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Archiv "Gesundheitsreport: Risse in der Fassade" (03.12.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 48

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3. Dezember 2010 A 2361

D

ie große Mehrheit der Bevölkerung bezeichnet die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens nach wie vor als gut und sehr gut. 70 Prozent sehen das so. Noch besser urteilen die Ärztinnen und Ärzte:

88 Prozent sind der Meinung, dass die Gesundheits - versorgung in Deutschland gut bis sehr gut sei. Das sind Zahlen aus dem fünften Gesundheitsreport, den der Finanzdienstleister MLP gemeinsam mit dem Mei- nungsforschungsinstitut Allensbach und der Bundes- ärztekammer dieser Tage in Berlin vorgelegt hat. Der Report soll einen Überblick darüber geben, wie zufrie- den die Menschen in Deutschland mit der Gesundheits- politik sind und wie sie die künftige Entwicklung der gesundheitlichen Versorgung einschätzen.

Beste Noten, demnach alles in Ordnung, könnte man meinen. Aber das ist noch nicht einmal die halbe Wahr- heit. So gut die Leistungsfähigkeit des Gesundheitsys- tems immer noch eingeschätzt wird, so wenig Zutrauen haben die Menschen in die Fähigkeit der Politik, diesen Versorgungsstand auch zu sichern. 81 Prozent glauben nicht daran – bei der ersten Befragung dieser Art im Jahr 2005 waren es nur 65 Prozent. Dass die aktuelle Gesundheitsreform die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung langfristig auf solide Funda - mente stellen kann, halten 75 Prozent der Bürger für eher unwahrscheinlich. Noch skeptischer sind die Ärz- te: 93 Prozent haben Zweifel.

Wirklich überraschen können diese Ergebnisse nicht. Sie bestätigen allenfalls den langjährigen Trend, der lautet: Gute Versorgung durch die Ärzte, wenig überzeugende Leistungen der Politik. Letzteres spie- gelt sich auch in der Befürchtung von immerhin zwei Dritteln der Ärzte wider, dass neben den therapeuti- schen Gesichtspunkten immer stärker wirtschaftliche Aspekte bei der Gesundheitsversorgung eine Rolle spielen könnten. 72 Prozent der Ärzte sehen bereits heute aufgrund des Kostendrucks ihre Therapiefreiheit bedroht.

Dazu passt die Sorge von 42 Prozent der befragten Bürger, dass ihnen medizinisch notwendige Leistungen

vorenthalten werden könnten. 35 Prozent haben sogar den Eindruck, dass dies in Bezug auf die Behandlung oder Verordnung von Medikamenten bereits der Fall ist. Noch schwerer wiegen hier aber die Angaben der Ärzte: 62 Prozent der Niedergelassenen und 49 Prozent der Krankenhausärzte bejahten, dass es schon vorge- kommen sei, dass sie bei Patienten aus Kostengründen auf Behandlungen verzichten mussten.

Diese Ergebnisse der Umfrage sind alarmierend – für die Ärzte und die Politik gleichermaßen. Denn wenn sich ein solcher Eindruck verfestigt, leidet das Vertrauen in die gute ärztliche Versorgung nachhaltig.

Dies kann so niemand wollen, und deshalb sollte man hier gründlich nacharbeiten: Was meinen die Bürger genau? Welche Art von Behandlung und welche Ver- ordnungen haben Ärzte vorenthalten? Und warum?

Darüber gibt der Gesundheitsreport im Detail leider keine Auskunft. Leistungen unter Kostendruck nicht zu erbringen, die eigentlich notwendig wären, kann mehr oder weniger schwer wiegen. Für das Gesundheits - wesen einer führenden Industrienation wäre es auf jeden Fall ein Armutszeugnis. Die Schweden, Nieder- länder und Schweizer haben da deutlich weniger Sor- gen als ihre deutschen Nachbarn. Bis zu 80 Prozent vertrauen dort darauf, im Krankheitsfalle mit allem Notwendigen versorgt zu werden.

GESUNDHEITSREPORT

Risse in der Fassade

Josef Maus

Josef Maus Stv. Chefredakteur

S E I T E E I N S

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