterproductive Work Behavior Organizational EI Emotionale Intelligenz
FAA Fragebogen zur Arbeitsanalyse FJA Functional Job Analysis F-JAS FleishmanJob Analysis System
FVVB Fragebogen zur VorgesetztenVerhaltensBeschreibung F&E Forschung und Entwicklung
GLTSI Deutsches LerntransferSystemInventar HOL Healthoriented Leadership
HR Human Resource
IBES Inventar berufsbezogener Einstellungen und Selbsteinschätzungen
ICD International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems JCM JobCharacteristicsModell
JD-R Job DemandsResources
KSAO Knowledge, Skills, Abilities, Other Characteristics LMX LeaderMember Exchange
MBTI MyersBriggsTypenindikator MMG MultiMotivGitter
MMI Multimodales Interview
MSCEIT MayerSaloveyCaruso EmotionaleIntelligenzTest
NEO-PI-R NEO-Persönlichkeitsinventar nach Costa und McCrae, revidierte Form O*NET Occupational Information Network
OCB Organizational Citizenship Behavior PE Personalentwicklung
10 Abkürzungsverzeichnis
ProMES Productivity Measurement and Enhancement System ROI Return on Investment
SME Subject Matter Experts SVF Stressverarbeitungsfragebogen TAToo TaskAnalysisTool
TBS Tätigkeitsbeurteilungssystem
VIE-Theorie ValenzInstrumentalitätsErwartungsTheorie
VUKA Volatilität (Unbeständigkeit), Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität WIT-2 WildeIntelligenzTest 2
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11
Einleitung
Nach der seit 2001 jährlich erscheinenden GallupStudie „Engagement Index für Deutschland“ haben 2018 über fünf Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland innerlich gekündigt. Als zentraler Grund werden Defizite in der Mitarbeiterfüh
rung genannt. Oft fehle es in deutschen Unter
nehmen an einer regelmäßigen FeedbackKul
tur der Führungskräfte. Nach einer kurzen
„HoneymoonPhase“, in der sich Arbeitneh
mer und Arbeitnehmerinnen noch gut betreut fühlen, würden sie oft alleine gelassen, so die GallupStudie. Was können Führungskräfte tun, um ihre Mitarbeitenden zu unterstützen und so Leistung und Erfolg zu fördern?
Das erfolgreiche Management eines Unter
nehmens hängt nicht zuletzt davon ab, was oft als „Faktor Mensch“ bezeichnet wird. James Goodnight, Vorstandsvorsitzender und Mit
gründer von SAS (Hersteller von Business Ana
lytics Software), brachte dies wie folgt auf den Punkt: „Jeden Abend fahren 95 % meiner Ver
mögenswerte aus dem Betriebstor. Es ist mei
ne Aufgabe, eine Arbeitsumgebung aufrecht
zuerhalten, in der die Menschen jeden Morgen wiederkommen.“ (Goodnight, J., o. J.; vgl. Ka
pitel 10 in diesem Buch). Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut auszuwählen, sie zu motivie
ren, weiterzuentwickeln und zu binden, ist un
erlässlich für den Unternehmenserfolg – insbe
sondere angesichts des scharfen Wettbewerbs um qualifizierte Arbeitskräfte in Deutschland.
Führungskräfte brauchen daher Wissen über Personalauswahl, Mitarbeiterführung und Ta
lentmanagement.
Konkret geht es uns in diesem Buch darum, Erleben und Verhalten von Menschen im Be
rufsfeld zu beschreiben und zu erklären. Auf dieser Basis zeigen wir Möglichkeiten auf, wie sich diese Variablen vorhersehen und verän
dern lassen. Im Einzelnen geht es dabei um Unterschiede in Fähigkeiten und anderen Ei
genschaften, Einstellungen und Werthaltun
gen, um die Motivation und die Gefahr der Demotivierung. Behandelt werden auch Un
terschiede im Umgang mit Belastung und was daraus für Gesundheit und Zufriedenheit folgt.
