Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 14|
6. April 2012 A 719 ERLEBNISAUSSTELLUNG „GRENZEN ERLEBEN“Depression hautnah
Eine Wanderausstellung will Besuchern das Leben von Menschen mit psychischen Erkrankungen nahe- bringen. Sie soll einen authentischen Eindruck vermitteln, wie sich Depression und Schizophrenie anfühlen.
S
chwer lastet die Bleiweste auf den Schultern des Besu- chers. Auf einem Basthocker sit- zend, schaut er in einen düsteren, schlauchartigen Raum. An dessen Ende stehen ein Tisch, mit einer kleinen, schwach leuchtenden Lam pe darauf, und ein Stuhl, karg und schmucklos. Über einen Kopf- hörer vernimmt der Interessierte ei- ne brüchige Frauenstimme: „Es ist alles sinnlos, es ist alles so hoff- nungslos, ich bin so müde“, wieder- holt sie immer wieder. Spätestens, wenn der Besucher dazu aufgefor- dert wird, aus dieser Szene heraus sein letztes schönes Erlebnis aufzu- schreiben, wird klar: Er kann sich dieser düsteren Stimmung kaum entziehen. Er beschwört die schö- nen Gedanken, versucht sich zu konzentrieren, und doch liegt der Stift unbenutzt in seiner Hand. Das gibt zu denken.Mehr Akzeptanz für psychisch Kranke schaffen
Genau das ist es, was sich Bettina Busch, Erste Vorsitzende der Eck- hard-Busch-Stiftung, von der Wan- derausstellung GRENZen erLE- BEN erhofft, die bis Anfang April mit ihrer Unterstützung in Köln zu sehen war. „Die Ausstellung soll Räume eröffnen, die der Allge- meinheit ansonsten verschlossen bleiben, und eine Ahnung vom Innenleben psychisch erkrankter Menschen vermitteln“, sagt die Vorsitzende. Ihre Stiftung setzt sich für eine aktive Aufklärung der Öf- fentlichkeit und die Antistigmati- sierung von psychisch Erkrankten ein. Auch Initiativen und Projekte, die Betroffenen und Angehörigen direkte Unterstützung bieten, fördert die Eckhard-Busch-Stiftung.
Das Ausstellungskonzept haben Psychologiestudierende der Univer- sität Salzburg, Mitarbeiter des So - zialpsychiatrischen Dienstes der Ca ritas Traunstein, und selbst von psychischer Erkrankung Betroffene bereits vor einigen Jahren entwi- ckelt. Die Caritas Traunstein ist für die Wanderausstellung 2008 mit dem Anti-Stigma-Förderpreis ausge- zeichnet worden. Bei der Konzepti- on der Ausstellung standen als Leit- motiv insbesondere drei Fragen im Vordergrund: Was heißt es eigent- lich, psychisch krank zu sein? Wie verändert sich die Welt für die Be- troffenen, und wie reagiert die Um- welt darauf? Und schließlich: Wie fühlt es sich überhaupt an, an einer psychischen Störung zu leiden? Der Titel der Ausstellung GRENZen er- LEBEN bezieht sich auf all die Grenzerfahrungen, die psychisch Erkrankte und deren Familien wäh- rend eines Krankheitsverlaufs ma- chen. Die Erlebnisräume richten sich deshalb gezielt an die nichtbe- troffene, interessierte Allgemeinbe- völkerung. Durch das „Selbsterfah- ren“ und das direkte Erleben soll das Thema entmystifiziert und ver- breitete Vorurteile abgebaut werden.
Denn Depression, Psychose und Schizophrenie sind immer noch Themen, die oftmals von den Leid- tragenden aus Scham oder Angst ta- buisiert werden. Die Schirmherrin der Kölner Ausstellung, Bürger- meisterin Elfi Scho-Antwerpes, ist deshalb der Meinung, dass psy- chische Erkrankungen mehr Auf- merksamkeit erfordern: „Das The- ma gehört in die Mitte unserer Ge- sellschaft“, erklärt Scho-Antwerpes.
Auch Prof. Dr. med. Joachim Klos- terkötter, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der
Uniklinik Köln, ist der Ansicht, dass es ungemein wichtig ist, frühzeitig Berührungsängste abzubauen. Dies könne helfen, bereits den Anfängen einer psychischen Störung entge- genzuwirken. Er wies im Kontext der Ausstellung darauf hin, dass auch der demografische Wandel Auswir- kungen in Bezug auf psychische Erkrankungen haben werde. „Die Demenz wird zunehmen und damit auch die Altersdepression“, gab Klos - terkötter zu bedenken. Nach Anga- ben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erleben bis zu zehn Prozent der Bundesbürger einmal oder mehrmals im Leben ei- ne schwere depressive Episode.
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Johanna Protschka
Die Ausstellung GREN zen erLEBEN ist vom 29.
Juni bis zum 8. Juli in Traunstein zu sehen. Veran- stalter können das Ausstellungskonzept über den Sozialpsychiatrischen Dienst des Caritas-Zentrums Traunstein beziehen. Informationen zu den Aus- stellungsorten oder Informationen für interessierte Veranstalter unter:
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www.caritas-grenzen-erleben.de Der Erlebnisraumermöglicht dem Besucher einen Einblick in das Innenleben eines Menschen, der an Depression leidet.
Foto: Eckhard-Busch-Stiftung/markenmut. Kreatives Marketing AG