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Verpackung unter Sauerstoff: Schön rotes Fleisch, aber zäh und ranzig?

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Nr. 4 

Fleisch und Feinkost | 17. Februar 2010

Wissenschaft/Aktualitäten  21

schlusssystem gar nicht erst anzu­

tasten, weil es in jeder Beziehung un­

tauglich ist und gar nicht in Ausge­

wogenheit umgesetzt werden kann.

Gravierende Ungerechtigkeiten sind geradezu vorprogrammiert.

Beispielhafte Kritik in der NZZ Einen Beitrag erster Güte zu diesem leidigen «Ampel­Thema» hat kürzlich Claudia Wirz veröffentlicht, Redakto­

rin bei der «Neuen Zürcher Zeitung»

NZZ. Es wäre kaum sinnvoll, den Text nur in Fragmenten vorzustellen, ergo zitieren wir ihn von A bis Z.

APROPOS Rote Karte für Schweizer Käse Von Claudia Wirz

Es ist ein Jammer. Da strengen sich die Bauern – und mit ihnen das Bundes- amt für Landwirtschaft – nach Kräf- ten an, die Qualität von Schweizer Le- bensmitteln über den grünen Klee zu loben. Tier- und klimafreundlich seien sie, vor allem auch gesund. Und jetzt kommen aus einem anderen Bundes- amt Gedanken zur Frage, wie man die

Konsumenten angesichts der «Über- gewichts-Epidemie» zu gesünderem Essverhalten erziehen könnte. Im Ge- spräch ist eine Deklaration – nicht gleich, aber ähnlich wie die umstrit- tene Ampel aus England, die Lebens- mittel in «gut», «mittel» und «böse»

einteilt.

Gäbe es eine solche Ampel in der Schweiz, könnte das Image schweize- rischer Agrarprodukte üble Schram- men davontragen. Ein Ampel-Test im Internet lässt Böses ahnen. Just die Schweizer Klassiker erhalten die rote Karte. Emmentaler: rot wegen zu viel Fett. Gruyère: rot wegen zu viel Fett.

Butter: rot wegen zu viel Fett. Milch- schokolade: rot wegen zu viel Fett. Mit Orange schneidet Fertigfondue beim Fett zwar besser ab, bekommt aber we- gen Zusatzstoffen einen tiefroten Punkt; der Riesen-Cervelas sogar de- ren zwei. Damit nicht genug. Der Nährwert-Check liefert auch gleich Vorschläge für gesündere Alternativen:

Fränkische Bratwurst statt Schweizer Cervelas zum Beispiel. Angesichts sol- cher Ergebnisse stellt sich für die Ver-

waltung die knifflige Frage, was nun schützenswerter ist – die heimische Agrarproduktion oder die schlanke Li- nie der Bevölkerung. (Ende Zitat)

Da können wir der NZZ­Redakto­

rin Claudia Wirz nur beipflichten und den Dank dafür aussprechen, dass sie ein Thema in die Öffentlichkeit getra­

gen hat, welches in unseren Kreisen schon längst als höchst unrealistisch

und deshalb auch nicht als praktikabel erscheint. Am besten ist es wohl, dass die Signallaterne und mit ihr das da­

für erforderliche Beamtentum so rasch wie möglich mit dem grossen Schwamm vom Tisch gefegt wird.

Dies würde einen unnötigen Diskussi­

ons­ und Abwehrkampf ersparen.

Die Vernunft hat keine rote Karte

verdient.

Ein Ampel-System, das legitim ist!

In der Fleischbranche existiert tatsächlich ein Ampel­System. Es ist zwei­

fellos legitim, weil es von Nutzen ist. Die Erläuterungen dazu sind im Lehr­

buch für Metzger, das bis zum vergangenen Jahr Gültigkeit hatte, auf Seite 55 nachzulesen. Im Kapitel «Erste Hilfe» wird unter den Ampel­Stufen Rot, Gelb und Grün das Prinzip des ruhigen, überlegten und raschen Handelns dargelegt. Es geht um die Kriterien schauen, denken, handeln.

Schauen Denken Handeln

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Für Sie gelesen:

Verpackung unter Sauerstoff: 

Schön rotes Fleisch, aber zäh und ranzig?

Im Umgang mit Lebensmitteln gilt im Allgemeinen, dass der Kontakt mit Sauerstoff negative Auswirkun- gen auf die sensorische Qualität hat. Im Bereich Frischfleisch im Selbstbedienungsangebot (SB) ist hingegen seit einigen Jahren die Verpackung unter modifizierter At- mosphäre (MAP) gebräuchlich. Zur Erhaltung der tiefroten Farbe wird Frischfleisch vielfach in einem Schutzgas mit ca. 80% Sauerstoff und 20% CO2 verpackt. Die Haupt- funktion des Sauerstoffs besteht da- bei darin, das Muskelpigment Myo- globin in seiner oxidierten Form Oxymyoglobin zu belassen und da- mit die leuchtend rote Farbe des Fleisches zu erhalten.