Auf dieser Basis ist es uns ein Anliegen, Men
schen im Berufsleben sowie Unternehmen in ihrer Zielerreichung zu unterstützen. Aktuelle Forschungsbefunde und Theorien aus der Psy
chologie zu diesen Themen sind in diesem Band anschaulich erläutert und mit zahlrei
chen Praxisbeispielen illustriert.
Alle Kapitel sind einheitlich strukturiert: Ist die Zielsetzung erklärt und ein inhaltlicher Überblick über das Kapitel geschaffen, erläu
tern wir relevante psychologische Konzepte, Theorien und Befunde und übertragen sie an
schließend auf das Anwendungsfeld. Praxis
beispiele erleichtern die Nutzbarmachung im Unternehmensalltag. Aufbauend auf Theorie und Praxis sind konkrete Handlungsimplikati
onen genannt. Jedes Kapitel schließt mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten In
halte und themenspezifischen Reflexionsfra
gen, die zum Transfer in die Unternehmen
spraxis anregen.
Drei systemisch miteinander verbundene personalpsychologische Ebenen sind zu be
rücksichtigen: Individuum, Gruppe und Orga
nisation. Auch wenn jedes Thema einen ande
ren Schwerpunkt einnimmt, ist es doch immer auch für die jeweils anderen Ebenen relevant.
12 Einleitung
Querverweise auf verbundene Kapitel verdeut
lichen diese Themenverknüpfungen.
Zunächst wird die Ebene der einzelnen Mitarbeitenden im Berufsleben näher be
leuchtet. Grundzüge individuellen Erlebens und Verhaltens, die für eine langfristige erfolg
reiche Berufsausübung relevant sind, werden zusammengefasst. Wir stellen die wichtigsten Faktoren individueller Leistungsfähigkeit (Kapi
tel 1) der Leistungsbereitschaft (Kapitel 2) ge
genüber, behandeln in einem dritten Kapitel das Thema Stress als Hemmnis individueller Leistung und verknüpfen es mit dem präven
tiven Ansatz des Ressourcenaufbaus (Kapi
tel 3).
Auf der Gruppenebene wird der Führung von Mitarbeitenden durch ihre Vorgesetzten besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Wir gehen der Frage nach, was erfolgreiche Führung ist und wie sie sich auswirkt (Kapitel 4). Dabei werden die wichtigsten Aspekte der Bezie
hungsgestaltung zwischen Führungskraft und Geführten im Sinne erfolgreicher Führung dargestellt. Anschließend geht es um das The
ma Konfliktmanagement als konkrete Füh
rungsaufgabe in Dyaden und Gruppensettings (Kapitel 5). Zu berücksichtigen sind hierbei die psychologischen Aspekte von Leistungsfähig
keit, Leistungsbereitschaft und Leistungs
hemmnissen, die wir auf der individuellen Mitarbeitendenebene in Teil 1 abgehandelt ha
ben.
Im dritten Teil werden nach Individuum und Gruppe übergeordnete Strukturen des Per- sonalmanagements in Organisationen und die einschlägigen psychologischen Konzepte beleuchtet. Diese müssen nicht nur systema
tisch ineinandergreifen, sondern auch die indi
viduelle Ebene sowie die Gruppenebene kon
sistent unterstützen. Zentrale Themen sind die Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitenden (Kapitel 6 und 7), das Managen von Talenten (Kapitel 8), das individuelle und organisationa
le Karrieremanagement (Kapitel 9) sowie die Personalbindung (Kapitel 10).
Die Autorinnen sind mit den Themen aus Forschung und zahlreichen Unternehmens
kooperationen vertraut. Praxiserfahrungen aus dem Kompetenzzentrum für Angewandte Personalpsychologie der Universität Bamberg und dem Lehrstuhl für Personalmanagement und Organisational Behaviour der Universität Bamberg fließen an zahlreichen Stellen in die Darstellung ein.
Wir danken herzlich unseren Kooperations
partnerinnen und partnern aus regionalen und überregionalen Unternehmen für Fragen und Anregungen, auf deren Basis wir viele Themen weiter ausgearbeitet haben. Für tatkräftige Un
terstützung danken wir auch unserem studenti
schen Team Katja Koch, Theresa Krebs, Luca Lenz, Laura Schmolke, Florian Schoberth, So
phie Stadter und Hannah Wörner.
Bamberg, im Winter 2019
Astrid Schütz, Christina Köppe, Maike Andresen, Theresa Fehn und Belinda Seeg
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Teil 1:
Berufseignung und Berufserfolg –
Die Ebene des Individuums
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15
1
Grundlagen individueller Leistungsfähigkeit
Berufliche Leistung – Verhalten, Arbeitsergebnis, Kompetenz
Der Begriff berufliche Leistung wird unter
schiedlich verwendet. Oft versteht man unter beruflicher Leistung das Verhalten, das gezeigt wird, um tätigkeitsbezogene Aufgaben zu er
füllen und das Erreichen organisationaler Ziele zu unterstützen (z. B. Campbell, McHenry &
Wise, 1990). Leistung wird dabei als Prozess
variable gesehen (Lohaus & Schuler, 2014).
Der Vorteil dieser Sichtweise von Leistung ist, dass der Fokus auf direkt beobachtbaren As
pekten liegt, die weitgehend im Einflussbe
reich der Mitarbeitenden selbst liegen und dementsprechend veränderbar sind.
Wenn Leistung als Arbeitsergebnis verstan
den wird, sollten auch externe Faktoren be
rücksichtigt werden, die neben dem Verhalten der einzelnen Mitarbeitenden zusätzlich die Leistung beeinflussen können. Auch zeitliche Faktoren spielen eine wichtige Rolle: Je nach Art der Tätigkeit können Ergebnisse sofort sichtbar und damit als Teil der Leistung unmit
telbar erkennbar sein oder erst mittel bis lang
fristig zum Vorschein kommen. Beispielsweise zeigt sich der nachhaltige Erfolg von Lehrkräf
ten und Trainern, das Lernergebnis der Ler
nenden, häufig erst relativ langfristig.
Manchmal werden unter dem Begriff Leis
tung auch Kompetenzen oder Potentiale einer Person verstanden – wenngleich es sich hierbei eher um Leistungsvoraussetzungen handelt (Langvon Wins, Triebel, Buchner & Sander, Was Sie hier erfahren
Im Rahmen dieses Kapitels werden die Grundlagen individueller Leistungsfähigkeit behandelt. Sie erfahren, was berufliche Leistung genau ist und welche Faktoren für Leistung relevant sind. Auf dieser Basis er- halten Sie schließlich praktische Hinweise, wie Sie die Leistung Ihrer Mitarbeitenden durch Maßnahmen der Leistungsbeurtei- lung positiv beeinflussen können.
1.1
Wissenschaftliche Basis
Die individuelle Leistung der Mitarbeitenden bestimmt zu einem wesentlichen Teil den Unternehmenserfolg. Wie Leistung zustande kommt und wie sie beurteilt werden kann, ist daher ein wichtiges Thema in Forschung und Praxis.
1.1.1
Was genau ist berufliche Leistung?
Das, was Mitarbeitende individuell zur Zieler
reichung eines Unternehmens beitragen, wird im Allgemeinen als berufliche Leistung be
zeichnet (Lohaus & Schuler, 2014). Im Folgen
den wird näher behandelt, was unter Leistung genau zu verstehen ist.
16 Teil 1: Berufseignung und Berufserfolg – Die Ebene des Individuums 2008). Diese lassen sich nach Fleishman und
Kollegen (1984) in der KSAO-Logik klassifizie
ren: Kenntnisse (knowledge), Fertigkeiten (skills), Fähigkeiten (abilities) oder andere Merkmale (other characteristics) wie Persön
lichkeitseigenschaften, Werte und Einstellun
gen. Kompetenzen und Potentiale analysiert man vor allem im Rahmen der Eignungsdiag
nostik, um auf Basis fundierter Erfolgsprogno
sen die richtige Person für eine bestimmte Tä
tigkeit auszuwählen (vgl. Kapitel 6 „Methoden und Verfahren der Personalauswahl“). Was die Beziehung zwischen Kompetenzen und Poten
tialen sowie tatsächlicher Leistung anbetrifft, sollte berücksichtigt werden, dass insbesondere situative Faktoren und konkrete motivationale Bedingungen das Verhalten des Individuums beeinflussen können (vgl. Abschnitt 1.1.2 „Ein
flussgrößen im Bereich beruflicher Leistung“).