In letzter Zeit sind einige Publikatio­

nen erschienen, welche sich mit den Veränderungen von Frischfleisch in MAP­Packungen befassen. P. Nitsch vom MRI Kulmbach hat diese Artikel kritisch zusammengefasst und ge­

langt dabei zum Schluss, dass MAP­

Verpackungen mit Sauerstoff die Qualität des Frischfleisches negativ beeinflussen (Nitsch 2009). Sensori­

sche Mängel (zäh und ranzig), aber selbst auch gesundheitsbeeinträchti­

gende Veränderungen wurden durch den Einfluss des Sauerstoffs festge­

stellt.

Zwei weitere Forscher des MRI (Lautenschläger und Müller 2006) stellten bei MAP­Verpackungen unter Sauerstoff vor allem in Fleisch mit hö­

herem Fettanteil sensorische Verände­

rungen (ranzig, säuerlich, alt) fest.

Am ICoMST 2007 in Peking mach­

ten auch schwedische und irische For­

scher auf sensorische Veränderungen von Fleisch in MAP­Verpackungen mit hohen Sauerstoffkonzentrationen aufmerksam. Diese Arbeiten wurden im Anschluss daran auch offiziell ver­

öffentlicht (Lagerstedt et al. 2007;

Lund et al., 2007a und b; Zakrys et al.

2007).

Lund et al. (2007a) stellten bei un­

ter MAP gelagerten Rindfleischpro­

ben nach 8 Tagen eine Abnahme der Zartheit fest. Die Autoren führten dies auf die unter Sauerstoff ausgeprägte Vernetzung des Myosins, zusammen mit Aktin das wichtigste Muskel­

eiweiss in den Myofibrillen, durch Disulfidbrücken zurück. Dies führt zu einer Aggregatbildung des Muskel­

eiweisses und damit zu einer schlech­

teren Zartheit des Fleisches. Bei län­

gerer Lagerung unter Sauerstoff dürf­

ten vergleichbare Auswirkungen auch bei Schweinefleisch auftreten. Die­

selbe Forschungsgruppe (Lund et al.

2007b) beobachtete unter Sauerstoff zudem einen massiven Anstieg der TBARS­Werte (= Indikator für Fett­

verderb → Ranzigkeit), aber auch ei­

nen Proteinverderb. Durch Zugabe von Antioxidantien konnte zwar der oxi­

dative Fettverderb, nicht aber die Pro­

teinveränderungen eingeschränkt wer­

den.In der bereits genannten irischen Arbeit von Zakrys et al. (2008) wurde der Einfluss verschiedener Sauerstoff­

konzentrationen (0 bis 80%) in MAP­

Packungen mit Rindfleisch überprüft.

Hohe Konzentrationen führten dabei zu einer Abnahme der Zartheit (→ Ag­

gregatbildung der Muskeleiweisse) und einer zunehmenden Fettoxidation während der Lagerung.

In einer kürzlich erschienenen ita­

lienischen Arbeit (Ferioli et al. 2009) liess sich bei unter Sauerstoff gelager­

tem Rindshackfleisch auch ein mar­

kanter Anstieg von Cholesterinoxiden nachweisen, welche als gesundheits­

schädlich (→ Zell­ und Gefässschädi­

gung) gelten.

Nitsch (2009) folgert aufgrund der zitierten Literatur, dass die Lagerung von Frischfleisch unter Sauerstoff in höheren als in der Umgebungsluft vorkommenden Konzentrationen ver­

mieden werden sollte, während Za­

krys et al. (2008) von einer max. Sau­

erstoffkonzentration von 50% ausge­

hen. Der Vermarktungsvorteil durch die Aufrötung des Fleisches unter Sauerstoff wird durch negative Aus­

wirkungen wie eine zähere Fleisch­

textur, Geschmacksfehler und die Bil­

dung von Fettoxidationsprodukten re­

lativiert.

Für die Anwendung in der Praxis stellt sich daher die Frage, inwieweit die derzeit üblichen Sauerstoffkonzen­

trationen im Bereich von 70 bis 80%

nicht auf Anteile unter 50% bei gleich­

zeitiger Erhöhung der CO2­Konzent­

ration abgesenkt werden sollten. Dies deshalb, um einerseits der Kundschaft das Fleisch in der Theke weiterhin in einer ansprechenden Farbe präsentie­

ren zu können, andererseits aber auch, um die genannten Oxidationsprozesse (Fett, Eiweiss, Cholesterin) möglichst zu unterbinden, zumindest aber zu re­

duzieren.

Für allfällige Fragen bzw. den Be­

zug des Literaturverzeichnisses steht Ihnen der Autor des vorliegenden Ar­

tikels (pius.eberhard@alp.admin.ch) gerne zur Verfügung.

Pius Eberhard, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Bern

Referenzen

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