Merke
Leistung kann sich auf Verhalten, Arbeitser- gebnisse und Kompetenzen (in der Praxis oft als Potentiale bezeichnet) beziehen. Beein- flussbar ist Leistung vor allem im Hinblick auf entsprechende Verhaltensweisen.
Leistungskriterien
Um Leistung beurteilen und beeinflussen zu können, muss man sie messbar machen. Hier
zu müssen konkrete Kriterien festgelegt wer
den. Diese sollten vorab durch eine metho
dischsystematische Analyse der betreffenden Arbeitsplätze und deren Anforderungen ermit
telt werden (vgl. Kapitel 6 „Methoden und Ver
fahren der Personalauswahl“). Nur wenn klar ist, welche Leistung an einem konkreten Ar
beitsplatz zu erbringen ist, kann diese Leistung auch zuverlässig und objektiv beurteilt wer
den. Leider liegen entsprechende Anforde
rungsanalysen in der Praxis nicht immer vor, und man greift zurück auf relativ abstrakte und scheinbar immer passende Worthülsen wie
„Teamfähigkeit“, „Motivation“ oder „Eigen
initiative“.
Leistungskriterien können unterschiedlich hilfreich sein, weil sie Leistung mehr oder we
niger vollständig abbilden (siehe Abb. 1). Nur der Schnittbereich zwischen Kriterium und tat
sächlicher Leistung markiert den relevanten Bereich. Nicht relevante Bereiche sind durch Defizienz oder Kontamination gekennzeichnet.
Von einem kontaminierten Kriterium spricht man, wenn ein Teil des Kriteriums nichts mit der beruflichen Leistung der Person zu tun hat, sondern von anderen Einflussfakto
ren abhängt. Die Anzahl an Angeboten bei
spielsweise, die eine Innendienstmitarbeiterin pro Tag versendet, kann unter anderem von der Größe oder Zusammensetzung des Kunden
stammes abhängen, den sie betreut. Das Krite
rium kann aber auch defizient sein, indem es nicht die gesamte Leistung abdeckt. Im Bei
spiel gilt das insofern, als das Erstellen und Ver
senden von Angeboten nur einen Teil der ge
forderten beruflichen Leistung darstellt.
Nachträgliche Beratung bei Rückfragen oder Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen im Bedarfsfall etwa wären nicht erfasst. Sol
ches Verhalten, das nicht zur eigentlichen Ar
beitsaufgabe gehört, wird auch als Extrarollen
verhalten oder „Organizational Citizenship Behavior“ bezeichnet.
Um zu einer differenzierten Beurteilung zu gelangen, ist es daher hilfreich, unterschiedli
che Kriterien zu verwenden und so berufliche Leistungen möglichst umfassend abzubilden.
Abbildung 1: Defizienz, Relevanz und Kontami- nation im Zusammenhang von beruflicher Leis- tung und Leistungskriterium
Defizienz
Berufliche Leistung Kriterium der Leistung
Kontamination Relevanz
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1 Grundlagen individueller Leistungsfähigkeit 17 Kriterien lassen sich formal in verschiede
ner Hinsicht unterscheiden. Im Hinblick auf die Urteilsquelle unterscheidet man subjektive und objektive Kriterien. Als objektiv gelten Kri
terien, die unabhängig von den Beurteilenden ermittelt werden und somit weder bewusste noch unbewusste Urteilsverzerrungen enthal
ten (Viswesvaran, Schmidt & Ones, 2005), zum Beispiel Produktivitätsdaten, wie Umsatz oder produzierte Stückzahlen, und Personal
daten, wie Fluktuation, Arbeitsunfälle oder Abwesenheitstage. Als subjektive Kriterien werden Beurteilungen von Vorgesetzten, un
terstellten Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden, aber auch von der Person selbst ge
nutzt. Als nachteilig zu bewerten ist hierbei, dass es, zum Beispiel durch Sympathie oder Antipathie, zu Verzerrungen kommen kann.
Merke
Leistung sollte durch subjektive und objekti- ve Kriterien messbar gemacht werden.
Im Hinblick auf den Bezugspunkt Leistung las
sen sich Ergebnis-, Eigenschafts- und Ver- haltenskriterien unterscheiden. Ergebniskri
terien (z. B. der Umsatz) bilden Leistung meist (jedoch nicht immer, z. B. Kundenzufrieden
heit) durch objektive Kriterien ab, die zumin
dest augenscheinlich in direktem Bezug zu den Unternehmenszielen stehen. Ergebniskrite
rien sind daher meist stark kontaminiert, das heißt, sie können durch verschiedene Umwelt
faktoren beeinflusst sein. So könnte der Um
satz eines Versicherungsmaklers mit seinem Einzugsgebiet zusammenhängen. Umfassen
de und angemessene Ergebniskriterien für eine Tätigkeit zu finden, kann sehr schwierig und in manchen Fällen kaum möglich sein.
Eigenschafts und Verhaltenskriterien wie
derum sind häufig subjektiv. Eigenschaftskrite
rien sind meist sehr allgemeine Leistungsindika
toren, wie „Zuverlässigkeit“ oder „Flexibilität“, die sich auf überdauernde Merkmale einer Per
son beziehen. Wenngleich der hohe Abstrakti
onsgrad von eigenschaftsbezogenen Kriterien Vorteile mit sich bringt (z. B. situationsübergrei
fende Gültigkeit), ist die starke Anfälligkeit für Beurteilungsfehler (z. B. HaloEffekt) als ein be
denklicher Nachteil anzusehen. Mit der Gleich
setzung von Eigenschaften und Leistung wird außerdem der ungünstige Eindruck vermittelt, dass Leistung unveränderbar wäre.
Verhaltenskriterien hingegen beziehen sich auf direkt beobachtbares Verhalten. Sie sind spezifisch und auf die Anforderungen einer Tä
tigkeit bezogen, zum Beispiel „Beantwortet Kundenrückfragen innerhalb eines Tages“.
Spezifität bedeutet aber auch, dass ein Verhal
tenskriterium allein nie die gesamte Leistung abdecken kann und somit stets um weitere Verhaltenskriterien ergänzt werden sollte.
Durch die Verhaltensnähe sind diese Kriterien in der Regel von der betroffenen Person beein
flussbar und insofern für die Verhaltenssteue
rung, etwa im Rahmen von Beurteilungsge
sprächen, von zentraler Bedeutung (Lohaus &
Schuler, 2014).
Am Verhalten orientiert man sich allerdings gelegentlich nur scheinbar und oberflächlich, nämlich dann, wenn Eigenschaften als Pseu
doVerhaltenskriterien formuliert werden. Be
urteilungen wie „Arbeitet selbstständig“ oder
„Verhält sich hilfsbereit“ sind daher nichts an
deres als versteckte Eigenschaftskriterien für
„Selbstständigkeit“ und „Hilfsbereitschaft“
und somit für Beurteilungsfehler anfällig und überdies wenig geeignet, um Mitarbeitenden konkrete Möglichkeiten zur Verhaltensände
rung aufzuzeigen.
Merke
Leistungskriterien können sich auf Eigen- schaften, Verhalten oder Ergebnisse beziehen.
Struktur beruflicher Leistung
Im Rahmen einer großangelegten Studie bei der U. S. Army untersuchten Campbell und Kollegen (Campbell, McCloy, Oppler & Sager, 1993; Campbell et al., 1990) die Struktur be